Die letzten Winterschichten

Inzwischen wird es ja langsam sogar während meiner Schichten wieder hell, die Temperaturen gehen bis in den zweistelligen Bereich – der Winter verzieht sich. Das mit der Helligkeit dürfte meinetwegen gerne auch mal für ein Jahr anders sein, aber bei den Temperaturen wird es langsam mal wieder Zeit.

In einer der letzten kalten Nächte vor knapp über einer Woche hat’s mich aber dann fast noch erwischt.

Ich hatte einen Glückstreffer am Ostbahnhof gelandet: Eine Fahrt nach Großziethen. Bis nach außerhalb. OK, das „außerhalb“ ist etwas irreführend, tatsächlich ist die kleine Gemeinde trotz seltener Erwähnung hier im Blog die, die vom Bahnhof aus am nächsten zu erreichen ist. Nur will da halt normalerweise niemand hin. 😉

Ich wollte das jetzt auch nicht unbedingt, denn ich konnte das Auto danach in Marzahn abstellen – eine wesentlich weitere Leerfahrt als die Tour selber. Aber mit so viel Umsatz hatte ich nicht mehr gerechnet und war bereits etwas müde. So gesehen trotzdem ein schönes Schichtende. Die Kundin war zwar nicht gesprächig, aber unkompliziert. Trinkgeld gab’s auch und ich hab mich auf den Weg in den Feierabend gemacht. Ich hab mir aus einer Laune heraus den Weg über Adlershof, Köpenick und Biesdorf ausgeguckt, nicht einmal der allerkürzeste, aber ok. Und sich an Strecken gewöhnen, die man sonst eher nie fährt, gehört irgendwie auch zum Job.

In Altglienicke dann war alles optimal. Die Straßen leer, die Musik laut, die Sitzheizung angeschaltet … für einen Moment hab ich mir gewünscht, im Auto rauchen zu dürfen. Ich bin wie üblich nicht gerast, aber ja, hier und da mal 10 oder 15 km/h über erlaubt hab ich riskiert. Die Arbeit war gefühlt vorbei, und dass die Cops da unten noch stehen würden … wäre das erste Mal in bald 7 Jahren. Und so war ich wohl auch an der Brücke über den Teltowkanal nicht ganz auf 30. Was ich in dem Moment nicht erwartet hatte, war das wohl elementarste Fahrschulwissen: Gerade bei Brücken muss man aufpassen wegen Vereisung!

Der kleine Tippser auf die Bremse verpuffte wirkungslos, die Räder blockierten sofort. Kann man witzig finden, wenn direkt dahinter keine Kurve kommt – was bei der Brücke aber natürlich der Fall ist.

Ich hatte eine ähnliche Situation vor über 10 Jahren schonmal. Das war noch in Süddeutschland, besser gesagt in Fellbach direkt hinterm Kappelbergtunnel. Ich wollte die dortige Ausfahrt der B14 nehmen, war wie erlaubt auch mit ungefähr 100 km/h unterwegs und wollte auf dem Verzögerungsstreifen vorsichtig abbremsen, weil auch dort eine ziemlich scharfe Kurve folgte. Ich hatte meinen Führerschein damals noch nicht sehr lange und war gelinde gesagt ziemlich perplex, als ich das erste Mal auf die Bremse trat und das Auto nicht bremste. Und keiner will das mit über 90 auf dem Tacho und einer viel zu schnell näherkommenden Böschung erleben. Ich weiß nicht, was all die anderen Fahrer da draußen in solchen Situationen tun, in Panik. Ich hab dabei bisher glücklicherweise immer das richtige gemacht. In dem Fall hab ich den Fuß von der Bremse genommen und das Auto in höchster Konzentration in der vermutlich höchstmöglichen Geschwindigkeit um diese Kurve gebracht, die dann auch glücklicherweise nicht mehr vereist war.

Neulich in Altglienicke hatte ich diese Szene sofort vor Augen. Trotz (oder gerade wegen?) all des Adrenalins hab ich mich sofort an die Situation erinnert – obwohl das jetzt alles bei einem Drittel der Geschwindigkeit passierte und 600 km entfernt war. Und ich hab mich instinktiv dagegen entschieden, gleich zu handeln. Ich hab stattdessen die Bremse voll durchgetreten, das ABS arbeiten lassen und mich beim Lenken darauf konzentriert, ggf. gegenlenken zu müssen.

Dieses Mal wie damals hab ich nicht einmal meine Spur irgendwie verlassen, obwohl ich alleine auf der Straße war. So gesehen hat alles bestens geklappt. Der Schock hält heute auch nicht mehr so lange an, die brenzligen Situationen (meist dann doch von anderen verschuldet) sind einfach auch eine Art Routine geworden. Aber ich hab mich geärgert. Ich hab mich von einer Standardsituation erwischen lassen, am vermutlich letzten Tag mit Bodenfrost. Damn it! Diese Scheiße mit dem „IMMER achtsam sein“ stimmt halt doch.

