Vorschneller Kollege

Ach, Winker sind nach wie vor die Würze des Taxifahrens. Unerwartete Einnahmen sind immer die schönsten, und wenn es einen dann auch noch ziemlich weit außerhalb trifft, dann freut mich das natürlich doppelt.

Das Problem war nur: Mein Winker stand am Adlergestell. Entgegen meiner Fahrtrichtung. Zum Wenden musste ich also noch ein Stückchen fahren, und das mache ich ungern. Nicht, dass ich nicht für einen Kunden ein paar Meter in Kauf nehmen würde. Um Gottes Willen! Natürlich tue ich das! Aber solche Versuche enden regelmäßig damit, dass man in den absurdesten Situationen ziemlich stressig wendet, ggf. hier und da eine Verkehrsregel missachtet, von allen Autofahrern der näheren Umgebung für bekloppt gehalten wird und der Kunde letztlich bei einem Kollegen einsteigt, der in dem Moment zufällig näher ans Geschehen herangerückt ist, während man selbst gefühlt mit der ganzen Welt im Clinch liegt.

Mir aber kam zumindest kein Kollege entgegen, und so versuchte ich mein Glück.

Der Kunde war nicht nur erfreut, mich zu sehen, sondern versicherte mir auch hoch und heilig, er wäre selbstverständlich nicht in ein anderes Taxi gestiegen, und er danke mir sehr fürs Wenden. Ich hab ihm geglaubt – aber wer hätte das nicht erzählt im Auto mit einem unrasierten 2-Meter-Typen als Fahrer 😉

Die Fahrt an sich war relativ unspektakulär, etwa 4 Kilometer bis nach Altglienicke. Bevor wir am Ziel angekommen sind, hat er mich darauf vorbereitet, dass es nun aber in eine sehr ländlich anmutende Gegend gehen würde.

Das hat mich jetzt bei der Adresse weder überrascht, noch hab ich sonst verstanden, weswegen er mich unbedingt darauf hinweisen wollte.

Kurz vor dem Ziel ist er dann mit der Story rausgerückt, und die kann ich einfach nicht für mich behalten:

Vor einiger Zeit hat seine Frau sich ebenfalls mit dem Taxi heimbringen lassen und hat den Fahrer in diesen doch recht unbekannten Weg gelotst. Der Fahrer hat sich wohl ein bisschen von der gruseligen Atmosphäre anstecken lassen, und diesen einsamen Fleck Erde für einen optimalen Schauplatz eines Überfalles gehalten, sodass er bei der Bitte, das Fahrzeug zu stoppen, erst einmal Alarm ausgelöst hat um Hilfe anzufordern.

Genauere Details hat mir mein Fahrgast nicht genannt, aber ich nehme an, dass das nicht gerade das witzigste Fahrtende für beide Parteien war. So sehr ich den Kollegen nach Inaugenschaunahme des Ortes verstehen kann: Ein bisschen kindische Schadenfreude bleibt dann doch, sorry 🙂

Und im Gegensatz zu einem tatsächlichen Überfall darf man hier doch schmunzeln, oder?

3 Kommentare bis “Vorschneller Kollege”

  1. Wer den Schaden hat, der muss für den Spott nicht sorgen.

    Ich kann mich wirklich in beide Seiten gut hineinversetzen. Und ja, ich muss auch Grinsen.

  2. Taxi 123 sagt:

    Ein bißchen mehr Gelassenheit gehört zum Job schon dazu. Wenn ich Nachts in absoluter Dunkelheit in irgendeiner Gartenanlage zu Fuß meine Kunden suchen soll… und mein schönes, helles Dachschild gerade so noch sehen kann… Soll ich da vorsichtshalber auch mal Alarm auslösen? Und in manchen Sommernächten kommt so eine Gartenabholung öfter vor. Da würden wir alle von einem Alarm direkt zum nächsten fahren können :-).

  3. Sash sagt:

    @Taxi 123:
    Das stimmt schon.
    Aber ich geb zu, dass ich ungern lästere über Kollegen, die Angst haben. Es war wirklich eine finstere Ecke. Aber… *hihi* 😉

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

%d Bloggern gefällt das: