Kuriose Geber

Da bin ich am Berghain mal schön mitten aus der Reihe weggekommen. Fünf Franzosen hatten in meiner 1925 zielsicher ein Großraumtaxi gesehen und ich war froh um die schnelle Tour. Fahrtziel sollte das Kotbusser Tor sein, ich überschlug den Preis inklusive Zuschlag auf etwa 9 €.

Die komplette Fahrt über verbrachten wir mit der Suche nach einem passenden Radiosender, das übliche bei frühmorgendlichen Clubtouren. Mir war zwar vorher klar, dass sich das Gesuche für die dreieinhalb Minuten Fahrt kaum lohnen würde, aber wenn die Kinderchen spielen wollen, sollen sie das doch tun 😉

Ähnlich wie bei Spaniern und Italienern grassieren im Kollegenkreis eine Menge Vorurteile über die Trinkgeldfaulheit von Franzosen. Meiner Erfahrung nach ein bisschen aus der Luft gegriffen, aber diese Truppe machte dem Klischee alle Ehre. 5 Leute und kein Trinkgeld bei 9,30 € Gesamtfahrpreis. Ein bisschen bitter, insbesondere da das eine Tour ist, bei der sich im Vergleich zu den anderen öffentlichen Verkehrsmitteln eine halbe Stunde Zeit, 500 Meter Fußweg und ein paar Euro gespart haben. Aber gut, man meckert nicht. Ich hab dem Zahlmeister die 70 Cent Rückgeld gegeben und mich ans Umklappen der Rückbank gemacht. Anders kommt der in der letzten Reihe kaum raus – und wenn es schon kein Trinkgeld gibt, wollte ich gleich zweimal nicht einen blinden Passagier für die restliche Nacht haben 😉

Nun aber fielen die Vorurteile fein säuberlich in sich zusammen. Kaum dass ich den letzten Hansel befreit hatte, kramte er in seiner Hosentasche, reichte mir einen Zweier und bedankte sich für die nette Fahrt. Als ich mich dann wieder ins Auto gesetzt habe, sprang einer der anderen an mein Fenster und drückte mir 50 Cent in die Hand mit einem freundlichen Lächeln. Ich hätte an dieser Stelle losfahren wollen, aber die Beifahrertüre stand noch offen. Ich lehnte mich also hinüber, um die Tür zu schließen. Auf dieser Seite des Wagens stand noch der junge Kerl, der mich bezahlt hatte, und offenbar dachte er angestrengt über etwas nach. Dann wandte er sich mir zu und entschuldigte sich für seine Unverschämtheit und gab mir die 70 Cent Wechselgeld zurück. Die Tür hat er dann auch noch zugemacht.

Äh… wow?

Also meiner bescheidenen Meinung nach dürften alle Touren so laufen 😀

Sash im Radio

Ich hab es zu Monatsbeginn schon mal hier und da fallen lassen, morgen ist es dann soweit. Ich werde live im Online-Talk von DRadio Wissen gewissermaßen Rede und Antwort stehen. Themen werden natürlich das Taxifahren und das Bloggen sein, aber natürlich auch meine derzeitige Nominierung für die Deutsche Welle Blog Awards. (dabei könnte ich noch möglichst viele Stimmen gebrauchen, mein erster Platz wird gerade erobert…)

Da die Sendung aber eine glatte Stunde dauern wird, werden sicher auch andere Dinge zur Sprache kommen – ich muss mich da selbst ein wenig überraschen lassen.

Vor allem hoffe ich gerade, dass das auch gut läuft, was aber weniger mit dem Interview selbst, als mehr mit meiner Stimme zu tun hat. Ich Depp bin einfach mal spontan 2 Tage vor dem Radio-Interview heiser geworden, kämpfe aber im Augenblick, da ich diese Zeilen schreibe, mit Erkältungstee dagegen an. Sind wir mal guter Dinge! 🙂

Jetzt wollt ihr wahrscheinlich auch noch wissen, wann und wo, oder?

Samstag, 14. April 2012
DRadio Wissen
11 – 12 Uhr (live!)

DRadio Wissen ist nur digital zu empfangen, einen Live-Stream gibt es direkt auf der DRadio-Wissen-Seite. Später gibt es das Ganze wohl auch noch als Podcast, da werde ich den Link – sobald ich ihn habe – nachreichen.

Ich würde ja sagen, ich freue mich, von euch zu hören. Tatsächlich müsst ihr euch jetzt aber freuen, von mir zu hören. So ist das Leben 😀

Und nicht vergessen: Abstimmen bei den BOBs!

Update: Klappt leider wirklich nicht… 🙁

Weisheit

Marco, 23, aus Lichtenberg:

„Kein Führerschein is so günssich wie Taxi! Ich liebe mein Au-Audo, aber wennischedunken hab, dann lassischs stehn!“

Politische Bildung

Eigentlich war es ja eine strunzdumme Idee von mir. Es war nix los auf den Straßen rund um Ostern, die Aussicht auf Winker war also denkbar gering. Zumindest in Friedrichshain. Also bin ich einfach mal spontan die Danziger hoch bis nach Prenzlauer Berg gegurkt. Schön viele Leerkilometer ansammeln. Dort angekommen stellte ich natürlich fest, dass es hier genauso aussieht. Also hab ich mich kurz nach 0 Uhr als einziges Taxi an die Kulturbrauerei gestellt. Sogar auf die legale Halte!

Eine Zigarette und dann mit dem Gefühl abhauen, man hätte es ja versucht. Soweit mein eher wenig geschäftsorientierter Plan.

Aber wie immer kam es anders: Ein dickbäuchiger Rentenanwärter ließ sich in mein Taxi fallen, das umgehend auf der rechten Seite in die Knie ging. Sein kariertes Hemd wölbte sich bedrohlich unter dem grauen Jackett hervor und ich erwartete jeden Moment, dass ein oder zwei Knöpfe dem Druck nicht mehr standhielten und mir entgegenfliegen würden. Sein zerzaustes graues Haar umrahmte das knallrote Gesicht, er hatte zweifelsohne ein bisschen einen im Tee. Er würde gern nach Weißensee.

Kurz darauf begann er ein wenig zu meckern, über die Kneipenlandschaft und dass das ja alles nicht mehr so dolle sei:

„Ich mein, man kann sich nirgends mehr über Politik unterhalten. Da kommense alle an mit: Och nee, der schon wieder mit seiner Politik. Früher haben wir uns nur über Politik unterhalten!“

Insbesondere da ich nicht wusste, wessen Geistes Kind er nun genau ist, hab ich mich auf die Verteilung von Allgemeinplätzen beschränkt. Jaja, auch im Taxi nur Smalltalk… dazu ein bisschen nettes Zureden, dass es durchaus auch andere gibt. Und einen davon glaubte er (nicht ganz zu Unrecht) in mir gefunden zu haben. Er schnitt zunächst für vielleicht zwei Minuten das Thema Rechtsextremismus an, dann aber wanderte das Gespräch witzigerweise auf die Metaebene. Sprich: Anstatt nun die Möglichkeit zu nutzen, mit mir über Politik zu reden, begann er, darüber zu reden, über Politik zu reden.

Im Großen und Ganzen blieb es eine recht politikarme Fahrt, dafür wurde sie aber länger als geplant. Mindestens 2 € haben ihn letzten Endes die Umwege gekostet, die er mir aufzwang, um „noch ein bisschen über Politik zu reden.“

Ein seltsamer, aber netter Vogel, der sich am Ende herzlich bedankte und mir versicherte, er würde ja – wenn man sich nur darauf verlassen könnte, solche Fahrer wie mich zu treffen! – viel lieber den Abend im Taxi verbringen als in der Kneipe. Er gab am Ende auch gute drei Euro Trinkgeld, er meinte es offensichtlich ernst. Ich habe ihm vielmals gedankt, erwidert dass es ein tolles Gespräch war und wollte gerade mein Portemonnaie wegstecken. Da meinte er plötzlich mit einem Grinsen:

„Ha! Jetzt hätte ich ja fast vergessen, dass ich von ihnen noch 50 € verlangen könnte als Gebühr für die politische Bildung.“

Ich hab das Spielchen mitgespielt:

„Da haben Sie natürlich Recht. Bevor wir das ausdiskutieren, möchte ich aber darauf hinweisen, dass ich wortgewandt genug bin, um sie zu überzeugen, dass ICH ihnen diese Gebühr in Rechnung stellen müsste.“

Beidseitiges Lachen und Abgang.

Hab mich selten so nett „über Politik“ unterhalten 🙂

Taxitest in Wien

Mal sowas wie ein richtiger Test

„Die Presse“ in Wien berichtet über einen Test der Taxifahrer in der Österreichischen Hauptstadt. Am hier online verfügbaren Artikel ist einiges anders als bei den bisherigen Taxitests, dich ich so verfolgt habe. Vor allem aber eines:

Es ist nicht der Test irgendeines hibbeligen Lobbyverbandes wie des ADAC, sondern eine Überprüfung seitens der Taxiinnung selbst. Wahrscheinlich wegen der besseren Kenntnisse über das Gewerbe, sowie des doch (auf Wien) begrenzteren Operationsgebietes, wurden hier offenbar tatsächlich 300 (!) Fahrten in einer einzigen Stadt ausgewertet und 150 weitere harren noch ihrer Auswertung. Im Gegensatz zu den meisten „Tests“ geht das so langsam wirklich in die Richtung „repräsentativ“, was ich sehr löblich finde.

