Gastbeitrag: Kleine Taxigeschichte

Ich wohne inzwischen seit einiger Zeit in der Schweiz und bin bis dato hier nie Taxi gefahren. Zum einen habe ich in Zürich gewohnt, war also sowieso immer irgendwie zu Hause (da Zürich die gefühlte Größe Spandaus hat), zum anderen haben mich die Preise immer abgeschreckt, die hier vom Taxifahren in der Luft lagen.
Der Weg von Zürich zum Flughafen soll mit 60chf zu Buche schlagen, mit der Bahn braucht man ca. 8 Minuten. Jetzt darf man als Berliner nicht vergessen, dass man hier schnell ausserhalb ist und deshalb weitere Strecken durch wenig halten- und schnell fahrende Züge zurückgelegt werden. Für meine Strecke in Berlin (Zoo-Spandau), die mit dem ÖV ca. 30min dauert, sind es im Taxi knapp über 20 Euro. Mit diesem verschobenen Bild lebte ich also nun neben den Taxis her.

Letzte Woche sollte sich das allerdings ändern, als ich Konfuzius‘ 3 essentielle Weissheiten missachtete:

– Abschiedsfeiern finden viel zu oft in der Woche statt
– In Zürich gibt es in der Woche (so gut wie) keinen Nachtverkehr
– Ich wohne nicht mehr in Zürich

Fröhlich taumelte ich also gegen halb 1 Richtung Bahnhof und sah wie mich der Abfahrtsplan etwa so anschaute:
00:00
00:16
00:40
05:15

„Welche Bahn musst du nehmen“ fragte mich also meine Begleitung.
„Die vor 20 Minuten, oder die in 5 Stunden“.

Mein Handy konnte mich auch nicht wie sonst nach Hause bringen, da es schon im Koma lag und sich nur noch der Marketingmodus (An-Startbildschirm-Aus) starten liess. Ich fuhr also noch ein Stück in meine Richtung mit, in der Hoffnung, dass dort ein goldenes Flügeleinhorn auf mich wartet, das mich nach Hause bringt.
Es erschien mir auch in Form eines Taxifahrers, der (das war ich nicht gewohnt) höflich die aus dem Bahnhof kommenden Menschen fragte, ob sie ein Taxi bräuchten. Ich gab ihm das ja-Wort und er schien mit dieser 20km langen Bindung durchaus zufrieden zu sein.

Jetzt kommen die 2 Sachen, die ich so nicht aus Berlin gewohnt war (und ich will hier nicht alle Taxifahrer über einen Kamm scheren, aber wo mehr Taxifahrer, da auch mehr Ausschuss). Die Taxifahrt war extrem nett. Kein schweigen, keine unangenehmen Gespräche, weil man Schweigen unangenehm findet, alles in allem top.
Das zweite bedingte wohl das erste, denn das, was jeder sonst als Sekundenanzeige einer Stoppuhr ausgemacht hätte, war das Taxameter. Mein Geldbestand ging von „Das reicht bestimmt locker“ auf „Hoffentlich reicht das“ schneller als man Chuchichäschtli sagen kann.

Während ich beschwichtigend auf das Taxameter einredete, erzählte er, dass er die letzten Tage schon so viel Trinkgeld gemacht hätte und alle so nett seien. Und dann kam eine Szene wie aus einen Horrorfilm.

Als wir angekommen waren (das Taxameter zeigte 90chf) sagte er zu mir „Sie brauchen mir jetzt aber kein Trinkgeld geben“.
An sich eine gute Idee, denn gerade dann gibt man Trinkgeld, aber da selbst das so unglaublich ehrlich klang, gab es dann den glatten Betrag danach. Und obwohl das nur 10% waren, bedanke er sich überschwänglich und ich hatte (obwohl 100chf ärmer) ein echt gutes Gefühl etwas für mein Geld bekommen zu haben.
Das fehlt mir leider oft (nicht immer) in Berlin und anderen deutschen Städten. Das Gefühl, die Dienstleistung entsprechend bezahlt zu haben.

Deshalb hoffe ich ja immernoch, dass wir das mit der Fahrt irgendwann mal schaffen, damit ich das Bild zurechtrücken kann.

(von Nick)

Ich freue mich immer wieder über Gastbeiträge – schließlich bin ich ja nicht der einzige, der im Taxi mal interessante Sachen erlebt. Solltet ihr also auch eine lustige oder sonstwie erwähnenswerte Geschichte mit mir und allen Lesern hier teilen wollen, dann schickt sie einfach per Mail an die Adresse im Impressum. Ich freue mich aber nicht nur über Texte, sondern auch über Bilder, Videos, was auch immer. Dass es nur eigene Sachen und keine irgendwo geklauten sein dürfen, versteht sich hoffentlich von selbst.

Auf der Schwelle

…aber nicht darüber hinaus. Immerhin.

Die beiden Mädels, die mir vergangene Nacht unverhofft einstiegen, während ich gerade an Position 3 am Ostbahnhof darüber wachte, ja nicht zu viel Geld zu verdienen, waren nett. Und völlig unkompliziert. Sie hatten eine Adresse in Mitte für mich, sagten aber gleich an, dass es da einen Kniff gäbe, man von hinten ranfahren müsse und so weiter. Lustige aber zurechnungsfähige Fahrgäste. Die Königsklasse. Sollte man meinen.

Auf dem Weg zum Molkenmarkt erfuhr ich schon einiges – so zum Beispiel, dass die Dame auf dem rechten Sitz der Grund für ihr frühes Aufbrechen war. Ihr ginge es nicht so sonderlich gut. Immerhin wusste sie, warum:

„Wissense, ich hab nicht viel getrunken. Aber ich mach gerade Diät. Und da hab ich also nix gegessen …“

Alkohol auf nüchternen Magen. Da bleibt immerhin die Rechnung niedrig.

Hat mich nicht beunruhigt, hätte es aber sollen. Am Molkenmarkt kam dann das leider schon zu vertraute Spielchen: Von jetzt auf gleich musste sie nicht nur kotzen, sondern verlor zusätzlich auch noch die Fähigkeit, die Tür aufzumachen. Beziehungsweise sie kam nicht auf die Idee.

„Das war’s dann also für heute!“

hab ich mir so gedacht, während ich zeitglich brüllte, sie solle sich nicht so blöd anstellen und gefälligst die Tür aufmachen. Im Großen und Ganzen blieb es erstmal harmlos. Sie hatte sich ein wenig auf die Bluse gekotzt, der Rest ging dann brav zur Tür raus. Nach zweimaligem Hin und Her hab ich die Kiste dann mal an den Rand gefahren. Ich wollte mir schnell ein Bild vom Schaden machen. Nur: Da war im Grunde keiner. Einmal mehr prophylaktisch über den Sitz gewischt, einmal die Türschweller – und ihre Freundin übernahm die drei einzelnen Tropfen auf der Gummimatte im Fußraum. Und Ende. Ich will’s nicht schönreden, aber wenn es das wäre, was man gemeinhin unter Ins-Taxi-Kotzen subsummiert, dann wäre das eine eigentlich nette Freizeitbeschäftigung.

Meine Hände haben trotzdem gezittert. Ich bin da immer umgehend auf 180.

Allerdings sollte es das wirklich gewesen sein. Den letzten Kilometer nach Hause – den ich brav immer ganz rechts gefahren bin – schaffte sie und am Ende war es Entschädigung genug, dass während des kurzen Stopps die Uhr weitergelaufen ist. Im Taxi kotzen und am Ende doch nur einen Zehner zahlen – das schaffen auch nur die wenigsten. Respekt!

Die hunderttausend Entschuldigungen danach hab ich mit einem Lächeln wegstecken können. Am Ende ist eben alles besser, als die Schicht zwangsweise zu beenden …

Dritte Rezension

Einer meiner treuesten Leser in letzter Zeit, der highwayfloh, hat in seinem Blog GNIT empfohlen. Ich freue mich immer und immer wieder über so nette Erwähnungen in euren Blogs, denn genau so findet man Leser. Deswegen an dieser Stelle auch der Hinweis auf den Blog des Flohs. Es freut mich auch nach 2 Jahren GNIT immer noch, einen gern gelesenen Blog zu schreiben und von guten Blogschreibern erwähnt zu werden. Und jetzt alle mal rüber zum Highwayfloh, damit er das auch zu schätzen weiß!

2 Jahre

Die Zeit vergeht und GNIT ist plötzlich zwei ganze Jahre alt. Was soll man sagen?

Geile Scheiße, ey!

Ich könnte jetzt den ganzen Artikel vom Vorjahr hier runterbeten, fast ohne Veränderungen. Muss ja aber auch nicht sein. Ein paar von euch kennen ihn ja noch. Überraschenderweise stelle ich allerdings fest, dass ich mein heimliches Ziel bereits jetzt erreicht habe: GNIT scheint nun wirklich der meistgelesenste Taxi-Blog in Deutschland zu sein – wozu allerdings in erheblichem Maße die beiden Kollegen beigetragen haben, die vor mir standen und nun gar nicht mehr, bzw. nur noch sehr selten bloggen.

Wie dem auch sei: Ich für meinen Teil werde diesen Tag heute genießen und einfach hoffen, dass es so weitergeht wie bisher. Ich bemühe mich, meinen Teil dazu beizutragen. Ich freue mich natürlich über jede Form von Glückwünschen – oder kommentiert ihr nur noch, wenn es Schokolade gibt? – und lustigen Anekdoten zum zweiten Jahr.

Dank meiner unverhofften Zahnarzt-Odyssee bin ich allerdings gerade tatsächlich ein wenig außer Puste, was Geschichten angeht. Wenn ihr also irgendwann mal die Idee hattet, mir mit eigenem Content auszuhelfen, dann wäre jetzt ein prima Zeitpunkt dafür! Ich hoffe einfach mal, dass die erste Arbeitsnacht genug für einen Eintrag bereithält.

Und vergesst nicht, mich heute während der Schicht zu stalken 🙂

So, auf ins dritte Jahr! Ich hoffe, ihr bleibt alle an Bord und holt noch ein paar Leute mit ins Boot. Hie ist ja schließlich noch Platz für ein paar Leser …

PS: Mein Bankberater hat mir mitgeteilt, dass ihr mich besser heute als morgen flattrt!

„Lass ma‘ Videothek geh’n!“

Bei dem Satz hat es mir die Zehennnägel hochgerollt. Gar nicht wegen der fortschrittlichen Grammatik, sondern eher weil ich ein paar Sekunden zuvor eine Kurzstrecke ins Taxameter gehauen habe. Es ist noch nicht lange her, dass ich die Problematik geschildert habe: Wenn man während einer Kurzstrecke anhält, dann läuft die Uhr nicht weiter. Genau deswegen ist es auch nicht erlaubt. Oder die Uhr läuft nicht weiter, weil es eh nicht erlaubt ist. Ist wahrscheinlich so eine Huhn-Ei-Problematik.

Und ich hab so meine Erfahrungen, wie es laufen kann, wenn zwei Jungs um die zwanzig „mal kurz einen Film ausleihen“ wollen. Vielleicht ist das ja etwas, über das sachma was schreiben möchte, er hat mit mir zusammen die legendärsten und längsten Aufenthalte in Stuttgarter Videotheken zustandegebracht, meist mit einem ausgesprochen banalen Endergebnis 🙂

Und nun saßen die beiden, jeder mit einem Sixer  bewaffnet bei mir im Taxi und wollten eigentlich nur kurz zum schlesischen Tor. Wenngleich die Wartezeit mich überlegen ließ, ob ich nicht einfach sagen sollte, dass das nix wird, würde die Tour auf der anderen Seite mit Umkehren und dem Zwischenstopp am Ende über die Kurzstrecke hinausgehen – und über die Kurzstrecke hinaus sind ja binnen knapp 800 Metern der doppelte Umsatz …

Also hab ich sie diplomatisch darauf hingewiesen, dass ich das eigentlich nicht dürfte – sogar das mit der Uhr hab ich angesprochen – und um Eile gebeten. Die legten sie auch tatsächlich an den Tag! Als Pfand behielt ich ihre komplette Party-Ausrüstung und die war ihnen wohl wichtig genug, um bereits nach anderthalb Minuten wieder vor dem Taxi zu stehen. Außerdem waren sie jetzt so erfreut, dass sie sich doch gleich bis ganz nach Hause bringen ließen, was am Ende knapp über 10 € Umsatz für mich bedeutete und die Sache wert war. Noch viel besser aber war, dass sie sich tatsächlich noch überschwänglich dafür bedankt haben, obgleich mein Verlust reell gesehen rund 40 Cent betragen hat 😀

Nichts …

Ich bin ziemlich müde, die Augen tränen langsam vom vielen Gähnen, ein leichter Schimmer legt sich über die Bilder, die der letzte Streifen Nacht vor meinem Gesicht bereit hält. So erkenne ich gerade noch rechtzeitig, dass sich ein einsamer Mensch zu mir verirrt. In mir herrscht derweil Unbehagen. Ich fühle eine gewisse Leere im Kopf und frage mich, worum der Kerl mich nun bitten wird. Es wäre ohnehin die letzte Tat vor dem Schlafengehen, zu arg viel mehr bin ich nicht mehr in der Lage.

