Wer hat sie noch nicht bekommen, eine der legendären Spam-Mails, in denen ein superreicher, meist wohl nigerianischer Typ einem unkompliziert ein paar Millionen zukommen lassen will, weil er Probleme mit der Bank hätte. Man müsse nur ein paar tausend Euro in die Gegenrichtung senden – und zack: Geldsegen!
Ist natürlich Bullshit und bei Wikipedia findet sich die „Nigeria-Connection“ unter dem mir bislang unbekannten aber nachvollziehbaren Artikel „Vorschussbetrug„.
Und nun hatte ich im Auto einen von ihnen. Also nein, vermutlich nicht einen jener Kriminellen, aber einen der Superreichen, denen zu begegnen wohl viele irgendwann erhoffen, weil sie sich was davon versprechen. Der Fahrgast kam prallgekifft wie sonstnochwas aus dem Yaam und erzählte mir die Story vom Pferd, dass er froh sei, hier in Berlin nicht erkannt zu werden, mal Geschäftsmann war, sich von seinem Vater aber längst seinen 20-Milliarden-Dollar-Anteil (!) hat auszuahlen lassen.
Logo, einer der ungefähr 50 reichsten Männer der Welt sitzt bekifft in meinem Opel-Taxi, weil es da warm ist …
Bezahlt wurde ich immerhin, das unterscheidet mich wohl von den hoffnungsvollen Überweisern an die Mailspammer. Andererseits betrug das Trinkgeld 0,00 €. Unter den Umständen ist es mir als Taxifahrer dann sowieso egal, wie reich der Fahrgast ist …
Mich hat mal – noch gar nicht SO lange her – auf der Autobahn in Tschechien Richtung Österreich ziemlich dicht hinter der deutschen Grenze ein dicker Benz verfolgt mit Lichthupe und so. Also vorsichtig angehalten – man weiß ja nie, was mit den eigenen Auto los ist – und ein netter Bürger mit reichlich goldigen Ketten und Ringen, scheinbarem Migrationshintergrund und geschätzten 60 Jahren stiegt aus dem Berlin-beschilderten Zuhältermobil, während seine ca. gleich alte Reisebegleiterin im fraglichen Reiseschlitten wartete, und erzählte mir dann durch mein leicht geöffnetes Seitenfenster, dass er:
a) auf Pilgerreise nach Mekka sei,
b) an der Tanke überfallen wurde,
c) sein gesamtes Geld und alle Papiere und Kreditkarten gestohlen wurden,
e) sein Benzin für nur noch 50km reiche,
f) er ein superreicher Geschäftsmann sei, der nichts weiter als
g) zurück nach Berlin wolle und mir deswegen
h) 50€ von mir „borgen“ möchte, die er mir zurücküberweist (!) sowie er wieder in Berlin sei – oder alternativ
i) seine 3 dicken und vollgoldigen Siegelringe mir für 300€ überlassen will sowie mir
j) wenn ich nach Berlin komme selbige Ringe für mehrere tausend Euro zurückkaufen möchte aus reiner Dankbarkeit für die Rettung seiner Pilgerreise (und nicht etwa für die Rettung des Lebens seiner Reisebegleitung).
Die Reisebegleiterin wurde ob des Zeitaufwands (im Rückspiegel zu sehen) langsam ungehalten; und er konnte gar nicht verstehen, warum ich nicht sofort die €-Zeichen in den Augen hatte…
…und hatte irgendwie auch gar nicht im Blick, dass sein „direkter Weg nach Berlin zurück“ von der tschechischen Grenze nach Süden führte. Naja, knapp 40.000km später ist man ja wieder in Berlin. Bloß wird er am Südpol nur die Pinguine um Benzingeld für seinen Nobelhobel prellen können, und Tankstellen gibt es da derzeit wohl auch nur begrenzt… Vielleicht hat er ja für die Reise einen Zusatztank installieren lassen?
Letzthin: Der Anschiss lauer überall (und nicht nur in der E-Bucht), und jeden Tag steht mindestens einer auf, der darauf reinfällt. Und ich hätte dem Typen vielleicht sogar 5€ gegeben aus reinem Mitleid, hätte er dann nicht die Nummer mit den verkupferten Blechringen durchzuziehen versucht…
Wahrscheinlich hat’s sogar gestimmt mit den 20 Mrd., denn bekanntlich geben die, die es am dicksten haben, das geringste Trinkgeld…
Mir würde es als Taxifahrer in so einem Fall zu schwer fallen, den Kunden nach dem Bezahlen nicht anzuhauen nach dem Motto „Erzählst hier was von 20Mrd und dann biste zu geizig für’n Euro Trinkgeld? Schäm Dich was!“ – deshalb wäre ich ein schlechter Taxifahrer.
