Nasser Sitz

Die Kundin zahlte, gab Trinkgeld, verabschiedete sich nett und stieg aus. Eine weitere Fahrt absolviert, dazu eine unerwartete Winkertour, die prima lief, obwohl es Sprachprobleme gab und die Kundin die Adresse ganz woanders vermutet hatte. Ich war ob all dieser Dinge froh, doch dann sah ich, dass mir ein nasser Beifahrersitz hinterlassen wurde.

Bitte nicht!

Weder Kundin noch Auto haben unangenehm gerochen, aber wir hatten den schönsten Herbsttag, den man sich denken konnte, all das Laub auf der Straße knisterte vor Trockenheit … und so nett die Kundin auch war: Aus nachvollziehbaren Gründen meldet niemand seine Inkontinenz während des Einstiegs an, was sollte sonst passiert sein?

Und während ich kurz davor war, mich wirklich zu ärgern, hab ich – schon alleine aus Psychohygienegründen – nach Ideen gesucht, was denn sonst noch ein Grund sein könnte.

Glücklicherweise wurde ich sehr schnell fündig: Die gute Frau war während der Fahrt die meiste Zeit damit beschäftigt gewesen, einen frischen Blumenstrauß zu bändigen!

Und ja: Ich wäre auch gerne schneller drauf gekommen! 😉

Schlechtestes Argument ever!

Ein sehr ungleiches Paar. Er vielleicht Mitte 40, ruhig und gelassen, sie dagegen eher 30 und aufbrausend. Sie hatten eine überhaupt nicht tolle Bahnfahrt hinter sich und waren dementsprechend unterschiedlich drauf. Sie wollten beide in ein Hotel, das nur einen Kilometer entfernt lag. Sie beide fragten mich, ob ich es kennen würde und wo das wäre. Ich hab kurz den Weg zu Fuß erklärt und auf die Nachfrage nach dem Taxipreis dorthin gleich angefügt, dass es für die Strecke wegen des Einstiegspreises halt doch vergleichsweise teure 6€ wären. Aber natürlich auch, dass ich sie gerne fahren würde.

Er hat sofort eingewilligt und sich ans Verladen der Koffer machen wollen, während sie ziemlich giftig in den Raum warf, dass sie ja wohl hoffentlich im Auto aufrauchen dürfe. Normalerweise hab ich da ein schnelles und deutliches Nein parat, aber ich hab kurz nach versöhnlichen Worten gesucht. Ich hab ja gemerkt, wie sehr sie der bisherige Reiseverlauf gestresst hat. Und dann keifte sie tatsächlich:

„ALTER, jetzt mach mal bitte ’ne Ausnahme! Bei DER kurzen Strecke!“

Ich meine: Ich hatte weder Bock, für eine 6€-Tour zu warten, bis sie aufraucht, noch sie mit Kippe einsteigen zu lassen (und EIGENTLICH ja auch nicht, sie zu verärgern, wäre das noch möglich gewesen). Und am Ende hatte sie schon aufgeraucht, als die Koffer verladen waren.

Aber im Ernst: Ausnahmen machen, weil es doch so eine kurze Strecke ist? Ich will mich da jetzt echt nicht aufführen wie eines der Arschlöcher, die kurze Strecken per se ablehnen, aber das ist so dreist wie vom Wirt einen Schnaps aufs Haus zu wollen, weil man ja auch nur ein Bier getrunken hat. Da bin ich vermutlich das erste Mal seit langem wortwörtlich sprachlos gewesen.

PS: Hätte ich von Anfang an gewusst, dass ich 3,90€ Trinkgeld kriegen würde, hätte die Sache vielleicht anders ausgesehen. 😉

Wenn ich mal nur halb richtig liege

„Noch drei Kilometer bis zum Oktoberfest, ich sollte mal nach … oh, ein Winker!“

Noch besser war, dass ihn dort auf der linken Seite im Dunkeln die zwei ebenfalls freien Kollegen vor mir nicht gesehen haben! Also drehen und einsacken. Hat zwar Lederhosen an, schwankt aber noch nicht bedrohlich. Prima!

