Und noch eine Tour …

Die Vermutung, man bekomme als netter Taxifahrer auch mal ein paar Touren mehr, ist strittig. Leider. Zu zufallsbasiert ist das Gewerbe, zu egal ist es manchen Kunden, wenn es mal eilt.

Aber nun, auf Position vier, standen sie vor mir: zwei junge Damen, aus Polen, wie ich noch erfahren sollte, und freuten sich:

„Wow, sehr schön, dass Du noch hier! Wir fahren mit Dir!“

Ihre S-Bahn war wohl ewig nicht gekommen, jetzt also doch das Taxi. Obwohl es 15 Minuten vorher noch zu teuer war. Wie hab ich mir diese Sonderstellung, mal eben eine sehr nette Tour bevorzugt zu bekommen, verdient?

Eine Viertelstunde zuvor:

„Wir wollte fragen, was kosten bis Fiensehnvagochstrase? Nöscheniuha … Schienöheuha … äh …“

„Vincent-van-Gogh-Straße, Neuhohenschönhausen, ja?“

„Ja genau. Kollege sagt 30 €.“

„Na, so viel wird es nicht. Aber 20 bis 25 € werden es auf jeden Fall sein.“

„Sooo viel? Aber wir bezahle von Reinickendorf nur 25!“

„Das kann sein. Aber auch wenn wir deutlich östlich von Reinickendorf sind, sind wir hier doch auch deutlich weiter im Süden. Und deswegen ist es nicht arg viel näher dran, sorry.“

Nennt mich schleimig, aber ich finde das eine absolute 08/15-Aussage, eine einfache Erklärung des Preises, den ich für meine Arbeit verlange. Wir haben uns nach diesem kurzen Gespräch kurz nett verabschiedet, obwohl da klar war, dass sie Bahn fahren würden. Auch da würde ich sagen, sehen große verbale Heldentaten anders aus. Aber ja: Deswegen sind sie dann bei mir eingestiegen:

„Warst Du einzige, der hat korrekt gesprochen mit uns. Andere nur so: ’30 Euro!‘. Und nicht mal angeguckt!“

Tja, damit waren die 23 € dann mein. Und eine nette Fahrt war’s obendrein.

Unter den Bkloppten ist der Gehirnamputierte Professor. 🙂

Pech gehabt …

Da stehste an einer Ampel und 50 Meter vor dir winkt’s …

Yeah! \o/

Und dann kommt ein Kumpel des Besoffenen an und zerrt ihn von der Straße. Ich hoffe jetzt einfach mal, der kannte ihn besser als ich und es gab einen Grund dafür. 😉

„Und gerade die – ich sag jetzt mal …“

Ich hab sie schon ein paar Meter weiter weg heranhumpeln sehen. Sie hat allerdings kein Zeichen gegeben, obwohl ich darauf gewartet hab. Auch wenn ich vorsichtigt damit bin, die erste Position am Stand zu verlassen – nachher will jemand doch wieder nur wissen, wie er zu Fuß zum Berghain kommt! – bin ich da echt nicht so, wenn Leute es schwer haben mit dem Laufen. Als sie auf 50 Meter Entfernung meine Bereitschaft dann auch erkennen konnte und ein „Ja“ signalisiert hat, bin ich gleich vorgefahren.

„Ach, junger Mann, das ist ja mal nett!“

„Ist doch selbstverständlich.“

Beim Einsteigen brauchte sie nicht wirklich viel Hilfe, ich sollte nur ihre Tasche halten und entschuldigen, dass es etwas dauert. Mit andern Worten: Business as usual, wirklich kein Grund, schlechte Laune zu kriegen.

