Hey, Autofahrer! Macht mal Platz!

Ich bin jetzt nicht oft auf der Autobahn unterwegs und erlebe da oft, wie sehr Rettungskräfte behindert werden, weil keine Rettungsgasse gebildet wird. Aber schon in der Stadt frage ich mich manchmal, wie betriebsblind die Leute so unterwegs sind. Ein gestern wieder-, aber insgesamt schon oft so erlebter Fall:

Man rollt an eine große Kreuzung ran. Die hat mit Abbiegeoptionen drei bis vielleicht fünf Fahrspuren. Und obwohl hinter einem bereits das Blaulicht zuckt, findet sich immer ein Idiot, der sich auf die einzige gerade noch freie Spur stellt. Die zweite Linksabbiegerspur war es gestern, aber im Grunde kann es jede treffen, denn anstatt in den Rückspiegel zu schauen, weil man sich vielleicht wundert, woher die seltsamen Lichtsignale kommen, scheinen einige Fahrer da draußen lieber erst einmal dafür sorgen zu wollen, dass sie auch ja optimal positioniert sind, wenn die Ampel grün wird.

Um dann natürlich bei Ankunft des Rettungswagens erschreckt festzustellen, dass sie diejenigen sind, die blöd im Weg stehen und nun durch ihr Ausweichmanöver zögerlich drei Spuren und einen Fußgängerüberweg dicht machen müssen. Von der trotzdem entstandenen Verzögerung für Einsatzkräfte mal ganz zu schweigen.

Ehrlich, Leute: Ich begreif’s nicht! Ich bin mit den Rettungskräften auch nicht immer einer Meinung und zudem sehe ich ein, dass jeder mal Fehler macht. Aber das ist dieses „vorrausschauende Fahren“, das so oft erwähnt wird. Das ist kein schlechter Scherz von Fahrlehrern und ungeachtet der Bezeichnung bedeutet es eben auch mal „zurückschauendes Fahren„, gemeint ist damit einfach Umsicht, ein Blick auf das, was demnächst in der aktuellen Verkehrssituation passieren könnte.

Man muss keine besondere Schulung machen, um das Prinzip zu verstehen, man muss auch nicht hauptberuflich fahren. Ich würde als kleinen Tipp aber anmerken: Blaulicht ist deshalb so aufdringlich nervig, weil’s unter Umständen wirklich dazu führt, dass man als normaler Autofahrer mal seine gewohnte Spur verlassen muss.

PS: Grüße an die Blaulichtfraktion unter meinen Lesern! I feel you!

Dringende Dates

Am Ostbahnhof nach ein paar Minuten einen Kunden kriegen, der wirklich zum völlig anderen Ende der Stadt will, ist ja schon mal schön. Der Nebenaspekt war leider:

„Machen Sie bitte so schnell wie möglich!“

Ich hab den potenziellen Zeithorizont abgefragt und „in time“ war keine Option. Das hinzugezogene Navi (Einkaufszentren in Spandau sind nicht wirklich mein Steckenpferd, ich geb’s ja zu!) vermeldete satte 20 Kilometer Anfahrt und die gewünschte Ankunftszeit lag nur 20 Minuten entfernt. Durch die im gesamten politischen Berlin stark vernachlässigten Autobahnpläne zwischen dem Ostbahnhof und Spandau sind 60 km/h Durchschnittsgeschwindigkeit einfach immer utopisch, da kann man noch so guten Willen zeigen als aufgeschlossener und kundenorientierter Taxifahrer.

Nun muss ich aber gestehen, dass mein Fahrgast es zwar eilig hatte, mich aber keinesfalls irgendwie zu Regelverstößen angestachelt hat. Er war nett und lachte notgedrungen aber ehrlich über meine Anmerkungen zum stockenden Verkehrsfluss. Ich auf der anderen Seite hab an den Stellen, an denen es mir persönlich machbar erschien, durchaus erkennen lassen, dass im Falle eines Falles die StVO ohne Dehnungsstreifen nicht das wäre, was sie heute ist.

