Verliebt, verlobt, verheiratet

Mir ist gerade – nach 6 Jahren, boah wie schnell ich bin! – aufgefallen, dass es ein ziemlich interessantes Thema ist, was ich den Fahrgästen von mir erzähle. Und was nicht.

Ich komme jetzt wegen der Tour drauf, die ich gestern erwähnt habe, mit den beiden Typen und dem guten Trinkgeld. Wie üblich ging es ganz einfach darum, was mich nach Berlin verschlagen hat. Denn dass ich nicht von hier bin, hört man einfach. Trotz Tarnung. Wie ihr Leser alle wisst, hatte das Beziehungsgründe. Es sind noch nicht alle so lange dabei, um das zu wissen, aber die meisten haben es mal mitgekriegt.

Bei der Tour hab ich am Ende die exakt 4,20 € Trinkgeld mit den Worten „Gehste mal’n Kaffee trinken mit deiner Frau …“ bekommen. Das – so toll es ist – ist natürlich auch komisch. Hat man da jetzt irgendwem Fremdes nicht ein bisschen viel verraten? Es ist vielleicht komisch, sich das in einem öffentlichen Blog zu fragen, aber Ihr als teilweise anonyme Leser wisst sicher fast noch besser als ich, was das für ein Unterschied ist, irgendwo was reinzuschreiben, oder es jemandem von Angesicht zu Angesicht zu sagen.

Ich hab für mich die Frage mit „Ach was!“ ausreichend beantwortet, denn ehrlich gesagt gehe ich selten arg viel mehr ins Detail. Weder über mein Leben noch über das von Ozie ist damit viel gesagt. Ich bin also einer von ein paar Millionen Menschen in diesem Land, die eine Beziehung haben, buhu!

Aber so unwichtig ist das gar nicht, das Reden. Nicht ohne Grund habe ich jetzt (von einem, der der Liebe wegen Berlin verlassen hat) ein gutes Trinkgeld mit Themenbezug gekommen. Zumal ich zwei Dinge nicht gut kann: zum einen Leuten permanent „Das verrate ich nicht!“ zu sagen, zum anderen sie anzulügen.*

Wenn ich das könnte (und wollte, versteht sich. 😉 ), würde ich sowieso ständig Geburtstag haben oder die ganze Woche durch reihum meine nahe Verwandtschaft für tot erklären – schließlich wirkt sich Mitleid extrem trinkgeldfördernd aus. Das hab ich schon im Behindertenfahrdienst an Weihnachten gelernt. Aber gejammert wird auf der Straße genug, mir reicht es eigentlich, mich mit der ein oder anderen Kundschaft ehrlich zu unterhalten. Ich mach mir gerne mal hier und da das Leben durch psychologische Effekte einfacher, übertreiben muss man das ja dann auch nicht …

*da gibt es zugegebenermaßen eine Ausnahme: den Verdienst. Einer Menge Leute begegne auch ich sicherheitshalber mit der Notlüge, ich hätte gerade angefangen, bzw. bisher kaum was eingenommen, um ggf. die Chance, überfallen zu werden, zu senken. So wenig panisch ich bezüglich Überfällen bin, so wenig bin ich da leichtgläubig.

18 Kommentare bis “Verliebt, verlobt, verheiratet”

  1. hrururur sagt:

    Da ich mir gerade denke: „warum zum Teufel findet man dann seit Jahren problemlos seine Adresse überall im Netz?“

    Ist meine Postsache eigentlich angekommen?

  2. Sash sagt:

    @hrhrurur:
    Da bin ich im Moment überfragt: Unter welchem Namen kam die?
    (War aber jetzt auch drei Tage nicht am Briefkasten)

  3. hrururur sagt:

    Unter dem hier. Hat bestimmt einer der Postfreckel aufgemuffelt, war nämlich Schoki drin 😀

  4. Sash sagt:

    @hrhrurur:
    Nein, ist angekommen. 🙂
    Lag zugegeben unter ein paar Briefen etwas verloren rum. Vielen Dank! *schokifutter und Steinchen verteil*

  5. hrururur sagt:

    Dann ist gut. Ich vertrau dem Postamt(jaha, steht da so noch dran) hier nämlich nicht so.

