Prozentuales

Nette Fahrt, gerne wieder – das könnte man über die kurze Tour vom Berghain zum Watergate sagen. Und lange gewartet hatte ich auch nicht darauf. Auf der Uhr standen 6,40 € – das übliche Klein-klein kurz nach Eintrittsbeginn. Da steigen einem nur Leute ins Auto, die nicht reingekommen sind und jetzt zu einem anderen Club ums Eck fahren. Neben ein paar Enttäuschten, die gleich ins Hotel sind (enttäuscht sind irgendwie immer nur Touristen, hab ich das Gefühl) war die einzige Ausnahme ein trotziger Typ, der allen Ernstes gemeint hat, er gehe dann jetzt eben in seiner Lieblingsabsturzkneipe in Weißensee die Sau rauslassen, da sei es „genauso lustig“ …

Nun aber kurze Tour, 6,40 €.

Ich war etwas überrascht, als mir meine Kundin 6,70 € in die Hand gedrückt hat. Niedrige Trinkgelder sind ja nicht selten – aber auf schiefere Beträge als 50 Cent runden wirklich nur ganz wenige auf. Die Erklärung kam umgehend:

„Ich geb immer 5%. Ich hab aber heute kein Kleingeld mehr …“

Damit hat sie wahrscheinlich die fehlenden 2 Cent gemeint, um die 5% vollzumachen.

Drücken wir’s mal diplomatisch aus: Wenn jemand es nötig hat, das Trinkgeld ernsthaft auf 2 Cent genau zu berechnen – dann kann ich’s eigentlich schon aus Gewissensgründen nicht annehmen. Und aus Mangel an Rotgeld im Portemonnaie könnte ich auf 5 Cent ja nicht einmal rausgeben! Das ist eine mittelschwere Tragödie, mindestens!

Gesagt hab ich natürlich nur „danke“.

Einmal zum Mond, bitte!

Mond

Diesen Sommer ist es dann 44 Jahre her, dass erstmals ein Mensch den Mond betreten hat. Eine ganz schön lange Zeit, an vergleichbaren Meilensteinen hat es der Raumfahrt seitdem ein wenig gemangelt – oder an deren Verkündung. Dass die Voyager 1 beispielsweise gerade im Begriff ist, das Sonnensystem zu verlassen, kriegt nicht einmal jemand mit, der sich nicht ernsthaft damit beschäftigt …

Der Mond jedoch ist im Grunde ein recht erreichbarer Felsbrocken. Im Laufe der nächsten Jahre wird es zwar wahrscheinlich auch keinen lebenden Menschen mehr geben, der ihn besucht hat, aber vielleicht reicht es ja zu wissen, dass man es könnte, wenn man wollte. 384.400 km ist der Erdtrabant im Mittel von uns entfernt.*

Und das ist der Wert, den der Kilometerzähler der 1925 heute – so ich das Fahrverhalten meines Tagfahrers genau genug einschätzen kann – erreichen wird. Rein von der Wegstrecke her hat das kleine Taxi also inzwischen diese Entfernung zurückgelegt. Und zwar fast ausschließlich innerhalb Berlins (Die paar Fahrten weit weg machen den Kohl nicht fett).

Ich denke, das kann man mal positiv erwähnen. Hier auf der Erde lassen sich solche Strecken glücklicherweise ein wenig günstiger zurücklegen als im Weltraum. Während ich die Reparaturen nicht im Blick habe (Wofür habe ich sonst meine Chefs?), kann ich bezüglich Anschaffungspreis und Spritverbrauch sagen, dass die 1925 es mit rund 50.000 € zum Mond geschafft hätte. Also insgesamt sicher unter 100.000 €** 🙂

Aber gut, das sind natürlich alles nur unsinnige Gedanken. Das NASA-Programm war in meinen Augen sein Geld wert – und die 1925 auch. Das reicht mir als versöhnliches Fazit. Und wenn heute Nacht ein oder zwei Leser mehr in den Himmel gucken und sich Gedanken machen, dann freue ich mich noch mehr …

