Scheiße

„Ob de’s gloobst oda nich: Unsa Freund hat sich einjeschissen. Da sin‘ wa ausser S-Bahn jeflüchtet.“

„Äh, ok. Hatte er zuviel getrunken, oder wie?“

„Ach, der hatte letztes Jahr ’nen Herzinfarkt und sich jetzt nich‘ mehr so unter Kontrolle …“

Natürlich war ich ganz ehrlich auch froh, den Freund nicht mit im Auto zu haben, aber widerlicher als diese Art der „Freundschaft“ wäre mir Scheiße wohl auch nicht vorgekommen. Dass man die Situation besser nicht ohne die Betroffenen bewertet, hab ich dann gemerkt, als die beiden ihren Kumpel angerufen haben. Selbiger hat sich nämlich (sie hatten auf Lautsprecher gestellt, damit ich es auch hören kann) vor Lachen kaum halten können, weil er zwei junge Mädels mit seinem Geruch vertrieben hat.

Manchmal fällt einem wirklich nichts mehr ein zu den Fahrgästen. Oder deren Freunden. -.-

 

Dienst nach Vorschrift

Ich kränkel ein wenig vor mich hin, hab die gestrige Schicht nach nur 6 Stunden abgebrochen. Um nach einer kurzen Essenspause wie tot  zwei bis drei Stunden vor der eigentlichen Zeit ins Bett zu fallen. Naja, wenn’s hilft …

Entsprechend wenig engagiert war ich gestern auch auf der Straße. Bin gerne einfach an den Stand gefahren, hab nicht jede Ecke zweimal abgegrast, um nach Winkern zu suchen, etc. pp.
Aber im Gegensatz zu manchen Kollegen hat’s dann halt doch noch für Kundenservice und vorschriftsmäßigem Dienst gereicht.

„Moin, Matrix is‘ Dir zu kurz, oder?“

„Nö, Quatsch. Steigt ein.“

Irgendein Kollege „da vorne irgendwo“ war offenbar schon so hinüber, dass er sich nicht einmal mehr an die grundsätzlichen Regeln des Berufes erinnern konnte. Traurig, solche Schicksale. Ich hab die Jungs dann kurz am Tunneldurchgang an der Warschauer abgesetzt und für die 5,80 € einen glatten Zehner bekommen. Danach hab ich wirklich einen 5km-Haken geschlagen, um am Ende noch einen Winker nach Schöneberg (18 €) und auf dem Rückweg welche nach Lichtenberg (15 €) zu bekommen.

Für alle gesundheitlich angeschlagenen da draußen: Nur zur Arbeit gehen, wenn man noch weiß, welchen Job man macht, ok?

Beherrschung

Ich glaube, über mich sagen zu können, dass ich ein recht gutmütiger Autofahrer bin. Und nicht nur gutmütig, sondern auch genügsam. Die Straßenverhältnisse nachts in Berlin würden weit mehr hergeben, als ich aus ihnen rauszuholen vermag. Es gibt eine Menge Stellen in der Stadt, an denen man aus dem Bauch raus durchaus mal die Geschwindigkeitsbegrenzung um 30 oder mehr Stundenkilometer brechen könnte. Natürlich könnte man am Sonntagmorgen um 4 Uhr am Potsdamer Platz 60 statt 30 fahren, oder auf der Heerstraße stadtauswärts 90 statt 50. Ich will damit nicht sagen, dass das ungefährlich wäre – aber ich würd’s mir prinzipiell zutrauen, wenn der Verlust des Führerscheins nicht so gefährlich für einen hauptberuflichen Fahrer wäre.

Ebenso psychologisch hilfreich sind zum einen die Fahrgäste, die man ja nicht erschrecken will – und nicht zuletzt auch mein Auto, das einfach eine gewisse Zeit braucht, bis man es mal über die meist geltenden 50 km/h auf den Hauptstraßen gebracht hat. Und das ist kein Witz. Mit der 2223 bin ich hier und da schneller unterwegs gewesen, einfach weil es ging. Das ist natürlich eine Gewöhnungssache, nach einer Woche lege ich sowas locker wieder ab.

Trotzdem muss ich – gerade weil ich weiß, wie sehr es im rechten Fuß jucken kann – meinen Respekt gegenüber dem Fahrer des Ferrari 458 bekunden, der heute Nacht in Schöneberg und Mitte eine Weile in meiner Nähe unterwegs war. Der hat die Geschwindigkeitsbegrenzung konsequenter eingehalten als ich, obwohl das bei ungefähr sechsfacher Motorleistung im Vergleich zu meinem Opel sicher eher ein Rumtippeln im ersten Gang war.

Und obwohl ich’s im Grunde unvernünftig finde, würde ich ja durchaus gerne mal einen derart konsequenten Sportwagen fahren. Aber bei meiner Gewöhnung an familientaugliche Minivans wäre der beste Ort dafür vermutlich nicht der öffentliche Straßenverkehr, das sehe ich ein. Und da es mir überdies sowohl am entsprechenden Kleingeld als auch an der für solche Autos notwendigen Faltbarkeit mangelt, verwerfe ich den Gedanken jetzt eh gleich wieder. 😉

Flottenstützpunkte bei Nacht

In den nächsten paar Monaten werde ich (mit Ausnahme von Silvester vielleicht) wieder im Dunkeln Feierabend machen. Und zumindest vorübergehend einmal die Woche dabei das Auto an der Firma abstellen. Und wie siehts da so aus?

