Die Lampe anhaben

Als Taxifahrer ist es natürlich – vorsichtig ausgedrückt – ein kleines Bisschen suboptimal, die Lampe in dem Sinne anzuhaben, dass man was getrunken hat. Für uns gelten verständlicherweise sogar 0,0 Promille. Die Lampe auf dem Dach anhaben ist zwar unschön, weil es heißt, dass wir frei sind und somit gerade kein Geld verdienen, aber das passiert zwangsläufig öfter mal. Immer brennen sollten hingegen die anderen Lampen am Auto, deren Sinn darin besteht, zu leuchten. Selbst da gibt es Ausnahmen, z.B. wenn wie in den letzten Wochen bei der 72 der Fall, die Öl-Warnlampe ständig an ist, ohne dass Öl fehlt. Aber, zu guter Letzt: Wenigstens die Scheinwerfer sollten ihren Dienst artig verrichten.

Das taten sie in letzter Zeit auch gut, da will ich nix sagen. Ich glaube, das letzte Mal tauschen war auf jeden Fall 2012, bei der 1925 damals noch. Aber irgendwann ist aller Tage Abend und man muss halt mal ran. Blöd nur, wenn das während der Nachtschicht passiert. Denn, so gerne ich mein Autochen lobe, jedes Mal, wenn es um die Scheinwerfer geht, könnte ich ausrasten. Da haben die Konstrukteure von Opel einfach so dermaßen einen an der Klatsche gehabt, das ist unfassbar.

Schlimm genug, dass man für die Rücklichter einiges an Übung braucht, weil man sie komplett ausbauen muss, um eine Glühbirne zu wechseln. Aber im Grunde ist das recht gut machbar. Mein Finger fummeln sich beim Wiederreindrehen der Schrauben zwar manchmal zu Tode, aber mit manchen Dingen lebt man irgendwie.
Die Frontscheinwerfer aber – hört mir auf! Die muss man zwar nicht ganz ausbauen, dafür muss man an einzelne Leuchten über den Radkasten ran. Erst eine Abdeckung lösen, dann eine Gummikappe abziehen, dann einen Bügel lösen und dann die Lampe rausziehen. Die Zahl der Arbeitsschritte ist zwar überschaubar, allerdings sollte man dazu zum einen einen trockenen Platz haben, um sich unters Auto zu legen un/oder ein beachtliches Talent im Blind-Fummeln haben. Und so war die Situation auch wenig erfreulich, als mir mein linkes Abblendlicht am Wochenende ausfiel.

Theoretisch wissend wie es geht, mich aber technisch nicht dazu in der Lage sehend (Wurstfinger, linke Hände, diese Geschichten), hab ich ungefähr 5 Kollegen mit dem selben Auto angequatscht. Das Spektrum der Antworten reichte von

„Ick hab dit schon mal jemacht, abba nie wieda! Bisse bis zur Schulter volljesifft und am Ende sitzt de Scheiße schief und Du blendest den Jejenvakehr!“

bis

„In die Werkstatt damit. Haste keene Chance. Schon jar nüscht nachts!“

Aber gut, Haustechniker angerufen. Der hat Übung damit. Oh, Handy aus. War wohl zu spät. Also Cheffe himself. Aha, ja, Werkstatt, verstehe, schon klar, danke.

Und dann stehste da und bist auf dem linken Auge blind. Also gut, Fernlicht wäre … nee, besser nicht! 😉

Klar, mitten in der Stadt bei gut beleuchteten Straßen kann man mal eine halbe Stunde mit kaputtem Licht rumfahren. Ich will da nicht pingelig sein. Aber ich hab als Taxifahrer das kleine Problem, dass ich keine Ahnung hab, in welche Gegenden es mich so verschlägt. War dann im Endeffekt eine eher kurze Schicht …  🙁

Natürlich: So ein Scheinwerfer fällt nicht jede Woche aus. Aber eine Glühlampe ist ein Verschleissteil. Wie kann man das bitte so bekloppt verbauen?