*Das ist die große Halbachse und genau genommen eine willkürliche Zahl – und sie ist nicht einmal von der Erdoberfläche, sondern vom Erdmittelpunkt berechnet, ich weiß. Aber Klugscheisser mag niemand. Ich weiß das, denn ich bin selbst einer. 😉

**Da sind die Fahrerlöhne von fast 200.000 € natürlich noch nicht drin. Wie gesagt: Taxi auf langen Strecken ist teuer

Totenstille …

Ja, wenn ich so in mein kleines Büchlein schaue, dann muss ich feststellen, dass meine Kunden in den letzten Tagen beinahe schon besorgniserregend unblogbar waren. Zumeist waren es einfach nette Leute, die von A nach B wollten und den im Tarif vorgesehenen Preis dafür zahlten. Noch dazu gab es keine spannenden Enthüllungen, ich hab mich die meiste Zeit einfach nur wie ein normaler Dienstleister gefühlt. Erschreckend viele Fahrten liefen sogar relativ stumm ab.

Aber ich hatte die Tage ohnehin schon vor, Euch noch ein wenig von meiner Ausrüstung vorzuschwärmen. Wie den meisten wohlbekannt sein dürfte, hat mir unlängst ein Leser (und Fahrgast) ein neues Handy zukommen lassen. Und fick die Henne ist das geil! Mal abgesehen davon, dass es mich immer wieder ernsthaft erschrocken zurücklässt, wenn mir jemand so etwas großes einfach schenkt, bin ich begeistert. Das Teil ist wohl wirklich eher ein Geheimtipp – ich möchte es dennoch schon nicht mehr missen. Zugegeben, hier und da hängt es sich mal auf und will kein Netz finden – aber auch nicht so häufig, dass ich das zu kritisieren wüsste. Alles läuft flüssig, ich kann jetzt sogar ernsthaft zocken mit dem Teil …

Die Grundproblematik, dass MyTaxi gelegentlich abstürzt, ist damit zwar leider nicht behoben, aber da ich die App ohnehin inzwischen als Bonus betrachte, kann ich damit leben. Und was da jetzt genau das Problem ist – Handy, Android oder die App – das sei mal dahingestellt. Das Gerät selbst scheint zumindest mal erste Sahne zu sein, insbesondere in Anbetracht des Preises! Wenn ihr mich also immer noch via GPS verfolgt, dann könnt ihr das nur, weil mein neues Handy das meisterhaft hinkriegt.
Und ich hab ja sogar das Glück, mich nicht einmal um eine Tasche bemühen zu müssen, da die besten  ja ohnehin hier in der Wohnung von Ozie hergestellt werden. 😉

Aber vielleicht habe ich doch noch eine Kundengeschichte diesbezüglich …

Ich war mit den drei Leuten schon eine Weile unterwegs. Also so in etwa zehn Minuten. Einer unter ihnen meinte:

„Fick dich, ich hab nur noch 3%“

„Was, Alter?“

„Ey, Akku, Du Depp!“

Was bin ich froh, dass ich inzwischen mit meinen Zusatz-Akkus über diese Phase hinweg bin. 🙂

Düstere Nachtritte

Zwei kurze Sachen noch:

Zum einen möchte ich mich gerne bei Stefan bedanken. Er, seine Frau und ein Teil seiner Verwandtschaft haben mich nicht nur vergangenes Wochenende als Taxifahrer bestellt und die 1925 entsprechend besetzt, nein: Sie haben es auch noch geschafft, mein Taxi so mit (ehemaligen) Taxifahrern und -fahrerinnen zu füllen, dass dabei zweifelsohne ein nie dokumentierter Rekord gefallen ist.
Stefan gestand zwar ein, kaum noch zu bloggen – aber ich hoffe, dass sich das mal wieder ändert. Ich hab nun den Feed abonniert und ich hoffe auf Nachmacher, um ihn anzuheizen. Denn zumindest als Taxifahrgast sind Stefan und seine Familie absolut nette Zeitgenossen.

Zum anderen möchte ich auf den Kollegen Mattias hinweisen, der inzwischen einen eigenen Taxiblog gestartet hat. Wer also nicht weiß, wie er die Tage füllen soll, an denen ich nichts schreibe: Bitte!