    Bitte. Guten Appetit

  6. hrururur sagt:

    Ah und du hast schon gemerkt, dass die Steine Bonbons sind, oder? Wenn man die als Deko verteilt, wird das irgendwann klebrig. Vor allem in ner Vase als Blumenstütze, wie es meine Oma mal geschafft hat

  7. Sash sagt:

    @hrhrurur:
    Das mit den Bonbons hätte ich schon gemerkt. Aber danke, ich ging zunächst tatsächlich von Schmuck für unsere Chilis aus. XD

  8. hrururur sagt:

    Vielleicht ist’s ja n guter Dünger?

  9. Sam sagt:

    Die Frage nach dem, was man den anderen von einem selbst erzählt, ist vor allem bei Stammkunden schwierig, finde ich. Ich habe über die letzten vier Jahre vielleicht 2 Freunde durch die Kneipe meines Freundes kennen gelernt. Aber natürlich zu etlichen mehr mindestens wöchentlich Kontakt. Und mittlerweile lüge ich da echt geübt. Insbesondere Fragen wie „Wie geht’s euch so?“, wenn es beziehungstechnisch gerade nicht so richtig läuft oder man einfach so mit den Nerven am Ende ist. Solche Fragen sind bei den meisten Höflichkeit, andere hoffen einfach auf Infos, die sie verteilen können.
    Eigentlich bin ich ein riesiger Freund von Ehrlichkeit, aber bei reinen Geschäftsverhältnissen muss man das irgendwann aufgeben. Habe ich zumindest für mich so festgestellt.

  10. lia lenzing sagt:

    Ist es nicht romantisch, der Eine kommt nach Berlin der Liebe wegen und der Andere zieht aus dem gleichen Grund weg.

    Ich finde es prima, dass Du es mit dem Jammern nicht übertreibst. Damit hältst Du die akustische Umwelt etwas sauberer.

    Menschen mögen echte Geschichten. Wenn Du von Dir und Deiner Partnerin erzählst schaffst Du eine freundschaftliche Nähe und vielleicht auch ein paar Stammkunden mehr?

    Viel Spass weiterhin, deine Artikel sind sehr unterhaltsam. Danke.

  11. Sash sagt:

    @hrhrurur:
    Da musst Du jetzt auf deine Oma als einzige Quelle vertrauen. 😉

    @Sam:
    Gut, das kommt vermutlich auf die Situation und die Leute an. Siehe die Sache mit dem Umsatz bei mir. Während ich manche Dinge nie einem Kunden erzählen würde, einfach weil sie wirklich nix in einer Geschäftsbeziehung verloren haben, erwischt man sich dann manchmal doch bei Ausnahmen. Bei mir war’s witzigerweise heute die Umsatzgeschichte. Hab einem sehr netten Kunden, der mit einem Fünfziger zahlen wollte, meine heutige beeindruckende Sammlung gezeigt …
    Aber ja, ich verstehe durchaus, was Du meinst.

    @lia lenzing:
    Danke dafür von meiner Seite aus für den netten Kommentar und das Lob! 🙂
    Romantik findet man überall – vorausgesetzt allerdings, man sucht sie. Ich kann auch erschreckend pragmatisch sein in solchen Dingen.
    Aber die Welt von Jammerei etwas freier zu halten, ist mitunter echt ein guter Ansatz, da stimme ich zu. Das mit den Stammkunden und der persönlichen Bindung ist so eine Sache: Irgendwie sicher ja, aber im Taxi direkt lege ich da gar nicht mal groß Wert drauf. Ich bin viel zu oft nicht erreichbar für Stammkunden, ich freue mich diesbezüglich vor allem über die vielen Leser, die diesbezüglich weit mehr Hintergrundwissen haben. Und von denen, die mich da gelegentlich anrufen, schätze ich einige wirklich sehr – aber da ist der Kontakt hier wichtiger als das, was im Taxi bei der ersten Tour geredet wurde. Meist zumindest.