Was zu erwarten war: Silvester

So, Weihnachten ist vorbei. Damit sind wir nun in diesen Tagen, die gemeinhin mit „zwischen den Jahren“ betitelt werden – was einerseits ein wenig unlogisch ist, mir andererseits  auch total gefällt. Egal, es wird an dieser Stelle wie jedes Jahr Zeit, auf Silvester hinzuweisen. Das ist wie schon letztes und vorletztes Jahr ein alter Hut, aber ich tu’s immer wieder, weil ich ja auch immer wieder neue Leser habe. Und weil es auch Spaß macht, sich gedanklich auf Silvester einzustimmen, das gebe ich gerne zu. 😉
Wer den Links in diesem Artikel folgt, wird feststellen, dass ich wirklich jedes Jahr quasi dasselbe schreibe. Zusammengefasst klingt das etwa so:

Habt ein wenig Nachsicht mit den Taxifahrern an Silvester, denn wir tun, was wir können! Da das Fahrgastaufkommen an diesem Tag zigfach über dem an jedem anderen Termin liegt, kommen wir nicht hinterher. Zumindest hier in Berlin. Es wird nicht möglich sein, sich ein Taxi zu bestellen und man wird bisweilen ewig suchen, bis man ein freies findet. An diesem speziellen Tag streiten sich mal die Kunden um Taxen und nicht umgekehrt. Was aber auch heißt: Wer sich besonders nervig verhält, hat die schlechtesten Karten, mitgenommen zu werden. Silvester ist der Tag, an dem die Kunden sich freuen dürfen, dass wir an einen Tarif gebunden sind, denn in dieser Schicht könnten Taxifahrer Mondpreise diktieren und wären dennoch ausgelastet. Wir verdienen zwar überdurchschnittlich gut, aber durch die hohe Anzahl betrunkener Leute, die Scherben und Böller auf den Straßen, die Konkurrenz zwischen den Fahrgästen und die aus allerlei Gründen hohe Emotionalität des Datums ist das zeitgleich die stressigste Schicht des Jahres.
Lasst eventuell vorhandenen Frust über 2013 nicht an jenen Fahrern aus, die auch während der größten Party hierzulande noch ihre Arbeit zu machen versuchen. An allem was an diesem Tag schief läuft – selbst im Taxigewerbe – sind eben genau diese Fahrer am allerwenigsten schuld! Und jede Diskussion, jede Streiterei verschlimmert es nur. Wir rocken die Kundschaft im Akkord nach Hause und je ungestörter wir das tun können, desto schneller geht es für alle.

Ich hab dieses Jahr noch keine endgültige Bestätigung, ob ich am 31. Dezember ein Taxi habe. Dieses Jahr fällt Silvester erstmals nicht in meine offizielle Arbeitszeit (da ich inzwischen Montag bis Mittwoch nicht fahre), da muss ich ein bisschen Glück haben, damit das klappt.

Wobei: Schlimmer als vor zwei Jahren kann es ja gar nicht laufen. Da wäre ja selbst gar nicht fahren besser …

Aber wie gesagt: Bleibt ruhig und überlegt Euch, wenn Ihr es eilig haben solltet, Alternativen. Ansonsten werden wir das gemeinsam wie jedes Jahr hinkriegen, dazu sollten wir aber alle einen kühlen Kopf bewahren. OK?

Es gibt so Tage …

Ich bin ja wirklich der letzte, der auf der Straße Streit sucht. Aber es gibt so Tage, da ist man von Vollpfosten und deren nahen Verwandten umgeben. Wie am vergangenen Samstag.