Ich bin ja alles andere als ein Kontrolljunkie, aber wir hier in Berlin merken ja sehr deutlich, wie es sich anfühlt, wenn von Überprüfungen lediglich gesprochen wird, nie aber gehandelt.

Wie (auch aus dem fernen Berlin) zu erwarten war, ergaben sich als Hauptprobleme die Ablehnung kurzer Fahrten, sowie Umwege.

Sehr schön finde ich beispielsweise den Ansatz, mit den Fahrern zu reden und ggf. auch über Anzeigen nachzudenken. Die, die sich sonst zu Taxi-„Tests“ berufen sehen, suchen zwar auch immer wieder nach den negativen Auswüchsen des Gewerbes, führen sie aber lediglich vor. Hier scheint es mal tatsächlich um Verbesserungen zu gehen.

Deprmierend: Die Ergebnisse

Dass tatsächlich ein paar Autos wegen technischer Mängel „umgehend aus dem Verkehr gezogen“ wurden, hinterlässt mich ein wenig erstaunt, noch mehr erstaunt mich aber die Aussage des Fachgruppenobmanns (klingt immerhin wichtig 😉 ) Christian Gerzabeck, der sich wie folgt zitieren lässt:

„Ich bin mit dem bisherigen Ergebnis zufrieden, es ist besser ausgefallen als erwartet.“

Wenn ich das so höre, dann drängt sich mir der Verdacht auf, dass es in Wien tatsächlich schlechter aussieht als hier in Berlin.

Etwas daneben fand ich auch die Begründung mit den Testern. Diese seien „bewusst sehr provokant aufgetreten“ und hätten sich auch als nichtdeutschsprachige Gäste und Behinderte ausgegeben. Da offenbart sich dann einmal mehr die Schwierigkeit beim Bewerten von Dienstleistungen. Was ist provokant? Ich hoffe mal, dass das nicht auf nichtdeutschsprachig und behindert bezogen war, aber es andererseits unhöflich oder dreist bedeutet, wäre das in der Tat auch eine Erklärung für vieles.

Ich persönlich würde es ja begrüßen, wenn sich in Berlin mal irgendwer fürs Taxigewerbe interessiert, BEVOR wir über ein Drittel beanstandenswerte Fahrten urteilen, es sei „besser als erwartet“.

PS: Wer daran interessiert ist, was einem sonst so als Taxi-Test verkauft wird, kann ja mal die hier lesen.

Einschleimen bei den Lesern

Ja Leute, ich muss mich mal wieder bei euch einschleimen und mich bedanken. Denn: Gründe gibt es derzeit viele. So hat GNIT beispielsweise inzwischen die Marke von 500.000 Besuchen geknackt. Je nach Zählweise (also Zählprogramm) mehr oder weniger, aber selbst wenn es in Wahrheit nicht stimmen würde, dann ist doch auch „ungefähr eine halbe Million“ bereits ein beträchtlicher Wert. Mag zwar sein, dass ich auch schriebe, wenn niemand es lesen würde, aber euer Feedback und die viele Diskutiererei macht die Sache doch um einiges angenehmer.

Irgendwem – vielleicht auch mehreren – habe ich dann auch noch die Nominierung bei den BOBs zu verdanken. Da bettele ich übrigens immer wieder gerne um Stimmen. Einmal täglich kann man hier (Facebook-, Twitter-, OpenID- oder sonstwas-Account vorausgesetzt) bis zum 2. Mai 2012 abstimmen und bisher scheine ich sogar Chancen auf einen Sieg zu haben.

An dieser Stelle sei aber auch der Blog von Jule empfohlen, der bei den BOBs zwar quasi Konkurrenz ist, den ich aber sehr zu schätzen gelernt habe. Jule gönne ich die Stimmen ebenso, lest einfach mal rein!

Ja und dann haben sich in letzter Zeit einige Leser in mein Taxi begeben. Martin von buntklicker.de und Daniel von brombeerfalter.de sind zwar die einzigen verlinkbaren, aber eben nicht alle. Daniel hat es zwar nicht wirklich bis IN mein Taxi geschafft, aber ich zähle ihn einfach mal zu den Ehrengästen, weil er sich mit Chilisauce und Tomatensuppe äußerst sympathisch eingekauft hat in mein Leben 😀

Aufgrund meiner eher spartanischen Arbeitszeiten ist es wirklich nicht leicht, mich auch tatsächlich im Auto zu erwischen, manch anderer hat es mehr oder minder erfolglos via Telefon versucht, was immerhin auch spaßig war 😉

Es freut mich wirklich ungemein, dass mein Blog bei euch Interesse weckt und ich hier und da ein paar nette Minuten mit euch verbringen kann. So hohl und überstrapaziert es auch klingen mag: Lob und Anerkennung sind dann doch irgendwie die schönste Entlohnung für all das Schreiben. Und hey, für alle Misanthropen da draussen, die mich gar nicht sehen wollen, bleibt ja noch mein Amazon-Wunschzettel

Mal ganz ehrlich: Auch wenn ich hier und da mal absagen muss, dies oder das nicht klappt oder die Entfernung ein zu großes Hindernis darstellt: Ich freue mich darüber, dass all das hier nicht hinter verschlossenen Türen, sondern offen im Netz mit euch allen passiert. Ich freue mich über persönliche Treffen, Kommentare – aber natürlich auch über liebenswerte Weiterempfehlungen dieser Seite.

Ich hatte neulich ein Gespräch mit einem Kollegen, bei dem es unter vielem anderen auch um die Zufriedenheit mit dem Job ging. Im Gegensatz zu mir war er ein wenig am Zweifeln: Schon so viele Jahre, eigentlich hab ich doch ganz andere Ideen, bla keks…
Immer wenn ich so etwas höre, denke ich mir: Vielleicht hast du recht, aber ich hab auf der anderen Seite noch ein paar tausend Leute, die mögen, was ich mache.

Und das ist fantastisch! Deswegen das Geschleime. Vielen Dank euch allen!

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

Immer dranbleiben!

Abonniert doch den RSS-Feed von GNIT. Mehr von Sash gibt es außerdem bei Facebook und bei Twitter.

Noch ein Blog?

Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.

Schnabbeno!

Ja, tatsächlich: So hat sie das gesagt.

„Schnabbeno!“

Wenngleich sie aus einer ganz anderen Ecke in Deutschland kam, hat mich nur mein 25jähriges Schwäbisch-Studium gerettet und mich auch wirklich das verstehen lassen, was sie gemeint hat:

„Schönen Abend noch!“

An dieser Formulierung hing wenigstens keine Adressenfindung mehr. Ganz anders bei der Frau in den Vierzigern, die mit ihrem geblümten Kleid etwas schüchtern an die Taxischlange am Ostbahnhof getreten ist. Sie wollte nur eine kurze Auskunft, nämlich wie viel ein Taxi zur Schönfelder Straße kosten würde, da müsse sie später am Abend hin. Das hat mir erstmal gar nix gesagt, was sich auch umgehend als gute Ortskunde erweisen sollte. Das Navi spuckte nicht wie üblich mehrere Straßen als Ergebnis aus, sondern gar keine. Gibt es offensichtlich nicht. Das aber beeindruckte die Kundin in spe nicht, denn sie meinte gleich:

„Kann auch Allee heißen oder so, so genau weiß ich das nicht…“

„Dann sollten sie den genauen Namen aber besser noch in Erfahrung bringen, denn wenn es nachher um eine Schönefelder oder Schöneberger geht, da haben wir dann reichlich Auswahl an Straßen, Alleen und Chausseen. Wo wollen sie denn da genau hin?“

„Ich weiß auch nicht, da ist so ein Club…“

„Dann vermute ich mal, sie meinen die Schönhauser Allee?“

„Ah ja, das kann sein.“

„Da gibt es zumindest ein paar Clubs, das kostet dann je nachdem so 11 bis 13 € von hier aus.“

Zugegeben, man kann auch noch ein paar Euro mehr ausgeben, die Schönhauser ist lang. Aber die meisten Clubs liegen dann doch eher in der südlichen Hälfte der Straße. (Bei der Karte im verlinkten Artikel hat Google übrigens einmal mehr die Routen nachträglich geändert, so dass die nördlichste weggefallen ist.)

Kleiner Fun-Fact am Rande:

Immer wenn es um den Namen der Schönhauser Allee geht, muss ich an die Zeit denken, in der ich wie blöde auf den P-Schein gelernt habe. Damals meinte meine bessere Hälfte nämlich anerkennend, dass ich als Zugezogener ja doch zumindest ein paar Probleme mehr hätte, da ein Berliner niemals in die Verlegenheit käme, bei der Schönhauser nicht sofort zu wissen, dass es „Allee“ heißt und nicht „Straße“. Da kann ich allerdings zugewanderten P-Schein-Aspiranten mitgeben: DAS ist noch das kleinste Problem 😀