Warum das alles? Ich hatte lange keine Ahnung. Jemanden abholen. OK. Mit der Zeit wurde dann immer mehr bekannt. Es ging um eine Sie, sie hatte jetzt Feierabend, sie erwartete ihn eigentlich nicht und könnte einfach weg sein, wenn wir zu spät kämen. So ganz geschäftlich klang das jedenfalls nicht. 😉

Ich hatte seit Beginn der Fahrt gesagt, dass wir mindestens 10 Minuten zu spät kommen würden, später hab ich ihn dann darin bekräftigt, sie wenigstens zu erreichen zu versuchen.

Und dann wurde ich Zeuge eines Telefongesprächs, bei dem er in der Verwaltung eines Einkaufscenters anrief und bat, in Laden XY doch die Zeitarbeiterin aus Land ABC, deren Nachnamen er leider nicht so genau wisse, zu informieren, er würde sie abholen. Also so frisch in der Mache erlebt man Beziehungen dann ja auch selten. 😀

Ich habe die nur 10 Minuten Verspätung am Ende eingehalten. Trotz teilweise beschissenster Ampelphasen. Was für ein Opfer ich der StVO dafür beizeiten bringen werde, muss ich mal sehen. Ein unfreiwilliges habe ich wohl nicht zu vermelden, so gesehen ist alles absolut bestens gelaufen.

Stressig war’s trotzdem, ich halte mich ja aus dem Hektik-Business nicht ohne Grund gerne raus. Also hab ich mich nach der Tour erst einmal auf die hinterste Ecke des großflächigen Parkplatzes verzogen, mich über mehr als 35 € Umsatz gefreut und eine geraucht. Ich hatte dank der Tour binnen anderthalb Stunden einen Fuffi Umsatz gehabt, man muss ja auch mal wertschätzen, was man kriegt.

Nennt mich ruhig kitschig, aber wirklich zufrieden war ich erst, als ich die Rückfahrt in die Zivilisation angetreten habe und dabei kurz nach dem Start noch weit draußen in der Westberliner Prärie ein Pärchen überholt habe, das gemütlich palavernd den Weg entlanggeschlendert ist: Sie in großen Gesten erzählend, mein Fahrgast andächtig lauschend.

Der Zweck heiligt keinesfalls immer die Mittel. Aber wenn’s mal passt, lasse ich mir die Freude daran auch nicht nehmen!

Ich, das Arschloch auf dem Fahrradweg

„Das is’n Fahrradweg, Du Arschloch!“

Hab ich neulich wieder gehört und der eloquente junge Mann hatte sogar recht. Der Sicherheit wegen werden immer mehr Fahrradwege, bzw. -Spuren direkt auf der Straße angelegt und ich begrüße das auch sehr. Man sieht sich wirklich besser. Wenn ich allerdings Kunden auslade, fahre ich auch auf diese Spur, „ganz“ rechts ran.

Liebe Radler, ich tue das nicht, weil ich denke, dass man Euch eher behindern sollte als die Autofahrer. Das ist mir egal, da hab ich keine Präferenzen. Da ich allerdings nicht dafür garantiern kann, dass meine (gerne mal angetrunkene) Kundschaft beim Türöffnen auf Euch achtet, versperre ich diesen Weg mit voller Absicht.

Sicher ist es nervig und gefährlich, um ein so haltendes Taxi herum zu fahren. Aber Ihr seid die, die gerade aktiv am Straßenverkehr teilnehmen. Ihr müsst schon dem Gesetz nach nüchtern und aufmerksam sein, meine Kundschaft nicht. Links ist die Kindersicherung drin, da springt keiner unerwartet raus, das Halten am äußersten rechten Rand bietet sich da einfach an.