Während der Fahrt war ihre relativ frisch (aufgrund einer Operation) erworbene Behinderung weiterhin Thema. Das Leben ist scheiße, sowas passiert halt. Aber sie warf gleich ein:

„Aber ich will mich nicht beschweren. Da sind SOO viele nette Leute bei mir in der Gegend – und alle helfen sie mir!“

„Das ist schön, das freut mich für Sie!“

„Ja, und jetzt Sie ja auch …“

„Ist wirklich kein Ding. Als ob mich Freundlichkeit was kostet …“

„Naja, aber trotzdem. Und bei mir zuhause. Sie glauben’s nicht, wie oft mir da geholfen wird. Hier mal die Tasche tragen, da mal die Hand reichen … unglaublich!“

„Wie gesagt: Sehr schön! Freut mich für Sie!“

„Und glauben Sie’s oder glauben Sie’s nicht: Auch gerade die – ich sag jetzt mal – jungen Ausländer, die sind ja sowas von nett …“

Ich mag Rassisten und Xenophobe nicht. Aber ich mag es, wenn ihre Vorurteile bröckeln. 🙂

Diverse Studien zeigen: Die Ausländerfeindlichkeit ist dort am höchsten, wo die wenigsten Fremden wohnen. Begegnungen helfen ungemein. Ich selbst bin jetzt nur wenig überrascht, dass sich Leute, die einer alten Frau mit Krücken die Treppe hochhelfen, nicht vorher nochmal versichern, ob sie nicht eigentlich böse Ausländer sind und das nicht tun sollten. Aber wie man sieht: Hier und da scheint etwas Menschlichkeit ja dann doch an Weltbildern zu rütteln.

Sicher: Genau wie die Verbrechen in Köln an Silvester nicht heißen, dass alle Fremden kriminell sind, bedeutet auch die Erfahrung meiner Kundin nicht, dass alle Menschen aus anderen Ländern liebe Schnuckelhasen sind. Die Arschlocheritis hat sich seit jeher nicht an Grenzkontrollen aufspüren und ausweisen lassen, nein, die verbreitet sich gerne via Facebook und fordert utopisch dichte Grenzen.

Wir haben seit letztem Jahr ein Problem in diesem Land, das anwächst. Politik und Polizei kriegen es nur teilweise unter Kontrolle und die Zustände sind, kurz gesagt, unhaltbar: Immer mehr Menschen, die sich einen Scheißdreck um die wenigstens hierzulande geltenden Menschenrechte, unsere Gesetze und Normen scheren, finden Platz inmitten der Gesellschaft – und fühlen sich auch noch willkommen geheißen. Nazis. Das kann nicht sein!

Deswegen möchte auch ich als „Nur“-Taxiblogger unmissverständlich klarmachen, dass ich mich deutlich dagegen ausspreche, dass rechte Hetze und Nazi-Gewalttaten einen Platz im Netz und in der Gesellschaft bekommen! Ob man die Täter jetzt gleich „abschieben“ muss, oder ob ihnen nur „die ganze Härte des Rechtsstaates“ entgegengebracht werden sollte … da darf man meinetwegen drüber streiten.

PS: Nazispam wird kommentarlos gelöscht. Auch wenn’s ein Weilchen dauern kann: Gar nicht erst antworten!

Wie Fußball-Schauen

Es war etwa Mitternacht.

„Und, Sie sind auf dem Weg nach Hause?“

„Na, aber sicher doch!“

„Ich frag ja nur. Viele fangen auch jetzt erst an zu feiern.“

„Oh, das ist wahr! Kenne ich ja. Aber jetzt – ich lebe seit 10 Jahren hier – hab ich mich etwas beruhigt …“

„Man kann eh nicht alles mitnehmen in der Stadt hier …“

„Ja, stimmt. Für mich aber ist inzwischen das Tröstliche: Wenn ich schlafe, feiert jemand anders für mich. Und das ist ok! Ist wie Fußball-Schauen: Während ich gemütlich auf der Couch liege, werden die Jungs Weltmeister! Und das finde ich gut. Es ist ja nicht so, dass ich unbedingt die Party schmeißen muss. Das machen jetzt halt andere. Das ist ok. So lange es Parties gibt …“

Ich muss ehrlich sein: So abstrakt übers Feiern reden, wäre selbst mir nicht eingefallen. Und ich bin schon der Typ, der nüchtern durch die Stadt kurvt, während alle anderen voll drauf sind …

Goldige Bloggerfans 2015

Gestern Abend sind hier in Berlin die „Goldenen Blogger“ verliehen worden. Und ohne dass ich das von alleine mitbekommen hätte, wurde GNIT von irgendwem vorgeschlagen und landete letzten Endes unter den besten vier „Tagebuch-Blogs“. Warum auch immer da, und nicht in der Berlin-Kategorie … aber wie gesagt: So genau hab ich’s mir nicht angeschaut.

