In Stuttgart kannte ich das, da war das (keine Ahnung, ob es das noch gibt) eine Kooperation zwischen der SSB und den Taxen. Da konnte man als Frau nachts ein Taxi beim Bahnfahrer bestellen und die SSB hat für die Fahrt bis ganz nach Hause dann einen Fünfer zugezahlt. Keine schlechte Sache eigentlich, aber hier in Berlin gibt es sowas nicht.
Ich finde das schade auf der einen Seite – es gibt eine Menge benachteiligter Gruppen, denen man hier und da den Zugang zu einem Taxi erleichtern könnte. Auf der anderen Seite ist die Einfachheit unseres Tarifs auch eine seiner Stärken. Und ich kann mir auch besseres vorstellen, als mir im Taxi wegen irgendwelchen Günstig-Tarifen ständig Studentenausweise und Berechtigungskarten zeigen zu lassen.
Und nun hatte ich eine junge Frau im Auto und sie wollte ein Frauen-Nacht-Taxi. Auf meine Aussage hin, dass es sowas hier nicht gibt, ging es dann leider mit dem mir immer noch sehr unangenehmen Handeln weiter. Ob ich denn nicht wenigstens was am Preis machen könnte.
„Oder: was kostet es denn bis zur Jessnerstraße.“
„Ach, vielleicht acht Euro.“
„Kannste da nicht noch was machen?“
„Mal im Ernst: bei acht Euro?“
„Ich hatte echt’n scheiß Tag und will hier nicht ewig rumdiskutieren …“
Ich bin einfach zu gutmütig. Da ich weiß, wie es mit wenig Geld ist. Aber eigentlich hätte ich antworten sollen, dass mein Tag auch beschissen war, ich lieber einen Zehner für die Strecke hätte und ebenso keinen Bock auf Diskussionen. Wäre gelogen gewesen, aber das konnte ich bei ihr auch nicht ausschließen.
Das hätte eine betrübliche Erinnerung an eine abgelehnte Fahrt bleiben können, aber es geschah etwas sehr seltenes:
Ausgerechnet zwei jugendliche Suffköppe retteten die Situation. Sie wollten nur kurz zur Warschauer und kamen mit der jungen Frau überein, dass sie sie mitnehmen könnten. Das war zwar ein Umweg, aber da die Jungs die Fahrt bis zu ihrem Ziel übernehmen wollten, blieb ihr vor allem der mit 3,20 € ja nicht unwesentliche Einstiegspreis erspart.
So zusammengewürfelte Fahrten sind immer schwierig, aber hier hielten sich alle an die Abmachungen. Das war eine der Fahrten, derentwegen ich meine Freude über Gemeinschaftstouren drüben bei meinen Chefs niedergeschrieben habe. Ich hab die beiden Partypeoples bei 6,20 € auf der Uhr entlassen und sie haben 1,80 € obenaufgelegt mit der Bitte, sie doch der jungen Frau zu erlassen. Bei ihr angekommen zeigte das Taxameter glatte 9 €, so dass ich sie gegen Zahlung eines symbolischen Geldstücks heimbringen konnte. Und immerhin war sie so anständig und hat mir einen Zweier gegeben.
Am Ende hat alles gepasst: Die Jungs sind an ihr Ziel gekommen, die junge Frau auch. Ich hab keinen Festpreis machen müssen und verloren hat bei der Sache niemand. Ich bin mir sogar sicher, dass keiner meiner Kollegen eine der beiden Touren hätten haben wollen – eine ganz kurze und eine etwas längere unter Tarif: das sind auch nicht die Fahrten, die ich mir erhoffe, wenn ich mich an den Bahnhof stelle 😉
Schade, dass es nicht immer so läuft. Bei der Einleitung hatte ich echt schlimmstes befürchtet …
„Benachteiligte Gruppen“ Hi,Hi,Hi
Der Spruch “Ich hatte echt’n scheiß Tag und will hier nicht ewig rumdiskutieren …” ist ja von aller erster Güte. darf man solche Kundschaft einfach stehen, wenn ein Verweis auf die gesetzlich vorgegebenen Fahrtkosten nicht fruchtet? Wollte die Damezur Jessnerstraße 41?
„Frauen-Nacht-Taxi“… ich glaube, es hackt.
Was denn noch? Frauen-Tarif bei der Bahn? Frauen-Preis beim Kettenkarussell?
Gleichberechtigung heißt auch: Keine Sonderrechte. Für niemanden.
Formulieren wir es mal umgekehrt:
Der Rest sind „Männer-Taxis“ in denen die Trottel der Schöpfung zu viel zahlen müssen.
Sorry, ich habs nicht begriffen: Warum genau muss man Frauen fünf Euro schenken, wenn sie von Bahn aufs Taxi wechseln?