Wir alle ärgern uns über unnötige Hindernisse, schon klar, ich auch. In dem Fall versuche ich aber eigentlich nur dafür zu sorgen, dass die berühmt-berüchtigte plötzlich geöffnete Tür –sicher der Radler-Horror schlechthin – nicht passieren kann. Ich mach’s also auch für Euch, also bitte weniger Beleidigungen!

Die Verkehrsteilnehmer der Woche

Gleich vorweg: An diese Liste wird nie wieder jemand rankommen, wir müssen uns also auch diese Woche mit etwas weniger Glamour zufrieden geben.

Nummer drei: Nostalgiebeschriftung

Damals, als ich noch jung war … so fange ich nicht viele Texte an. Aber in dem Fall muss ich es, denn ich hab seit Jahren das erste Mal wieder eine A-Klasse gesehen, die statt der Typenbezeichnung einfach „ELK“ am Heck kleben hatte. Da hab ich mich doch gleich mal wieder alt und jung zugleich gefühlt.

Platz zwei: Der Extrem-Twitterer

Bei Twitter besteht die große Kunst ja, seine Texte in höchstens 140 Zeichen zu pressen. Noch weniger Platz bieten andere öffentliche Plattformen, zum Beispiel die Textfelder an Bussen, die im Normalfall für Linienbezeichnung und Fahrtziel verwendet werden. Gestern kam mir einer  der zahlreichen Ersatzbusse für die S-Bahn entgegen, dessen Schild „S7 Ich habe fertig“ verkündete. Chapeau!

Number One: Der gewitzte Schleicher

Als ich hinter ihm her bin, hab ich noch überlegt, Lichthupe zu geben. Selbst auf der Darßer Straße nachts um zwei Uhr ist eine vollkommen uneingeschaltete Beleuchtung nämlich ein bisschen arg wenig. Andererseits war’s ein Streifenwagen und weder weiß ich, wie undercover die Beamten glaubten, unterwegs zu sein, noch, ob sie mit Kritik angemessen umgehen würden. Als sie aber an der Falkenberger Chaussee/Hansastraße kurz stoppten, dann aber beschlossen, die menschenleere Kreuzung mit Blaulicht zu überqueren, war mir auch klar, dass die fehlende Gefechtsfeldbeleuchtung eher ein Versehen war. War jetzt halt blöd, ich konnte ihnen ja schlecht bei rot über die Ampel folgen, um ihnen das mitzuteilen.

Übergabe

Mal eben für eine nahezu 30 € Umsatz bringende Fahrt rausgewunken zu werden, ist immer schön. Noch dazu, wenn der Fahrgast nett ist und am Ende sogar das Trinkgeld stimmt. Das trifft ja selbst an gut laufenden Wochenendschichten nicht auf alle Fahrten zu.

So, und nun hat mein Fahrgast sich also verabschiedet und ist leicht angetrunken zu seinem Häuschen in einer kleinen Stadtrandsiedlung getorkelt. Ich hab die Daten der Tour kurz notiert, als plötzlich 30 Meter hinter mir eine dunkle S-Klasse heranrollt und Lichthupe gibt.

Ich wollte erst losfahren, aber als es nochmal blinkte, bin ich ausgestiegen. Ein junger Mann, groß und kräftigt, aber am Ende doch sehr nett, fragt mich, ob ich ihn gleich nach Neukölln mitnehmen könne. Er hätte nur eben seinen Chef heimgefahren und bräuchte jetzt selbst ein Taxi. Was halt so passiert.

Unnötig zu erwähnen, dass die Fahrt genauso viel brachte wie die erste und nicht weniger nett war. Manchmal hat man dann halt auch Glück.

