Warum ich lieber Busfahrer wäre

Die wirklich eingefleischten Leser – insbesondere die, die auch mein eBook gelesen haben – wissen es ja: Dass ich im Taxi gelandet bin, war eher Zufall. Bereits ein paar Jahre, bevor ich das erste Mal auf dem Fahrersitz in einem hellelfenbeinfarbenen Auto Platz genommen habe, habe ich einen Bus gelenkt. Nur für rund eine Stunde, als Teil meiner Bewerbung bei der SSB in Stuttgart. Damals bin ich leider nicht unter die Top 5 der zighundert Bewerber gekommen, es ist also nix draus geworden.

Ich hab der Geschichte durchaus ein wenig nachgeweint, denn zumindest die großen Kisten zu fahren ist ja schon eine geile Sache. Und bepöbelt und ausgeraubt wird man zumindest in Berlin ebenso wie als Taxifahrer.

Und nun musste ich gestern in Deutschlands ehrlichstem Nachrichtenmagazin „Der Postillon“ lesen, dass Busfahrern genau das geboten wird, was uns Taxifahrern so bitter fehlt: Nachschulungen zum Unfreundlichsein.

Schließlich ist das eine Schlüsselqualifikation, die auch uns Taxifahrern viel zu oft abgeht. Ja, ganz ehrlich: ICH BIN JA SELBST ZU NETT! Aber während ich es einfach nicht übers Herz bringe, Leuten ein verächtliches „Die paar Meter kannste loofn, Opi!“ zu entgegnen, werde ich nicht etwa von irgendwem im Gewerbe unterstützt. Im Gegenteil: Hier werden noch „VIP-Taxifahrer“ geschult, am Ende haben die Touristen nicht mal mehr Angst, in ein Taxi zu steigen. Wo soll das nur hinführen? Da haben es die Busfahrer offensichtlich besser. Ich als Taxifahrer lerne das Motzen und Meckern wohl nicht mehr.

Vielleicht wäre der Job im Taxi ja was für den im verlinkten Artikel erwähnten Max Wanneke, der sich nicht mal das Lächeln für die Kamera abgewöhnen konnte …

PS: Einen schönen Gruß an all die mitlesenden Busfahrer hier! Wir sitzen zwar nicht wortwörtlich im selben Boot, aber wir haben letzten Endes doch immer eines gemeinsam: wir sind besser als unser Ruf. 🙂

Die Tour zur Flasche

OK, so ganz unkommentiert will man ein Fläschchen Wodka als Trinkgeld ja dann auch nicht stehen lassen. Zumal es eine in alle Richtungen (im wahrsten Sinne des Wortes) angenehme Fahrt war.

Herangewunken wurde ich kurz vor dem Ostbahnhof, direkt an der Schillingbrücke. Zwei junge Kerle mit guter Laune und erkennbar wenig Lust auf nun endende Party.

„Ins Sisyphos bitte!“

Schöne Tour, aber …

„Hat das nicht zu?“

„Wieso?“

„Naja, ich bin in letzter Zeit öfter dort und soweit ich weiß macht das nur alle zwei Wochen auf. Und da ich letzte Woche da war …“

Damit war ich natürlich der Launenverhagler vom Dienst. Also quasi. Wirklich übel nehmen einem Fahrgäste hilfreiche Tipps ja eher selten, aber davon hören wollten sie trotzdem nix:

„Na, fahr uns mal hin. Wenn nicht ist das About Blank ja da auch direkt ums Eck.“

Diese Form von Pragmatismus mag ich ja. 🙂

Unterwegs wurde mir der Wodka vermacht:

„Nimm‘ Du die mal. Verschenk‘ sie an irgendwen. Hab ich gerade gekauft, krieg‘ ich aber vor dem Club nicht mehr weggetrunken.“

Zwischenrein ein nettes Gespräch, viel Gescherze, es war die reinste Freude. Zumal ich davor ewig an der Halte gestanden war und mir eine Winkertour nur gelegen kam. Am Sisyphos angekommen habe ich natürlich Recht behalten. Es war zu. Statt nun aber zum About Blank zu fahren, kamen die beiden auf die Idee, lieber ins Ritter Butzke zu gehen. Da hätten sie wohl freien Eintritt. Ich an ihrer Stelle hätte mich richtig geärgert, denn nun waren wir rund vier Kilometer in den Nordosten gefahren und das Ritter Butzke liegt von der Schillingbrücke eher zwei Kilometer im Südwesten (Hab das jetzt nicht genau ausgerechnet). Die Fahrt hätte sie also statt der letztlich aufgelaufenen 23,20 € nur vielleicht 8 € kosten können. Von der Differenz wird man hier oder da sogar Eintritt zahlen können. Die beiden aber nahmen es locker.

Gut, einmal wäre mir (ohne dass es mich gestört hätte) der Wodka fast nochmal abgenommen worden, weil die Fahrt ja nun viel länger dauerte.  Aber wie gesagt: fast. Am Ende gab es Trinkgeld, Wodka und natürlich nur die besten Wünsche. Wenn ich wem noch eine angenehme Partynacht wünsche, dann doch solchen Kunden. 🙂

Ouidesehn!