@ dingens
Damit nicht irgendein Unhold des Nachts auf dem Heimweg aus dem Gebüsch gesprungen kommt.
@ Jürgen
Ich hätte ja auf Nummer 6 getippt.
Schließe mich da kaffeekocher absolut an. In Stadtgegenden, in denen Frauen sich nicht sicher fühlen können, fühle ICH mich auch nicht sicher (und zwar bei 1,82m, 85kg nicht im Speckgürtel und Nahkampfausbildung). Die Chance ist doch wohl heute mindestens genauso hoch, als Mann wegen einer Kleinigkeit von einer Gruppe zum Krüppel geprügelt zu werden (ich behaupte, DAFÜR ist die Chance als Frau eher geringer) wie als Frau vergewaltigt.
Jepp, ich kann es zwar nicht leiden, wenn Leute ihre beschränkten Erfahrungen als allgemeingültig hochstilisieren, aber ich persönlich und meine männlichen Bekannten wurden wesentlich häufiger kulturbereichert oder sonstwie angemacht. Auf seiten der Frauen war leider Gottes eine versuchte Vergewaltigung dabei, aber im Hausflur – da hätte auch das Taxi nicht viel genützt.
Vollstes Verständnis für Gefühle der Unsicherheit und großes Lob für den Service des Taxirufs, aber fünf Euro geschenkt? Da hakt’s aber.
Leute, Leute, nur mal mit der Ruhe, bitte 🙂
Die Idee des Frauen-Nacht-Taxis stammt noch aus den 80er Jahren und war damals eher eine Einrichtung in den Großstädten, die es ermöglichen sollte, dass Frauen abends auch ohne eigenes Auto, ohne evtl. auf einen dann doch betrunkenen Fahrer angewiesen zu sein, von den „Kulturmetropolen“ erst mit dem ÖPNV und dann mit dem FNT in die entlegenen Vororte zu kommen. Sehr beliebt vor allem in Unistädten.
In aller Regel war diese Einrichtung bei Taxifahrern nicht sehr beliebt, weil sie oft ’nen gewissen Verwaltungsmehraufwand bedeutete, und man auch eindeutig einfachere, sprich barzahlende, Kundschaft zuhauf hatte. Bei den Kundinnen konnte sich das Modell oft nicht durchsetzen, weil man das mit dem Frauen-Tarif bei der Bestellung (war nix mit Taxi ranwinken) angeben musste, man deswegen oft an das Ende der Fahrer-Nahrungskette gesetzt wurde und die reduzierungen des Fahrpreises auch oft eher mager ausfielen. Und bevor Frau dann im Dunkeln wegen einer Reduzierung des Fahrpreises um 2-3 Mark (mehr war es oft nicht) 30 Minuten länger wartet, ist sie dann halt oft lieber unsubventioniert nach Hause gefahren. Deshalb wurde das oft auch schnell wieder eingestellt…
Ein Revival als AST (= Anschluss-Sammel-Taxi), Frauen- oder Disco-Taxi erlebt dieses Modell heutzutage eher aus Kostengründen, weil kommunale Verkehrsbetriebe per Outsourcing afs Taxi halt Lohn- und Betriebskosten oft reduzieren können.
„, die es ermöglichen sollte, dass Frauen abends auch ohne eigenes Auto, ohne evtl. auf einen dann doch betrunkenen Fahrer angewiesen zu sein“
Genau! Denn Männer haben im Gegensatz zu Frauen alle ein eigenes Auto und können selber fahren …wenn sie nicht gerade wieder betrunken sind.
Und so eine Argumentation (eher: Ansammlung von Klischees) soll jetzt für Ruhe sorgen?
Es geht nicht um ein Leute-ohne-eigenes-Auto-Taxi oder ein Leute-mit-besoffenen-Fahrern-Taxi.
Es geht um Frauen-Taxis!
*MsTaxi zustimm* die Idee ist so alt, da war von sowas wie dem Diskriminierungsverbot meilenweit keine Spur.
Bei uns in der Stadt gibts das ab 20 Uhr auch, aber ein Zuschuss von €5 oder sowas wäre mir neu.
Ich wüsste auch nicht, wieso sich nicht ein Mann sich ein Frauen-Nacht-Taxi bestellen könnte, zumal heute. Kurz aufs Gesetz berufen und fertig. OK: es soll Kerle geben, die pikiert wären, etwas zu bestellen, was ihrer Meinung nach „nur was für Frauen“ ist. Wenn sie den Mumm nicht haben, sollen sie aber auch nicht heulen, wenn sie es dann nicht kriegen.