Eine Adresse wird genannt und ich nehme eigentlich kaum noch wahr, ob ich angesprochen bin oder sein Smartphone. Im ersten Augenblick sagt sie mir gar nichts. Aber auch nach weiterem Überlegen will mir einfach nichts einfallen. Vielleicht ist ja etwas neues gemeint – ich bin zunächst froh, denn dann bin ich offenbar doch noch nicht so durch wie ich dachte.

„Und was genau gibt es da neues?“

frage ich mehr so vor mich hin.

„Na nichts! Nichts neues gibt es da, das ist es ja!“

Also entweder ich träume schon oder ich hab mal wieder den letzten Töffel erwischt.

„Nichts neues?“

„Nichts!“

„Ja und …?“

„Da gibt es immer was neues!“

Das ist mir eine Nummer zu hoch. Ich straffe nochmal ein paar mir verbliebene Muskeln und versuche mich zu konzentrieren. Die Umgebung meines Traumes löst sich langsam auf, vor mir verschwindet die Kulisse des Ostbahnhofs und der grell-orange gekleidete Jeck mit dem unsinnigen Wunsch entpuppt sich als Leuchtpunkt auf meiner Google-Analytics-Seite. Ein Leser aus Köln. Mit mir gesprochen hat er zweifelsohne nicht, aber sein Wunsch ist ein realer: Ich hab heute keinen Artikel für GNIT. Was einem das schlechte Gewissen so für Streiche spielt …

Ich schalte den Monitor aus und gehe ins Bett. Einen Tag lang kommt auch ein Taxiblog ohne neue Artikel aus.

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

Immer dranbleiben!

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Noch ein Blog?

Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.

Diese besonderen Kollegen

Als ich die Tage nach langer Zeit mal wieder ein Taxi als Fahrgast genutzt habe, konnte ich nachvollziehen, warum einige Kunden denken, wir wären alles komische Käuze. Der Fahrer war sehr schnell da, wartete vor der Tür und der Hitze wegen waren alle Fenster geöffnet. Ich nannte die Adresse, sagte vorsichtshalber ein paar umliegende Straßennamen dazu, da es eine eher kleinere war.

„Ach ja, dann ist das ja da hinten bei dem runden Haus!“

Na, äh gut. Wieder was gelernt. Er war nett und der Weg war kein noch so kleines Bisschen zu beanstanden. Selbst dass die Fahrt unter 10 € blieb, schien ihm irgendwie nicht ernstlich wehzutun. Ich hab mal offen eingestanden, dass ich – wenngleich Kollege – die Straße auch nicht gekannt hätte. Das war dann der Start in einen seltsamen Dialog, der mehr ein Monolog seinerseits wurde.

Früher war alles besser – gut, das war abzusehen. Dann war es irgendwie schlimm, dass man heute nicht mehr die ganze Stadt kenne, wobei das natürlich auch mit der Teilung Berlins zu tun hätte, die Stadthälften wären einfach nicht so zusammengewachsen, wie er sich das gewünscht hätte. Und das würden sie wohl auch nicht mehr.

Was an diesem Punkt noch nach einem in sich konsistenten Weltbild klingt, wurde dann ad absurdum geführt, als er sich darüber echauffierte, wie er nun zweieinhalb Stunden warten musste und alles was der Zentrale eingefallen wäre, wäre ihm eine Tour mit dem Ziel Urban-Krankenhaus anzubieten. Ich schluckte kurz, denn das ist gut und gerne eine 25€-Strecke, was will man bitte mehr?

„Na guck Dir die Gegend da doch an! Da fahr ich gar nicht mehr hin, Drecksecke!“

Ich hab ihn gut gelaunt (wie man halt drauf ist, wenn man zum Zahnarzt fährt) seine Brabbeleien gegen die Zentralen und die schlimmen Zeiten abfeuern lassen, am Ende war es für mich schon ok. Mich hat er prima abgelenkt. Als unwissender Kunde möchte ich den Knaben allerdings auch nicht unbedingt als Dienstleister erwischen …