Dunkel und opelig:

Na, welcher ist die 72? ;) Quelle: Sash

Na, welches ist die 72? 😉 Quelle: Sash

Das Abstellen an der Firma ist ein wenig blöd wegen der langen Anfahrt, dafür muss ich’s derzeit nur einmal in der Woche machen und hab das Auto sonst vor der Türe. Ich hab also achtmal 15 Minuten Arbeitsweg durch zweimal 60 Minuten ersetzt. Das bleibt in der Summe gleich und ist eigentlich gar kein so schlechter Deal. Andererseits ist es komisch, dass das Auto jetzt auch für Springer genutzt wird – ich muss mir jedes Mal den Sitz aus vollkommen anderen Positionen zurechtnudeln. Obwohl’s mir gerade wirklich gefällt (auch ein längerer Arbeitsweg hat ja manchmal was entspannendes), wäre es doch eigentlich schön gewesen, die 72 noch mit Harald zusammen runterzurocken. 🙁

Der Moritz

„Sorry, weißt Du, wo die nächste Sparkasse ist? Dein Kollege wusste es nicht.“

Mag sein. Könnte aber auch die Kurzstreckenamnesie mancher Taxifahrer gewesen sein, ein offenbar böswilliges Virus, das alle Ziele in  weniger als zwei Kilometern Entfernung aus dem Gehirn frisst.

Die nächste Sparkasse vom Ostbahnhof aus ist die an der Karl-Marx-Allee  – aber ob die zu der soäten Stunde offen hat?

Nein. Natürlich nicht.

Mein wirklich ausgesprochen netter Kunde wollte danach zum Kater, mir ist allerdings nur die Sparkasse an der Grünberger eingefallen. Am Alex hätte es noch eine gegeben, die wäre wohl sinnvoller gewesen. Vor allem, da wir nun erst ewig in die falsche Richtung gurken mussten. Ich hab dem jungen Mann schon angeboten, doch ggf. eher einen Fünfer bei einer fremden Bank zu lassen, aber er wollte unbeirrbar eine Sparkasse. So denn.

An der Warschauer ist ja nun gerade Baustelle mit Abbiegeverbot, also musste ich mich auf dem größtmöglichen Umweg an die Bank rantasten.

An der Bank ließ ich ihn ohne Pfand raus.

„Hey, ich bin der Moritz und ich halte mein Wort!“,

hatte er gesagt. Mir war wichtiger, dass er schon beim vorherigen Stopp den Ausweis dagelassen hatte. Ich hab selbigen zwar nicht einmal angesehen, aber das musste Moritz ja nicht wissen. Und er holte erfolgreich das Geld für ein „kleines Bisschen weiterfeiern“.

Am Ende hatten wir für die eigentlich maximal 4,40 € kostende Tour zum Kater fast 15 auf der Uhr. Da mein Kunde sowieso wegen jedem Cent nachfragte, stoppte ich das Taxameter, als wir wieder am Ostbahnhof vorbeikamen. Ja, ist nicht erlaubt – aber halt trotzdem nur ein Euro Unterschied. Dass jemand dieses verquere Gegurke überhaupt mit guter Laune und Komplimenten zu bedenken wusste, hat mich erfreut. Die berühmte Ausnahme …

Endlich angekommen sagte  Moritz dann, dass ich aus den 15 € doch mal bitte 18 machen solle. Weil ich trotz des Stresses „so cool geblieben“ wäre.

Nun ja, das hätte etwas besser laufen können – und damit etwas günstiger.  Das nehme ich mit, man lernt schließlich nie aus.

Und trotzdem hatte ich einen zufriedenen Kunden, mir hat die „schlimme“ Tour auch gepasst, also was soll’s? Win-Win.

Taxischerze

Für alle, die wiedermal gelangweilt vom Polizeiruf sind:

Bei Facebook hat ein Kollege heute in eine Taxigruppe das folgende Video gepostet. Eine Zusammenstellung von „just for laughs“, alle mit Bezug zum Taxifahren. Unterhaltsame, aber trotzdem harmlose und familientaugliche Scherze. Ich gebe zu, ich kann über sowas lachen. 🙂

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

Immer dranbleiben!

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Noch ein Blog?

Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.

Liebe GDL,

als Mensch und Bahnfahrer ohne eigenes Auto habt ihr es schwer, meine Zuneigung zu bekommen. Die vielen ausgefallenen Züge, das Gedränge in den noch fahrenden, ach!

Als Linker und Arbeitnehmer habe ich großes Verständnis für einen aggressiv geführten Arbeitskampf und ihr somit meine Unterstützung, auch wenn mir die Tatsache, dass es nicht nur um die Verbesserung für die Angestellten, sondern auch um euren Machtbereich geht, Magengrummeln bereitet.

Als Taxifahrer aber muss ich euch einfach loben. Arg viel direkter als mit massenhaften Zug- und S-Bahn-Ausfällen kann man das Taxigewerbe kaum noch unterstützen. Ich hatte dank Euch ein Wochenende, das stellenweise an Silvester erinnert hat und deswegen wollte ich einfach mal danke sagen! 🙂

Aber da sich der Mensch in mir gerade vordrängeln will und ich heute das Auto nicht mit heimnehmen kann: Ich hoffe, dass es bald mal eine Eingung bei euch gibt.

Küsschen,

Sash