Meine Kundschaft ist alles in allem ja recht vielseitig. Auch wenn vielleicht vermehrt die Partygänger hier im Blog landen, den ein oder anderen Fahrgast mit etwas gepflegteren Umgangsarten habe ich natürlich auch im Auto. Und ich bin da durchaus gewohnt, mitzuwechseln. Vom Du zum Sie, vom Machma zum Bitte, vom prolligen Kumpel zum seriösen Chauffeur – hab ich alles drauf.
Bevor man sich kennenlernt, ist man natürlich vorsichtig. Ich habe mir angewöhnt, zur Begrüßung mit ein paar Abweichungen hier und da etwa folgendes zu sagen:
„Schönen guten Abend, wo bitte soll es hingehen?“
Ist nett, aber nicht zu förmlich, lässt sogar das Du noch offen und greift dennoch niemanden zu sehr an. Nun bekam ich neulich erstmals folgende Antwort darauf zu hören:
„Ich wünsche, in den Prenzlauer Berg gefahren zu werden.“
Ich will ehrlich sein: Ich hab ihr den Wunsch erfüllt, aber die Unterhaltung blieb recht kurz. Ich vermag mich relativ gewählt auszudrücken, aber auf dem Niveau ist mir das auf Dauer zu anstrengend …
wäre dir lieber gewesen, er hätte es auch noch im Pluralis Majestatis ausgedrückt?
„Bringe er Uns in den Prenzlauer Berg“ …ich glaube, ich hätte meinen Ohren nicht getraut.
Obwohl…als ich einst als Barbar verkleidet einen Burger-Brat-Laden stürmte und „Fleisch! Viel! Jetzt!“ grollte, hatte ich nicht nur die Lacher der Kundschaft auf meiner Seite, nein, der Burger-Brat-Helfer vergaß beinahe noch zu kassieren… 🙂
da gerät man in versuchung sash mal aufzulauern am ostbahnhof und mit der formulierung „herr kutscher, spanne er an und eile zum hoffest in xy.“
Ach, sowas hab ich nach einigen geistigen Getränken auch schonmal gebracht. Das dauerhaft durchzuhalten ist allerdings doch sehr anstrengend 😉
Hallo Sascha,
ich finde, dass die Gäste abends auf alle Fälle viel cooler drauf sind. Mat ist einfach lockerer, was die Kommunikation mit einander anbetrifft. Man hat jedoch öfter irgendetwas (Probleme) als tagsüber. Mehr als 2 Male in der Nacht pro Woche schaffe ich deshalb nicht. Den Rest der Woche doch lieber tagsüber.
Sehr geehrter Herr Bors,
bei aller, zutiefst zu bedauernden, Verflachung unserer so schönen und an Audrucksmöglichkeiten überreichen deutschen Sprache, sollten wir uns doch auch gegebenenfalls im Alltag auf einen gepflegten Gebrauch, dieser unserer Sprache verständigen, um uns in einer Weise, die der Herzens- und Geistesbildung senibler Menschen entspricht, auszudrücken und so einen, durch nichts zu unterschätzenden, Beitrag für das allfällige Bild Berlins als einer Hochburg kulurellen Schaffens und Wirkens in Vergangenheit und Gegenwart, zu leisten.
In diesem Sinne Herzlichst
Es ist meiner Wenigkeit unbegreiflich, wie dieser durchaus alltägliche und als Standard verstandene Umgangston guten Gewissens als anstrengend angesehen werden kann. Erkläre er sich!
Nein, ich versteh schon. Aber ich gehöre zu den Bekloppten, denen das sehr, sehr viel Spaß macht. Alle Varianten des Deutschen sind ab und zu für eine ohne jeglichen Ernst geführte Unterhaltung gut! 🙂
Dialog mit Ehepaar vom Hotel Adlon:
‚wir würden gern nach Mahlow wollen‘
‚Das lässt sich machen‘
‚Davon gingen wir aus‘
Und dann habe ich mal das Fahrtziel bestätigt mit: ‚Sehr wohl‘. Ich hatte gerade Thomas Manns ‚Lotte in Weimar‘ gelesen. Da gibt es einen Kellner namens Mager, der hatte diese Rede drauf. Und der Fahrgast: ‚Was war denn das? Und ich: ‚War ne Bestätigung, so wie OK oder ja gern..‘ Er stieg Grolman-Kudamm ein, wir waren gerade über die Kreuzung gefahren und er:
‚Halten Sie bitte an ‚ Und stieg aus, natürlich mit Bezahlung. Manchmal habe ich das aus Scherz bei älteren Berliner Damen gesagt, den berühmten ‚Wilmersdorfer Witwen‘ aus dem Theaterstück LINIE 1. Die haben nur gelacht..
Übrigens, oben wurde es schon angesprochen: Die Anrede in der dritten Person , ‚ hat er, kann sie..‘, ist Alt-Berliner-Dialekt-Usus, guter proletarischer Brauch. Ich habe es leider nur einmal gehört, in Mitte . Aber man kann das sicher noch manchmal finden, wie ein vierblättriges Kleeblatt..