„Brimsa Nfeld Cherstraß?“

Au Backe!

„Sorry, könnten Sie das wiederholen?“

„Na Felde, Icherstas!“

„Entschuldigung, das hab ich immer noch nicht richtig verstanden.“

„Is ok. Ich Schlaanfall habt …“

Ui. Und ich hatte schon gedacht …

„… und bsoffn au bin!“

Puh, immerhin zu 50% reicht die Erfahrung noch aus. 😉

War dann nach zwei drei weiteren Versuchen mit der Aussprache übrigens eine supernette Fahrt ohne weitere Komplikationen.

Musik macht fröhlich

Ich bin einmal mehr an den Ostbahnhof gerollt. Das hat leider an den Tagen nach dem Sturm Xavier keine lukrativen Coupons gebracht. Oder zumindest mir nicht. Stattdessen hörte ich sofort irgendwas lautes links auf der anderen Straßenseite. Fahrgast?

Hmm, eher nicht. Eine zierliche und vielleicht 50-jährige Frau mit dunklen Locken, die sich mit einer Hand an einem Verkehrsschild festhielt, mit der anderen ihren Sekt und außerdem dabei war, irgendwelche mir nicht näher bekannten Schlager zu intonieren. Na gut, was einem halt so passiert mit einem „Oktoberfest“ ums Eck.

Dann aber torkelte sie über die Straße, umrundete mein Taxi von hinten und hielt neben dem Beifahrerfenster. So wirklich Lust hatte ich auf eine Tour mit ihr nicht … aber es sollte auch keine werden:

„Hey Du, ick wünsch‘ Dir’n juten Abend!“

„Danke. Gleichfalls!“

„Werd ick ham, weil: ICH SINGE HEUTE!“

„Na dann viel Spaß!“

„Dir auch, Junge, Dir auch …“

Und dann ist sie schon wieder verschwunden.

Es sind halt wirklich nicht alle Begegnungen mit Betrunkenen schlimm. 😉

Party-Metropole Berlin

Sie haben mich an einer Baustelle rangewunken. An einer Baustelle, die von dieser Seite aus dafür sorgte, dass ich einen riesigemn Umweg fahren musste. Obwohl es sogar noch vor null Uhr war, ließen sie  mich wissen, dass die Lust auf Party gerade eher so mittel wäre. Der Abend  zuvor war heftig, eigentlich reiche es ihnen allen schon jetzt. Passiert halt mal, schon klar. Dann  aber  dieser goldwerte Dialog:

„Uh, ein Seniorendomizil! Da wäre ich jetzt gerne!“

„Ehrlich? Nix zu tun und …“

„Ich will jetzt da hin!“

„Wieso das, Alter?“

„Optimaler Abendverlauf! Ich lauf da rein und lass mich waschen!“

„Boah, geil Alter! Waschen lassen! Ich bin dabei!“

Ich will echt nicht diese Ich-werde-alt-Schiene fahren, aber mit so einer Jugend ist doch echt keine Revolution mehr machbar, oder? 😉

Never weg. Oder ganz weg.

Im Nachhinein sehen Touren, die am Ende scheiße ausgehen, ja immer so vorhersehbar aus, dass es geradezu nervig ist. Drei volltrunkene Polen in Marzahn, die kaum erklären konnten, wo sie hinwollten. Ich höre die Kollegen schon schreien, dass ich das ja hätte besser wissen können. Sei es wegen des Alkohols, wegen Marzahn und – ach, Polen, natürlich, weiß man ja!

Nein, ich sag’s gleich vorneweg: Wegen dieser einen Tour von besoffenen Vollpfosten, die halt alle zwei Jahre dann auch mal vorkommt, werde ich trotzdem nicht xenophob. Das bin ich all den grenzdebilden Russen schuldig, die mir Extratrinkgeld für eine lustige Fahrt spendiert haben. Und die sind nunmal in der Überzahl.

