Wenn, dann richtig …

Ach herrje! Das war so ein Tag, der scheinbar nicht mehr zu retten war. Und er hatte gerade erst angefangen! Quasi. Ganze anderthalb Stunden stand ich doof am Bahnhof rum und kam einfach nicht weg. So sehr Wartezeit auch zum Job gehört, so wenig hab ich mich in den bislang knapp 5 Jahren daran gewöhnt. Um kurz vor 10 Uhr jedenfalls kam dann doch meine erste Fahrt zustande. Immerhin nicht gerade eine Kurzstrecke: Bis an die Grenze von Pankow sollte es herangehen. Nur die südliche, aber hey – immerhin 16 €!

Und dann überlegte ich, was ich tun sollte. Bahnhof lohnte sich offenbar (noch) nicht, aber auf den Straßen war viel los. Also vielleicht mal die Schönhauser, die Tor- und Oranienburger Straße entlanggurken …

Doof war das nicht, denn bereits in der Schönhauser zuckte ein Arm, woraufhin ich neben einem Mittfünfziger mit Schnauzbart, langen Haaren und Hut hielt. Cowboyesk lupfte er den Hut mit zwei Fingern, begrüßte mich und sagte, er müsse zum ZOB. Nee, is‘ klar! Eine gute 20€-Tour, ohne Wartezeit, nicht nach jwd, es war abgesehen von der katastrophalen Baustellenlage in Mitte absolut nichts, was an dieser Tour nicht perfekt gewesen wäre. Sogar der Typ war recht lustig. Neben seinem etwas kuriosen Auftreten war er nämlich auch noch Bayer mit entsprechendem Dialekt. Und was macht ein Bayer mit Cowboyhut nachts auf der Strecke? Richtig: Heimfahren. Er war auf dem Konzert einer Band, die älter war als er selbst, und nun ging es mit einem Nachtbus zurück zur Familie.

Die Route, die ich mir gedanklich zurechtgepfrimelt hatte, war trotz Baustellen eigentlich ok. Dummerweise standen wir derentwegen ziemlich oft irgendwo in der Gegend rum. Doch während ich den Groll meines Fahrgastes befürchtete, taute der erst einmal auf und freute sich, wenigstens mal wieder kurz in Berlin zu sein. Damals, Studium, West-Berlin, diese Geschichten. Dafür kannte er sich noch ziemlich gut aus, erzählte mit blendender Laune diese und jene Anekdote und verwarf die Sorgen mit der Eile: um 23 Uhr sollte der Bus fahren. Und mehr als eine Dreiviertelstunde würden wir ja auch niemals brauchen.

Wohl wahr, aber ganz alltäglich blieb die Fahrt nicht. Wie schon letztes Mal war es am Ernst-Reuter-Platz, als fast unmittelbar vor meiner Nase abgesperrt wurde, um einer ausgedehnten Polizei- und Limousinenkolonne Platz zu machen. Dieses Mal allerdings dauerte das Ganze noch länger, so dass selbst mein Fahrgast anfing zu überlegen, ob man nicht „mit Wenden und dann da hinten und über die Kantstraße“ irgendwie anders ans Ziel käme. Aber wie immer: Sobald man sich gedanklich ernsthaft an eine Lösung macht, isses auch schon vorbei.

Am Ende waren es wirklich nur noch 10 Minuten, die mein Kunde bis zu seinem Bus hatte. Immerhin kein ewiges Warten. Ich bin auf dem Rückweg Richtung Osten der Kolonne nochmal über den Weg gefahren. Da kam sie gerade aus dem Spreeweg. War also wahrscheinlich der Bundespräsident. Der dürfte meinetwegen auch gerne mal irgendwo warten. Andererseits: Seine Kundschaft wünsche ich mir auch nicht unbedingt …

Hallo neue Woche!

Mich gibt’s noch und ich werde wohl wie geplant morgen 32 Jahre alt. Das allerdings hab ich neben vielem anderen nun auch einmal mehr meiner Reaktionsfähigkeit zu verdanken, denn dieses Wochenende war’s mal wieder verdammt knapp. Mir sind keine Kunden an die Gurgel gegangen und auch die kuriose Vermutung meines Arztes, meine Arbeit wäre unglaublich anstrengend, hat sich nicht bewahrheitet. Stattdessen wäre ich beinahe Opfer nicht erfolgter Ruhestörung geworden.