Ich wünsche Euch allen ein frohes Wochenende … oh, sorry! Also, ähm, ich, äh, wünsche Euch allen mein frohes Wochenende … oder so. Egal. 😉

Leute, wie bekloppt kann man sein?

Aus dem unglaublichen Erfahrungsschatz meiner Fahrgäste kann ich heute folgendes zum Besten geben:

1.)
Heiraten: Kann man machen und es ist ein gutes Zeichen, wenn zwei Jahre später noch alles Bestens ist.

2.)
Wenn man zwei Jahre verheiratet ist, kann man – diverse andere Entscheidungen vorausgesetzt – auch gemeinsam einen Kredit für ein Haus aufnehmen.

3.)
Vier Wochen nach diesem Punkt zu offenbaren, man hätte seit ein paar Monaten jemand neuen ist so doof, dass man meine Aussagen zu Punkt 1 und 2 locker in die Tonne treten kann.

Und ich dachte mal, mir fällt schon für alles eine passende Antwort ein …

Die Jugend von heute …

Ach, wie viele wunderbar beschissene Texte fangen mit den Worten „Die Jugend von heute …“ an? Meist kommt danach viel Geschwurbel von vermeintlichen Werten, die die meisten derer, die o.g. Worte aussprechen, auch allenfalls als Worthülsen kennen: „Anstand“, „Moral“, diese Geschichten.

Meine Geschichte ist nun nicht das ganz große Glockengeläute, ich wollte eher was von gegenseitiger Hilfe erzählen. Angefangen hat alles prima. Ich war kurz an den Ostbahnhof rangefahren, war binnen anderthalb Minuten erster in der Reihe und kaum, dass mein Kollege Herbert aus seinem Auto gekraxelt war, um mich zu begrüßen, standen schon vier Jungs vor mir und wollten einsteigen.

„Fahr mal schön weit weg!“

rief mir Herbert noch hinterher. Ein zweifelsohne ziemlich optimistischer Wunsch zwischen vier Minderjährigen, die wahrscheinlich mangels Ausweis in einen Club nicht reingekommen waren.
Wo sie wirklich herkamen, weiß ich nicht. Hat sich zwischen ihrem englisch-deutschen Kauderwelsch selbst für meine geübten Ohren nicht raushören lassen, wahrscheinlich haben sie es also nicht erwähnt. Das Fahrtziel jedoch, so wurde mir umgehend erklärt, sei „kompliziert“.

War es natürlich nicht. Sie wollten einfach der Reihe nach aussteigen – und ihre Strecke beinhaltete nur einen minimalen Umweg. Dass es über Zehlendorf bis nach Kleinmachnow gehen sollte, war jedoch eine Überraschung. Ich hab die Tour zwar mit „45 Euro plusminus 5“ deutlich zu hoch angesetzt, aber sowas in der Art hatten sie eingeplant. Ich hätte wirklich nie gedacht, dass Herberts Wunsch tatsächlich so schnell umgesetzt werden würde …

Einen kurzen Schreckmoment gab es noch – denn nach einem Kilometer stellte einer der Jungs fest, dass er etwas vergessen hatte. Wir mussten also umkehren. Da das natürlich (mit dem Taxi!!!einself!) horrend teuer sein würde, überlegten sie, doch mit Bus und Bahn zu fahren. Mein Einwand, dass die Chose am Ende vielleicht drei Euro kostet, hat sie jedoch glücklicherweise beruhigt. Für die Tour hätte ich beim Warten auch die Uhr angehalten oder gleich einen Festpreis ausgehandelt (Das Ziel lag ja außerhalb des Pflichtfahrgebietes) – aber ich wollte mal nicht mit der Tür ins Haus fallen.

Es hat wirklich nur drei Euro mehr gekostet – und selbst mit diesem Bonus sollte die Fahrt am Ende mit 36,40 € deutlich unter dem bleiben, was ich angepeilt hatte. Dennoch natürlich super für mich – und den Jungs hätte ich eigentlich auch ein bisschen mehr Begeisterung gewünscht. Die gingen immerhin zwischenzeitlich von einem Fuffi aus.

