Eine Frage der Höflichkeit

Ich hab echt nichts gegen den familiären Tonfall auf Berlins Straßen. Gestern allerdings ist mir aufgefallen, wie sehr ich mich daran gewöhnt habe. Da stand plötzlich am Bahnhof eine junge Frau an meinem Auto und fragte:

„Entschuldigen Sie, dürfte ich Sie um eine Auskunft bitten?“

Und das kam mir irgendwie sehr seltsam vor. Normalerweise kommt doch eher:

„Sag mal, weißte wo hier die nächste Brücke über die Spree ist?“

Antworten gibt’s nach wie vor auf beides. 🙂

Was ich gerne mal wissen würde …

Nämlich: Wie hoch ist wohl die Wahrscheinlichkeit dass das LDS-Taxi auf der Warschauer Brücke mit 7,20 € auf dem Taxameter gerade dabei war eine legale Tour zu absolvieren?

Ich weiß, es kann sein. Aber mich würde einfach mal interessieren, ob die Wahrscheinlichkeit dafür bei 2% liegt oder bei 0,02% …

N‘ Juter mit Pommes

„Ick bin’n Juter! Nimmste mich mit?“

„Kommt drauf an: was hattet ihr denn für ein Problem?“

Es ist nicht oft so, dass ich potenzielle Kundschaft über irgendwelchen Stress per se ausfrage. Dass der Kollege vor mir z.B. den Kunden abgelehnt hatte, wäre mir egal gewesen. Dass der „Jute“ allerdings kurz zuvor den Fahrer davor als Taxi-Lutscher beschimpft und bereits als ich ankam ein kleines Stelldichein mit Polizeibeamten hatte, hat mich skeptisch gestimmt.

So für den Moment wirkte der Kerl wirklich nett wie sonstnochwas und stand mir auch höflich Rede und Antwort. Der erste Fahrer hätte ihn nicht mitgenommen, weil er sich Pommes geholt hätte …

Aha. Das ist vielleicht nicht notwendig, aber hey – ich hatte auch schon Pommes im Auto verteilt und akzeptiere es, wenn Kollegen da nein sagen.

„Und dann war ich sauer und hab ihm Pommes auf die Scheibe geschmiert …“

Ach so, nee ist klar.

„Und dann hat der die Bullen gerufen! Echt jetzt Mann, die Bullen!“

„Ähm, dein Beitrag war jetzt aber auch nicht die feine englische, oder?“

„Naja, aber …“

Eine knappe Minute hat er sich damit zu rechtfertigen versucht, dass es auch schlimme Taxifahrer gibt. Tut ja auch voll was zur Sache in dem Moment. Wenn er jetzt irgendwas gegen den Kollegen hätte vorbringen können – aber nein: der Hinweis, dass er ihn mit Pommes nicht mitnehmen würde, war wohl wirklich alles. Als hab ich ihn weiter eher fragend und vorwurfsvoll angesehen. Und er so:

„Hey, ich bin nicht mehr ganz nüchtern – ok. Aber ich bin’n Juter. Ehrlich. Ich bezahl Dich, ist eine Fahrt mehr. Ich weiß, wo ich wohn, alles easy. Ist deine Entscheidung, ich lauf auch. Ehrlich, kein Problem. Wäre eine gute Tour für dich, aber wenn Du nicht willst … echt, ich will nur nach Hause, ich lauf auch, so ist es nicht, ich bin da nicht so, SCHEISSE, DANN LAUF ICH HALT!“

Sprach’s und knallte seine frisch erworbenen Pommes vor dem Taxistand auf den Boden. Ich hab wirklich nix gemacht bis dahin, war aber froh, dass sich die Geschichte so erledigt hat. So wie der drauf war, hätte der mir wahrscheinlich vor Hass auf eine rote Ampel demonstrativ ins Auto gekotzt oder sowas. Echt, Leute gibt es …

Eine ganz Eilige

Dass es im Taxi mal schnell gehen soll, ist verständlich. Dass einige Kunden dabei ein wenig die Sicherheit aus den Augen verlieren, leider auch. Ich denke, jeder meiner Kollegen kann über Anstiftungen zum Rasen ganze Bücher schreiben. Da wissen plötzlich selbst Touristen, auf welchen Strecken man „doch nie erwischt“ wird, Bedenken beiseite geschoben und großzügig mit der Bezahlung eines Strafzettels gewunken.

DAS blieb mir glücklicherweise erspart.

Viel gefährlicher aber war, was die Frau sich ausgedacht hat, um ihr Taxi zu bekommen.