Angefangen hat alles mit einem Kollegen, der mir (in der Tat sehr freundlich) vorwarf, ich hätte mich am Ostbahnhof vorgedrängelt. Das Szenario genau zu beschreiben ist etwas umständlich, aber ich kann zumindest mal sagen, dass ich nicht wenig überrascht war, weil ich schon eine halbe Stunde dort anstand und mich zu diesem Zeitpunkt ganz hinten auf der letzten Rücke brav eingereiht hatte. Wie gesagt: Der Kollege war eigentlich echt nett – aber hey: er hat sich das aufgrund des Autotyps vor ihm und nicht rechtzeitigem Nachrücken mal eben zusammengereimt. Das ist schon erstaunlich wenig nachgedacht, um aufgrund dessen Alarm zu schlagen …

Nummer zwei war dann eine Winkerin. Sie hielt mich an einer roten Ampel an und fragte mich, ob ich einen Kindersitz hätte. Der Minimensch sah eigentlich eher ein wenig ZU klein für die Sitzerhöhungen aus, aber man kann ja mal gucken. Kaum, dass ich das tun wollte, hupte es ungestüm und ein weiterer Taxifahrer fuhr heran. Schon klar, da war die Tour wohl bestellt. Ich bin also hin zum Kollegen und hab ihm gleich ein „Sorry“ entgegengeschmissen, was er mit einem „Bist ja’n Scheiß-Kollege!“ erwiderte. Sehr nett. Was glaubt dieser Vollpfosten eigentlich, wie ich ihm die Fahrt hätte klauen sollen, die er über den Datenfunk der anderen Zentrale bekommen hatte?
Ich kann ja wohl schlecht an allen Winkern vorbeifahren, weil sie theoretisch auch bestellt haben könnten. 0.o

Nummer 3 war dann der theatralische Huper (dieses Mal kein Taxifahrer) auf einer komplett leeren Landsberger Allee (3 Spuren je Richtung), der es irgendwie unverschämt fand, dass ich meinen Kunden rechts am Straßenrand rausgelassen habe. Im Übrigen, ohne ihn fies auszubremsen und artig mit Blinken und so.
Manchmal frage ich mich bei solchen Leuten, wie sie als Fahrgast wohl reagieren würden, wenn ich als Fahrer sagen würde:

„Nein, tut mir leid. Ich muss leider mit ihnen um den Block zum nächsten ausgeschilderten Parkplatz fahren, da hundert Meter hinter uns ein anderes Fahrzeug sich nähert und ich nicht ausschließen kann, dass der Fahrer desselben ungerne die Spur wechseln würde, nur weil Sie hier aussteigen wollen. Kostet aber auch nur 80 Cent extra, keine Sorge.“

Wahrscheinlich wäre ich dann das vierte Mal in einer Nacht der Idiot. Aber gut, man kann es halt nie allen recht machen …

Führerscheinentzug bei Raub?

Sehr interessante Gedanken über den im Koalitionsvertrag festgehaltenen Passus mit dem Führerscheinentzug bei Straftaten, die nicht mit dem Verkehr in Verbindung stehen, macht sich Tobias Glienke aus der Kanzlei Hoenig. Und ich schließe mich seiner Meinung an: es ist schon eine ziemliche Frechheit, Leuten eine andere Strafe aufzuerlegen, nur weil sie zufällig im Besitz einer Fahrerlaubnis sind.

Sicher mache ich mir da grundsätzlich auch Gedanken aus Sicht des Taxifahrers, denn als beruflicher Fahrer sind die denkbaren Konsequenzen einer entzogenen Fahrerlaubnis ja noch einmal ganz anderen Kalibers. Aber das greift zu kurz. Denn eigentlich bin ich dem fast schon gegnerischen Lager zugehörig. Ich fahre gerne Auto und ich versuche, es gut zu tun. Und mit „gut“ ist hier nicht nur gemeint, mein Fahrzeug zu beherrschen, sondern mit den sozialen und psychischen Komponenten des Straßenverkehrs angemessen umzugehen. Und diesbezüglich bin ich, im Gegensatz zu dem Part mit der Fahrzeugsicherheit, wirklich überzeugt davon, überdurchschnittlich gut zu sein.
Es gehört hierzulande fast schon zum guten Ton, sich über andere Verkehrsteilnehmer aufzuregen. Sei es, weil sie Fehler machen, sei es, weil sie komischerweise eine andere Art der Fortbewegung vorziehen. Jemanden aus Rache für ein Bremsmanöver nochmal schnell zu schneiden gehört zu einem Verhaltensrepertoire, das – nur weil es der Straßenverkehr ist – nicht nur Psychopathen vorbehalten ist. Vom alltäglichen Hupen, Drängeln etc. gar nicht zu sprechen.
Kurzum: Ich bin tatsächlich der Meinung, man sollte den Führerschein hierzulande nicht als so heilig einstufen, wie es bisweilen getan wird. Da draussen fahren eine Menge Leute rum, die streng genommen die Kriterien für eine Teilnahme am Verkehr nicht erfüllen, dennoch verlieren nur sehr wenige Menschen ihren Führerschein dauerhaft.