Klischeefahrten, linke

Der letzte Samstagabend war spannend in Friedrichshain. Dank der Demo zur Unterstützung der Rigaer 94 war der Stadtteil völlig unberechenbar für Verkehrsteilnehmer. Was allerdings weniger an den Demonstranten lag, sondern mehr an der kreativen Umsetzung der Straßensperrungen seitens der Polizei. Ich bin im Wesentlichen gut durchgekommen an dem Abend, ich hab nur einmal ein paar Inder 500 Meter vor ihrem Hotel versichern müssen, dass ich ohne 10€-Umweg nicht weiterkomme und einmal einen alteingesessenen Kreuzberger mit etwa 400 Meter Umweg anstatt der kürzesten Route abspeisen.

Im Gegenzug hab ich dank meines grotesken Jobs (wo antikapitalistische Demos die Einnahmen steigern) eine kurze Zeit Ersatz für die „Szene-Bahn“ M10 übernehmen können.

Da Demos nun ja irgendwie an der Tagesordnung in Berlin sind, fand ich das noch relativ normal, obwohl ich meine Sympathien für die Rigaer 94 nicht verschweigen will und gestern zudem festgestellt wurde, dass die Anlass gebende Räumung vor kurzem rechtswidrig war.

Aber gut, ich war an dem Abend also viel dort in der Gegend unterwegs. Eine Fahrt mit Demoteilnehmern, Cops oder beteiligten Journalisten hab ich nicht gehabt. Leider. Eine hätte ich haben können: Einen Funkauftrag für eine Großraumfahrt. Ich war zu diesem Zeitpunkt nicht wirklich in der Nähe, aber Großraumfahrten werden bisweilen in ziemlich großem Umkreis ausgeschrieben. Egal. Als Start- und Zielpunkt standen da jedoch tatsächlich „Rigaer Straße“ und „Wedekindstraße“. Ich kann da natürlich nicht sicher sein, aber wieviel wollen wir wetten, dass es von ungefähr der Rigaer 94 (das besetzte Haus) zur Wedekind 10 (Polizeirevier) gegangen ist? 😉

PS: Fahrten in die andere Richtung hab ich vor meinem Job als Taxifahrer auch gelegentlich gemacht. In Erinnerung geblieben ist mir vor allem der entsetzte Kerl, der unweit einer Anti-Nazi-Demo festgesetzt wurde, weil er von seinem eben beendeten Urlaub ein ausgeblasenes Straußenei dabei hatte und ihm das als potenzielle Waffe ausgelegt wurde. Lacht nicht, sowas passiert wirklich!

PPS: Nein, mit „Szene-Bahn“ meine ich nicht die linke Szene!

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

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Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.

Wortklaubereien

Ich hatte überraschend einen Winker, der weit in den Westen wollte. Juhu! \o/

Mein gar nicht so uncleverer Weg führte unter anderem über die Tiergartenstraße, die insbesondere dank dem für die Fanmeile gesperrten 17. Juni ganz gut befahren war. Aber das natürlich nur im Nachtschichtsinne. Tatsächlich sind wir da locker mit 50 langgegurkt und im Gegenverkehr lief es ähnlich. Als wir kurz vor der Hofjägerallee waren, hielt es auf der Gegenspur aber ein Porsche-Fahrer nicht mehr aus, überholte den Wagen vor sich und kam uns ein bisschen arg schnell auf unserer Spur entgegen.

Grund zur Sorge hatte ich nicht, denn es war genug Platz zur Seite vorhanden. Ich konnte etwas weiter rechts fahren und der Typ hat sich sowieso nicht drum geschert, den vor sich am Ende noch zu schneiden, um ihm mal zu zeigen, wie gefährlich verkehrsregelkonformes Fahren so ist.

Da ich also nicht hektisch reagiert habe, dachte ich gar nicht, dass mein in sein Smartphone vertiefter und hinten sitzender Kunde das überhaupt mitkriegen würde. Aber Fehlanzeige:

„Ui, das hätte fast gescheppert!“

„Ja, das war schon mutig.“

„Nein, das war strunzdumm!“

Ich möchte mich hiermit für meine unangebrachte Wortwahl entschuldigen. Der Fahrgast hatte natürlich recht. 🙂