29,60 €

Das ist nicht irgendein Betrag. Es ist auch nicht der Betrag der bisher finanziell ergiebigsten Fahrt – hat aber damit zu tun. Heute – das heisst gestern Abend – bin ich mal wieder lange Zeit am Taxistand vor dem Ostbahnhof versauert. Im Gegensatz zu gestern kamen aber nicht ständig Fahrgäste an, die von Kollegen weggeschickt wurden. Immerhin. Wobei? Die Fahrgäste sind mitunter die dankbarsten, und das wirkt sich immer positiv aus. Nicht zwingend aufs Trinkgeld, aber in meiner Welt zählt Anerkennung doch auch als Währung!

Wie dem auch sei. Steigt also noch kurz vor 0 Uhr ein Mann ein, der Kleidung nach Geschäftsmann. Was er sagte, konnte ich zunächst nur für einen Scherz halten: „Mexikoplatz in Zehlendorf bitte!“

Für Nicht-Berliner: Stellt euch einfach vor, Berlin wäre Deutschland. Dann hätte er gesagt: Von hier (Berlin) nach Stuttgart bitte. Das ist nicht ganz das Maximum Konstanz, aber doch ein gutes Stück. Er hat mir gleich eine mir vertraute Route um die Ohren geschmissen, bei der ich bestätigt habe, dass sie sich gut anhört. Ich habe gesagt, ich würde dennoch gerne das Navi zur Hilfe nehmen, weil ich noch nicht lange fahre. Er hat es gestattet und betont, dass es ihm auf ein paar Meter oder Minuten so oder so nicht ankommt.

„29,60  €, hat noch niemand unterboten…“, betonte er die Rechtmäßigkeit seiner Route dennoch.

Bereits an der zweiten Kreuzung beschloss das Navi aber etwas anderes, und so habe ich ihn gefragt, ob es ok wäre, wenn ich dem Navi nach fahre. Er meinte, das sei ok und hat sich von nun an in seine Zeitung vertieft. Auf der Hauptstraße blickte er dann allerdings auf und meinte, ich solle über Autobahn fahren, weil der Verkehr hier zu sehr kriecht. Ich bin dem nachgekommen, und hab mich ab da wieder strikt ans Navi gehalten, das allerdings auch nur eine Route ausgespuckt hat, die ich aus meiner Lern-Phase noch auswendig kannte. Dummerweise ist die zwar kurz, aber fast durchgehend 30er-Zone – inklusive Kopfsteinpflaster und allem anderen unbequemen Gedöns. Nachdem wir am Mexikoplatz waren, hat er mich noch ein paar Straßen weiter nach Schlachtensee reingelotst. Als wir angekommen waren, stellte er mit einem Blick auf Uhr und Taxameter fest: „Keine schlechte Zeit rausgefahren…“

Taxameter: 28,90 €

Ich habe mich noch für die Holperei entschuldigt und gemeint, ich könne leider nicht den Komfort eines Automatik-Mercedes bieten. Daraufhin hat er mir versichert, dass es ok war und man „keinen Mercedes zum Leben“ bräuchte. Das Resultat waren 32 €, also 3,10 € Trinkgeld auf einen Schlag und das sehr gute Gefühl, dass mein Service selbst für einen, der sicher das achtfache meiner Wenigkeit verdient, ok war. Da sag nochmal einer, dass nicht auch schweigende (weil lesende) Fahrgäste angenehm sein können…

8 Kommentare bis “29,60 €”

  1. Sica sagt:

    Du bist wirklich ein echt netter Taxifahrer, aber wieso schreibst du deinen Taxiartikel jetzt hier und nicht im Taxiblog? Wahrscheinlich, damit es hier auch mal was neues gibt…Ist eben ziemlich schwierig, in zwei Blogs was reinzuschreiben, vor allem, wenn man wenig Zeit hat…

  2. Sica sagt:

    Ach so, nun les ich es unten…du hast den Taxiblog zurückverfrachtet, weil du eingesehen hast, dass zwei Blogs zuviel sind…
    Löscht du nun den Taxiblog?

  3. Sash sagt:

    Ja, ich werde den Taxiblog in näherer Zukunft löschen. Aber es wird noch ein wenig dauern, wirklich alles nötige hierher zu verfrachten. Ich hab da keine Eile 🙂

  4. Marcus sagt:

    hauptsache, du berichtest fleissig weiter von deinem spitzen beruf…..ansonsten würd mir schon fast etwas fehlen 😉

    nun zum thema: kannst du das navi auf lautlos stellen, so das es deinen lesenden fahrgast nicht stört ( hörst du die anweisungen des navis via headset oder ähnlichem ? ).
    was benutzt du eigentlich für ein navi ( bin auf der suche nach einem neuen, und eine empfehlung kann ja nie schaden ).

  5. Sash sagt:

    Uhhh… da muss ich dich enttäuschen. Ich benutze das eingebaute Navi von meinem Opel-Zafira mit einer zugehörigen offenbar veralteten CD. Also eigentlich nicht optimal.
    Ich schalte das Navi immer auf lautlos, weil ich das inzwischen gut raushabe mit dem gelegentlichen Schielen auf den Bildschirm – alles andere nervt nicht nur die Fahrgäste, sondern auch mich 🙂
    Ansonsten: Ich berichte natürlich weiter! Versprochen! Freut mich, dass du es gerne liest!

  6. Sash sagt:

    PS: Nun hab ich meinen anderen Blog gelöscht und damit deinen Kommentar gleich mit – ohne ihn gelesen zu haben… peinlich, aber so ist es leider. Solltest du was wichtiges geschrieben haben, dann poste es hier noch einmal. War eine dumme Zeitverschmandung und Unachtsamkeit meinerseits. Sorry!

  7. […] Es war niemand anders als der personifizierte Glücksgriff unter den regelmäßigen Fahrgästen am Bahnhof: Ein Geschäftsmann, der bis nach Zehlendorf fährt und immer gute 3 € Trinkgeld gibt. Meine erste Fahrt mit ihm hatte ich bereits in meinem ersten Monat. Siehe hier. […]

  8. […] nicht mehr – und ach du Scheiße, klingt das, als ob ich den Job schon ewig machen würde! Es war jener schweigsame Mensch, der gerne seine Zeitung liest, während er sich ganz selbstverständlich vom Ostbahnhof bis ins […]

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