Sie nerven!
Kollege Albert und ich hatten neulich mal wieder das Vergnügen mit ewig herumlamentierenden Typen, die uns überreden wollten, sie für einen Festpreis nach Spandau zu bringen. Egal, was wir sagten, es half alles nicht. Und am Ende hat sie dann ein „Kollege“ irgendwo von hinten in der Reihe mitgenommen…
Wie sind die allgemeinen Regeln zu Festpreisen?
In aller Regel ist ein Festpreis innerhalb unserer Pflichtfahrgebiete nicht erlaubt. Natürlich gibt es Ausnahmen wie z.B. die Kurzstrecke in Berlin oder spezielle Flughafen-City-Preise in anderen Städten. Ganz allgemein ist es jedoch so, dass sich der Preis für eine Taxifahrt nach der Strecke und dem Zeitaufwand bemisst – was das Taxameter uns freundlicherweise vorrechnet.
Taxis sind eine Form des öffentlichen Nahverkehrs und als solche an einen Tarif gebunden. Das alles ist gesetzlich festgelegt und auch wenn es viele (unwissende) Meinungsäußerungen zum Thema gibt, sind wir in diesem Punkt nicht so frei, wie das Gewerbe an und für sich erscheinen mag.
Warum machen dann manche Taxifahrer Festpreise und andere nicht?
Ganz ehrlich: Weil manche Taxifahrer Idioten sind und andere nicht.
Zum einen gibt es die Abzocker, die Festpreise gerne annehmen im Wissen, dass der Preis laut Taxameter günstiger wäre. Glaubt mir: Wir können Fahrten teilweise sehr genau einschätzen, auch wenn die Zählweise des Taxameters für Kunden manchmal undurchsichtig und unberechenbar erscheint.
Dann gibt es die Verzweifelten: Da die meisten Taxifahrer nach Umsatz bezahlt werden, haben sie auch was davon, eine Tour zu fahren. Manch einer, der befürchtet, ohne diese Tour noch lange unbezahlt zu warten, nimmt auch gerne mal eine Fahrt zu einem niedrigeren Preis an.
Das besondere Völkchen der Schwarzfahrer kommt dann noch dazu: Als Angestellter bekommt man nur rund die Hälfte pro (im Taxameter) verbuchter Fahrt, als Selbständiger muss man für jeden (protokollierten) Umsatz Steuern zahlen. Wenn man „die Uhr“ auslässt, kann das für ganz passable (Neben-)Einkünfte sorgen.
Ich vermittle gerne ein gutes Bild von uns Taxifahrern, Tatsache ist aber, dass ein Festpreis in der Regel nicht einfach akzeptiert wird, damit der Kunde ein besseres Gefühl hat oder weniger zahlt. Meist geht es schlicht ums eigene Geld und im Zweifelsfall wird der Chef oder der Staat beschissen bei dieser Rechnung. Da kann man geteilter Meinung zu sein, aber so ist es.
Ich will aber wissen, was ich bezahlen werde! Wie soll ich das ohne Festpreis denn machen?
Das Taxameter zählt keine Fantasiebeträge. Man kann es einschätzen. Auch wenn man das als gelegentlicher Kunde nicht unbedingt sehr gut kann: Wir Taxifahrer können das. Natürlich nicht unbedingt auf den letzten Cent genau, aber doch oft sehr akkurat. Und wenn es am Ende um den einen Euro geht, bleibt immer noch die Option, die letzten 500 Meter zu laufen.
Vor allem die verängstigten Wenignutzer von Taxen können doch am wenigsten einschätzen, wie hoch der Preis eigentlich sein müsste. Seid froh, dass es die ehrlichen Taxifahrer gibt, die ggf. auch mal sagen:
„Nein, ein Zehner Festpreis ist nicht drin, aber wir kommen laut Uhr sowieso nur auf acht Euro.“
Aber eine Ausnahme wird doch mal drin sein, oder? 😉
„Keine Regel ohne Ausnahme“ sagt ein bekanntes Sprichwort. Natürlich trifft das auch hier zu. Meist haben wir technisch die Möglichkeit, die Uhr während der Fahrt auszumachen und natürlich wird sowas auch mal von aufrichtigen Taxifahrern gemacht, wenn sie erkennen, dass ein Notfall vorliegt. Aber – und das hab ich auch zu den Festpreisverhandlern mit ihrer Spandau-Tour gesagt:
„Was macht euch zu einer besseren Ausnahme als die drei vor euch, die mich dasselbe gefragt haben?“
Taxifahren ist nicht günstig, aber auf der anderen Seite werde ich dennoch nicht reich damit. Die Verbilligung, die immer und immer wieder (in mancher Nacht fünf mal…) gefordert wird, ist nichts weiter als eine Bitte um eine Verringerung meiner Einkünfte. Da können wir schon finanziell nicht ständig nachgeben. Und ich persönlich hebe mir den kleinen eventuell vorhandenen Spielraum lieber auf, um irgendwann mal in einer kalten Regennacht einen frierenden Obdachlosen vom Wald zu einer Notunterkunft zu bringen als bei irgendwelchen Typen eine Ausnahme zu machen, die zwei Tage vor Monatsende ihr ganzes Geld versoffen haben und keine Lust haben, 20 Minuten auf die S-Bahn zu warten. Da ist man dann auch aus Überzeugung unnachgiebig!
Diese Haltung „Mach‘ mal ’nen vernünftigen Festpreis“ ist so ziemlich das einzige, was mir die Nachtschicht verleiden kann. Besonders wenn sie von Grüppchen von 3 oder 4 Leutz stammt. Die legen ohnehin im Zweifel für den Fahrpreis zusammen und feilschen somit vllt um 25ct pro Nase. Absolut unterirdische Einstellung, wenn vorher der Caipi 4,50€ gekostet hat…
Zudem: Warum sollte ich? Taxiunternehmen sind zwar dem ÖPNV zugerechnet, aber trotzdem dazu verdammt, Gewinn einzufahren, wir sind weder die Heilsarmee noch ein sozialer Fahrdienst. Und… ich bessere mein Karmakonto lieber dadurch auf, dass ich des nächtens eine junge Frau halt 500m unentgeldlich weiter fahre bis zum Ziel oder den von Sash angesprochenen Obdachlosen zur nächsten Wärmequelle.
Einen geeigneten Satz zum Abblocken solcher Ansinnen finde ich auch: „Wann hast du das letzte Mal bei ’nem Busschaffner erfolgreich den Fahrpreis runtergehandelt?“ 🙂
Bleib hart!
Diese Schnäppchenmentalität geht mir persönlich auf den nicht vorhandenen S….; haben wir MediaMarkt / Saturn und den anderen Billigbrüllern zu verdanken. Die Leute sind da richtiggehend „schizophren“ – die Arbeit, Warten auf Kunden, die Nacht um die Ohren schlagen, den Wagen von K… befreien, wäre ihnen zu schwer und zu wenig lukrativ, aber leistungsgerechte Bezahlung reklamieren sie nur für sich selbst.
Hi, ein guter Artikel wie ich finde! Meiner Meinung nach ist dieser Blog sehr gut, denn hier kann man sehen wie das Leben eines Taxifahrers ist! Mach weiter so und ich freu mich schon auf eine neue post!
Ah, es gibt wieder Spam 😉 Wenn es vegetarisch wäre, könnte ich endlich mal sagen: Lecker!
und genau wegen solchen „kollegen“, die darauf eingehen, wird es immer wieder verhandler geben, denn sie wissen genau, irgendeiner gibt mal nach. die leute wollen waren, service, alles möglichst billig, juhu! all das würde es irgendwann nicht mehr geben, wenn die preise stetig ins unterirdische gehandelt werden. es ist überall das gleiche mit den centdrückern (handel lässt grüßen). ist schwer zu begreifen dass man etwas das man in anspruch nehmen will auch finanzieren muss. jedes mal wenn ich das erlebe denke ich mir abgesehen vom moralischen und logischen fail auch, mir wäre das grundsätzlich einfach viel zu _peinlich_.
mein statement dazu: „entschuldigung, steht hier irgendwo -türkischer basar-?“ und gar nicht viel rechtfertigen oder diskutieren, dann wird es nach meiner erfahrung umso langatmiger.
deine überzeugung ist voll in ordnung.
@Ms Taxi
Wo gibts Caipi für 4,50 € ?? ;o))
@petra
Bei uns auf der Schülersäufermeile zur Happy-hour als Warming-up für die Ein-Euro-Party. Ich hab den noch nie getrunken und wage sicherheitshalber nicht, mir vorzustellen, wie der schmecken mag. Ich oute mich aber gerne als Snob, ich trinke auch keinen Fertigglühwein aus dem Tetra-Pack, wenn schon Alkohol, dann lieber wenig, aber dafür geschmackvoller. 🙂
Danke für die Zustimmung. Manchmal muss es einfach raus. Ich hab zwar in letzter Zeit nicht viel darüber gebloggt – meist erledigen sich diese Gespräche ja mit ein oder zwei Sätzen – aber es ist auf Dauer echt nervig.
„Machst du Festpreis?“ – „Klar. 500 pauschal. oder auf Uhr.“ Thema durch 😉
Wo (meiner Erfahrung nach) eigentlich jeder Taxifahrer die Uhr ausmacht, wenn das Taxi falsch gefahren ist und der Fahrer schuld ist.
@SaltyCat:
Ja, aber meist läuft das ja eher so:
„Wie viel kostet es nach xy?“
„30.“
„30? Mach mal 25.“
Insofern ist dein Vorschlag meist nicht so gut in die Gesprächsführung zu integrieren. Aber vom Prinzip her hast du Recht. Ich hab nach so einer Anfrage z.B. auch schon gesagt: „Nö, lieber 35.“ Und auf die fragenden Gesichter bezogen hab ich dann gesagt: „Ist genauso illegal, bringt mir aber mehr…“
@Anonymous:
Das sind ja dann aber auch ganz andere Voraussetzungen.
[…] Deutschland e.V. (563) 69. Stil in Berlin (573) 70. Kunzfrau Kreativ(578) 71. die ennomane (585) 72. Gestern Nacht im Taxi (614) 73. Gentrification Blog (623) 74. Der Klima-Lügendetektor (625) 75. Soulkombinat (630) 76. […]
Sash: das meine ich doch 🙂 Dass der situationsbedingt angepasst werden muss, ist doch eh klar 🙂 „mach mal 25“ – „plus handelsgebühr, macht dann 50“ …
Manche Festpreisverhandler erweisen sich im Nachhinein doch noch großzügig, so erstaunlich es auch klingt.
Hatte neulich einen, der fragte was es nach dreidörferweiter kostet. Ich: 30 Euro. Er den neben mir stehenden Kollegen gefragt, der ebenfalls 30 Euro. Er mich wieder gefragt „Fährst du mich auch für 29?“ Kollege dreht sich lachend weg, ich nicke und der Fahrgast steigt ein. Tür noch offen, Geldbörse rausgeholt „lass mich mal gleich zahlen“, holt einen Fünfziger raus und meint „mach mal 35“
@Uwe:
Ach ja, die GFPZ – die gönnerhaften Festpreiszahler.
Hab ich auch hin und wieder:
http://gestern-nacht-im-taxi.de/wordpress/2009/07/12/die-gfpz-sind-wieder-da/
In dem von dir geschilderten Fall finde ich allerdings, dass auch ein bisschen Verarsche mitschwingt. Beziehungsweise viel eher die Legitimierung von Festpreisen. Dass es um einen Euro nicht geht bei der Tour, ist wohl klar – insbesondere nach der Bezahlung. Letztlich isses doch auch nur ein Ausspielen der Fahrer gegeneinander: „Brav, du hast wie gewollt billiger gemacht.“ Dass die Belohnung durch Geld erfolgt, macht die Sache albern, aber nicht weniger traurig.
Ich hab ja oben geschrieben: Natürlich kann man mal eine Ausnahme machen – ich bin ja nun nicht der Typ, der irgendwie dauernd kundenunfreundlich ist. Aber wieso soll ich auf jemanden eingehen, der mit mir grundlos um einen Euro handeln will?
[…] ganz abgesehen davon, dass ich das ohnehin unerträglich öde und nervig finde, stand die Uhr bei 6,20 €, der Club war noch 3 Kilometer entfernt und es gab da noch eine […]
[…] Ich hab es ja derletzt geschrieben: Ich bin kein Freund von Festpreisen. In dem Fall war es aber besonders ärgerlich. Nicht nur, dass der Kerl nett war – er hat es einfach verpennt. Auch wenn die Fahrt weit unter der Maximalstrecke von 2 Kilometern liegt, wäre der Normaltarif dennoch noch saftiger gewesen. Unter freundlichen Belehrungen über den “neuen” Tarif hab ich ihm aber bedeutet, einzusteigen. Abgesehen davon, dass er nicht nach dem neuesten Tarif gegoogelt hat, hat der Kerl ja alles richtig gemacht: Extra Geld zurückgelegt, höflich angefragt und das mit der Kurzstrecke auch noch gleich zu Beginn gesagt. Außerdem war der Kerl verdammt nochmal bereit, 3,50 € für wirklich nur ein paar Meter Fahrtweg zu bezahlen! […]
Hab leider kein „Gefällt mir-Button“ zum klicken gefunden. Wieder eine Nachtschicht hinter mir, und wieder Preisdrücker! Hab vor 6 Wochen einen Vito für 8 Fahrgäste zugelegt. Die Leute versucgen sogar den Peeis von 15€ für 7 Personen zu drücken. Das wären ca 8,5 km. Haben nicht mal einen Großraumzuschlag für Cuxhaven. Sind ca. 25 Cent auf einen Kilometer pro Nase. Meine Antwort, nur Laufen ist günstiger! Ich muss erwähnen, wir haben in Cuxhaven ein Riesenproblem mit 2 Mietwagenfirmen, die zu „S(chr)pottpreisen“ fahren. Auswärtige werden dann natürlich übern Tisch gezogen! Die halten sich überall bereit, selbst die Polizei schaut weg und lassen sich eher mit uns auf Diskussionen ein, dass der Stellplatz von den Minus auf einem Privatparkplatz sei und die daher nichts machen könnten! Auf meine Aussage, dann könnte ich da ja auch jemanden umbringen wurde natürlich gleich geantwortet ich dürfe das nicht! Ich sagte doch, ist ja ein Privatgelände, also interessiert das doch niemanden! Ich denke, Eigentum verpflichtet und Bundesgesetzt gilt vor allen anderen Gesetzen und hat auch ihre Gültigkeit innerhalb der deutschen Grenzen! Alles andere ist Anarchie! Ebenso die Genehmigungsbehörde, die machen auch nichts! Hat da jemand Erfahrungen?
Leider kenn ich auch die andere Seite, ich arbeite in einem Zeitarbeitnehmer Überlassungs Unternehmen.
Eines Tages musste Personal von uns in der Nacht von Punkt A nach Punkt B sowohl 4 Leute als auch das Navi des Taxifahrers sagten das Ziel an mit einer Kalkulation von cirka 15 Euro. (um ein zwei Euro will ich jetzt hier nicht feilschen.)
Allerdings verfuhr sich der Taxifahrer dermassen das am Ende über 70 Euro !!!! auf der Uhr standen.
Trotz Beschwerde musste unser Personal denn Preis bezahlen. Und wir rennen jetzt dem Geld hinterher.
Aber an und für sich hast du recht. Wenn ich privat ein Taxi nehme und nicht sicher bin ob das Geld reicht, frage ich vor der Fahrt was es ungefähr kostet. ( mit Uhr)
Auch Ihr müsst euer Geld verdienen. Aber Beispiele wie oben bezeichne ich als vorsätzlicher Betrug.
@max epstein:
Das ist natürlich wahr, das gibt es auch. Und ich blogge hier natürlich vornehmlich von der Seite des ehrlichen Kutschers aus. Die Problematik mit den „Kollegen“ spreche ich in anderen Einträgen an.
Der von Dir genannte Fall ist wirklich übel, da widerspreche ich auch keinesfalls. Ob es ein vorsätzlicher Betrug war – wer weiß? – auf jeden Fall wäre es ein Grund gewesen, eine Ausnahme in dem Sinn zu machen, die Uhr auszuschalten. Das hat ja auch nichts mehr mit Festpreisen zu tun, sondern mit Umwegen. Und da sollte man kulant sein als Taxifahrer, wenn man sich vertut.
(wobei sich um über 50 € vertun durchaus rekordverdächtig ist 0.o)
für sowas gibt’s den Rückfahr knopf
@Muri:
Wo immer der sich auch bei Dir befinden mag …
Hallo, danke für den Blog. Ich fahre nicht oft mit dem Taxi aber mein Mann ist aus geschäftlichen Gründen überwiegend mit dem Taxi unterwegs. Wichtig ist dabei für uns das Preis-Leistungs-Verhältnis. Sauberkeit und Verlässlichkeit sind da am wichtigsten natürlich neben der Pünktlichkeit. Und wenn man zu zweit oder dritt unterwegs ist, dann lohnt sich das auf jeden Fall !
Danke für diesen interessanten Bericht über Festpreise im Taxi. Ich fahre regelmäßig mit einem Taxi aus unserer Ortschaft und mein Taxifahrer hat mir zuletzt von der Sache mit den Festpreisen erzählt. Interessant, dass man das Taxameter auch einschätzen kann.