  12. Mic ha sagt:

    Ich hab auch viel und regelmäßigen Kontakt zu wildfremden Personen, oft im Kundenverhältnis. Dabei gibts einen, von dem weiß ich, dass seine alten Kumpels aufm Bau schon großteils nicht mehr unter uns/ihm weilen oder große Probleme bei der Geldanschaffung haben.
    Der fragt dann immer mit ner Sehnsucht inne Augen, wies geht und was die Liebste bzw. Liebe so macht. Da erzähl ich ihm auch gerne vom Blauen am Himmel, von der Liebsten, ders gut geht und der Liebe die bald in eine Hochzeit. Auch wenn das alles schöngefärbt ist oder mal Dinge sind, die ihn eigentlich nix angehen, ich seh wies ihm dabei gut geht vom Schönen zu hören.
    N Anderer ist ehemaliger Apotheker. Arbeitslos seit Langem. Der empfiehlt immer unglaublich Nützliches vom Rossmann. Hab ich natürlich alles schon genommen 😉 Tut ihm, glaube ich, ganz gut nützlich sein zu dürfen. Und er kommt täglich und kann nach dem Befinden fragen. Was mir da schon alles weh tat..
    Wie singens Tocotronic: Wir brauchen (dringend) neue Lügen. Illusionen sind da nicht verkehrt. Auch wenns den Kundenkontakt verklärt, wenns wem hilft und nichts schadet, why not.

  13. Stephan sagt:

    Alle Menschen lügen sich im Sekundentakt gegenseitig an und wollen auch belogen werden. Issvollnormal. Anders würde ein Zusammenleben auch nicht funktionieren. Versucht mal, immer ehrlich zu sein – z.B. Eure Gedanken spontan laut auszusprechen. Das könnte lustig werden

  14. elder taxidriver sagt:

    Es geht hier doch weniger um ‚Ehrlichkeit ‚ oder ‚Lügen‘. Wir sind ja nicht vor Gericht. Die wohl passenderen Begriffe wären vielmehr ‚ Takt ‚ , also Taktlosigkeit oder ‚Höflichkeit‘, also Unhöflichkeit.
    Auf die Ehrlichkeit der Fünfjährigen muss man im Erwachsenenleben gottseidank oder auch mal leider verzichten:

    ‚Opa , Du hast so schöne Zähne, gibt’s die auch in Weiß?‘

  15. Sash sagt:

    @Mic Ha, Stephan und elder taxidriver:
    Es ist ja auch immer ein Unterschied zwischen lügen und „lügen“. Was ich meine: ich kann auf „Warum bist Du nach Berlin gekommen?“ nicht antworten, dass ich die Clubs hier so geil finde. Obwohl das sicher gut ankommen würde. Natürlich lüge ich in meinem Job auch oft – ebenso wie privat. Die meisten dieser Lügen laufen ja indes eher unterbewusst ab.

  16. elder taxidriver sagt:

    Und dann gibt es noch ein Buch von Louis Argon, ‚Das Wahr-Lügen‘.

    Und in dem ‚Lesebuch für Angeklagte,‘ Knöpfe und Vögel‘ von Walther Rode liest man dies:

    ‚Der große Verteidiger besitzt zwei glänzende Fähigkeiten: Er findet die Wahrheit, er kann sie festhalten und sagen; und er kann so lügen, dass selbst der erprobteste Tomas von amtswegen, der Ungläubige aus Beruf, irre wird.

    Wahrheit und Lüge, von der Phantasie blitzartig erleuchtet, wurzeln auf demselben Grund. Wer nicht lügen kann , hat auch kein Verhältnis zur Wahrheit, ist ein Nichtdichter, ein Seriöser, der mit konventionellen Lügen als Tatsachen operiert. er lügt nie, er sagt aber auch nie die Wahrheit. Was er sagen kann , ist immer nur blasses Gestammel. Totes Zeug sind seine Worte.‘

  17. Thorsten sagt:

    Hallo Sash,

    das ist meiner Meinung nach gar nicht so unwichtig, ich wohne in Walluf, was zum Einzugsgebiet von Wiesbaden zählt. Eine fahrt Bhf. Wiesbaden nach Kreisel Walluf kostet so um die 20-22 Euro. Wenn ich diese Strecke via Taxi fahre zahle ich in der Regel 25,- und denke sowohl der Fahrer als auch ich sind zufrieden damit.