Aber gut, nun diese Baggage. Ich hab sie keine 500 Meter von meiner Haustüre entfernt aufgegabelt und die Verständigung war sehr schwer. Aber das kommt vor. „Newerweg five“ war die Zieladdresse und natürlich gab’s die nicht. Weder im Navi, noch bei Google. Unser Stopp in der Prärie dauerte eine Weile. Am Ende hab ich einem der drei meinen Stromanschluss zur Verfügung gestellt und es war dann halt doch „Neuer Weg 5“ in Köpenik. Mit Reverse Engineering gab dann sogar das „Kompaninsk“ in ihren Hinweisen Sinn.

Rückblickend fällt es mir schwer, die Typen sympathisch zu nennen, aber sie waren zu echter Begeisterung fähig, als wir das Ziel endlich identifiziert hatten und die Aussicht auf gerademal 20 Minuten Heimweg schien ihnen sehr zuzusagen. Bis zu diesem Punkt wirkte das vermutlich deswegen so glaubwürdig, weil sie natürlich wirklich froh waren, so schnell heimzukommen.

Aber ja: Auch beim Preis (30€) gab es kein Zucken, gerade der Typ neben mir hat eh die ganze Zeit besoffen vor sich hingelächelt und ungefähr alle anderthalb Minuten erneut nachgefragt, ob ich sie in den Newerweg five bringen würde. Ganz im Ernst: Für einen Sonntagmorgen um 3.00 Uhr waren die nicht weit vom Durchschnitt entfernt.

Das änderte sich erst am Ziel. Am Neuen Weg sollte ich vorbeifahren, aber so komisch das mit all dem nachträglichen Wissen klingt: Dass es da einen Hintereingang gibt … das wäre so unlogisch nicht gewesen. Nur mal so für alle, die dann ankommen und sagen, dass man da ja was hätte bemerken müssen.

Also Stopp an der nächsten Kreuzung. Mein Beifahrer meinte beim Aussteigen „Funf Minut“, woraufhin ich beim Feststellen, dass die anderen beiden auch gleich ausstiegen, sofort ein „Stop, one Moment Guys!“ in die Runde geworfen habe. Denn nein, die Typen hätte ich ohne Pfand nicht gehen lassen wollen. Aber den Braten haben sie schnell gerochen und noch bevor ich den Satz beendet hatte, flüchteten sie. Und das, zugegeben, geschickt: Entgegen der Fahrtrichtung des Autos, zwei in die eine, einer in die andere Straße.

Dass ich sie nicht schnell einholen würde, war mir klar. Also mal ganz ab von meiner miesen Sprint-Performance: Ich saß noch angeschnallt im Auto.

Da ich nun nicht völlig bescheuert bin, hab ich erst einmal nachgedacht: Wir hatten so einen Stress, die Adresse zu finden und die Kandidaten waren besoffen. Die haben niemals eine andere Straße angegeben! Also bin ich gleich mal zurückgefahren und doch in den Neuen Weg eingebogen. Eine Einfamilienhaussiedlung, üppige Gärten um die Häuser, enge Straßen. Da sie gesagt hatten, sie arbeiteten hier, hätte ich mich nicht gewundert, sowas wie ein Arbeiterwohnheim oder sowas zu finden. Aber nix da. Und gerade Nummer 5 war eindeutig ein Familiendomizil und ja, ich habe mal kurz gecheckt, ob der Name an der Klingel vielleicht doch zufällig osteuropäisch klingt.

Eigentlich wollte ich wegfahren, aber dann hab ich mir gedacht, dass ich trotz guter Samstagsschicht natürlich wenigstens pro forma mal die Cops informiere.

