Die schnellen Stunden am Ostbahnhof

Ich hab mich an den Bahnhof gestellt. Letzte Rücke, eine lange Taxischlange also. Eine Zigarette, einmal den Radiosender wechseln, und schon bekam ich mit, dass eine Kundin beim Fahrer zwei Autos vor mir an der Rücke ihren Koffer wieder auslud und nach hinten lief. Neben mir stoppte sie unsicher und ich fragte sie, was denn das Problem mit dem Kollegen gewesen sei, der nun eben gen zweiter Nachrücke vorzog.

Ja, der wollte sie nicht mitnehmen, weil sie nur zur Pücklerstraße müsste.

Diese Arschlöcher, orrr!

Die Kundin nahm’s eher gelassen:

„Naja, er sagte, er warte schon seit über einer Stunde, da verstehe ich das ja …“

Vorweg mal ganz im Ernst: Kurze Touren ablehnen ist einfach scheiße! Und wenn man das nur mit Lügen rechtfertigen kann, dann ist man so ein erbärmlicher Wichser, dass mir dafür viele Beschimpfungen einfallen, wobei ich aber bei keiner das Wort „Taxifahrer“ mit verunglimpfen würde.

Etwas ironisch würde ich aber anmerken:

Respekt, Kollege! Dein Optimismus ist vollkommen deckungsgleich mit deiner Arschlochhaftigkeit: Unübertreffbar! Wenn Du auf Position 14 ungefähr schon über eine Stunde gestanden hast (wo 30 Minuten vorher auch nur die Plätze 1 bis 15 belegt waren, ich war vor Ort), dann hast Du dich in über 60 Minuten höchstens einen Platz in der Schlange bewegt und hast dennoch erwartet, in absehbarer Zeit eine Tour zu bekommen, die dich für diese Wartezeit mehr entschädigt als diese 8€-Tour. Sicher, so eine 120€-Fahrt kann man durchaus als schichtrettend bezeichnen, nur würde ich keine 14 Stunden darauf warten, weil meine Schicht da schon lange vorüber ist. War sie auch an diesem Abend, und das sogar mit mehr als 120 €, trotz der einen kurzen Fahrt. Aber gut, unsere Stunden scheinen ja ohnehin in verschiedenen Universen zu vergehen, selbst am Ostbahnhof.

😉

9 Kommentare bis “Die schnellen Stunden am Ostbahnhof”

  1. Bei der vergehenden Zeit kommt es laut Albert Einstein immer auf das Bezugssystem an. Zwei unterschiedliche Taxen, zwei unterschiedliche Bezugssysteme, gleich zwei unterschiedlich vergehende Zeiten ?

  2. Wolgakutscher aus Halle sagt:

    Wenn ich dort gewesen wäre, dann hätte der Fahrer Geburtstag, dann hätte der Fahrer ABER RICHTIG GEBURTSTAG!

  3. Taxi123 sagt:

    Ich sehe das inzwischen locker und freue mich über die Kundschaft die ich dadurch bekomme. Okay, die Kundschaft muß ein oder zwei Taxen nach hinten laufen, aber dann bekommt sie einen relativ netten ( Vorsicht Eigenlob) Fahrer und kommt schnell ans Ziel. 😉

  4. mathematikos sagt:

    hello….
    …als ich in den mittleren 80er jahren in graz studierte, bin ich halt wie so viele andere studiosi auch taxi gefahren; kam da eine ältere dame auf mich zu, ich war etwa 4ter oder 5ter in der warteschlange. ob ich sie in die neugasse bringen wolle, sie wisse ja das sei nur eine strecke von etwa 400 m, aber sie habe starke gehprobleme.
    und aus diesem grund hatten die dumpfbacken vor mir es vorgezogen, sie nicht als fahrgast zu wollen.
    mir war es eher recht, sollte mich genau diese fahrt doch in die nähe meines ablöseplatzes bringen.
    am ende der fahrt erbat die dame, eine emeritierte universitätsprofessorin, meinen namen.
    und es sollte nicht die letzte fahrt gewesen sein.
    etwa zwei jahre lang hat die dame mich alle vierzehn tage für einen ganzen tag gebucht für jeweils 300 km in etwa 12 stunden: gräber und verwandte besuchen, einkaufen, spazierengehn, essen und kaffeehaus etc.
    als dies auch just jenen dumpfbacken zu ohren kam, die ursprünglich keine lust gehabt hatten auf eine kürzeststrecke,
    brach neidgeheul aus und mißgünstiges gerede; es ging bis zum vorwurf der erbschleicherei…….
    es war eine feine zeit mit frau professor; sie kannte den betreuer meiner diplomarbeiten von ferne, wurde meine mentorin
    in studien- und lebensfragen; nach ihrem ableben wurde ich erbe ihres pianinos, eines vierfachen marientheresientalers und und ihrer gartenhütte am thaler see.
    moral von der geschicht:
    man unterschätze kürzeststrecken nicht.
    niemals.
    servus,
    werner aus der hochsteiermark

