Diese besonderen Kollegen

Als ich die Tage nach langer Zeit mal wieder ein Taxi als Fahrgast genutzt habe, konnte ich nachvollziehen, warum einige Kunden denken, wir wären alles komische Käuze. Der Fahrer war sehr schnell da, wartete vor der Tür und der Hitze wegen waren alle Fenster geöffnet. Ich nannte die Adresse, sagte vorsichtshalber ein paar umliegende Straßennamen dazu, da es eine eher kleinere war.

„Ach ja, dann ist das ja da hinten bei dem runden Haus!“

Na, äh gut. Wieder was gelernt. Er war nett und der Weg war kein noch so kleines Bisschen zu beanstanden. Selbst dass die Fahrt unter 10 € blieb, schien ihm irgendwie nicht ernstlich wehzutun. Ich hab mal offen eingestanden, dass ich – wenngleich Kollege – die Straße auch nicht gekannt hätte. Das war dann der Start in einen seltsamen Dialog, der mehr ein Monolog seinerseits wurde.

Früher war alles besser – gut, das war abzusehen. Dann war es irgendwie schlimm, dass man heute nicht mehr die ganze Stadt kenne, wobei das natürlich auch mit der Teilung Berlins zu tun hätte, die Stadthälften wären einfach nicht so zusammengewachsen, wie er sich das gewünscht hätte. Und das würden sie wohl auch nicht mehr.

Was an diesem Punkt noch nach einem in sich konsistenten Weltbild klingt, wurde dann ad absurdum geführt, als er sich darüber echauffierte, wie er nun zweieinhalb Stunden warten musste und alles was der Zentrale eingefallen wäre, wäre ihm eine Tour mit dem Ziel Urban-Krankenhaus anzubieten. Ich schluckte kurz, denn das ist gut und gerne eine 25€-Strecke, was will man bitte mehr?

„Na guck Dir die Gegend da doch an! Da fahr ich gar nicht mehr hin, Drecksecke!“

Ich hab ihn gut gelaunt (wie man halt drauf ist, wenn man zum Zahnarzt fährt) seine Brabbeleien gegen die Zentralen und die schlimmen Zeiten abfeuern lassen, am Ende war es für mich schon ok. Mich hat er prima abgelenkt. Als unwissender Kunde möchte ich den Knaben allerdings auch nicht unbedingt als Dienstleister erwischen …

8 Kommentare bis “Diese besonderen Kollegen”

  1. Dicker Mann sagt:

    Armer Kerl, Zahnschmerzen können einem echt den Tag versauen. Schluck genugend Tabletten, lass es dir gut gehen und vorallem scheu dir das runde Haus genau an.
    Gute Besserung

  2. Cliff McLane sagt:

    > da hinten bei dem runden Haus!

    Ich dachte, solche Beschreibungen gäb’s nur bei uns in Bayern:
    „Ja, do fohrn’S dann bis zum Huawabauern seim Haus und nachad rechts ’n Berg affe und wenn’S nachand d’Kircha und d’Friedhofsmauer seng, nachad, ja, na san’S vorbeigfohrn, do mejssn’S dann umdrahn und linkerhends den Feijdwe affe, und nachad san’s vo demma Ferienheisl. Ham’S me?“
    (Hochdeutsch: Folgen Sie dem Straßenverlauf bis zum Anwesen des Bauern Huber und biegen Sie rechts ab. Folgen Sie der ansteigenden Straße. Wenn Sie einer Kirche und einer Friedhofsmauer gewahr werden, sind Sie zu weit gefahren. Bitte wenden Sie und biegen Sie links in den ansteigenden Feldweg ab. Sie haben Ihr Feriendomizil erreicht. Alles klar?)

  3. Aro sagt:

    25-EUR-Tour und immer noch meckern. Oh man.

  4. Falcon030 sagt:

    Hat er Angst, dass ihm beim Warten auf den Fahrgast die Räder abmontiert werden?
    Berlin hat ja einige nicht so wirklich schöne Ecken und das mit dem Zusammenwachsen würde ich auch so unterschreiben (und das als Wessi, der im Osten wohnt…), aber von der 70er-Jahre-Bronx sind wir doch noch etwas weg.

  5. elder taxidriver sagt:

    Sash, ich wünsche Dir, dass Du möglichst wenig zum Zahnarzt musst, aber wünsche mir, uns, dass Du öfter mal
    undercover oder overcover als Taxifahrgast unterwegs bist und das hier beschreibst..

  6. Sash sagt:

    @Dicker Mann:
    Ist alles soweit wieder ok – bis aufs Tablettenschlucken. Das muss ich immer noch 🙂

    @Cliff McLane:
    Sowas gibt es überall, versprochen!

    @Aro:
    Na vor allem sie nicht einmal annehmen!

    @Falcon030:
    Wieso beim Warten. Wenn mir die Gegend nicht passt, würde ich halt wieder wegfahren. Aber niemanden dort absetzen? Ich verstehe es nicht …

    @elder taxidriver:
    Ach, mir liegt das gar nicht. Ich hab mehr als die meisten ängstlichen Kunden Schiss davor, ein Arschloch als Fahrer zu haben, weil das natürlich entsprechende Konsequenzen fordert. Aufmerksam bin ich da zwar und gut beschreiben kann ich es sicher auch – aber ich mache es ungern.

  7. Dicker Mann sagt:

    Zum Thema Wegbeschreibungen wie: rundes Haus fällt mir gerade noch eine Geschichte ein:
    Vor gefühlten Tausend Jahren (ich bin nicht nur ein dicker Mann, sondern auch ein verdammt alter Sack) musste ich mal Arzneimittel abends noch zu einer Kundin bringen. Die Dame nannte mir als Adresse: Dorfhintermmondhausen. Es ist das Haus, das im Weg rumsteht.
    Ich hatte selten mal eine präzisere Beschreibung. Das Haus stand in der einen von einer Straße des Dorfes tatsächlich mitten im Weg rum.

  8. Sash sagt:

    @Dicker Mann:
    Es ist ja auch kein Wunder, dass man sich normalerweise mehr an Wegmarken als an Straßennamen orientiert. Je nach Gegend ist das viel sinnvoller und einfacher.

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