Im einen Moment freute ich mich noch, dass die Ampel lange genug grün blieb und beschleunigte auf die ab dort gültigen 50 km/h hoch, als ich von der Grünberger über die Warschauer zu flitzen gedachte, im nächsten Moment verhinderte dann nur noch eine Vollbremsung den Zusammenstoß mit einem von links auf die Kreuzung pfeffernden Rettungswagen. Der hatte nämlich – mit sicher bester Absicht – sein Einsatzhorn nur für eine halbe Sekunde angemacht. Und zwar in dem Moment, in dem er auf die Kreuzung fuhr …

Auch das Blaulicht war vorher zumindest nicht auffällig genug, als dass ich’s wahrgenommen hätte, von der Einsicht her ist die Kreuzung auf der Seite einfach blöd. Aber gut, wie eingangs erwähnt: Lief alles glatt. Ich bin in die Eisen, der Fahrer des Rettungswagens hat geistesgegenwärtig beschleunigt und am Ende war es nicht einmal mehr überragend knapp. Eine Schrecksekunde mehr wäre aber definitiv wenig hilfreich gewesen.

Deswegen: Augen auf. Dann überleben wir auch einen Montag mit links! 😉

Sash, 31, Lotse

Ich kam gerade von der Autobahn. Quasi. Eigentlich bin ich nur von der Pasewalker Straße aus rüber auf die Prenzlauer gewechselt. Da nimmt man noch ein paar Meter Autobahn mit, eine Ecke, die einen in der Ortskundeprüfung den letzten Nerv kostet. Vor allem in die andere Richtung.

Aber gut, ich kam von der Leser-Tour und mir fehlten noch 20 Cent auf der Uhr, um ins – zumindest in meinen Augen: wohlverdiente – Wochenende zu kommen. Plötzlich gab mir der Wagen hinter mir Lichthupe. Oder war es eine Bodenunebenheit, die mich in den Fokus seiner Scheinwerfer rücken ließ? Sowas passiert ständig, aber ich bin da immer etwas nervös, weil ich so tatsächlich schon mal eine Tour bekommen habe. Das kann man hier nachlesen.

Ich fuhr also etwas langsamer und der Wagen setzte zum Überholen an. Ich dachte an vieles, z.B. auch daran, dass sie mich auf was aufmerksam machen wollten. Ich gebe auf der Straße auch hier und da mal Leuten ein Signal, damit sie z.B. das Licht einschalten. Vielleicht war ja bei mir das Rücklicht kaputt. Man weiß ja nie …

Ich ließ den Wagen überholen und sah hinüber. Ein schwarzer Kombi mit drei ziemlich grobschlächtigen Gesellen drin. Der Beifahrer hatte das Fenster runtergekurbelt und winkte mich rechts ran. Mein Gedanke war folgender: „Fuck, die Bullen! Ich bin nach der Autobahn sicher noch zu schnell gewesen …“
Wäre ja ein klassischer Einsatzort für eine Zivilstreife. Aber dann hätten sie doch die Kelle …

Wir haben also beide angehalten und einer der Typen ist wie ich ausgestiegen. Anstatt mich nun auf ungebührliches Benehmen hinzuweisen, fragte er mich, ob ich ihnen sagen könnte, wo die Storkower Straße sei. Nun, ähm, ja, schon irgendwie. In ein paar Kilometern links ab …
Bevor ich den Gedanken zu Ende bringen konnte, schlug er aber selbst vor:

„Would you bring us there? We pay!“

Eine Lotsenfahrt also. Immer gerne, auch wenn im Konvoi fahren nicht zu meinen Lieblingsbeschäftigungen im Straßenverkehr gehört. Außerdem ist Vorkasse da geradezu Pflicht. Es kommt ja so schon gelegentlich (seltener als ich dachte) vor, dass Leute ohne Bezahlung abhauen. Aber wenn sie auch gleich noch in einem anderen Auto sitzen, ist mir die Gefahr dann doch zu groß. Für Verfolgungsjagden bin ich wohl inzwischen zu erwachsen. Traurig, aber wahr.

Das aber sollte kein Problem sein. Einer der Typen bot sich an, in meinem Auto mitzufahren und teilte mir dann mit, dass sie zum Generator Hostel wollten. Super Tour, über 10 €. Und wenn man eh nur noch 20 Cent braucht …
Ebenfalls von meinem Beifahrer erfuhr ich indirekt, warum die Fahrzeugbesatzung irgendwie nach 50 Jahren Knast aussah: Sie waren Kickboxer und zu einem Kampf angereist. Aus Dänemark.
Nun funktionierten ihre Handys im fremden Deutschland halt nicht und sie waren ohne Navigation aufgeschmissen. Sie hatten wohl schon mehrere Versuche, die Straße zu treffen, hinter sich und waren müde. Verdammt müde. Aber clever, dabei an ein Taxi zu denken! Lotsenfahrten sind ja – zumindest hierzulande – nicht gerade das häufigste Einsatzgebiet von uns. Und werden es sicher auch nie mehr werden dank Navis.

