Insbesondere die langjährigen Leser unter Euch wissen, dass das Taxifahren immer auch eine Frage der Zielsetzung ist. Sicher, viele Kollegen machen auch einfach einen 8-, 9-, 10 oder 12-Stunden-Tag und gut ist. Ich hab mir meistens eher Umsatzziele gesetzt, nur selten eine Zeit, aber ich ändere das auch immer wieder mal, weil ich furchtbar schlecht darin bin, mich zu motivieren und irgendwann immer der Schlendrian Einzug hält. Und gerade die letzten Monate hätte ich mehr tun sollen. Sicher, die Umsätze waren gut, aber ich bin oft nach sehr kurzer Zeit heimgefahren. Entweder weil’s gerade so gereicht hat, oder weil es so schlecht lief, dass die Umsatzziele utopisch waren. Ich denke, ich mache in dem Job einiges gut bis sehr gut, aber diesbezüglich bin ich echt schlecht.
Aber soweit das offensichtliche. Ich hab also nun angefangen, Umsatz und Arbeitszeit zu kombinieren und in erster Linie mal festgesetzt, dass ich mindestens 8 Stunden am Tag rausfahren will. Allerdings eben mit der Einschränkung, dass im Falle sehr guten Umsatzes ein verfrühter Feierabend als Ausnahme sozusagen schon drin ist. Rekorde erreicht man mit dem System nicht, aber in jedem Fall steht am Ende ein guter Umsatz und in ganz miesen Zeiten kann ich mir immerhin glaubhaft einreden, dass ich’s versucht hätte. Und ja, oft liegt es ja am „Durchhalten“ alleine, gestern erst hat Aro das sehr schön bei sich im Blog beschrieben.
Für den Donnerstag liegt das Umsatzziel derzeit bei 150€. Das ist nicht utopisch, aber es kann schon vorkommen, dass man deutlich schneller bei 8 Stunden angelangt. Das wiederum ist am Donnerstag nervig, weil ich da erst das Auto an der Firma holen muss, deswegen eher später als früher starte und der Donnerstag kein Tag ist, an dem ich gerne bis morgens um 5 Uhr auf der Straße bin. Natürlich haben auch zu der Zeit Clubs offen, aber so locker mit Winkertouren wie während der Wochenendschichten fährt sich das Geld an dem Tag zu später Stunde einfach nicht ein.
Im Übrigen: Das sind alles keine ewigen Weisheiten, sondern allenfalls meine Erfahrungen und Schätzungen. Es gibt eine Menge Kollegen, die entweder Donnerstags so gut wie nie so viel Geld einfahren und andere, deren Lieblingszeit genau diese Stunden sind, weil z.B. Spinner wie ich da schon zu Hause sind. 😉
Naja, gestern war ja nun Donnerstag und ich war zwar wieder erst nach 20 Uhr im Auto, aber ich war motiviert. Und es lief erstmals im November dieses Jahr auch gut. Nach nur fünfeinhalb Stunden fehlten gerade noch 25 €, völlig überraschend rückte ein früherer Feierabend in erreichbare Nähe. Aber nein, heute nicht mit mir! Der faule Sash, der nach sechseinhalb Stunden schon heim fährt, das war der Idiot, bei dem in den letzten Monaten immer das Geld knapp war, das haben wir hinter uns, ja ja!!!
„Nach Marzahn bitte.“
Ey, Schicksal, Du Flitzpiepe!
Genau die Richtung zum Abstellen des Autos, ziemlich sicher genau den Grenzwertbetrag, damn it!
Ich weiß, dass 90% der Leute sich fragen, warum ich mir in solchen Fällen die Entscheidung so schwer mache, aber das sind halt so die Kleinigkeiten. Eine Tour vor die Haustüre bedeutet einen guten Kilometerschnitt (und da bin ich diesen Monat so mies wie nie bisher!) und mit erreichtem Ziel ist das doch super. Zumal mir mit GNIT und anderem Geschreibsel ja durchaus was zu tun einfällt. Wobei: Mehr Geld, wenn man noch fit ist, ist ja immer gut. Nochmal andererseits allerdings haben mich solche Entscheidungen auch hier und da dazu geführt, dass ich unsicher und über vermeintlich lukrative Umwege in die City zurückgegurkt bin, nach einer halben Stunde doch an einer Halte gelandet bin, dort eine Dreiviertelstunde gewartet habe, um am Ende dann in 15 km Entfernung mit 7,70 € Umsatz von nervigen Fahrgästen – und damit vielleicht 3,50€ netto als einzigem Plus – beschlossen hab, heimzufahren. Das will man dann auch nicht als den Grund nennen, um noch fast zwei Stunden länger unterwegs gewesen zu sein.
