Liebe GDL,

als Mensch und Bahnfahrer ohne eigenes Auto habt ihr es schwer, meine Zuneigung zu bekommen. Die vielen ausgefallenen Züge, das Gedränge in den noch fahrenden, ach!

Als Linker und Arbeitnehmer habe ich großes Verständnis für einen aggressiv geführten Arbeitskampf und ihr somit meine Unterstützung, auch wenn mir die Tatsache, dass es nicht nur um die Verbesserung für die Angestellten, sondern auch um euren Machtbereich geht, Magengrummeln bereitet.

Als Taxifahrer aber muss ich euch einfach loben. Arg viel direkter als mit massenhaften Zug- und S-Bahn-Ausfällen kann man das Taxigewerbe kaum noch unterstützen. Ich hatte dank Euch ein Wochenende, das stellenweise an Silvester erinnert hat und deswegen wollte ich einfach mal danke sagen! 🙂

Aber da sich der Mensch in mir gerade vordrängeln will und ich heute das Auto nicht mit heimnehmen kann: Ich hoffe, dass es bald mal eine Eingung bei euch gibt.

Küsschen,

Sash

Was macht eigentlich …

dieses sympathische kleine Startup-Unternehmen Uber?

Gut, die Antwort ist wie immer: Ärger. Aber das wäre wirklich zu kurz gegriffen, denn die Firma ist schwer am Rudern. So verlangen sie laut eigener Aussage für UberPop inzwischen tatsächlich nur noch 35 Cent pro Kilometer – was (wenn ich mich recht erinnere laut einem Gerichtsurteil) ungefähr die Betriebskosten eines Autos sind. Wobei man selbst den Betrag anzweifeln könnte, aber das ist gar nicht der Knackpunkt. Sie versuchen also, UberPop jetzt wirklich als Mitfahrzentrale zumindest nebenher weiterlaufen zu lassen. Das könnte man an und für sich gut finden, wenn die Geschäftspraktiken der Firma nicht grundsätzlich den Anreiz bieten würden, um jeden Cent zu feilschen. Und das meine ich ernst: Dass z.B. Taxi Deutschland weiter streitet, hat Uber sich einfach selbst zuzuschreiben. Wer austeilen kann, muss auch einstecken.

Darüber hinaus hat Uber eine Petition verfasst, die man unterschreiben kann, um das ach so innovative und soziale Engagement der Firma zu verteidigen. Die ist inzwischen auch schon über 5000 mal unterschrieben worden, was zugegebenermaßen gar nicht übel ist, allerdings auch nicht ganz so das Aufbegehren der Massen, wenn man ehrlich bleiben will.

Ich möchte auf einen Punkt des Uber-Mimimis aber gesondert eingehen:

Sie bemängeln, dass UberPop-Fahrer nicht mehr als die Betriebskosten verlangen dürfen,

„… und damit per Gesetz weniger als den Mindestlohn erhalten müssen. Warum sollen Fahrer nicht für ihre Dienste auch belohnt werden? Was spricht dagegen, dass sie mehr als die Betriebskosten für die Mitnahme erhalten dürfen?“

Denn das ist ein schönes Beispiel für die wirklich widerwärtig verlogene Arroganz dieser Firma. Fahrer dürfen mehr als die Betriebskosten verlangen. Und wenn sie angestellt sind, müssen sie dafür ab 2015 den Mindestlohn kriegen. Leute, die für UberPop fahren, erfüllen aber schlicht nicht die Kriterien, um in Deutschland als Fahrer zu arbeiten, also Geld verdienen dürfen – und sind auch nicht irgendwo angestellt, wo es einen Mindestlohn gäbe. Aber dazu unten mehr. Wer gewisse Arbeiten beruflich macht, muss Qualifikationen erwerben. Ich selbst darf z.B. nicht einfach als Rechtsanwalt arbeiten. Ich darf meinen Kumpels sicher Tipps für Gerichtsverfahren geben, aber vor Gericht wird man mich nur akzeptieren, wenn ich die entsprechenden Nachweise einreiche. Ich darf ja noch nicht einmal einen Bus fahren. Obwohl ich das schon mal für eine Dreiviertelstunde getan habe, es also grundsätzlich sicher schon irgendwie könnte. Da könnte ich jetzt ja auch mal eine Petition starten:

