Die Jugend von heute …

Zwei Damen als Fahrgäste, eine jünger, eine älter als ich. So was kommt vor. Sie sind an einem Taxistand eingestiegen und die erste Frage war, natürlich:

„Wieviel kostet es denn bis zur Mit-dreimal-Umfallen-biste-schon-da-Straße?“

Ich nannte ehrlich den Preis:

„Ich schätze, dass wir da dann bei so ungefähr 6 € wären.“

Ist viel für nur zweimal ums Eck, schon klar. Andererseits hätte ich ja auch anfangen können, über meine bereits 20-minütige Wartezeit zu referieren. Der folgende Dialog der beiden hat mich allerdings schon alleine mehr als befriedigt:

„6 €, junger Mann? Ehrlich? Nun sagen Sie mal, da ist doch noch was drin!?“

„MAMA! HÖR AUF!“

Und was soll ich sagen? „Mama“ hat aufgehört, ich hab auf die 6,30 € nochmal 2,70 € Trinkgeld bekommen und die Jugend von heute ist auch nicht schlechter als die von damals. 😉

Adressendingsbums

Winker Schönhauser Ecke Torstraße. Nice!

„Could you bring us to the ‚White Trash‘?“

„Of course.“

„Thank you! We thought, it would be right up here, but …“

„Hey, that’s not completely wrong. The White Trash just moved from here to another place.“

„Uh … ok. When?“

„Just a couple of years ago.“

Sorry, aber ich muss mir ja auch anhören, wie alt ich inzwischen geworden bin. 😉

Kleiner Buchtipp: Taxifalle

Es ist schon eine ganze Weile her, da erreichte mich ein Brief von Olaf. Nun, Olaf war offensichtlich nicht der Nachtschichtkollege, der mir gleich in den Sinn kam, sondern ein Ex-Kollege, noch dazu aus Bremen. Er outete sich als GNIT-Leser und dem Brief lag als Geschenk ein Buch bei. Seines. Ui, über sowas freue ich mich immer!

Allerdings muss ich gestehen, dass ich damals mit Taxiliteratur überversorgt war und auch sonst gerade keine große Lust auf einen Taxi-Roman hatte. Dementsprechend war „Taxifalle“ fortan eines von ungefähr hundert Büchern auf meinem Nachttisch, aber immerhin keines der seit Ewigkeiten ungefähr acht angefangenen.

Als ich gestern ungewohnterweise zur Mittagszeit aufgewacht bin, hat es dann irgendwie mein Interesse geweckt und ich hab zu lesen angefangen. Das Ganze endete mit einem durchwachten Nachmittag und meinem speziellen Finishing-Move für Bücher, die ich „nachts“ „mal kurz“ aufschlage: Ich habe am frühen Abend das Licht angeschaltet, um es fertig lesen zu können.

Ich vergebe bei Büchern ungerne Bestnoten, weil ich mich selbst oft genug an Toprezensionen gerieben habe, aber ich muss doch gestehen, dass mich „Taxifalle“ wachgehalten hat. Ich wollte dem abgedrehten und im Übrigen ziemlich fiesen Hauptprotagonisten Marcus Meyer weiter folgen, ich wollte wissen, wie der Scheiß ausgeht. Das Taxigewerbe in Olaf Kretschmers Roman ist ein ganz anderes als das, was ich hier bei GNIT schildere: Ein versiffter Moloch, in dem man es dem Helden nicht einmal richtig übel nehmen kann, dass er sich der dunklen Seite zuwendet und mehr oder weniger ein abgebrühter Abzocker seiner Kundschaft wird.

Trotz vieler (dem Vorwort nach nicht unbedingt unauthentischer) Taxianekdoten handelt das Buch überwiegend von der schmutzigen Schattenwelt im Bremen der 1980er- und 1990er-Jahre: Sex, Drugs and Cabdriving. Ich möchte anmerken, dass ich bei dieser Milieustudie manches Mal etwas abgeschreckt vom rauen Ton und der offensiven Sprache war, andererseits ist mir die Ironie dabei nicht entgangen und man hätte dieses Buch einfach auch nicht netter schreiben können. Die Welt des Protagonisten ist krass, teils ekelhaft und trotzdem einfach faszinierend und – ich weiß, wie sehr das manchen als Götterlästerung erscheint – einfach um Klassen authentischer als der in meinen Augen langweilige Karen-Duve-Roman „Taxi“.