Aber gut: Gestern Abend, heute Nacht, jetzt eben quasi!
Die Fahrt nach Marzahn war ok und die Zieladresse der beiden Fahrgäste lag ungelogen keine 500 Meter von meiner Türe entfernt. Also doch Feierabend. Auf den letzten Metern merkte ich dann, dass ich mein Umsatzziel eher noch nicht erreichen würde. Ging natürlich nur um ein paar Cent, aber ich war ja eigentlich motiviert und, ach Fuck, ich wusste eigentlich wirklich nicht, was ich machen sollte. Die Erlösung kam dann nach dem Stopp der Uhr von Fahrgast Nummer zwei:
„Nee, nee, wir fahren ja noch weiter!“
Ja, ich hab dann doch kurz darauf Feierabend gemacht. Aber wenigstens hat das mit dem Umsatz dann auch offiziell meinen Zielkriterien entsprochen. 🙂
Heute Abend sollte das dann alles nochmal besser werden. Mein Mindestumsatz liegt auch entsprechend höher, der faule Sash hat also echt keine Chance! Eigentlich hoffe ich natürlich, dass ich quasi durchgehend besetzt bin und zu nix komme, aber ich freue mich auch ganz ehrlich, falls ein paar von Euch bei Twitter oder meinem Tracker reinschauen, und mir so ein klammheimliches Davonstehlen unmöglich macht. Und hey: Bei mehr Fahrten springt statistisch eben auch mehr für den Blog raus, Ihr würdet das also auch für Euch selbst tun! 😀
Den inneren (bei mir extrem faulen) Schweinehund zu besiegen, ist manchmal anstrengender als die ganze Fahrerei. Den Kampf habe ich schon oft verloren. 😉 Aber wenn ich dann durchgehalten habe und dafür auch noch mit guten Fahrten belohnt worden bin habe ich wieder genug Motivation für die nächsten Faulheitsattacken. Wenn nicht, dann schimpfe ich selber mit mit ‚Hättest du doch mal besser Feierabend gemacht ‚ . Mal so mal so. Du siehst, du bist mit solchen ‚ Problemen ‚ nicht alleine.
OK, was sind deine Umsatzziele für die restlichen Tage? 🙂
tl;dr: Sash braucht Motivationshilfe für heute abend. Wie wär’s mit Leser-Flashmob am Ostbahnhof, gerne auch mit Clownsmaske?
Was Euch in Berlin fehlt und was wir hier in Bayern haben, das sind die katholischen Feiertage. Nee, ernsthaft. Die haben sich was dabei gedacht, dass so viele von denen auf einen Donnerstag fallen. Da nimmt sich jeder den Freitag als „Brückentag“, und weil das oft „stille Tage“ sind, ist bis Mitternacht Tanzverbot und ab null Uhr rockt die Luzy. „Hell’s Bells“ kann man auch schon vorher auflegen, Glocken sind ja erlaubt. Ich hab’s _einmal_ geschafft, dass der erste Gitarrenriff von dem Song um Schlag null Uhr kam. Ich sag‘ dir, ich konnte mich vor Trinkgeld und Freibier kaum mehr retten.
DJ ist übrigens auch ein interessanter Job. Falls du mal eine Auszeit vom Taxifahren brauchst. Eine schwäbische Punk-Disko, das hat Berlin noch nicht.
Ach Mist, ich wollte doch mein Geschäftskonzept nicht verraten …
btw, zum Thema „Ziele“:
Ja mach nur einen Plan.
Sei nur ein großes Licht.
Dann mach noch einen zweiten Plan.
Gehn tun sie beide nicht.
(Bert Brecht, „Das Lied von der Unzulänglichkeit menschlichen Strebens“)
der mensch denkt,
gott lenkt.
servus,
werner aus der hochsteiermark