Welches Taxi? Egal.

Es gibt ja ein paar Kleinigkeiten, die mir nicht so gefallen am Taxigewerbe. Zum einen wäre da natürlich die eine Stelle vor dem Komma bei der Gehaltsabrechnung, die irgendwie immer fälschlicherweise leer ist, zum anderen der schwierige Spagat zwischen „dem großen Taxigewerbe“, das für alle Kunden überall und immer perfekt funktioniert auf der einen und dem einzelnen Fahrer oder Unternehmer mit einer eigenen Abrechnung und Arbeitseinstellung auf der anderen Seite.

Das klingt jetzt etwas arg theoretisch, aber was ich meine, kennen viele Kollegen die nach Funk fahren zur Genüge.Man hat als Fahrer eine Stunde lang die Position am Stand verteidigt, sich gelangweilt und geärgert, kein Geld verdient. Dann bekommt man einen Auftrag 2 Blocks weiter und kaum, dass man da ist, kommt von der Zentrale die Nachricht, dass die Fahrt storniert wurde, weil die Kunden ein anderes Taxi herangewunken haben.

Aus Kundensicht ist das irgendwie verständlich, denn schließlich sollen Taxen ja überall möglichst schnell da sein und immer verfügbar. Welches Taxi das jetzt genau ist, spielt im Grunde erst einmal keine Rolle, in der S-Bahn fragt ja auch niemand nach dem Namen des Fahrers. Für uns Taxifahrer ist das natürlich ein Problem. Wir kriegen nur unsere Fahrten bezahlt und es ist für uns im Grunde immer ärgerlich, wenn ein Kollege eine Tour wegschnappt.

Als stummer Fahrer bin ich da ja nur selten von betroffen. Ich bemühe mich, keine Fahrten zu klauen und den Kunden zu erklären, dass es für den Kollegen jetzt wirklich ärgerlich ist, wenn ich sie mitnehmen würde – was entweder für Verständnis oder aber für ziemlich böse Beschimpfungen sorgt. Und das ist immer eine blöde Situation, denn je lieber der Fahrgast bei mir einsteigen will, desto egaler ist ihm das Ganze letzten Endes. Da steckt man schonmal in einer moralischen Zwickmühle.

Aber vereinzelt hat man solche Situationen auch ohne Funk.

Letztes Wochenende bin ich in den frühen Morgenstunden am Breitscheidtplatz vorbeigefahren und dann in die Tauentzienstraße. Dort wird fleißig gebaut, damit die Touristen die Gedächtniskirche nicht selbst fotografieren, sondern Ansichtskarten ohne Baustellenhintergrund kaufen, deswegen ist die Straße dort auf eine Spur in der Breite begrenzt. Nun kam es wie es kommen musste. Ein junger Mann winkte mich heran und fragte mich, ob ich auch 5 Leute mitnehmen würde. Mache ich ja sehr gerne, nur dummerweise waren die anderen noch nicht zu sehen. Hinter mir reihten sich inzwischen etwa so viele Autos auf, wie normalerweise in einem ganzen Quartal um diese Uhrzeit dort auftauchen und so bemühte ich mich um eine Lösung:

„Klar, kann ich machen. Hier halten ist jetzt aber ein wenig blöd. Ich halte da vorne am Eck.“

und deutete auf die nächste Querstraße, etwa 40 Meter entfernt. Dort positionierte ich mich dann höchst illegal, aber wenigstens ohne den Verkehr auf Rush-Hour-Niveau anzustauen. Binnen der nächsten zwei Minuten krochen, taumelten und torkelten langsam aber sicher erst zwei, dann drei und letztlich fünf Gestalten aus einem Fastfood-Laden auf den Gehsteig. Nur keine Eile…

Und dann passierte das nächst Naheliegende. Die fünf nun alle direkt an der Straße befindlichen Typen guckten etwas doof in der Gegend herum, winkten sich dann ein zufällig auftauchendes Großraumtaxi heran und stiegen ein. Ich kann es wohl als freundliche Geste sehen, dass sie mir nebenbei eine „Zisch-ab“-Handbewegung zukommen ließen.
So sehr ich dem Kollegen die Fahrt gönne: In so einem Moment werde ich innerlich zum Höhlengnarf! Natürlich haben mich die zwei Minuten Wartezeit nicht umgebracht, aber es nervt echt ziemlich.

Mal abgesehen davon, dass das prinzipiell Arbeitszeit ist und wir sicher eine ziemlich lustige rechtliche Lage hätten, wenn ich das Taxameter in so einem Fall schon anschalte und dann auf die Bezahlung bestehe: Denkt als Kunden doch auch mal dran, ob ihr das mit einem Kumpel machen würdet.

Anrufen, bzw. sagen:

„Wart mal kurz!“

Und dann einfach mit einem anderen Freund abhauen. Das wären meine 2 Cents zum Thema.

Andererseits ist es natürlich gerade beim Bestellen scheiße, wenn das Taxi in 5 Minuten versprochen wird und dann nach 10 Minuten immer noch nicht da ist. Da sieht es natürlich anders aus, keine Frage.

6 Kommentare bis “Welches Taxi? Egal.”

  1. Letztlich ist es so, dass die Wenigsten Gedanken um die berufsspezifischen Probleme der Gegenseite machen. Insbesondere, wenn man versucht, nicht ein totales Arschloch zu sein, wird man von den totalen Arschlöchern der eigenen Kaste übervorteilt.

  2. Petra sagt:

    Sage ich auch immer: Der Job könnte so schön sein, wenn es die Kunden nicht gäbe!!! „Ironie off!“
    Jeder, der irgendeine Dienstleistung anbietet, muss sich damit rumärgern, wie Kunden sich benehmen. Am schlimmsten ist es wohl auch im Fachhandel, wenn Kunden etwas ausprobieren, anprobieren und sich beraten lassen – Und dann im I-net bestellen. Im Möbelhandel sind das die „Ausmesskunden“.

  3. Sash sagt:

    @Der Maskierte:
    Ich will ja nicht mal ausschließen, dass ich mich in anderen Bereichen als Kunde nicht auch mal daneben benommen hab. Ich finde es aber tatsächlich immer wieder erstaunlich und erschreckend, dass es Menschen (ob jetzt Kunden, Kollegen oder völlig andere Leute) gibt, denen es einfach völlig egal ist, was ihr Verhalten für andere bedeutet. Dass man vielleicht auch mal „Arschloch“ ist, weil man sich mal durchsetzen will, dass man mal nicht die Meinung eines anderen teilt etc. – alles verständlich. Aber dieses völlige Übersehen von anderen Menschen schockiert mich nach wie vor…
    Und nicht, dass das hier jetzt ein erwähnenswertes Beispiel gewesen wäre. Das Taxigewerbe ist ja im Prinzip in alle Richtungen irrelevant, bei uns geht es ja echt immer nur um ein paar Euro…

    @Petra:
    Das ist allerdings wahr! 🙂
    Kann immer nur wieder das hier empfehlen:
    Ulrike Sterblich: Tüte oder so was – Wie man als Kunde nervt, ohne es zu merken

  4. scf sagt:

    Kann mich der Beobachtung des keine-Gedanken machens sehr gut anschliessen. Ich trage neben dem Studium Post aus und habe nicht nur einmal (natürlich zur normalen Groß- und Kleinpost und Armen voller Werbung) Kataloge en masse zu den Kunden geschleppt. In 90% der Fälle wird mir auf Ablieferung eines solchen etwas à la „Oh, den können Sie gleich da hinten in die Papiertonne werfen!“ entgegnet.
    In solchen Momenten sage ich mir dann auch, dass es eben mein Job ist, das zuzustellen und es sich ja schon lohnt, wenn eine von zehn Omis sich freut, „Die moderne Hausfrau“ beim Kaffee durchblättern zu können. 😉 Und so ist es ja – glücklicherweise – wohl überall: neben den ganzen Honks gibt es einen Mindestsatz an vernünftigen Leuten, die dafür sorgen, dass man nicht an der Gedankenlosigkeit der anderen verzweifelt. 🙂

  5. Sash sagt:

    @scf:
    Ein gewisses Interesse am Gegenüber könnte dabei so manche kuriose Situation vermeiden…

  6. Aha sagt:

    Stell Dir einfach vor, einer der Typen hat ins Taxi gekotzt. Glückspilz.

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