Natürlich wäre es bei diesem Standpunkt auch noch irgendwie logisch zu sagen:

„Na gut, der Herr Fuffelbraus hat bei zwei Amokläufen 18 Leute umgebracht und zudem Jahrzehntelang seine Nachbarschaft durch gelegentliche Bedrohungen mit seiner Schusswaffe terrorisiert, der is‘ vielleicht ein bisschen aufbrausend, um im Berufsverkehr auf die Menschheit losgelassen zu werden …“

Tja, nun. Das würde ich an und für sich auch unterschreiben. Aber mit welchem Recht bekommt Herr Fuffelbraus nun entweder zusätzlich seinen Führerschein entzogen (während ein anderer Amokläufer diesbezüglich weniger bestraft wird) – oder mit welchem Recht darf er sich ein paar Tage Haft, ein paar Euro Geldstrafe oder dergleichen ersparen, nur weil er irgendwann eine Fahrerlaubnis gemacht hat, die er nun zusätzlich abgeben darf?

Natürlich ist ein Amoklauf kein brauchbares Praxisbeispiel. Und wahrscheinlich werden bestimmt Wiederholungstäter bei Ladendiebstählen oder sowas als Beispiel gebracht. Aber die Logik „Wenn eine Geldstrafe als Abschreckung nicht reicht, dann nehmen wir halt noch den Führerschein ab.“ greift wirklich nicht, so lange nicht jeder einen Führerschein hat. Und die Zahlen der Neuerteilungen sind meines Wissens nach in Städten schon mal rückläufig.

Aber ja, wahrscheinlich wird hier wieder genau von dieser Logik ausgegangen:

„Jeder hat doch einen Führerschein! Und jedem ist der doch gleich wichtig! Ist hierzulande halt so.“

Isses aber nicht. In meinem Bekanntenkreis finden sich zig Leute ohne Führerschein. Und die meisten davon beabsichtigen auch nicht, ihren noch zu machen. Schön zu wissen, dass diese bei gemeinsam begangenen Verbrechen anders bestraft werden sollen als ich …

Deswegen teile ich die Ansicht des Anwalts.

Diskussion ausdrücklich erwünscht. 🙂

Gemeiner Sash!

Ich hab mich dieses Wochenende ziemlich sicher bei einem Kollegen unbeliebt gemacht. Ich hatte allerdings keine Ahnung. Als ich in der Wiener Straße auf Höhe der Lausitzer wenden wollte, war an sich kein Ding. Da hatte ich auch eindeutig Vorfahrt vor dem Kollegen, der bereits an der rechten Seite wartete. Für einen Moment dachte ich noch, dass es mich ja ein bisschen nerven würde, wenn sich so auf den letzten Drücker noch ein freier Kollege vor mich quetscht, aber dann war ich auch schon abgelenkt: Direkt beim Wenden nahm ich von den zwei Leuten am Straßenrand ein – Ja! Ein Winken! Juhu, Kundschaft! Äh, wo waren wir?