Reichlich origineller Schichtanfang: Eine fünfköpfige Familie, außerdem perfekt auf mein aktuelles Auto angepasst. 6 Leute kann ich dieses Wochenende nicht mitnehmen, da in der 89 die Tasche für Werkzeug, Putzmittel und co. so scheiße dimensioniert ist, dass sie nicht sinnvoll hinter die letzte Sitzreihe passen würde. Offenbar das Auto eines Kollegen, der sowieso was gegen Großraumfahrten hat. Was interessant ist, da das Auto laut Taxameterdaten deutlich (!) mehr Zuschläge als die 1925 oder die 72 zu verzeichnen hat. Werden wohl die Kartenzahlungen sein …

Aber gut, die Familie! Wie üblich wurde ich herangewunken und die Eltern haben sich nicht den Hauch eines Gedankens darüber gemacht, dass 5 Leute auf vier Sitzen vielleicht nicht ganz in Ordnung sein könnten. Da einer der Jungs aber groß genug war, ohne Kindersitz zu reisen, hab ich eine in den Augen jener Touristen vermutlich überkorrekten deutschen Großraumtouren draus gemacht. Ich hasse mich in dieser Prinzipienreiterrolle, aber ich will ja bloß Ärger und Schaden von mir und den Fahrgästen abwenden …

Am Ende waren aber auch alle zufrieden. Die Familie kam aus Frankreich, war aber wohnhaft in London. Und unterhielt sich meist über Brasilien. Nun gut. Sehr nette Leute, das erste Mal in Berlin, aber sichtlich gewohnt an fremdes Terrain. Untereinander haben sie meist französisch geredet, aber mein passiver Wortschatz in dieser Sprache wächst ja auch wieder, seit ich Taxi fahre. Ich konnte ihnen, vermutlich unbemerkt, also dennoch ganz gut folgen. Die Kommunikation mir mir lief – was mich erfreut hat – in sehr gutem Englisch. Bis auf eine Ausnahme.

Ausgerechnet der junge Mann ohne Kindersitz in der letzten Reihe versuchte sich beim Aussteigen gleich mal in der dritten Sprache und sagte zum Abschluss: „Au ouidesehn!“

Weit besser als ich bei meinem Schüleraustausch in Frankreich in der sechsten Klasse. Ich hab damals die Oma meines Austauschschülers noch mit „Aujourd’hui!“ statt „Au revoir!“ verabschiedet. Aber ein bisschen Schwund bei Fremdsprachen ist immer. Und ich hab den Mut des Kleinen ernsthaft bewundert.

Was halt so passiert …

„Ey, das muss ich Dir erzählen …“

„Was denn?“

„Ich hab mir den Kopf gerade so übel an so ’ner Ampel angeschlagen!“

Und ich dachte, es wäre irgendwas besonderes. 😉

89!

Und wieder ein neues Auto!

Ganz ehrlich, so wirklich einreissen sollte das eigentlich nicht, aber die 72 war in einen Unfall verwickelt und braucht noch ein Weilchen zum Genesen. Also hab ich für diese Woche die 89, was wie immer kein großer Umstieg ist. Auch ein B-Zafira, ausstattungsmäßig in vielen Punkten nicht groß anders als die 72 oder damals die 1925. Vor allem in den wichtigen Punkten (Navi, Taxameter) ist sie identisch.

Sie hat ein paar Kilometer weniger auf dem Buckel (hab heute Nacht die 304.000 voll gemacht) und ist erstaunlich gut in Schuss. Was mir insbesondere in Hinblick auf den CD-Player gefällt, denn der schluckt im Gegensatz zu dem in der 72 alle Discs ohne Murren. \o/

Kleinere Umgewöhnungen sind natürlich auch jetzt wieder nötig, aber wild isses nicht. Der fehlende Stifthalter gehört schon zu den größeren Dingen. 😉
Und an so Dinge wie die Fensterheber hinten könnte man sich ja eigentlich auch gewöhnen.

Naja, dieses Wochenende, danach sollte die 72 wieder da sein.

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

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Noch ein Blog?

Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.

Liebe Sparkasse,

ich müsste Euch eigentlich ja dankbar sein. Meine letzte Tour ist vier Euro lukrativer als geplant geworden, weil Ihr inzwischen weitgehend flächendeckend nachts Eure Filialen abschließt und ich mit meinen Kunden noch eine Runde zu einer anderen Bank drehen musste. Aber ich bin nicht dankbar.
Mal abgesehen davon, dass auch ich Kunde bei Euch bin – noch dazu einer, der dazu neigt, zu seltsamen Zeiten zur Bank zu gehen – ich finde es auch per se ein Unding.
Worum geht es Euch? Vandalismus? Oder einfach nur um die armen Obdachlosen, die mal eine Nacht in einem eurer Vorräume Schutz vor der Kälte suchen?

Habt Ihr nicht ohnehin jemanden, der morgens vor der Filialöffnung mal durchputzt? Und würde sich nicht sogar in Einzelfällen Wachpersonal finanzieren lassen von den zusätzlichen Transaktionen – zumal in einer Stadt mit viel Nachtleben wie Berlin?

Vor ein paar Jahren noch habt Ihr nachts das Online-Banking geschlossen (WTF?), ich hatte eigentlich die Hoffnung, Ihr hättet es danach halbwegs geschnallt.

Ich als Taxifahrer werde künftig Touristen keine eurer Filialen mehr nahelegen. Ich hab nämlich weder Zeit noch Lust, herauszufinden, welche davon wann warum offen haben oder nicht. Dann kassieren eben die anderen die teils abenteuerlichen Abbuchungsgebühren. Und ich verdiene mein Geld dann halt mit den weiteren Wegen. Unterm Strich seid es also Ihr, die ihr an Image bei den eigenen und an Geld bei fremden Kunden verliert. Hoffe ich zumindest.

Mit, nun ja, Grüßen halt.

Sascha Bors