(Hier eine Liste aller Nominierten aller Kategorien mit Links)

Während mir das „Hurra-Blog“ nichts sagte, hab ich mir gegen „Kaiserinnenreich“ oder Maximilian Buddenbohms Familienblog „Herzdamengeschichten“ nicht wirklich eine Chance ausgerechnet. Hier gar nicht erst erwähnt hatte ich es indes, weil in dieser Kategorie kein Online-, sondern ein Jury-Voting vorgesehen war.

Ich selbst hab im Laufe des Abends aber trotzdem mal in den Livestream reingeschaltet, denn auch nach all den Jahren und den großen Presseberichten ist es natürlich bei jeder Preisverleihung toll, wenn mal eben die eigene Page auf der Bühne gezeigt und ein paar nette Worte verloren werden. Tut gut, ganz unabhängig vom Preis.

Was dann aber wirklich großartig war, war der kleine, aber doch immerhin die Moderatoren aus dem Takt bringende Applaus, der aufkam, als GNIT erwähnt wurde. Es wurde eiligst von der Bühne gefragt, ob ich etwa anwesend sei – um nur kurz danach mit einem „Ach, Fans …“ fortzufahren.

„Ach, Fans …“ 😀

Manchmal sind die kleinsten Momente die größten.

Wer immer Ihr wart, gestern abend im Basecamp: Danke, Ihr habt mir echt den Abend versüßt!

PS: Wie erwartet habe nicht ich den nackten Engel abgestaubt, der Sieg geht verdientermaßen an kaiserinnenreich.de. Glückwunsch von meiner Seite aus!

Wegbeschreibungen von Kunden …

Mir ist schon klar, dass ich als Taxifahrer manchmal mehr weiß als die Kunden – oder, noch wahrscheinlicher, mich eher an anderen Dingen im Verkehr orientiere. Aber manche treiben’s auf die Spitze …

Ein mehr als nur reichlich verstrahlter Kandidat hat mich an der Straße der Pariser Kommune rangewunken. Es sollte zur Kopernikusstraße gehen. Er hätte aber nur einen Zehner. Bei mir lief’s auch alles andere als blendend, aber in Anbetracht der Umstände hab ich gesagt, dass ich’s auch gleich mit einer Kurzstrecke versuchen könnte. Also „versuchen“ – man schafft es kaum, da über 2 Kilometer zu kommen. Ich komme jetzt wohl nicht ohne Karte aus, also bitte:

Das kann man sich doch merken! Quelle: osrm.at

Das kann man sich doch merken! Quelle: osrm.at

Am grünen Punkt unten links hab ich ihn aufgegabelt. Die Kopernikusstraße findet sich unten rechts (siehe Beschriftungen). Sie wird relativ mittig durch die Warschauer unterbrochen. Also unterbrochen in dem Sinne, dass man von West nach Ost nicht drüber fahren darf. Also fragte ich mal eben nach, auf welche Seite er müsse.

„Die Kopernikus, Alter!“

„Ja, aber die ist unterbrochen. Isses noch vor der Warschauer?“

„Die Warschauer ist doch da, Mann!“

„Ich weiß, dass die da ist. Aber ich kann da nicht rüber.“

„Richtung Alex.“

„Also die westliche Seite?“ (Der Alex liegt links weit außerhalb des Bildes)

„Mann! Die Kopernikus beim Alex!“

„Das macht keinen Sinn. Das sind von hier unterschiedliche Richtungen.“

„OK. Also Frankfurter Allee kennste?“

„Sicher.“

„Also Frankfurter 31. Weißte Bescheid, ja?“

Kleiner Einwurf für die Kartenleser: Die Frankfurter Alle ist oben im Norden die große Hauptstraße, die die Karl-Marx-Allee östlich des Frankfurter Tores fortführt.