Ich stand an der Mühlenstraße , genauer an der Ecke mit Brenner- und Berliner Straße. Ich wartete darauf, dass die Ampel auf ein freundliches Grün umspringt. Nach einigen Sekunden tat sie das auch und ich fuhr los. Parallel zu diesen wenig dramatischen Ereignissen muss die Frau mit den lockigen Haaren und der zierlichen Statur auf der anderen Seite der Berliner Straße beschlossen haben, dass ich ihr Taxi sein könnte. Ohne Rücksicht auf Verluste ist sie quer über die dank Baustelle gesperrte Straße gerannt. Das wäre soweit kein allzu großes Problem gewesen, doch hielt sie sich dabei stets vollständig hinter der A-Säule meines Autos verborgen, so dass ich sie erst gesehen hab, als sie mir direkt vor die Scheinwerfer gestolpert ist und ihr trotz Vollbremsung (aus sehr sehr niedriger Geschwindigkeit – ich stand wirklich umgehend!) so nahe gekommen bin, dass sie die Hände auf meine Motorhaube legen konnte.

Der Fahrer hinter mir hat glücklicherweise genauso schnell geschaltet und am Ende konnte ich die stürmische Neukundin einladen und es ist noch eine recht vergnügliche Fahrt geworden mit allerlei derben Scherzen zum Überfahren von Kundschaft.

Ach ja, wo sollte es hingehen? Ins Kino. Schon erstaunlich, für was sich die Leute heutzutage umbringen wollen.

Der Winter kommt …

Schnee gab es meines Wissens nach in Berlin noch nicht in dieser Saison. Meine zugegebenermaßen hauptsächlich auf Daten aus Stuttgart fußende Statistik (die ohnehin total subjektiv ist) lässt aber erwarten, dass es vor meinem Geburtstag – das wäre dann der 12. November, der Montag in einer Woche also – noch schneit. Wenn auch nicht lang.

Was es aber jetzt schon hier und da gab, waren glatte Straßen. Insbesondere dort, wo Kopfsteinpflaster liegt, sollte man aufpassen. Dass ich mich eher darüber freue, brauche ich zumindest langjährigen Stammlesern nicht mehr zu erzählen.

Warum schreibe ich das?

Sagen wir es mal so: Ich sehe es mit Freude, dass es noch Menschen gibt, die auf den Verkehr achten und registrieren, wenn irgendwas passiert. Aber wenn ein Zafira-Taxi mit B-CA 1925 auf dem Kennzeichen in der Kurve kurz die Bodenhaftung verliert und ums Eck driftet – dann ist das normal und gehört so! 😉

Also:

„Mund zu, Augen wieder auf Normalgröße! Und wo sollte es gleich nochmal hingehen?“

😀

Ständige Vorsicht …

erfordert die Teilnahme im Straßenverkehr ja schon laut StVO. Und das ist echt eine fiese Geschichte. Denn natürlich: Je mehr man im Auto sitzt, je öfter, länger, weiter man fährt, desto unachtsamer wird man. Und da muss man als Fahrer im Grunde ständig gegen anarbeiten.

Allerdings hab ich da als Taxifahrer großes Glück. Wir haben zwischen unseren Touren (viel zu) oft Pausen, Ruhezeiten, Ablenkung. Im Schnitt trete ich mindestens jede zweite Tour nach einer längeren Pause an – also zumindest lang genug für einmal Aussteigen, eine Zigarette oder gar einen Kaffee. Man startet 5 bis 10 Mal quasi völlig von null an und ist wieder konzentriert. Und da ich merke, wie selbst ich mich manchmal von der Routine ablenken lasse, hab ich auch verdammt großen Respekt vor den ganzen LKW-Fahrern da draußen, die teils stundenlang am Stück hinterm Steuer sitzen. Und wesentlich monotonere Fahrten haben als wir. Es wird oft über schlimme Unfälle berichtet, tatsächlich müssten es der schwierigen Verhältnisse wegen etliche mehr sein, wenn da nicht überwiegend kompetentes Personal unterwegs wäre.

Ich hatte bislang zum einen immer Glück, zum anderen – ebenso glücklich wahrscheinlich – schnelle und vernünftige Reaktionsmuster zur Hand. Trotz meiner paar hunderttausend Kilometer Fahrerfahrung (schätze, ich bin irgendwo zwischen 400 und 450k) hab ich keine Ahnung, woher das kommt. Ja, ich hab mit fast jedem länger genutzten Auto mal eine Vollbremsung testweise gemacht und nach einem eisigen Winter voller waghalsiger Experimente zu tiefer Nachtstunde kann man das Verhalten eines Autos ganz gut einschätzen. Dass ich das bisher immer genau richtig umgesetzt habe, ist indes einfach nur Glück gewesen.

So im Grunde auch neulich.

Ihr müsst wissen, dass ich mir als Taxifahrer eine seltsame Fahrweise angeeignet habe – nämlich eine, die nur sehr vorsichtiges Bremsen beinhaltet. Mal abgesehen davon, dass unser Auto immer mal wieder beim Bremsen Geräusche gemacht hat im Laufe der Jahre – so zackiges Bremsen kommt auch nicht gut. Es wirkt wesentlich ruhiger, eleganter und professioneller, wenn man das Fahrzeug ohne Ruck zum Stehen bekommt und keine Hektik walten lässt – so wie man wohl auch beim Schalten besser nicht hakelt.

