Eingeschränkt verkehrsfähig – eine Wortkombination, die einem so im normalen Haushalt selten begegnet, die aber bestimmt viele lustige Haupt- und Nebenbedeutungen erhält, wenn man mit ein bisschen Interesse in der juristischen Fachliteratur blättert. Mir fallen derartige Begriffe immer dann ein, wenn es eigentlich nicht wirklich passt.
Bei dem quirligen jungen Radfahrer etwa, der mich an der Kreuzung Adalbert-/Köpenicker Straße zum Halten aufforderte. An … pah! AUF der Kreuzung! Während ich für einen kurzen Fingerzeig in Richtung eines gesuchten Clubs durchaus Zeit gehabt hätte, weil ich in dem Moment alleine dastand, schien ihm die etwas exponierte Lage, in der ich die zwei Straßen gleichzeitig unbefahrbar machte, genau der richtige Platz zu sein, mit mir mal ein bisschen über die Option einer anstehenden Tour zu quasseln. Ich lasse mir ungern nachsagen, mit der StVO überpingelig zu sein, aber sowas verstehe ich nicht.
Entsprechend hab ich ihn auch stehengelassen und bin erst einmal weitergefahren, um mich hinter der Kreuzung an den Straßenrand stellen zu können – was in dem Fall von der Sache her zwar kaum viel legaler war, aber auf einen Schlag 95% der Dreistigkeit verfliegen ließ.
So besonders aufschlussreich war sein Angebot nicht. Er fragte mich, ob ich „such a bike“ – eines von diesen DB-Dingern einladen könnte und erklärte dann, dass es eigentlich um einen Kumpel geht, der „somewhere there where the music is“ auf uns warten würde. Da er mir die „few meters“ vorausfahren wollte, hab ich die Uhr erst einmal nicht angemacht. Hätte ich können, aber in so einem unsicheren Fall sind mir 1,50 € mehr nicht den potenziellen Stress einer Fehlfahrt wert. Ich begriff schnell, dass es zum Yaam gehen sollte, was nicht nur so gegenüber des Ostbahnhofs liegt, dass es beinahe sowieso auf dem Weg lag, sondern das Level der Verpeiltheit der Protagonisten auch gut erklärte.
Tatsächlich klappte dann alles. Der Kumpel stand ewartungsvoll da und wir machten uns umgehend ans Einladen seines Fahrrades, welches ebenfalls allenfalls eingeschränkt verkehrsfähig war. Der Held hatte irgendwas mit dem Code dieses Teils versemmelt und es blockierte jetzt die Weiterfahrt. Ich hab zwar keine Ahnung, wie die Dinger genau funktionieren, aber ich vermute, er hätte das Ding auch an die Station am Ostbahnhof stellen können. Er aber wollte zum Oranienplatz – was für mich zwar nicht gerade eine umwerfend ergiebige Tour sein würde, aber immer noch besser als auf eine solche erst einmal noch eine halbe Stunde zu warten. Von der Straße weg freut man sich ja über alles.
Das DB-Rad erwies sich zudem als völlig unzickig beim Einladen, so dass wir noch innerhalb der kostenfreien Warteminute des inzwischen angestellten Taxameters lospreschen konnten. Darüber, ob der Kerl nicht im Grunde noch weniger in der Lage war, am Straßenverkehr teilzunehmen als sein deaktiviertes Fahrrad, versuchte ich mir nicht allzu viele Gedanken zu machen. Vielleicht leistete ich einen nicht unwesentlichen Beitrag zur Verkehrssicherheit in Kreuzberg in diesen Stunden, wer weiß?
Die Fahrt war jedenfalls problemlos, und die am Ende auf der Uhr stehenden 6,60 € las ich mit etwas zu viel Schwung vor, bevor mir einfiel, dass mir des Fahrrades wegen noch ein weiterer Euro zustehen würde. Da grinste mich mein Passagier von der Seitenbank aber bereits an und reichte mir mit großzügiger Geste einen Zehner, den ich natürlich auf jeden Fall für meine Nettigkeit behalten müsste. Da hatte ich auch keinesfalls vor, Widerstand zu leisten. 😉
War also alles in allem eine ganz nette Fahrt. Wird mich wahrscheinlich trotzdem nicht davon abhalten, den nächsten Kerl wieder für allenfalls „eingeschränkt verkehrsfähig“ (oder so ähnlich) zu halten, wenn er mich mitten auf einer Kreuzung auf einen Plausch einlädt.