Ich hab die müden Fighter dann ohne Probleme in ein paar Minuten zu ihrem Ziel gebracht. Dort haben sie dann leider noch lernen müssen, dass 200€-Scheine fürs Taxi in Berlin echt eine Nummer zu groß sind, aber da waren sie schon dankbar und lieb und sahen weit nicht mehr so gefährlich aus wie bei unserer ersten Begegnung. Am Ende haben sie die 12,20 € in klein zusammengekriegt. Und ich hab Feierabend gemacht. 🙂

„Blitzmarathon“

Bundesweit wird heute von der Polizei extrem viel geblitzt. Alleine in Berlin an 250 Stellen (pdf), kurzfristige Verschiebungen nicht eingerechnet. Es ist nicht so, dass ich das jetzt irgendwie total geil finde. Für Blitzer gilt in meinen Augen das selbe wie für jegliche Art Überwachung in der Gesellschaft: Man sollte sie auf das Minimalste beschränken. Ich bin kein Law-and-order-Typ, mich nervt die Scheiße hier ungemein.

Aber wir haben hier in Deutschland manchmal auch ein etwas gestörtes Verhältnis zu unseren Autos, das muss auch ich als hauptberuflicher Fahrer sagen. Das Internet ist schon wieder voll von Prolls, die „Abzocke!!!“ schreien, ohne zu bemerken, dass sie das nur schreiben können, weil die Aktion seit einer Woche angekündigt und promotet wird. Was bei näherem Hinschauen reichlich wenig Sinn gibt, denn man kann sich recht einfach dagegen wehren, geblitzt zu werden. Das einfachste (wenn auch sicherlich nicht einzige) Mittel ist: nicht schneller fahren als erlaubt.

Ich kenne auch eine Menge in meinen Augen unsinnige Geschwindigkeitsbegrenzungen und ich ärgere mich sicher auch darüber, wenn ich in so einem Bereich mal geblitzt werde, weil ich gewohnheitsmäßig zu schnell bin (z.B. Am Treptower Park, 22 – 6 Uhr Tempo 30, Fickt Euch!). Aber wenn es mich heute erwischt, dann nur, weil ich zu blöd war und nicht darüber nachgedacht habe.

Mein Schein (hier der P-Schein) ist schneller weg als Euer Lappen. Und ich fahre mehr als viele private Fahrer. Dennoch ist mein Punktekonto bei null und war nur einmal bei 3. Irgendwie hab ich also die Vermutung, dass ich heute überdurchschnittlich entspannt in den Tag starten kann, aus Gewohnheitsgründen. Und mir macht Autofahren immer noch Spaß.

Denkt wenigstens kurz darüber nach.

Und habt selbstverständlich eine gute Fahrt heute, ohne überteuerte Fotos und ohne sonstigen Stress. Das würde mich natürlich am meisten freuen. 🙂

Alle einsteigen!

OK, so ganz ohne richtige Geschichte kann ich Euch ja nicht in die Woche starten lassen. Ich meine, es ist Montag, wer braucht da nicht etwas Ablenkung?

Leiten wir an dieser Stelle möglichst schlecht über zur kurzen Szene: Ablenkung brauchten die ungefähr 12 Leute auf der Oranienburger Straße in Mitte nicht mehr. Sie schienen alle schon gut dabei zu sein und störten sich kein bisschen daran, dass sie den Verkehr komplett lahmlegten, indem sie im engen Einbahnstraßenbereich kurz hinter dem Hackeschen Markt ein Taxi anhielten. Dann begannen sie zu erörtern, wer mitfährt, wer das nächste Taxi nimmt, usw. usf.
Durch die schleichende NewYorkisierung des Berliner Verkehrs sind nachts ja beinahe nur noch Taxen unterwegs. Hinter dem angehaltenen Fahrzeug stauten sich nur zwei Privatwagen und vier weitere Taxen. Das vierte war meines. Die Truppe von Feierwütigen begann sich nur sehr langsam zu verteilen, aber insbesondere die Taxifahrer warteten geduldig. Schließlich hätte ja für jeden noch eine Tour dabei herausspringen können. Taxi 1 wurde besetzt, der zweite Wagen auch. Zwei Autos vor mir öffnete einer der jungen Typen schon die Tür des dritten Wagens, da wurde es plötzlich laut unter den Protagonisten:

„Steig ein!“

„Spinnst Du?“

„Was denn? Jetzt steig ein!“

„Nein, Alter!“

„Warum nicht?“

Ja, warum nicht?