Das Logo habe ich vor nicht allzulanger Zeit auch noch gesehen, ich glaube, eine Bahn fährt noch damit rum oder es hängt irgendwo in einem Aushang. Dass da eine Frau umsteigt, sollten die Herren der Schöpfung sich nicht zu sehr zu Herzen nehmen – denn nur mit ihrem langen Rock lässt sich kaschieren, wie dämlich das aussieht, mit einem Spagat von einer Hochflurbahn in ein Taxi zu hüpfen.
Das mit dem Frauen-Nacht-Taxi in Stuttgart gibt es immer noch, auch die Subvention in Höhe von 5 Euro:
http://www.ssb-ag.de/Taxi-Ruf-und-Frauen-Nacht-Taxi-337-0.html
Ich habe aber keine Ahnung, ob das oft genutzt wird.
@coran, dann fühlst Du Dich also nirgendwo sicher?
street harassment ist für Frauen* absolut überall!
In MV und Brandenburg gibt es ein Fifty-Fifty-Taxi zum halben Preis. Besser gesagt man kauft vorher „Wertmarken“ für die Hälfte des Nominalwertes. Der Fahrer bekommt diese zum Ende der Fahrt. Die andere Hälfte der Taxifahrt übernehmen die Länder. Gesponsort wird das auch. Einer der Sponsoren ist der Landesverband für das Taxi- und Mietwagengewerbe. Allerdings muss man mindestens 16 und höchstens 25 Jahre alt sein um die benutzen zu dürfen. Aber wohl besser als gar nichts. Diese Tickets gibt es schon seit 10 Jahren.
Und so ein dämliches Frauen Taxi würde ich mir als Mann auch bestellen. Nur um zu sehen ob ich es bekomme. Und bekomme ich es nicht weiß ich wieder ganz genau was uns diese Gleichberechtigung gebracht hat.
@Martin
Du widersprichst dir aber.
„Gleichberechtigung“ würde bedeuten, dass Männer das gleiche Recht, auf ein „Frauen-Taxi“ haben wie Frauen. Wenn jene das nicht haben, handelt es sich eher um Diskriminierung.
@all:
Mann, Mann, Mann! 😉
Was ist denn hier bitte los?
Bei allem Verständnis für Empörung über Ungleichbehandlung: Wenn sowas vor zig Jahren eingeführt wurde, dann denkt doch auch mal über die gesellschaftlichen Verhältnisse „damals“ nach. Es ist noch nicht lange her – und in den Köpfen vieler noch nicht einmal Vergangenheit – dass Frauen nachts nicht draußen „zu sein hatten“.
Das hat vielleicht weniger mit realen Gefahren zu tun, als z.B. damit, dass Eltern ihren Töchter überhaupt erlauben, so lange wegzubleiben oder dass diese sich trauen. Gleichberechtigung ist diese Maßnahme natürlich explizit NICHT, aber Aktionen wie diese sind geeignet, den Weg dorthin zu ebnen.
Oder, wie Ozie gerade treffend anmerkte: „Ich finde es auch unfair, wenn alten Omis Treppenlifte gesponsort werden und ich weiterhin hochlaufen muss.“
Es geht also nicht um für alle Seiten identische Bedingungen, sondern darum, für alle die Möglichkeiten zu schaffen.
Unabhängig davon ist die Frage, ob ein Frauen-Nacht-Taxi heutzutage noch eine angemessene Umsetzung dieser Idee ist. Das diskutiert sich aber besser ohne Eingeschnapptsein.
Ich fühl‘ mich grade sooooooooooooooooooooo alt *lol*.
In meinem vorigen Posting habe ich nur die damals in der Steinzeit (also Mitte der 80er Jahre) abgegebenen Begründungen für Frauen-Taxis referiert. Ok, ich habe mich davon nicht ausreichend erkennbar distanziert, gebe ich zu… Gehen wir von dieser Steinzeit nochmal ca. 30 Jahre zu irgendwo bei den Dinosauriern zurück :-), da mussten Frauen teilweise ihre Ehemänner oder Väter noch zu einer schriftlichen Erlaubnis bewegen, den Führerschein erwerben zu dürfen. Wenn man es unter diesem Aspekt betrachtet, hat doch eine deutlich positive Entwicklung stattgefunden von Frauen als Zwangsfußgängerinnen zu Frauen als nächtliche Taxinutzerinnen hin zur Überflüssigkeit geschlechtsspezifischen ÖPNV’s.