An Ostersonntag, gegen Mitternacht, Geschäft lau, wartete ich an einem Taxistand auf Kundschaft. Es kam ein Mercedes Cabrio, neu und teuer, an und der Fahrer fragte mich ob ich Zeit hätte die Dame neben ihm in einem hochpreisigen Vorort zu fahren. Ich bejahte und freute mich innerlich auf die anstehende 70€ Fahrt. Der Benz Fahrer bat mich ihm zu folgen um bei ihm Zuhause um die Ecke die Gepäckstücke aufzuteilen.
Gesagt – getan. An der Villa des ca 70. jährigen Herrn wurde dann umgeladen und ich war unfreiwillig Zeuge des Monologes der ca 30 jährigen Beifahrerin.
Hach, die Tage in Monte Carlo waren wunderschön, all die schönen Dinge die du mir gekauft hast, ich freue mich so dich kennengelernt zu haben und noch mehr auf unser baldiges Wiedersehen. Und dass du mich heimfahren möchtest ist nett, aber du bist nun schon 1000 Kilometer ununterbrochen gefahren, ich möchte nicht dass dir was passiert, deshalb nehme ich jetzt das Taxi. Bla bla bla, der Schleim floß in Strömen.
Nach 10 Minuten war das Gepäck verstaut und die Fahrt konnte losgehen. Er steckte ihr noch 100€ fürs Taxi zu, die sie sofort annahm um dann zu meinen dass das nicht nötig wäre. Es folgte noch eine schlecht geschauspielerte Abschiedsszene von ihr. Ich war startklar und fragte wo wir denn an den Starnberger See genau hinmüssten? Sie fing zu stottern an und meinte sie müsste in eine Straße die maximal 12€ weit entfernt liegt, und dann schleimte sie mich zu und ließ mich nur 1x etwas sagen nämlich: sie können dich einen Hunderter wechseln?!
Nun, ein Schelm der böses denkt 🙂
Was ich mich frage ist: wie geht’s bei den beiden weiter!
@gedankenknick
Leider im Freundeskreis passiert: Auf der Autobahnauffahrt steht ein Auto mit Warnblinklicht, daneben ein Kerl, wild fuchtelnd. Ihm sei das Benzin ausgegangen, ob man ihm nicht wenigstens 20 Euro leihen könnte, man bekäme ja auch seine deutlich teurere Armbahnuhr als Pfand. Das Geld würde er dann zurücküberweisen…. oder so ähnlich. Leider wurde das Geld „verliehen“ und der auf der Uhr genannte Produzent findet sich bei Google in den hintersten Ecken… irgendwas asiatisches, die Batterie ist vermutlich der halbe Warenwert. Natürlich das Geld nie wieder gesehen.
http://www.n-tv.de/panorama/Kokainkurier-goennt-sich-Taxi-Langstrecke-article14987091.html
Ob der Taxifahrer wohl seine 450€ bekommen hat?
@gedankenknick:
Ich hatte neulich einen Winker, der mich gefragt hat, ob ich sein iPhone kaufen will. Ich hab ehrlich gesagt nur lachen müssen …
@Uwe A.:
Auch eine plausible Theorie … 😉
@Wahlberliner:
Naja, ich denke, bei so krassen Übertreibungen kann man das schon bringen. Aber in dem Fall hatte er eher mein Mitleid, als ich gesehen hab, dass er zwei zerknüllte Fünfer zum Bezahlen aus der Hosentasche gezogen hat. Und ich kannte schon mit 16 Leute, die ihre Geldscheine gebügelt haben …
@Sternennacht:
Autsch, das ist ja auch auf ganz eigene Art traurig. 🙁
@ELP:
Hab noch keine Zeit gehabt, es anzusehen. Vermute der Überschrift wegen aber „Leider nicht.“
@Nigerianischer Prinz:
Sehr informativ. 😉
Herrje, solche (ernsterweise) bemitleidenswerten Leute. In einem Club in Köln gastiert wohl auch öfter als einmal die Woche ein sonst eher unaufällig auftretender Kerl, der nach dem fünften Bier wahllos alle Menschen anquatscht und ihnen erzählt, er sei der Sohn des Besitzers dieses und auch der Hälfte aller anderen Clubs auf der Meile. Und dass es ja schon verdammt schwierig und unangenehm wäre, reich zu sein -und all derlei auf eine ziemlich penetrante Art und Weise.
Die in einer Zigarettenpause dazu befragten Türsteher meinten auch schon, der Typ sei ihnen bekannt, aber harmlos. Nun denn. Ich hatte gefühlt 2 Schnitzel an jeder Backe, obwohl ich ihm mit keiner Geste bedeutet habe, dass ich ihm glaube oder es mich interessiert.
Das ist alles nicht schlimm, wirklich nicht, nur kurios – und eben irgendwie bemitleidenswert, weil man sich dann doch fragt, was die Leute dazu antreibt, sich ein derartiges Lügenkonstrukt aufzubauen, und das wahrscheinlich so regelmäßig und so überzeugt zu präsentieren, dass man es schlussendlich selbst glaubt.
Da gibt’s doch bestimmt Menschen mit Ahnung von Psychologie, die ein solches Phänomen erklären können oder gar schon haben. Jemand? 🙂