Vielleicht nicht wirklich ein Buch für jeden einzelnen GNIT-Leser, aber vermutlich nicht der schlechteste Tipp für Bremer knapp über meinem Alter, für Taxifahrer und Ex-Taxifahrer, sowie für Freunde von Milieustudien und regional verankerter Literatur. Ich hab’s jedenfalls sehr gern gelesen und möchte an der Stelle auch dem Autor nochmal fürs Zusenden danken: Danke für die vergnüglichen Stunden, Olaf! Ich hoffe, Du hattest entsprechend auch ein paar solche  hier bei  GNIT! 🙂

Olaf Kretschmer:
Taxifalle
KellnerVerlag, 2016
ISBN: 978-3-95651-111-0
Amazon-Link: Taxifalle

Preisverhandler auf der Abseitstreppe

Ja, ich hab gestern ehrlich einen Kollegen gelobt, weil er mal eine Ausnahme beim Preis gemacht hat. Ausnahmen gehören dazu, so ist das Leben eben. Nun aber ein Pärchen am Ostbahnhof. Sie wollten in ein Hotel nahe Schönefeld. Ich kannte es nicht einmal genau, aber dank des Flughafens dort ist zumindest der grobe Fahrpreis ja vermittelbar:

„I think, it’ll be something around 35 €.“

Der Kollege vor mir hatte schon abgelehnt, ich hatte also ohnehin keine großen Hoffnungen. Während der Mann noch nachdachte, keifte die Frau von hinten:

„Thirty!“

Er wiederholte brav und deutlich netter:

„Thirty?“

„No, sorry. I’m sure that this will not be enough.“

Und Abgang.

Während irgendeiner von weiter hinten in der Schlange sie dann für was weiß ich wie viel mitgenommen hat, hab ich den Kollegen vor mir gefragt, was er ihnen gesagt hat. Und die Antwort gab mir zu denken:

„Die haben gefragt, wie viel das wäre, ich hab mal vorsichtshalber 40 gesagt. Und die dann so: ’35?‘. Wusste ich nicht sicher, hab also abgelehnt.“

Sollte das Hotel außerhalb der Berliner Gemarkung gelegen sein, wäre verhandeln prinzipell ja ok. Bei der Technik der beiden sind sie aber wohl beim übernächsten Kollegen bereits bei 20 € gewesen. Da packt mich dann der Neid nur noch so mittel. 😉

Vielen lieben Dank, Kollege!

Ich schreibe hier so oft aus verschiedensten Anlässen schlecht über Kollegen. Und das unfreiwillig, ganz ehrlich. Ich mag unseren Job ja und ich bin zudem der Überzeugung, dass die meisten Kollegen den ja wie ich auch machen: Vielleicht nicht immer perfekt, aber zumindest mal gewissenhaft und eigentlich gut. Und  deswegen möchte ich heute zur Abwechslung mal eine Danksagung loswerden:

Vielen Dank, lieber unbekannter Kollege, der Du vor kurzem eine Kundin in die Otto-Nagel-Straße gefahren hast!
Sie hatte für die Fahrt nicht ausreichend Geld dabei und Du hast beschlossen, dass Du eine einsame Frau nachts nicht alleine in einem Plattenbauviertel aussetzen willst, sondern hast sie trotzdem noch ein ganzes Stückchen weiter bis vor die Haustüre gebracht. Einfach so. Du wolltest nix von Kartenzahlung wissen, sondern hast sie für den Zehner, den sie noch dabei hatte, sicher heimgebracht. Obwohl Du sicher wie ich unter knapper Kohle leidest, die Sache mit der Tarifbindung kennst und natürlich auch immer Gefahr läufst, aufgrund deiner Gutmütigkeit von Hinz und Kunz beschissen zu werden.

Ich überbringe hiermit die frohe Nachricht: Du hast in dieser Nacht das Richtige getan!

Die Kundin hat mich korrekt nach Tarif bezahlt und mir ein gutes Trinkgeld gegeben. Und sich anerkennend dahingehend geäußert, dass sie das, was sie mit Dir derletzt erlebt hat, nicht für selbstverständlich erachtet und es deswegen so unglaublich toll fand.

Du hast eine überzufriedene Kundin hinterlassen, die deiner Ausnahme wegen nicht bezweifelt, dass unser Tarif schon eigentlich eingehalten gehört und ihr trotzdem in einer Notsituation über die eigenen Befugnisse  hinaus geholfen. Ich danke Dir von ganzem Herzen dafür und ich kann gar nicht genug betonen, wie sehr ich hoffe, dass das Bild, das Du als Taxifahrer hinterlassen hast, das ist, das möglichst viele Menschen im Laufe der Zeit mitnehmen werden.