„Lasst Sash endlich Busfahrer werden, der hat’s nämlich voll raus!“

Und natürlich würden die Busfahrer sagen:

„Hey, Moment mal! Wir haben hierfür einen Führerschein und eine Ausbildung gemacht, da kannst Du doch jetzt nicht einfach sagen, dass Dir das egal ist, nur weil Du keinen Bock hast, das auch zu machen, egal ob das 500 deiner Blogleser geil fänden!“

Das Schlimme an dem Uber-Text ist aber das Gewinsel über den Mindestlohn. Denn Uber interessiert sich einen Scheiß für Mindestlöhne. Nicht nur, dass sie sich selbst rausnehmen, den Fahrern gar nix zu zahlen – sie wollen sie ja nicht einmal anstellen. In den USA laufen die Fahrer Sturm gegen immer neue Preissenkungen (die gab es hier ja auch schon) und damit „Löhne“ unter aller Sau. Sie lassen die Fahrer unter Bedingungen arbeiten, die selbst uns chronisch unterbezahlten Taxifahrern wie Sklavenarbeit vorkommen und erdreisten sich jetzt, die Betriebskostenregelung (die einfach nur den Geltungsbereich des Personenbeförderungsgesetzes begrenzt) zu missbrauchen, um das als Unterdrückung der armen Fahrer anzuprangern. Sie selbst haben die Fahrer gezwungen, für 0 € Gewinn zu fahren, damit sie bloß keine Qualitätsstandards einhalten müssen und behaupten jetzt, dass es voll unfair sei, dass die Fahrer so wenig verdienen. Wenn Durchfall reden könnte, würde wohl das ungefähr dabei rauskommen.

Aber ja, genau das macht das kleine sympathische Startup-Unternehmen Uber gerade. Wie immer quasi.


PS: Die sind wirklich am Rudern. Ein Einknicken wie die Preissenkung bei UberPop ist meines Wissens nach weltweit einzigartig. Deutschland ist für sie der wichtigste Markt in Europa und wie man sehen kann, tun sie alles (auch hier: völlig egal, was das für die Fahrer bedeutet), um einen Fuß in der Tür zu haben und werden dabei ungewohnt kreativ. Wenn sie morgen UberGabelstapler anbieten würden, wäre ich nur minimal verwundert, die kämpfen um jeden Millimeter. Deswegen auch nochmal die Bitte an alle Kollegen:

Auch wenn es für einen Moment lukrativ erscheint: Meldet Euch bloß nicht bei UberTaxi an!
Für Uber ist es scheißegal, an wen sie die Tour abtreten: an Euch, an UberBlack oder an Schwarztaxen. So lange sie irgendeinen Fahrer finden, finden sie Kundschaft. Und wenn genügend Kundschaft da ist, dann senken sie die Preise, erhöhen ihre Provision – oder was auch immer ihnen gerade ins Geschäftskonzept passt. Schaut in die USA, wo das seit einiger Zeit läuft! Uber ist es scheißegal, ob wir Fahrer von der Kohle leben können oder ob Kunden einen guten Wagen kriegen. Trotz aller Einführungsangebote oder Bonuszahlungen. Das nutzen sie als Werbung und setzen es ab, wenn sie genug Fahrer und Kunden haben. Da steckt nicht ein Funke Qualitätsbewusstsein oder gar soziale Verantwortung dahinter. Jeden Cent, den wir jetzt mit Uber verdienen, zahlen wir (und auch unsere Kunden) in Zukunft doppelt oder dreifach zurück. Wenn’s denn reicht.

Arbeit! – und Youtube

Im Ernst: Ich freue mich nach meinem Wochenende darauf, wieder rauszufahren. Ich verstehe sehr gut, wieso Taxifahrer ein Job ist, bei dem man „hängenbleibt“. Und wenn wir schon bei schwer verständlichen Obsessionen sind, dann habe ich hier noch eine kleine Ergänzung:

Ich sehe mir gerne Chrash-Videos auf Youtube an. Das ist in gewisser Weise sicher einfach nur bescheuerter Voyeurismus. Das kann ich wohl kaum abstreiten, bzw. ich will es gar nicht. Nur weil was nicht toll ist, heißt es ja nicht, dass es nicht existiert.