Genau so war es. Ich hielt also kurz und die Kunden stiegen ein. Dass ich ein paar Meter an ihnen vorbeigefahren bin, entschuldigte ich umgehend:

„Sorry, ich war mir nicht ganz sicher, ob sie gewunken haben …“

„Ja, äh, haben wir auch, also nicht so direkt. Eigentlich haben wir dem Kollegen gewunken, aber uns ist es ja letztlich egal, welches Taxi wir nehmen.“

Das ist fies. Ich hab mich aus der anderen Perspektive auch schon über sowas aufgeregt. Denn: Ja, für die Kunden ist es natürlich egal. Und im Optimalfall läuft das Taxigeschäft halt so. Für uns Fahrer ist es halt leider nicht so egal. Wir freuen uns über jeden Kunden der uns anhält und wir haben einfach nullkommagarnix davon, dass der Kollege XY jetzt Umsatz macht, während wir leer ausgehen. Insofern tut es mir bei aller Rechtmäßigkeit etwas leid, ich wollte dem Kollegen die Fahrt nicht abluchsen.

Aber ich muss auch mal „Wow!“ sagen am Ende: Alleine die Tour hat fast einen Zwanni gebracht. Insgesamt hab ich in der Folge 75 € in zwei Stunden eingefahren – das liegt schon auf gutem Wege in Richtung Silvesterschicht. Ich hoffe, besagtem Kollegen ging es genauso. Manchmal sind es ja auch die nicht angenommenen Touren, die den Auftakt zu einer Serie geben. Glücklicherweise weiß man das ja nie.

Schicksal, alte Arschkrampe!

Ich liebe es so, wenn mal alles läuft, wie es soll. Ich stand auf der Danziger, Ecke Kollwitz. Fahrtrichtung Osten. Während die Ampel noch rot war, schiebt sich ein ebenfalls freier Kollege auf die linke Spur neben mir. Kaum, dass die Ampel grün wird, drückt er das Gaspedal voll durch und zieht mir davon …

Zunächst dachte ich, er will vielleicht 100 Meter weiter links ab in die Prenzlauer Allee. Aber nix da. Er hat die Ampel einfach mal genutzt, um mich überholen zu können. Was mal unter aller Sau ist. Außer egoistischem Arschlochgeprolle gibt es nichts, was dafür spricht, sich nicht an die Regel, keine freien Taxen zu überholen, wenn man selbst frei ist, zu halten. Natürlich nerven einen auch mal Kollegen, die gefühlt zu langsam vor einem herzuckeln, aber dann ist das halt so.
Die Situation dort vor Ort ist noch dazu in anderer Hinsicht doof. Zu manchen Stunden sind die Ampeln dort so scheiße geschaltet, dass man von der Ampel an der Kollwitzstraße direkt auf die an der Greifswalder trifft, wenn sie auf Rot schaltet. Man muss auf den 100 Metern schon auf 60 oder 70 hochbeschleunigen, um sie bei der Schaltung gerade noch bei Gelb zu kriegen. Das schaffe ich zugegebenermaßen mit meinem Auto gar nicht. Oder ja, vielleicht irgendwie ganz knapp gerade so … es war mir immer zu eng, um es zu versuchen.
Was, bei allem Ärgernis übers Warten, immer noch kein Grund ist, mich zu überholen. Ich bremse schließlich auch manchmal, um mich hinter einem Kollegen einzureihen. Wäre ja noch schöner, wenn künftig die Motorgröße oder die zufällige Anfangsgeschwindigkeit über die Vorfahrt entscheidet.

Und was passierte nun?

Naja. Während ich bereits wieder runterbremste, weil die Ampel vor mir auf gelb schaltete, drückte der Kollege, inzwischen gut 30 bis 40 Meter vor mir, nochmal voll das Gaspedal seiner E-Klasse durch. Fast exakt zeitgleich mit seinem Passieren der Haltelinie reckte ein erstaunter Fahrgast am Fußgängerweg der Ampel seine Hand. Ich hab für den Hauch einer Zehntelsekunde die Bremslichter des Daimlers aufleuchten sehen. Aber der „Kollege“ sah wohl ein, dass eine Vollbremsung bei dem Tempo ihn wohl nur irgendwo mitten auf der Kreuzung ins Schleudern hätte geraten lassen. Also bin ich dem über das andere Taxi etwas irritierten Kunden entgegengefahren und habe – die Ampel war ja sowieso rot 😉 – vor ihm gehalten und ihm mit seinem Gepäck geholfen. Soll das Arschloch von Taxifahrer doch Vorsprung haben, so lange ich Kundschaft habe. 😀