  5. Kraven sagt:

    Wäre so etwas nicht eine Gelegenheit, Kunden über Ihre Rechte aufzuklären (Beförderungspflicht) und auch über die Möglichkeit über die Konzessionsnummer schwarze Schafe zu melden? Aufgeklärte Kunden können ja auf Dauer nur den serviceorientierten Taxifahrern zu Gute kommen.

  6. Aro sagt:

    Der Kerl hat sich sein Karma aber erstmal sowas von versaut!

  7. Börni sagt:

    Ihn auf seine Beförderungspflicht hinweisen, ins Auto setzen und warten, dass es losgeht.

    Wenn er nicht will, dann mit Anzeige drohen. Wenn es dann immer noch nicht losgeht, aussteigen und wirklich anzeigen.

    Wenn er losfährt, am Ende nicht ein Cent Trinkgeld und nochmal deutlich machen, was man von so einem Verhalten hält.

  8. Arno.nyhm sagt:

    Ich hatte gestern auch eine komische Tour. Da ich etwas spät dran war und kein bargeld hatte bin ich zum taxistand bei mir. Wollte nur geschätze 2km (mit ubahn 2 stationen) und mit kreditkarte zahlen. Da fingen die werten herren der gesprächsgruppe an zu maulen: es wären ja nur 2 stationen mit der bahn und nur ca 9€ – und das bisschen mit Karte zahlen.

    Ich war dann etwas ungeduldig (da ich hätte sonst die ubahn nehmen müssen und länger gebraucht) und hab nur hektisch gefragt: ja oder nein?

    Der erste ist dann doch gefahren. Als ich im Taxi saß war ich dann auch wieder was ruhiger 😉

    Strecke war 8,40 mit trinkgeld 10,00 – bezahlt mit M.T..i (ja steinigt mich – aber das ging in dem moment irgendwie gefühlt am schnellsten).

  9. Sash sagt:

    @Blick Ableiter:
    Wenn mich nicht alles täuscht, hat Einstein dabei aber keine Bezugssysteme gemeint, die sich zu Fuß in 10 Sekunden wechseln lassen. 😉

    @Wolgakutscher aus Halle:
    Kann ich nachvollziehen.

    @Taxi123:
    So halte ich es ja auch und meist passt das irgendwie. Aber wenn ich dann auf der anderen Seite sehe, für wie schwierig die Menschen da draußen das Taxifahren halten, weil man an diesen Ständen ja nie weiß, was man welchem Fahrer irgendwie anbieten kann …
    Es liegt in der Natur der Sache, dass es dazu keine belastbaren Zahlen gibt, aber der Scheiß kostet uns alle einen Haufen Geld durch gar nicht erst angetretene Fahrten.

    @mathematikos:
    OK, das ist die vermutlich vollständig ausgeschöpfte Glückskette, die sich an so einen Vorfall anschließen kann. 😀
    Mir reicht im Grunde das Wissen, dass ich eventuell nach der Tour ein paar bessere kriege, die ich ohne diese Tour nicht bekommen hätte, einfach wegen des geänderten Weges.

    @Kraven:
    Natürlich. Das mit der Aufklärung halte ich immer so, bei den Konzessionsnummern ist es meist so, dass die Kollegen schon weg sind, während ich mit der Kundschaft beschäftigt bin. Und so gerne ich einigen „Kollegen“ da ans Bein pissen würde: Ich engagiere mich da auch nicht als Blockwart und schiele schonmal vorher auf die Nummer oder so. Meist lässt sich ja selbst bei Streitereien mit Kunden auch irgendein Missverständnis ausmachen.

    @Börni:
    Sicher. Das Dumme ist nur: Das hört sich alles so leicht an, ist aber in einer Situation, in der man eh die Schnauze von allem voll hat, genau das, worauf man keine Lust hat. Zumal ja gerade diese Spezialkollegen auch selten zu der leisen Sorte gehören.

    @Arno.Nyhm:
    Das Traurige ist halt, dass an dieser Fahrt ja nicht einmal irgendwas besonders ist. Das ist unser Job auf so ziemlich das minimalste konzentriert, was dazugehört.

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