Arg viel Zeit zum Durchschnaufen hatte ich allerdings nicht. Zum einen hatte ich ungelogen 500 Meter weiter noch einen Winker. Kurz danach sollte noch ein zweiter folgen, bis ich dann wirklich zu Hause war. Zum anderen hatte ich bereits am nächsten Tag die Gelegenheit, mich zu vergewissern, dass zumindest mit den Reflexen noch alles stimmt, denn da hat mich ein amokfahrender Sushi-Lieferant geschnitten und ausgebremst.

Der 2925 geht es immer noch gut, mir auch. Vorerst reicht es aber auch wieder mal für eine Weile an Adrenalinkicks; der Sommer kann kommen!

5 Kommentare bis “Die letzten Winterschichten”

  1. MsTaxi sagt:

    Dieses miese Gefühl kennt wohl jeder – zumindest jeder, der beruflich Auto fährt: Wenn diese verdammte Dreckskiste, die man unter dem Hintern hat, nicht mehr macht, was sie soll, sondern nur noch das, was sie will. Als unsere Firma vor einigen Jahren auf eine E-Klasse umstieg und ich bis dahin noch nie einen Hecktriebler gefahren war in meinem Leben, habe ich Scheffin gebeten, sie möge mir an einem Wochenende mal das Auto mitgeben, ich wolle ein Fahrsicherheitstraining machen. Ich wollte mich auf dem Auto für Eis und Schnee fitter machen.

    Hat sie gemacht. Ich will jetzt nicht sagen, dass mich das befähigt, allen überraschenden Situationen begegnen zu können, bei weitem nicht. Aber… es schärft das Gefahrenbewusstsein und bringt einen dazu, bei etwas kritischeren Verkehrslagen eher mal die „Zehn-auf-den-Tacho-drauf“ sein zu lassen oder aber etwas langsamer zu fahren als man dürfte.

    Spaß gemacht hat es außerdem, soooooo viel hat es nun auch nicht gekostet und es schafft ein gutes Feeling. Abgesehen davon, auch ein alter hund kann noch Tricks lernen, man sollte es nicht glauben.

  2. hrururur sagt:

    Ich hab in den einzigen wirklichen Winter des Jahrzehnts hinein meinen Führerschein gemacht. Das …übt.

    Meine Fahrschulzeit fing damit an, dass wir nach etwa vierhundert Metern von einem völlig lebensmüden Vierzigtonner nur deswegen nicht quer über die Hauptstraße geschoben wurden, weil mein Fahrlehrer uns ohne Hirnbeteiligung in den (zum Glück nicht vorhandenen) Gegenverkehr gelenkt hat. War ein Riesenbrimborium mit Polizei und allem. Hinterher haben mein Fahrlehrer und ich erstmal Bruderschaft getrunken. Der war völlig neben der Kappe, ich dachte, das gehört wohl quasi mit dazu und die Leute reagieren auf Fahrschulautos halt manchmal etwas aggressiv. Danach kam dann halt noch das Glatteis und sogar richtig in die Höhe gesrapelter Schnee (hier ja eher selten ). Ich dachte bei der Glätte damals, dass das halt immer so ist im Winter. Man ist ja unbedarft. Ich erinnere mich da besonders an eine Ampel an einem für hiesige Verhältnisse hohen Berg. Ich bin im ungelogen vierten Gang gerade so da weg gekommen mit kirschgrüner Ampel und einem Drill Instructor, wo sonst mein ruhiger, gechillter Fahrlehrer saß. Ich fahre diese Strecke mittlerweile fünf Mal die Woche als Arbeitsweg. Da war es nie wieder so glatt wie vor neun Jahren. Ich hab mir echt den richtigen Winter ausgesucht damals.

    Mein Horror heißt Aquaplaning! Zweimal erlebt, einmal komplett glimpflich, einmal war es so knapp am Unfall vorbei, dass ich Kratzer an der Ecke vorne hatte. Ganz ganz widerlich ist das

  3. Sash sagt:

    @MsTaxi:
    Ich bedauere es ja nach wie vor, nie ein Fahrsicherheitstraining gemacht zu haben. Ich hab immer nur positives gehört und hätte sicher auch entsprechend Spaß daran. Ich weiß auch, dass es eigentlich jeden Cent wert ist, aber diese paar Cent fehlten mir im entscheidenden Moment dann eben doch immer. 🙁

    @hrhrurur:
    Das kenne ich, wenn auch nicht fahrschulmäßig. Bei mir war es ein Urlaub, bei dem ich als Fast-noch-Führerscheinneuling ein paar hundert Kilometer auf Eis und Schnee zurückgelegt habe. Sowas prägt. Vermutlich mag ich deshalb kaltes Wetter und Schnee als Autofahrer eigentlich sehr gerne. Aber gegen die kleinen Unachtsamkeiten wie oben beschrieben reicht’s dann halt offenbar doch nicht immer …

  4. hrururur sagt:

    Ich gebe mir jeden Tag Mühe die kleinen Unachtsamkeiten zu bekämpfen. Muss ich auch, da ich im Groben nur drei verschiedene Strecken fahre. Das schleift sich sonst unglaublich schnell ein

  5. Sash sagt:

    @hrhrurur:
    Wie wahr, wie wahr …

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