„Das ist kein Taxi, Alter!“

Tatsache. 🙂
Ich hab’s von meinem Standpunkt aus auch nicht gleich gesehen, aber es handelte sich tatsächlich um einen privaten PKW in silber. Im gelblichen Licht der Straßenlaternen nicht sehr verschieden zu den in Reihe stehenden hellelfenbeinfarbenen Droschken. Am Ende war das keine große Sache. Die Tour hat der Kollege zwischen mir und dem Pseudo-Taxi bekommen, und ich die nächsten Winker etwa 400 Meter weiter. Ich muss trotzdem ein wenig schmunzeln, wenn ich mir das ganze aus Sicht dieses Autofahrers vorstelle. Für mich ist das Alltag: „Da steht eine Horde betrunkener Jugendlicher, hoffentlich steigt einer davon ein!“. Ich schätze, diese Einstellung ist unter der Normalbevölkerung relativ unverbreitet. 😉

Party gerettet

Wenn es mal läuft, dann läuft es. Also manchmal, in seltenen Fällen. An dem Abend auf jeden Fall. Die Schicht startete mit Winkern von Friedrichshain nach Neukölln, auf dem Rückweg eine Kurzstrecke vom schlesischen Tor zur Lausitzer, dort sofort wieder Einsteiger zum Freischwimmer und kaum, dass ich dann wenden wollte, stand er plötzlich da:

Jeans, weißes T-Shirt, ein Jacket über die Schulter geworfen, Sneakers an den Füßen, eine hellrötliche und leicht verfranste Frisur über grünen Augen und einem Gesicht mit markantem Schmiss. Und ein Lächeln, das die Narbe übers ganze Antlitz zu verlängern wusste. Ein bisschen zögernd stieg er ein, ich war beim Wenden ziemlich ugünstig an ihn rangefahren. Dass er vorne einsteigen konnte, schien ihn zu irritieren. Wie so viele. Aber er taute schnell auf, ich bin ja jetzt auch nicht unbedingt ein Eisklotz im Auto.

Es ging mal wieder darum, eiligst eine Party zu retten. Dieses Mal nicht mit einem Netzteil für den DJ-Laptop, sondern gleich mit der vergessenen Musiksammlung. Die allerdings erklärte mir mein – im übrigen mal wieder englischer – Fahrgast jedoch recht schlüssig: Sein Kumpel, für den er und ich jetzt diese Boten-Tour erledigten, hatte gar nicht vor aufzulegen. Er war einfach nur DJ und privater Gast auf einer Jungesellenabschiedsparty. Aber ebenso wenig, wie man als Blogger durchs Leben gehen kann, ohne seinen Kollegen Computerfragen zu beantworten, kann man offenbar DJ sein, ohne auf Parties aufzulegen.

Und nun waren ich und der gutgelaunte Rotschopf dabei, in der Adalbertstraße kurz eine externe Festplatte oder einen USB-Stick zu holen. Müssen ja heute glücklicherweise nicht mehr ganze Plattenkisten sein. Während die Fahrt so prima lief, dass ich dem Typen nach 5 Minuten Weg nicht einmal ein Pfand abgenommen hab, bevor er ins Haus sprintete, war das mit dem Verkehr schon ein ganz anderes Kaliber. Der südliche Teil der Adalbertstraße ist immer noch (Wahrscheinlich auf Dauer oder so -.-) nur in Nordrichtung durchfahrbar, dank des Andrangs dort in den Abendstunden fährt natürlich trotzdem jeder Vollhorst erst einmal in die enge, zugeparkte und von Fußgängern durchwatschelte Straße rein, um zu gucken, ob auf den hundert Metern nicht vielleicht ein Parkplatz frei ist. Danach wird unter Zuhilfenahme der Hupe möglichst gemeingefährlich gewendet.