Ich hab z. B. gerade in Kleinstädten nix gegen Anruf-Sammel-Taxis, die die Lücke zwischen kommunalen Fahrdiensten und Taxi zum Normaltarif schließen. Etwas mehr Gelegenheit zum preiswerten Fahren für den Kunden mit etwas weniger Komfort als dem voll bezahlten Taxi (je nach Modell des AST) und etwas mehr Kunden für’s gleiche Geld bei etwas mehr Verwaltungsaufwand für die Taxifahrer… Und das auch noch alles geschlechts-, alters- und nationalitätenneutral 🙂
@sash: Du machst jetzt nur noch einmal deutlich, wo hier das krasse Ungleichgewicht besteht. Das soll sich mal ein Mann wagen, den bestehenden Status Quo mit „Früher war das so, also ist das jetzt auch so“ zu begründen! Mit der Haltung hätte sich nie eine Frauenquote durchgesetzt, mit der Argumentation wäre nicht einmal das Frauenwahlrecht eingeführt worden! Es ist nur faszinierend dass die gleiche Frauenbewegung, die immer und überall Veränderungen fordert bei alteingesessenen Privilegien wie Frauentaxis keinerlei Probleme haben, Traditionen zu bewahren solange man davon nur selber profitiert. Und an der Stelle geht es halt nicht mehr um Gleichberechtigung, sondern nur noch um „Möglichst viele Privilegien für mein Geschlecht!“. Und diese starke Position wird dann auch noch damit begründet, dass es sich um das schwache Geschlecht handelt. Ich bin absolut für Gleichberechtigung, aber davon ist halt keine Rede mehr, wenn die Bodybuildingbraut bequem mit dem Frauentaxi zum Gewichteheben fährt und der männliche Hänfling in der U-Bahn mit den „Was kuckst Du, Hurensohn?“-Idioten klarkommen muss.
@dingens:
Ähm, ja. Ich hab geschrieben, was eventuell Grund war für die Einführung und dass man das unter dem Gesichtspunkt sehen sollte – und wenn, dann objektiv darüber nachdenken, ob das so heute noch zeitgemäß ist.
Die Lesart, dass das alles so zu bleiben hat, weil es früher schon so war, ist dabei irgendwie an mir vorübergegangen.
Dass es dieses Privilegiengeschacher gibt, stelle ich weder in Frage, noch heiße ich das gut. Aber ich finde es eben ziemlich bedenklich, dass man in Anbetracht von Dingen wie einem Fünf-Euro-Gutschein plötzlich darüber diskutieren müssen, ob Frauen in dieser Gesellschaft bevorzugt werden.
Ach, solche archaischen Privilegien verschwinden sowieso nach und nach, wann immer der richtige Klagelustige daherkommt.
Bei uns in der Firma dürfen die Mädels auch Krawatte tragen und die Jungs das Halstuch (macht aber keiner, is ja Määädchenkleidung), und es hat auch schon einer geklagt, weil es einen Krawattenzwang gab, aber keinen Halstuchzwang.
Ich hatte noch einen Sticker im Kopf, der in den Bussen in Berlin früher prangte: „Wenn es sein muss, fahren wir Sie auch bis zur Haustür * “ .. und bei dem Sternchen stand dann was von Umwegen mit Bussen und Taxiabholservice.
Dazu finde ich heute nurnoch die Hälfte:
http://www.bvg.de/index.php/de/947036/name/Haustuerservice.html
auch interessant: http://www.bvg.de/index.php/de/3725/name/Busstopp+auf+Wunsch.html
Die Zeiten haben sie geändert. Die Gesellschaft ist nicht mehr die Gleiche, wie in den 80er Jahren. Mittlerweile sind ca. 49 % der Beschäftigten Frauen. Anfang der 80erJahre waren es lediglich ca. 30 %. Da wird deutlich, dass Frauen nicht unbedingt einen Versorger mehr brauchen und Hausfrau schon lange kein Traumberuf mehr ist. Grundsätzlich bedeutet Gleichberechtigung, Frauen zahlen genauso viel wie Männer. Da sollten fünf Euro nicht nur an Frauen gezahlt werden. ABER, Fakt ist auch, dass Frauen rund ein Drittel weniger Gehalt für die gleiche Leistung erhalten wie Männer. Aufgrund von archaischen Vorstellungen, dass der Mann der Versorger der Familie ist und somit mehr Gehalt bekommen sollte. Das muss sich ändern. Da Frauen mittlerweile auch die Hauptversorger von Familien sind und extrem benachteiligt werden durch diesen allgemeinen Missstand. Wenn dies eintrifft, können Frauen das Gleiche zahlen wie Männer. Davon haben beide Seiten etwas. Die Frau verdient endlich was ihr zu steht und der Mann muss nicht alles zahlen, sondern es wird partnerschaftlich aufgeteilt. @Sash: Ich wusste nicht, dass Rentern Treppenlifte bezahlt werden. Wo gibt es dazu mehr Infos? Ich hab ein bisschen gegoogelt und das http://www.hiro.de/treppenlifte.html gefunden. Die sind echt teuer!
@Fannie:
Ich werfe da mal das Stichwort „Krankenkasse“ ein 😉
Ist natürlich kein allzu ernster Vergleich.
🙂