Ist doch schön, wenn ein Fahrgast und Kunde mal nicht „fordert“ sondern „wünscht“. Und wenn man diesen Wunsch dann auch noch erfüllen kann, um so besser. 😀
Ich versuche meiner Tochter seit Jahren beizubiegen, dass es nicht angebracht erscheint, „Ich will zu Weihnachten gefälligst XY!“ rauszuposaunen, sondern dass es rein verbal vielleicht besser rüberkommt, wenn man mit einem netten Lächeln „Ich wünsche mir zu Weihnachten ja sowas wie XY…“ verkündet. Allerdings sind meine Erziehungsversuche leider nur von mäßigem Erfolg gekrönt….
‚Ich möchte mit Ihnen da und dahin fahren‘. Das ist eigentlich unter allen Möglichkeiten, das was ich am angenehmsten fand.
Das sagten Fahrgäste so vom Typ Schauspieler/in.. Und das Gegenteil: Manche können anscheinend kein ‚wir‘. Steigen zu zweit ein und einer sagt: ‚Ich fahre da und dahin‘. Wie? und der andere ? Der auch.
Ei gudde wie. Horch emol, tust mich uff de Prenlaaer enuff mache
@ Dicker Mann: klingt prima, aber was ist das eigentlich Südhessisch , Hesselbachhessisch, Rheinhessisch, P(f)älzisch, Rheinfränkisch oder Dudenhöfer- Saarländisch ?
@Lukas:
Oje, da ist dann ja echt Schluss! 😉
@Nobelix:
Das glaube ich gerne. 😀
@huppifluppi:
Naja, meine Ironiededektoren funktionieren aber noch …
@Senfgnu:
Nur so zum Spaß und in geeigneter Stimmung: Klar. Und wie gesagt: Nichts gegen einen höflichen Umgangston. Aber als normale Sprechweise? Nee, ich hab da meine Probleme mit …
@Hans der Driver:
Vielleicht. Vielleicht aber ist der deutschen Sprache mehr gedient, wenn man nicht wie vorgestern spricht 😉
@Dom:
Ach klar. Hat ja alles seine Daseinsberechtigung. Aber für ernste Alltagsgespräche?
@elder taxidriver:
Wirklich? Proletarischer Sprachgebrauch? Aber nicht in den letzten beiden Jahrhunderten, oder? 😉
Aber: „Ich fahr da hin!“ ist dann schon wieder das andere Extrem, das käme mir auch komisch vor.
@Apotheker-Typ:
Ich weiß angemessene Umgangsformen wirklich auch zu schätzen. Manche Dinge wirken dann aber doch etwas deplaziert …
@Dicker Mann:
Naja, Dialekte sind dann ja nochmal was ganz eigenes. Da kann man schon auch mal an Grenzen geraten. Allerdings eher an die des Verständnisses, weniger die des Geschmacks …
@all:
Im Übrigen mag ich das durchaus auf die ein oder andere Weise. Es ist ja auch schön, dass die Sprache so viele Facetten hat und ich will mich sicher nicht ins Heer der Nörgler über dieses oder jenes Idiom einmischen. Aber wenn etwas so aus dem Rahmen fällt, bemerkt man es halt doch …
Hmh… schlagfertige Antwort:
Mit verlaub gnädige Herrschaft(en):
(und nach links rückwärts-gewandt: „Harry: hol mal den 18-Spänner!“) 😉
@Sash:
Kleiner Nachtrag:
Solltest Dir noch zulegen:
Zylinder, Frack, Glace-Handschuhe, weissen Schaal… so wie seinerzeit Joopie Heesters eben … 😉
Das mit der Anrede in der 3..Person: Vielleicht war es auch nur ein Scherz. So wie mal ein Fahrgast zu mir sagte ‚Und an der Ecke das Fahrzeug zum Stillstand bringen‘. Daraufhin habe ich sofort gefragt, was er für ’nen Beruf hätte? Antwort: ‚Maurer‘.
Und dann gibt es noch den berühmten Chinesisch Amerikanischen Architekten I.M. Pei, der den gläsernen Anbau am Deutschen Historischen Museum gemacht hat. Der wird wird aus Scherz ‚First Person Singular‘ genannt:, also :‘ I am Pei‘..
@ elder taxidriver:
Ich bin kein Hesse – Ich bin Nassauer; wir wurden hinterhältig annektiert! Ich denk aber, dass wir Nassauer und Hessen mittlerweile recht gut zusammen leben – wir sind ja alle so nett *grins*
@ sasch:
Wenn mein Schwiegervater loslegt (ich meine natürlich losmache tut) versteh ich auch kein Wort. Ansonsten empfehle ich zum Verständnis: Asterix babbelt hessisch
@Sash:
Ernste Alltagsgespräche? Im Leben nicht.
@elder taxidriver:
Auf „Wir würden gerne wollen“ hätte ich spontan geantwortet: „Wenn sie’s dann geschafft haben, zu wollen, dann nehm ich sie gern mit“.
@proletarisch: Ich meine auch gehört zu haben, dass ein „Na kiecker hier!“ eine Form von „Sehe er sich das an“ sei…