„Willst Du jetzt zur Frankfurter 31 oder zur Kopernikus?“

„Ja, lass mich Frankfurter raus und zeig mir, wo die Kopernikus ist!“

WTF?

„Ist das denn dann auf der Höhe der Frankfurter 31 oder wie? Dann wüsste ich ja, auf welcher Seite es ist.“

„Kannst mich auch einfach zum Frankfurter Tor bringen.“

Inzwischen war ich schon lange losgefahren und der Wahrscheinlichkeit wegen über die Wedekind bis zur Grünberger gegurkt. Zu dem Zeitpunkt hätte ich also statt rechts zur Kopernikus zu fahren links abbiegen sollen und ihm nach 300 Metern sagen, dass er 400 Meter zurücklaufen soll. Kann man natürlich machen, ist aber reichlich doof. Ich ging inzwischen zwar ohnehin davon aus, dass er sich irgendwo am Eck rausschmeißen lässt, aber just 3 Sekunden vor so einem mittelprächtigen Ende kam er auf eine neue Idee:

„Kennste da den Geldautomaten?“

„Also ich kenn einen. Der ist aber eher an der Warschauer. Volksbank. Und gegenüber ist ein Döner …“

„Döner? Döner! Alter, ja Mann!“

„Gut, dann hätte ich’s auch kürzer geschafft, aber das ist dann nur hier rechts runter. Und Kurzstrecke ist Kurzstrecke …“

Am (offenbar richtigen) Eck ist er dann völlig ausgeflippt und war grenzenlos begeistert, dass ich das „so einfach“ gefunden hätte. Er hatte dann aber eine tolle Idee, um „den ganzen Stress“ wieder wettzumachen:

„Alter, ich geb Dir alles, was ich noch hab! Alles, was ich noch hab!“

Was sich wenig überraschend als ein Zehner herausgestellt hat. 🙂

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

Immer dranbleiben!

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Noch ein Blog?

Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.

Zweite Schicht mit Rückwärtslicht

Wie gestern berichtet hat die 2925 gerade ein wenig Probleme, Vor- und Rückwärts zu unterscheiden. Wie in den Kommentaren schon von Euch vermutet, hat auch unser Hausschrauber Jürgen gleich geschlussfolgert, dass das wohl am Getriebe falsch verdrahtet wurde. Gut, vielleicht auch irgendein Wackler wegen extremer Kälte, aber: unwahrscheinlich. Eine schnelle Abhilfe könnte allenfalls das Rausdrehen der Birnen sein – womit das Licht dann zwar ganz ausfällt, aber eben nur sehr sehr selten. Man legt ja doch nur kleine Teile des Wegs rückwärts zurück.

Und dann steige ich ins Auto, starte den Motor und das Licht ist … aus. Yeah! \o/

Oder?

Nein. 7 Kilometer später war es wieder an. 🙁

In der Hoffnung, es springe vielleicht nochmal um, hab ich die Kiste also ein wenig testgefahren. Eine ernsthafte Reparatur wird eh erst am Montag, jenseits meines Dienstes fällig. Letzten Endes hab ich die Lichter abgeklebt. Das ging schneller als die Birnen zu deinstallieren (zumal sie ja am Ende eh wieder rein müssten). So weit, so gut. Darüber hinaus hab ich am heutigen regnerischen Tag allerdings entdeckt, dass es Dinge gibt, die für mich im Auto noch nerviger sein können als falsche Beleuchtung:

Ich hab die ganze Schicht über den Heckscheibenwischer nicht mehr ausschalten können. Das kann einen vielleicht kirre machen. Insbesondere, wenn man ihn sonst nur in Maßen einsetzt …

Aber gut: Nächste Woche ist das alles wieder heile.