Aber da kommen wir zum Thema: Das Bezahlen. Im Grunde natürlich getrennt – zumindest zwischen den drei Zehlendorfern und dem einen Kleinmachnesen. Ob das möglich wäre?

„Selbstverständlich. Wäre bloß nett, wenn ihr dann nicht beide mit einem Fuffi zahlt …“

Nix dagegen, die 30 € bis zum Ausstieg des letzten Zehlendorfers mit einem Schein entgegenzunehmen – aber dann gleich hinterher nochmal 40 € Wechselgeld rausrücken …
Es wäre natürlich gegangen. Eine Einigung unter den Jungs war mir allerdings wenigstens lieber als das und das wollte ich vorsorglich mal ansprechen.

Nun also ging das große Rumrechnen los. Ich bin da vielleicht einen etwas sorglosen Umgang mit Geld gewöhnt, aber für mich war die Sache recht klar:

Die Uhr stünde in Zehlendorf bei ca. 30, der letzte der Dreiergruppe gibt mir einen Fuffi. Ich gebe ihm zwei Zehner raus – und (da der Auswärtige offenbar nur noch ein paar Euro dabei hatte) der könne sich ja dann einen Schein, leihweise oder gegen sein letztes Cash, einstecken und den Rest der Fahrt locker begleichen.

Tja, denkste!

Wo kämen wir auch hin, wenn man am Ende einer plötzlich 10 € billigeren Taxifahrt – an deren Ende der Eine im Übrigen noch Geld gefunden hat, das seine Mutter ihm fürs Taxi mitgegeben hat! – tatsächlich noch einen Zehner übrig hätte, um ihn einem Kumpel zu borgen!?

Die Uhr stand beim Ausstieg des letzten Berliners bei 29,60 € – und wenn ich eine Spur fieser wäre als ich bin, würde ich Euch raten lassen, wie sie das alles gelöst haben. Aber es ist Samstag und erster Juni – da mache ich mal eine Ausnahme!

Das letzte Kleingeld wurde zusammengesucht, sodass der Zehlendorfer mir 50,60 € gab, dazu die Bitte, ihm 21 € wieder auszuhändigen. Den einen Euro gab er dann (leihweise!) an seinen auswärtigen Kumpel weiter, womit der mit geschätzten 8 € in der Tasche die von mir veranschlagten „6 Euro irgendwas“ zahlen könnte. Was der dann im Anschluss natürlich auch tat. Er hatte die aufgelaufenen 6,80 € auch tatsächlich noch passend. Ich konnte mein Glück kaum fassen! -.-

Zugegeben: Eine Tour, die mit 45 € angesetzt ist, dann auf 36,40 € endet, zwei zahlende Parteien beeinhaltet und nicht einmal 10 Cent Trinkgeld abwirft, ist so selten, dass es schon wieder komisch ist. Da werdet ihr von mir keine bösen Worte hören. Was einen aber dazu bringt, bei einer Fahrt, bei der bislang 29,60 € aufgelaufen sind und ein Kumpel noch weiter fährt, nicht einmal 30 hinzulegen (Egal, ob zu Gunsten des Taxifahrers oder des Kumpels), da setzt bei mir der Verstand aus.

Ich hab mit meinem Vater einen großen Mahner in der Familie, der diesen Satz „Beim Geld hört die Freundschaft auf!“ predigt. Mir ist das nicht unbekannt. Aber auch wenn ich mich gerne mal von einer finanziellen Misere in die nächste stürze: Die paar Euro, die ich irgendwelchen Leuten mal ausgelegt, geschenkt oder vorgestreckt und dann vergessen hab – DIE machen, so zahlreich sie sein mögen, dabei nichts aus! Denn glücklicherweise handhaben das die Leute um mich rum auch so …

Also abgesehen von manchen Kunden, wie man sieht. Um die Einstellung beneide ich „die Jugend von heute“ – um mal zum Ausgangspunkt zurückzukehren – nicht. Aber nicht, weil das mich irgendwie stört oder ich da irgendwelche Werte verletzt sehen würde. Das hat eher so ein bisschen was von Fremdscham, ganz ehrlich …

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

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Noch ein Blog?

Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.