Tatsächlich sind diese Videos aber auch aus professioneller Sicht interessant. Als Mensch, dessen Arbeit im Wesentlichen aus Fahren besteht, habe ich da durchaus inzwischen einige Verhaltensmuster entdeckt, deren Vermeidung – natürlich nur im Optimalfall, ich gebe es zu! – das Fahren sicherer machen könnten. Den zahlreichen Videos entnehmen konnte ich bislang zum Beispiel, dass das schnelle Vorbeifahren an stehenden Autokolonnen auf einer benachbarten Spur oft Unfälle mit Fußgängern verursacht. Oder dass das Abbiegen über mehr als eine Spur wegen begrenzter Einsicht oft Unfälle verursacht.

Ich will nicht behaupten, dass ich mir die Videos deswegen ansehe – das wäre eine Lüge. Aber ja, ich hab daraus tatsächlich einiges gelernt und hoffe, das in Zukunft nutzen zu können.

Mindestlohn, bist Du’s?

Als im Frühling noch nicht so recht klar war, ob Taxifahrer nicht vielleicht auch vom Mindestlohn ausgenommen werden könnten, habe ich ein wenig überlegt, wie sich das Geschäft wohl entwickeln würde, würde er beschlossen. Ich kam (im Rahmen langer Diskussionen) zu der Erkenntnis, dass vermutlich der Umsatz steigen würde. Und zwar im Laufe dieses Jahres noch. Alleine die große Unsicherheit auf der Unternehmerseite, wie man künftig mindestens 8,50 € zahlen solle, müsste im Großen und Ganzen dazu führen, dass Fahrer zumindest nicht neu eingestellt werden. Darüber hinaus müssten einige Kündigungen auch schon ausgesprochen worden sein.

Und nun, drei Monate vor Tag X; nachdem der Mindestlohn beschlossen wurde?

Wenn ich meine eigenen Zahlen nehme und den Kollegen Glauben schenke, dann boomt das Geschäft wie nie. Dass wir an manchen Abenden für einen Zehner Umsatz die Stunde rausgefahren sind, daran können sich manche kaum noch erinnern. Meine (statistisch natürlich eigentlich irrelevanten) Zahlen legen eine Umsatzsteigerung von 10 bis 25% im Vergleich zum Vorjahreszeitraum nahe, gefühlt isses fast das Doppelte, was ich gerade einfahre.

Natürlich kann das alles auch noch eine normale Schwankung sein, bzw. ein reines Nachtschichtphänomen. Gerüchten zufolge haben aber große Firmen schon reihenweise Autos verkauft und die Umsätze sollen auch in der Tagschicht hochgegangen sein. Was irgendwie ins Bild passen würde. Für eine endgültige Bestätigung bräuchte es eigentlich (monats-)aktuelle Konzessionszahlen vom LABO. Wenn jemand weiß, wie man da rankommt, würde ich mich über einen Hinweis freuen.

Bis dahin bleibt die Frage: Bist Du’s, Mindestlohn?

Ich hab meine Gründe …

„Ach, ein Igel! Und ich dachte mir schon: Warum bremst er den jetzt?“

„Naja, muss man ja nicht überfahren, nur weil es Nacht ist …“

Und an alle Igel: Es ist wirklich sackgefährlich, morgens um 3 Uhr wichtige Hauptstraßen zu überqueren!

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

Immer dranbleiben!

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Noch ein Blog?

Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.

Jetzt also UberTAXI …

UberTAXI

Ein paar Tage haben wir auf die Reaktion von Uber auf die Bestätigung der Verbote in Hamburg und Berlin warten müssen … ich dachte für einen Moment, dieses Innovations-Dingsbums, dass sie bei Uber überall eingebaut haben, schläft am Wochenende. Tatsächlich haben sie sich aber sehr wohl was überlegt und das ist auf die verquerste Art neu, die ich mir vorstellen konnte:

Uber vermittelt jetzt auch Taxis.

Durchaus neu ist das, weil Uber, vorsichtig ausgedrückt, ja eigentlich immer den Eindruck erwecken wollte, besser als das Taxigewerbe zu sein. Da ist der Schritt dort mitzumischen schon originell. Und als Uber-Fan würde ich jetzt gucken wie ein Auto.