Kollegiale Grüße, gute Kasse und jede Schicht einen Fuffi Trinkgeld von meiner Seite!

Sash

Antennenverlust. Oder auch nicht.

Da stehe ich am Stand, ärgere mich über den schlechten Radioempfang und kurz danach dann über mich selbst:

„Du Idiot hast vergessen, nach der Waschanlage die Antenne wieder anzuschrauben!“

Aber gut, ab zum Kofferraum, und … Pech gehabt: Keine Antenne. Neuer Lösungsansatz:

„Ich hab vorher vor der Haustür noch kurz durch den Kofferraum gefegt. Dabei ist sie vermutlich rausgefallen.“

Nun stand ich aber gute 10 Kilometer entfernt und war bereits ein paar Plätze vorgerückt. Leerkilometer waren es schon genug. Also war ich pragmatisch und hab beschlossen, dass wenn in Marzahn eine Autoantenne auf einem Parkplatz rumliegen sollte, sie dies sicher auch noch acht Stunden später tun würde. Ein Risiko, klar, und ich hatte auch keine große Lust, meinen Chefs den Verlust zu melden, aber dass mir bisher in acht Jahren die Antenne noch nicht einmal geklaut worden ist, ist ja dann auch fast schon etwas unrealistisch.

Taxiantennen: Benötigt zum korrekten Empfan von Insekten. Quelle: Sash

Taxiantennen: Benötigt zum korrekten Empfang von Insekten. Quelle: Sash

Also hab ich meine Schicht durchgezogen und am Ende hat mich die Antenne so präsent in der Marzahner Prärie empfangen, dass ich sie trotz Dunkelheit und abgesetzter Brille aus 10 Metern Distanz schon erkannt habe. Dem Zustand nach sind auch wenige bis keine Autos drüber gefahren, es ist also alles gut. Dann gibt’s ab heute Abend also auch wieder Radio in der 2223. 😉

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

Immer dranbleiben!

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Noch ein Blog?

Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.

Hey, Autofahrer! Macht mal Platz!

Ich bin jetzt nicht oft auf der Autobahn unterwegs und erlebe da oft, wie sehr Rettungskräfte behindert werden, weil keine Rettungsgasse gebildet wird. Aber schon in der Stadt frage ich mich manchmal, wie betriebsblind die Leute so unterwegs sind. Ein gestern wieder-, aber insgesamt schon oft so erlebter Fall:

Man rollt an eine große Kreuzung ran. Die hat mit Abbiegeoptionen drei bis vielleicht fünf Fahrspuren. Und obwohl hinter einem bereits das Blaulicht zuckt, findet sich immer ein Idiot, der sich auf die einzige gerade noch freie Spur stellt. Die zweite Linksabbiegerspur war es gestern, aber im Grunde kann es jede treffen, denn anstatt in den Rückspiegel zu schauen, weil man sich vielleicht wundert, woher die seltsamen Lichtsignale kommen, scheinen einige Fahrer da draußen lieber erst einmal dafür sorgen zu wollen, dass sie auch ja optimal positioniert sind, wenn die Ampel grün wird.

Um dann natürlich bei Ankunft des Rettungswagens erschreckt festzustellen, dass sie diejenigen sind, die blöd im Weg stehen und nun durch ihr Ausweichmanöver zögerlich drei Spuren und einen Fußgängerüberweg dicht machen müssen. Von der trotzdem entstandenen Verzögerung für Einsatzkräfte mal ganz zu schweigen.

Ehrlich, Leute: Ich begreif’s nicht! Ich bin mit den Rettungskräften auch nicht immer einer Meinung und zudem sehe ich ein, dass jeder mal Fehler macht. Aber das ist dieses „vorrausschauende Fahren“, das so oft erwähnt wird. Das ist kein schlechter Scherz von Fahrlehrern und ungeachtet der Bezeichnung bedeutet es eben auch mal „zurückschauendes Fahren„, gemeint ist damit einfach Umsicht, ein Blick auf das, was demnächst in der aktuellen Verkehrssituation passieren könnte.

Man muss keine besondere Schulung machen, um das Prinzip zu verstehen, man muss auch nicht hauptberuflich fahren. Ich würde als kleinen Tipp aber anmerken: Blaulicht ist deshalb so aufdringlich nervig, weil’s unter Umständen wirklich dazu führt, dass man als normaler Autofahrer mal seine gewohnte Spur verlassen muss.

PS: Grüße an die Blaulichtfraktion unter meinen Lesern! I feel you!