„Was nimmste nach Lichtenberg?“
„Wohin genau?“
„Hier, der komische Platz da an der Möllendorff …“
„Muss ich mal schauen. Vielleicht ’n Zehner.“
„EY JUNGS, DER MACHT ‚N ZEHNER!“
Und dann stehen da plötzlich sieben Leute. Das sind die Momente, wo man ein bisschen Selbstbewusstsein und Durchhaltevermögen braucht. Sicher, es ist Januar und man ist als Taxifahrer froh um jeden Euro. Und sechs Sitze hat mein Auto ja immerhin. Aber sieben? No way! Und noch dazu: Mit den Großraumzuschlägen war ein Zehner als Fahrpreis sowieso ad acta zu legen. Sorry Jungs, findet mich meinetwegen blöd, aber so isses nunmal!
Das war in dem Fall aber erst einmal gar nicht das Problem, sondern, dass die Jungs sich gar nicht einig geworden sind, ob sie jetzt auf die Bahn warten oder ein Taxi nehmen wollten.
Und dann stand da doch tatsächlich noch eine weitere potenzielle Kundin. Mitten in Friedrichsfelde, nachts um zwölf, einfach so. Die traute sich zwar nicht, die vorlaute Truppe Jugendlicher zu bedrängen, aber da konnte ich ja mal nachhelfen. Ihre Fahrt war sogar noch etwas weiter, auch wenn zunächst nicht klar war, ob sie bis ganz nach Hause oder nur zur U-Bahn fahren würde. Aber auch jenseits des Geldes war es schön, dass sie am Ende in meinem Auto saß. Die Kids konnten sich die Zeit ganz gut miteinander vertreiben, sie hingegen war wirklich etwas verloren und hatte zudem einen anstregenden Arbeitstag auf Probe hinter sich und war heilfroh, endlich da wegzukommen.
Ich verteidige die Kosten unserer Dienstleistung immer wieder, aber das war wieder einer dieser zwei Fälle im Jahr, bei denen ich trotz eigenem Hungerlohn ein Auge zugedrückt und die Uhr schon anderthalb Kilometer vorher ausgeschaltet hab. Freiwillig, einfach weil es ihr weit beschissener ging als mir und sie – obwohl sie so oder so noch Geld holen musste – bereits einen Kilometer vorher ausgestiegen wäre, um den Rest zu laufen, obwohl sie das kaum noch konnte. Und, um ganz ehrlich zu sein, ein bisschen hat sicher auch eine Rolle gespielt, dass sie mich vor den nervigen Preisverhandlungen mit den Kiddies gerettet hat 😉
und ein bisschen war das vlt auch männlicher beschützerinstinkt 😉
Wärst du mir als Mann denn auch so entgegengekommen?
@Mausflaus und Hans:
Auch wenn das Unterbewusstsein vielleicht manchmal ein Arschloch ist: Ich helfe auch Leuten, mit denen ich nicht schlafen würde. 😉
Hatte vor einiger Zeit mal ein ähnliches Problem:
Wichtiger Termin, Straßenbahn gerade weg. Blieb nur: Taxi. Hatte aber kaum Bargeld in der Tasche. Fragte also, wie weit er mich damit bringen könnte. Einen Kilometer vielleicht.
Er machte dann aber zwei draus. Einfach so. Fand ich super. Den Rest konnte ich gut laufen und den Termin schaffen.
@S-Man:
Ich sag’s ja bewusst nicht immer sehr laut hier. Manchmal kann man eine Ausnahme machen. Ich bin mir durchaus bewusst, dass es ja auch die Kunden nicht immer leicht haben. Mal ist es gerade echt stressig, mal klappt das mit dem Geld einfach nicht. Wir sind ja auch nicht die einzigen, bei denen es eng ist. Wenn ich mal wirklich das Gefühl hab, jemandem mit ein paar bescheidenen Minuten Arbeitszeit einen Gefallen oder eine Freude machen kann, dann passiert das auch mal. Scheiß auf den Wortlaut des Gesetzes. Ich bin da in der Regel deswegen so streng, weil das Handeln mit uns von vielen als normal erachtet wird und bisweilen echt unverschämte Züge annimmt. (Hatte neulich wieder drei Jungs, die zum Feiern von der Hafenbar ins Kudorf wollten und einen Fünfer als völlig ausreichend erachteten)
Im Einzelfall bleibe ich dann aber doch auch ganz gerne Mensch und nicht Paragraphenreiter. Und es ist schön, wenn Kollegen das auch mal machen.