Am Notruf musste ich locker zwei Minuten in der Warteschleife verbringen. Ich gebe zu, ich hatte da ein bisschen ein schlechtes Gewissen, weil es mir eigentlich ziemlich egal war und andere sicher dringendere Probleme hatten, aber da war ich dann am Ende doch trotzig. Das blöde Grinsen meines Beifahrers wollte ich wirklich nicht als letzten Sinneseindruck von dieser Tour haben.

Aber klar: Der Typ, der nach der Warteschleife ranging, hat mir auch nur gesagt, dass ich mir eigentlich keine Hoffnung machen sollte und falls ich eine Anzeige aufgeben wolle, doch bitte zur nächsten Wache fahren sollte.

Aber just in dem Moment, in dem ich sagen wollte, dass ich es dann vielleicht doch lieber lasse, sah ich, dass offenbar zwei der Typen in rund 100 Metern Entfernung geduckt in eben genau den Neuen Weg gehuscht kamen und dann schnell auf einem Grundstück verschwanden. Also hab ich die Kawallerie doch noch herbeordert. Ganz so falsch lag ich mit meiner Idee, dass zumindest die Straße (eine 150m-Sackgasse) durchaus richtig war.

Aber um es kurz zu machen: Gebracht hat das natürlich nix. Ich konnte von meiner Position aus nicht sehen, ob sie auf das erste oder zweite Grundstück geflüchtet waren (mit 100% Gewissheit nicht einmal, dass es welche von den Typen sind) und in keinem der anliegenden Häuser brannte anschließend wenigstens verräterisch Licht.

Und noch bevor mir am Ende die Beamten versucht haben, das behutsam zu erklären, war mir klar – und das wird immer meine Überzeugung sein! – dass die Polizei nicht mal eben um 3.30 Uhr bei fünf Nachbarn Sturm klingeln kann, nur weil irgendwo in der Gegend ein paar Typen sich eine Dienstleistung im Wert von 30€ erschlichen haben.

Obwohl eine Zivilstreife noch ein paar Minuten durch die Siedlung gegurkt ist, war das für mich am Ende eine kurze Sache inklusive Pro-Forma-Anzeige, die ich schon gerne hab, um meinen Chefs was in die Hand drücken zu können.

Natürlich hätte ich die Kohle gerne, aber natürlich werde ich sie nie sehen. Manchmal ist das Leben scheiße, so ist es halt.

Ich weiß, dass sich viele Kollegen in solchen Situationen gerne in Hasstiraden ergehen, die die letzten 500 Jahre Zivilisationsgeschichte auf einen Schlag vergessen machen. Ich will deshalb, obwohl ich mich über das Grinsen meines Beifahrers weiter aufrege, etwas versöhnlicher schließen:

Die drei Typen haben mich um am Ende vielleicht 13€ geprellt (und meine Chefs um vielleicht noch einmal einen Fünfer). Also netto. Und ehrlich gesagt: Eigentlich kann ich das verkraften. Natürlich will ich das nicht hinnehmen, aber jetzt, wo’s so gelaufen ist, hoffe ich einfach, dass der Zehner, der jedem dieser Typen durch die Scheiße erspart geblieben ist, ihnen wenigstens mehr wert ist als mir mein Geld. Ich fänd’s scheiße, wenn (was ich vermute) die drei sich jetzt einfach nur den Arsch ablachen über den dummen Taxifahrer. Aber falls es wider Erwarten so sein sollte, dass die wirklich mehr gewonnen haben als ich verloren, dann bitte!

(Aber dann mal unter uns, Jungs: Ich hätte Euch dann trotzdem gerne wenigstens den verdienten Tritt in den Arsch mitgegeben!)

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Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

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Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.

Äh … danke?

Mal wieder ein eher kurioses Trinkgeld:

Fast so praktisch wie ein Einkaufswagenchip! Quelle: Sash

Und für alle, die jetzt ähnlich fragend gucken wie ich zuerst: Das ist ein „Griff“, den man sich ans Handy kleben kann, um es mit einem Finger zu halten.