Und ich stand mitten drin und hab mich irgendwann einfach neben das Taxi gestellt und grinsend eine geraucht. Für die Unterhaltung zahlen andere teuren Kino-Eintritt. 🙂

Irgendwie hab ich es ohne Beule geschafft, das Auto am Ende auch wieder herauszumanövrieren und zu wenden, an Bord wieder den gut gelaunten Briten, der sich die letzten Minuten mit einer geradezu infantilen Begeisterung mit mir über meinen Beruf unterhalten wollte. Die für die ganze Action eigentlich recht mageren 12,80 € hat er am Ende großzügig auf 15 aufgerundet und sicher noch eine Menge Spaß gehabt in der Nacht. Wie ich ja auch. Nach vier Touren inklusive einer geretteten Party wollte ich eigentlich mal wirklich Pause am Bahnhof machen. Aber selbst dazu kam ich nicht. Eine Winkerin nach Baumschulenweg.

So muss Taxifahren dort aussehen, wo die Fahrer nicht über ihre Umsätze meckern. In Utopia oder so. 🙂

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

Immer dranbleiben!

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Noch ein Blog?

Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.

Zu viel Verkehrsberuhigung?

Das mit der Verkehrsberuhigung ist so eine Sache. Eine eigentlich eindeutige: Wenn sie funktionieren soll, dann muss sie Autofahrer stören. Meine eigene Bequemlichkeit als Autofahrer mal zum Maß erklärend kann ich das unterschreiben. Ich bin zwar kein Raser, aber natürlich bremse ich ungern unnötig. Und, um ehrlich zu sein: Ich teste auch gerne manchmal, was möglich ist.

Die in der Bouchéstraße ausgelegten Holperschwellen zum Beispiel: Die sind zwar fies, weil ich da mit meinem Opel Zafira bei 30 km/h ziemlich derbe Schläge kassiere, die dem Auto sicher nicht gut tun. Also bremse ich ab und rolle im Schritttempo drüber? Muss ich persönlich – obwohl sonst gerne vorbildlich – leider verneinen. Wenn es drei Uhr morgens ist, kein Mensch auf der Straße und keine Kundschaft im Auto, dann fahr‘ ich da einfach 45 km/h. Das ist zwar nicht legal, funktioniert dank der Trägheit aller beteiligten Fahrzeugkomponenten aber so super, dass ich es mir nur schwer verkneifen kann. Denn dann merke ich von den Schwellen gar nix mehr und komme auch noch schnell voran …
Ist jetzt halt nicht gerade das, was die Leute sich dort beim Bau gedacht haben, das ist mir schon klar. 😉

Da sind die deutlich höheren Schwellen am Lausitzer Platz schon besser. Ja, sie nerven wirklich extrem – aber dafür fahre ich dort halt entweder extrem langsam oder – sicher noch besser für die Anwohner – vermeide die Durchfahrt nach Möglichkeit.

Letzteres scheint im Wedding irgendwie geplant zu sein. Die dort verteilten erhöhten Steinplatten (die hatten doch auch so eine schöne Eigenbezeichnung: „Weddinger Kissen“ oder so …) erfüllen überwiegend ihren Zweck, vereinzelt allerdings schießen sie ein bisschen übers Ziel hinaus. In der Utrechter Straße z.B. komme ich öfter mal vorbei – berufsbedingt halbwegs notwendigerweise – und da setzte die 1925 bislang immer mit der Schnauze auf. Selbst wenn ich nur alleine im Auto war und sehr langsam fuhr.
Das ist nicht schlimm, es geht hier nur um eine Gummilippe unterhalb der Stoßstange, wirklich zu Schaden kam dabei nix. Aber mein Auto ist nun wirklich recht geländetauglich gewesen von der Bauform her. Die Überhänge hatten eine moderate Länge und der Zafira lag auch nicht wirklich tief auf der Straße. Mit anderen Worten: Wenn ICH da schon an die Grenze kam, dann ist die Straße für wahrscheinlich einen Großteil der anderen Fahrer da draußen nicht befahrbar.

Wenn DAS das Ziel ist, dann macht man das richtig! Man könnte dort eine Fußgängerzone oder eine reine Fahrradstraße einrichten. Die Straße ist ohnehin zu klein, um wirklich wichtig zu sein. Aber was für einen Sinn gibt es bitte, eine Straße für Tempo 30 freizugeben, wenn sich jeder zweite dort das Auto beschädigt? Ich als Ortskundiger kann die Straße meiden, mich muss das nicht jucken. Aber wenn ich dort jemanden besuchen wollte und mein Navi würde mir die Route vorschlagen … na herzlichen Dank auch, Berlin!