Insgesamt ist das nicht unlogisch. Ein Taxifahrer bringt Uber das gleiche Geld wie ein Hobbyfahrer, es sei denn, es herrscht gerade Surge-Pricing. Und die Konkurrenz der Fahrer untereinander ist dem Unternehmen auch egal, denn so lange nur alle für Uber fahren, stimmt die Kasse am Ende halt trotzdem. Tatsächlich gab es UberTaxi zuvor schon in einigen US-Städten.

Aber gut, wenn Taxifahrer wollen, können sie jetzt auch für Uber arbeiten. Da die überhöhte Vermittlungs-Provision (und ja, die wird kommen, egal was für Einführungsspecials sie jetzt bringen. Das machen sie immer!) für Uber das ganze unwirtschaftlich macht und es demnach keinen vernünftigen Grund dafür gibt, wird sich da sicher auf Dauer die Crème de la Crème des Gewerbes zusammenfinden, da bin ich sicher. Aber gut, dafür könnten die entsprechenden Fahrer vielleicht ihr Rückgrat verkaufen …

Natürlich wird es ein paar Kollegen geben, die verzweifelt genug nach Kohle suchen, um auch für Uber zu fahren, da mache ich mir nichts vor. Ich halte sie halt für bescheuert. Aber ein paar Taxifahrer braucht Uber durchaus – und wenn’s bloß ist, um ihre komische Vorstellung von der Größe Berlins zu korrigieren. 😉

Mal im Ernst: unsere Gewerbevertretungen, die Zentralen und die einzelnen Unternehmer täten gut daran, jetzt den Mund aufzumachen und sich gegen UberTaxi auszusprechen!

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Zu den Urteilen

Die Ankündigung, UberTaxi in Berlin und Hamburg anzubieten, ist natürlich nicht das einzige, was Uber verkündet. Sie wollen

„UberBlack in den nächsten Wochen an die Anforderungen der Berliner Gerichtsentscheidung anpassen“,

die Entscheidung in Berlin anfechten und darüber hinaus eventuell eine Verfassungsklage gegen die Hamburger Entscheidung formulieren, weil sie die Einschränkung des Rechts auf die freie Berufswahl monieren. Äh, nun ja.

Der Rest des Postings ist Blabla plus „außerdem ist die Rückkehrpflicht für Mietwagen umweltschädlich“.

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Was offen bleibt

Fangen wir gleich mit der Rückkehrpflicht an. Die ist der Grund, weswegen UberBlack – der an sich legale Limousinenservice – in Berlin gleich mitverboten wurde. Die Kontroverse um dieses Thema kann ich aus Mietwagensicht verstehen. Die Rückkehr zum Betriebssitz ist vielleicht überholt.

(Wobei ich zu bedenken gebe, dass man das Thema wirklich nicht nur aus Sicht der Mietwagenfahrer und -unternehmer sehen sollte. Die Frage muss gerade in Großstädten auch tatsächlich lauten: Wohin mit den Fahrzeugen, wenn sie nicht fahren? Parkplätze sind vielerorts Mangelware und gerade in den auftragsreichsten Gebieten sind schon die Stände für die Taxis oft viel zu klein. Wenn das Ergebnis ist, dass die Autos die ganze Zeit leer herumfahren, bleibt vom Umweltschutzgedanken nämlich auch nix mehr übrig.)

Die Frage ist aber: Uber  will UberBlack „anpassen“. Was heißt das? Mieten sie ein Parkhaus als „Betriebssitz“ an oder schreiben sie einfach nur in die AGB, dass die Fahrer sich verpflichten, nach einer Fahrt heimzufahren?

Dann UberTaxi: Bei allen anderen Unternehmen würde man keinen Gedanken daran verschwenden, bei Uber stellt sich aber trotzdem die Frage: Läuft das dann auch alles legal? Insbesondere frage ich mich noch, ob bei der Fahrpreisermittlung alles mit rechten Dingen zugehen wird oder ob Uber auch da wieder gewohnheitsgemäß alles ignoriert, was dem Unternehmen nicht in den Kram passt.

Zuletzt: Was passiert eigentlich mit UberPop? UberPop war der Stein des Anstoßes und Grund für die Verbote. Uber lässt völlig offen, ob sie das Angebot einstellen, weiterführen, ändern oder was auch immer. Dient der ganze UberTaxi-Coup bloß dazu, das hinter den Tisch fallen zu lassen?