In Kreuzberg wäre mir neulich allerdings fast genau das passiert, was einen ehemaligen Mitbewohner von mir schon mal in ziemliche finanzielle Schwierigkeiten gebracht hat:

Ich fuhr als zweiter zum Rechtsabbiegen an die Kreuzung heran und sah, dass der Fahrer vor mir freie Fahrt hatte. Er löste auch die Bremsen und fuhr los. Ich hab die Kiste ebenfalls anrollen lassen und mich fast umgehend nach links orientiert. Klar, ich wollte sehen, ob irgendwelche Radfahrer, Autos oder Fußgänger mich an der Weiterfahrt hindern würden. Das kann man im Prinzip unter vorbildliches vorausschauendes Fahren einsortieren, allerdings nur, wenn man – anders als ich eben – das unmittelbare Hindernis nicht ganz aus den Augen verliert: Den Wagen direkt vor der eigenen Motorhaube!

Der nämlich hat aus einem mir nicht ersichtlichen (und vielleicht ja tatsächlich unsinnigen) Grund plötzlich gebremst. Als ich den Blick wieder auf ihn gerichtet habe, waren ungefähr noch gefühlte minus 20 Zentimeter Platz. Auch nach Jahren schätze ich die von innen unsichtbare Schnauze unseres Autos immer noch länger ein als sie ist …
Bevor ich auf die Bremse trat, hörte ich jedenfalls schon das Krachen von gefaltetem Metall und gesplittertem Plastik.

Meine Fahrgäste hörten nichts und fanden sich etwa 0,4 Sekunden später mit sicher ziemlich lustigen Gesichtsausdrücken in den Sicherheitsgurten hängend, als ich mich schon wunderte, weswegen der Wagen vor uns nicht langsam mit blinkenden Lichtern und eingedellter Stoßstange auf die Kreuzung rollte.

Ich – und natürlich die neuen Bremsen der 1925 – hatten es glücklicherweise einmal mehr geschafft. Ich würde wetten, dass der Abstand am Ende so gering war, dass die Besatzung des vorderen Wagens den Ruck durch den Luftdruck zwischen unseren Autos gespürt hat. Wenn da 2 Zentimeter Rest waren, dann weil die Autos irgendwie schräg zueinander standen.

So war die Schicht dann doch nicht zu Ende, nur ein kleines „Sorry“ an die Fahrgäste hatte ich zu entrichten. Die nahmen es allerdings gelassen und so ging es dann weiter wie geplant. Ich hoffe nun zum einen natürlich, dass mein Glück mich nie verlässt. Zum anderen bin ich sicher auch mal wieder eine Weile vorsichtiger als sonst unterwegs. Aus Gründen, wie man so schön sagt …

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

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Fotosession

Kaum hab ich mal guten Umsatz und fahr nach außerhalb …

Naja, GNIT ist wahrscheinlich bald um ein Foto von mir reicher. Mal sehen, ob es vorzeigbar ist, aber das will ich bei voraussichtlich 35 € Kosten doch mal hoffen.

Eine Minute vor dem wirklich fiesen Blitz – nachts kann einen das ja durchaus ermuntern, mal spontan ins nächste Haus zu donnern – hab ich sogar noch darüber nachgedacht, wie viel hier erlaubt ist. Geschlossene Ortschaft ja, aber war da ein 60er-Schild? Offenbar nicht, denn viel mehr hatte ich wohl nicht, als ich geblitzdingst wurde. Im Gegensatz zu vielen anderen lege ich ja bei Blitzern keine Vollbremsung* hin – ist nur gefährlich und bringt auch nichts mehr, so dass ich danach noch recht gut sehen kann, wie schnell ich war. Mein Tacho stand bei 65, vermutlich waren 50 erlaubt. Tja, dumm gelaufen. Vielleicht reicht es mit Tacho-Ungenauigkeit und Toleranz noch unter die Grenze, vielleicht muss ich halt doch nicht nur 15 € latzen. Mein Fehler.

Ich mach einfach einen Running Gag draus, dass es mich nie in Berlin erwischt. 😉

Und ich bin verdammt nochmal dafür, dass die nachts nur eine Warnleuchte, dafür aber einen Schwarzlichtblitzer nehmen. Ist nicht so praktisch, wenn man mit überhöhter Geschwindigkeit zwei Sekunden lang blind durch die Nacht pfeffert …

*Beim letzten Blitzer hab ich sogar nicht einmal gebremst, obwohl ich ihn gesehen habe. Was sind schon 10 € gegen einen Unfall?