Es wurde eine sehr unterhaltsame Tour zum Hauptbahnhof. Nichts aufregendes, aber 11 € plus Trinkgeld, dazu ein in Österreich lebender Amsterdamer auf dem Weg nach München mit viel Reiseerfahrung und netten Berlin-Anekdoten. Hat mir finanziell zudem bis auf 2 € an mein Tagesziel herangereicht. Manchmal zahlt es sich halt doch aus, einer von den Guten und nicht einer von den Schnellen zu sein …

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

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Noch ein Blog?

Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.

Kollegial

Ich kam gerade von der netten Tour zurück ans Berghain und wollte mich wieder anstellen. Um das zu tun fuhr ich an der immer ewig erscheinenden Schlange an wartenden Taxen vorbei, um an deren Ende zu wenden. In dem Fall passierte etwas völlig normales: Von der anderen Seite aus kam ein freier Kollege angefahren, der sich ebenfalls anstellen wollte – wir konkurrierten quasi um den Platz in der Schlange.

Die Umgehensweise mit der Problematik ist im Kollegenkreis interessant zu beobachten. Da wird teilweise auf das Schlangenende zugerast und mit eiligen Manövern dem anderen Fahrer der Weg abgeschnitten, weil man ja zuerst da war. Was immer noch ein Streitthema sein kann, denn: War der Kollege, der von hinten an die Halte fährt, nicht eigentlich zuerst in einer Art Warteposition und nun nur am Nachrücken? Ich glaube, zu dem Thema gibt es nicht einmal Gerichtsurteile. Aber ich lasse mich gerne eines besseren belehren.

Natürlich ist ein Platz weiter in der Schlange erst einmal Geld wert. Man kommt früher weg, das ist per se immer gut. Andererseits: Was, wenn der erste eine Tour für 4,80 € ums Eck kriegt und der dahinter 3 Minuten später eine für 32,40 €? Meiner Meinung nach ist es also mehr Glück als alles andere – vor allem an den von mir präferierten Halten mit hohem Taxidurchsatz und viel Publikumsverkehr – und entsprechend bin ich da immer kollegial. In erster Linie entscheidet beim Heranfahren an die Halte in meinen Augen die StVO (wenn ich wende, hab ich nicht Vorrang vor dem entgegenkommenden Kollegen), aber selbst wenn mich das Schicksal begünstigt, gebe ich schon auch mal ein Zeichen, dass der Kollege vorfahren kann. Lieber als Stress an der Halte ist mir ein Platz weiter hinten sowieso allemal!

Aber als ich nun das Ende der Schlange am Berghain erreichte, hielt der einfahrende Kollege Abstand und gab mir via Lichthupe zu verstehen, ich solle doch zuerst einscheren. Hab ich nach so netter Aufforderung natürlich gerne gemacht. 🙂
Und ja, das ist so eine Kleinigkeit. Eine einfach nur nette Geste, die im Endeffekt nur selten Auswirkungen auf unseren Umsatz hat. Zumindest nicht vorhersehbar, in welche Richtung. Trotzdem ist das selten da draußen, deswegen freut das doppelt und deswegen hab ich beim Aussteigen auch kurz noch mit freundschaftlichem Nicken in Richtung des Kollegen signalisiert, dass ich das zu schätzen weiß. Und ich habe festgestellt, dass es – ein bisschen wider Erwarten – keiner war, den ich kannte. Keiner aus meiner Firma, keiner von den Gesprächsrunden am Stand. Einfach nur ein kollegialer Taxifahrer. I like!