    In Wiesbaden einen wirklich deutschstämmigen Fahrer anzutreffen ist mittlerweile eher eine Kunst, üblicherweise sind es Fahrer die aus Indien, Parkistan, mittlerer Osten, aber auch mal sehr selten Ost Europa stammen. Das ist kein Problem, die Fahrer sind meistens in Ordnung, fahren zügig aber es kommt halt zu keiner Konversation, oder zumindest eher selten zu einer.

    Das liegt vor allem daran das ich nicht mal Bayern wirklich verstehe, und vor allem Probleme mit sehr leise sprechenden Menschen habe. Es führt dann eher in ein verlegenes lachen und schweigen für die nächsten 8-10 Minuten Fahrzeit.

    Ich bin noch nie schlecht behandelt worden, niemand hat mich versucht zu verarschen (egal wie hoch der Pegel war) und auch sonst war bisher alles super. Wie gesagt ich fahre vielleicht 5 mal im Jahr mit der Taxe.

    Mein bestes Erlebnis hatte ich vor ein paar Jahren. Wir waren auf dem Äppelblüten Fest in Wiesbaden Naurod. Als Backround Info: Wiesbaden ist eigentlich keine sehr große Stadt, dank Eingemeindung hatte es mal irgendwann um die 300T Einwohner, die Zahl ist aber rückläufig und ich denke es sind im Moment nicht mehr als 275T. Wobei die Innenstadt nie mehr als 50T hatte. Eher deutlich weniger. Die vielen Vororte liegen also relativ schön weit verteilt, und jeder hat natürlich seine eigene Festlichkeiten.

    Damals wohnte ich noch in der Innenstadt, und hatte eine Wohnung zu der noch eine Mansarde gehörte, bei der ich bei Not am Mann auch mal ein paar Gäste unterbringen konnte. Wir teilten uns damals ein Taxi mit 4 Personen zurück in die Innenstadt, und waren bereits reichlich angetüdelt. Der Fahrer war super lustig, und hat auch ein wenig aus dem Nähkästchen geplaudert, ich denke das hat sich deutlich auf das Trinkgeld ausgewirkt.

    Klar hatte er keine Lust noch mit uns durch den DriveIn des hiesigen KFC zu fahren, da mache ich ihm auch keinen Vorwurf, immerhin standen bereits 5 Autos in der Schlange. Aber wir lösten das Problem einfach in dem wir ein Auto emulierten, Ich tat so als würde ich am Steuer sitzen, mein Beifahrer machte Motor Geräusche, und meine mit Insassen auf der Rückbank stritten darüber was sie essen wollen.

    Alles in allem eine sowohl für den davon fahrenden Taxifahrer, als auch für die Mitarbeiter des KFC kuriose Situation. Zwar wollte man uns eigentlich nicht bedienen, doch mein Argument: Wir sind ein Auto nur ohne Blech und ein wenig gutes zureden führte doch noch zum gewünschten Erfolg. Wir bekamen unseren 2 Uhr Morgens Imbiss.

    PS: Der DriveIN bei unserem KFC hat zwei Stunden länger auf als das Restaurant selbst.

  18. Thorsten sagt:

    Und noch ein PPS:

    Der Fahrer fuhr, ähnlich wie du, in Teilzeit, dies aber hauptsächlich in der Nachtschicht bei entsprechenden Festlichkeiten in den Vororten. Er fuhr einen 5er BMW, wobei wir eigentlich eine (damals) neue E-Klasse bevorzugt hätten. Aber sein Humor, und der unsrige hatte alles wieder ausgeglichen. (er war schliesslich erster Fahrer der Schlange).

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

%d Bloggern gefällt das: