Kannste Dir nicht ausdenken! (1)

Die Uhr stand auf kurz vor sechs am frühen Neujahrsmorgen. Ich war bedauerlicherweise noch unter 200 € Umsatz und kurvte abenteuerlich lange ohne Kundschaft durch die Gegend. in der Konrad-Wolf-Straße wurde ich endlich fündig. Zwei junge Kerle winkten mich ran und wollten zur Otto-Braun-Straße. Nette Tour nach Mitte, irgendwas knapp über 10 €. Perfekt für Silvester! Nur in den Außenbezirken fahren zu können, hatte ich mir dieses Jahr nach der dritten Stadtdurchquerung etwa ausgeredet. Also denn.

Während der Kerl auf dem Rücksitz recht ruhig war, lief der neben mir zur Höchstform auf. Er quasselte mich dermaßen an die Wand, das schaffe nicht einmal ich, wenn die Kunden spezielle Infos von mir wollen. Er amüsierte sich darüber, dass ich deutlich größer war als er, über meine Herkunft, meinen Bart, einfach alles. Und ich meine nicht, dass er spottete! Meine Herkunft verband er mit einer Geschichtsstunde über die Hohenzollern, meinen Bart beurteilte er fachkundig als den eines Menschen, der gerne Metallica hört und die Größe war für ihn vor allem lustig, weil er sich bis dato mit seinen 1,83 nicht sonderlich klein gefühlt hatte.

Alles nette Unterhaltung gegen langsam aufkommende Müdigkeit. Dann:

„Weißte was, ich hab Hunger. Wir gehn was essen, ich lad Dich ein!“

Ich hab das nette Angebot abgelehnt und mich darauf berufen, noch arbeiten zu müssen. Aber nix da:

„Zahl ich Dir alles! Lass die Uhr laufen, wir holen uns ’nen Döner oder ’nen Burger, na los!“

Die Aussicht auf „nur“ 25 € Wartezeittarif pro Stunde hat mich nicht gerade gereizt in dieser Nacht, aber er ließ nicht locker. Während wir den Rosenthaler Platz ansteuerten, warf ich verzweifelt sogar mein Übergewicht in die Wagschale, um all dem zu entkommen, aber es half nix. Ich bin halt zu nett und er war zu penetrant. Und irgendwie isses ja schon liebenswert, von Kunden derart umfassend eingeladen zu werden.

„Und jetzt? Wo soll ich hier bitteschön parken?“

„Na, fahr mal hier rum, dann stellste Dich da hin. Und wenn Du ’n Strafzettel kriegst, gibste mir den, dann kümmer‘ ich mich darum!“

Den Spruch bringen viele und es ist immer Bullshit. Das komische war, dass ich ihm das irgendwie tatsächlich abnahm. Damit sollte ich verdammt richtig liegen. Aber wie er das gemeint hat, das konnte ich an dieser Stelle noch nicht einmal ansatzweise erahnen …

19 Kommentare bis “Kannste Dir nicht ausdenken! (1)”

  1. Sumsehummel sagt:

    Och nö! Das ist jetzt auf die Folter spannen par ex­cel­lence! 😀

  2. ELP sagt:

    Ja, fast wie bei „Smaugs Einöde“…

  3. elder taxidriver sagt:

    Da möchte ich mal dabei sein, wenn Du Dein Übergewicht in die Waagschale wirfst..

  4. Dummkopf sagt:

    er arbeitet bei der stadtverwaltung?

  5. PMK74 sagt:

    Hehe, das neue Jahr beginnt mit ’nem Cliffhanger. 🙂

    Ich wünsche ein frohes und gesundes Neues Jahr; mit vielen Erlebnissen im Taxi, die dann den Blog und das nächste Buch füllen. 🙂

    Gruß, PMK74

  6. Busfahrer sagt:

    Argh, ich hasse deine Cliffhanger-Artikel! früher hast du dir wenigstens die Mühe gemacht zu schreiben,wann der nächste Teil erscheint….bitte auch dieses mal!!!

  7. Schorsch aus Borksdorf sagt:

    Netter Teaser. Eine Bitte nur, schließe dich b i t t e nicht den Deppen an die nicht mehr zwischen „mein“ und „meinen“, „ein“ und „einen“ unterscheiden können. Ich finde es furchtbar wie unsere Sprache im Netz immer mehr degeneriert, und da du dich mittlerweile ja sogar als Autor bezeichnest sollte das drin sein. Es heißt natürlich „meinen Bart beurteilte er fachkundig“.
    Weitermachen.

  8. Aro sagt:

    Cliffhanger sind scheiße nazi!

  9. Sash sagt:

    @all:
    Ja ja, ich weiß. Teil 2 gibt es morgen früh, Teil 3 übermorgen. 🙂

    @Schorsch aus Borksdorf:
    Schalt einfach mal einen Gang runter, Du Retter der deutschen Sprache! Herzlichen Glückwunsch, Du hast einen von wahrscheinlich fünf Fehlern in diesem Text gefunden. Im Übrigen ist der durch das Umschreiben des Satzes zustande gekommen und nicht durch irgendeine Degeneration der Sprache oder weil ich im speziellen irgendwas nicht unterscheiden könnte. Ist also korrigiert. Im Übrigen dürfen wir alle sogar neue Worte erfinden. Und das ist gut so, weil Menschen wie Du offenbar einer bist, das nie tun würden.

    @Aro:
    Lustig, dass Du in diese Richtung gehst [Hier spannende Musik einfügen!].

  10. anonymous sagt:

    Yeah, Pöbeln!
    Morgen will ich Titten anstatt eines zweiten Teils deines langweiligen Lebens!
    (der korrekte Genitiv ist nur für dich Schorsch :-*)

  11. @Schorsch aus Borksdorf
    Ich möchte mein, dass dass bei Deim Text hinter „nicht den Deppen an“, „ich finde es furchtbar“ und „als Autor bezeichnest“ jeweils ein Komma kommt, meinst Du nicht…? 😉

    @Sash
    Jetzt wirds aber interessant. Welche spannende Musik schlägst Du denn vor? Und komm mir jetzt nicht mit der Mädchenband Metallica.

  12. Sash sagt:

    @anonymous:
    Eigentlich war das nicht unbedingt eine Aufforderung zum Pöbeln, sondern mehr ein Versuch, das zackig zu beenden …

    @Germanißt Aro:
    Keine Ahnung, irgendwas tragendes mit vielen Geigen oder so. Ich dachte da an klassische Filmmusik, da kenne ich mich nicht so aus. Ich wollte doch nur Spannung erzeugen, damit Du dich fragst, inwieweit der Nazivorwurf im weiteren Text noch lustig werden könnte. 😉

  13. Donngal sagt:

    Ich spekuliere wild: Eine nicht dem nationalsozialistischen Ideal der arischen Rasse entsprechende Person der Gattung Politesse/zist verpasst deiner Karre nen Strafzettel, dein bisher recht sympathisch erscheinender Fahrgast klärt die Sache für dich, allerdings mit anderen Argumenten als erwartet, ziemlich handfesten Argumenten vermutlich.

  14. leserin sagt:

    versucht das mit dem cliffhanger doch lieber so zu sehen wie mit irgendeiner ganz edlen schokolade, oder ähnliches: nicht alles auf einmal runterschlingen, stückweise genießen. 🙂

    Schorsch aus Borksdorf:

    ganz offen gesagt: würdest du regelmäßig mitlesen, dann wüsstest du recht schnell dass das einfach ein tippfehler war.

  15. Plaustri sagt:

    Ich muss jetzt einfach mal ein Lob aussprechen.
    Diesen Blog lese ich nun seit 3 Wicken täglich, fand ihn über Google in einer langweiligen Minute in der Uni…:D, und bin einfach begeistert davon!
    Eigentlich war ich insgeheim schon immer ein Fan von Taxifahrern, können sie doch den lieben langen Tag nur Autofahren!
    Trotzdem habe ich mit meinen Jungen 18 Lenzen einen anderen Weg eingeschlagen und studiere in Regensburg „Mediendesigner“.
    Aber mit den täglichen Posts kannst du, Sasha, einfach deine Begeisterung und Leidenschaft für diese(n) Beruf(ung) ausdrücken.

    Was ich mit diesem Kommentar eigentlich sagen wollte: Sasha, mach weiter so! Du hast einen neuen „Stamm-Leser“ gefunden,

  16. leserin sagt:

    sasha ist gut! muahaha.

    jop, dein schreibstil hat immer noch nicht diesen „wow“-effekt verloren. wen würden cliffhanger nerven wenn sie nicht spannend und mitreißend wären?

  17. jj preston sagt:

    Fährt Undertaker TOM vom Bestatterweblog plötzlich in Berlin Taxi?

    Just askin’…

  18. Sash sagt:

    @Donngal:
    Nee, also deine Fantasie ist ein bisschen zu abgeschossen … 😉

    @leserin:
    Danke für die netten Worte. Sowas tut zwischen den anderen Meldungen wirklich gut. 🙂

    @Plaustri:
    Dir auch. Aber Leserin hat schon Recht: Sash ist ok, Sascha auch. Die Mischform ist etwas seltsam …

    @jj preston:
    Das nicht, aber irgendwer muss ja mal dafür sorgen, dass Cliffhanger nicht immer nur mit TOM gleichgesetzt werden.

  19. […] Dabei fing alles so harmlos mit einem Döner an, bevor es richtig dämlich wurde. Aber lest selbst: Kannste Dir nicht ausdenken! (1), Kannste Dir nicht ausdenken! (2) und Kannste Dir nicht ausdenken! […]

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