Welche denn?

Diesen Satz sagen Berliner Taxifahrer mit Sicherheit häufiger als die Chauffeure in anderen Städten der Republik. Berlin weist eine abnorme Anzahl gleichlautender Straßennamen auf. Eine Tatsache, gegen die ich hier gerne mal lautstark protestieren möchte.

Ich nehme an, dass das seinen Ursprung in der Geschichte Berlins hat. Berlin ist aus unzähligen Einzelgemeinden hervorgegangen, da wundert es kaum, dass insbesondere Straßen, die nach dem Zielort benannt wurden, häufiger auftauchen. Als Beispiel seien hier die Potsdamer Str. (4x), die Berliner Str. (8x) oder die Köpenicker Str. (7x)* angefügt.

Auch andere Namen tauchen mit erstaunlicher Regelmäßigkeit auf. Natürlich gibt es in Berlin nicht nur eine Bahnhofstr. oder eine Hauptstr. Das muss zum Teil aber auch an galoppierender Ideenlosigkeit liegen. So gibt es in Berlin fünf mal die Straße 4. Als kleiner Gag am Rande: Straße 1 gibt es nur dreimal. Dopplungen gibt es bis zur Straße 455. Das auch nur mal so als Hinweis für die Leute, die nicht verstehen, dass man als Taxifahrer in Berlin nicht alles kennt.

Klaus hat vor einiger Zeit schon mal auf den besonderen und immerhin offenbar einzigen Fall hingewiesen, bei dem gar eine Straßenkreuzung zweimal existiert: Weser- /Finowstr. in Neukölln und Friedrichshain. Für die Nicht-Berliner kann ich noch anmerken, dass die nur vielleicht 3 Kilometer auseinanderliegen und insofern ohne weiteres verwechselt werden können.

Ganz abgesehen davon, dass unbedarfte Leute auch gerne nicht so genau überlegen, ob es jetzt -str., -allee, -Landstr., -weg, -gasse oder sonstwie heisst.

Mal im Ernst: Das ist schon ein Luxus. Ich als Taxifahrer bin ja jetzt – und wenn es nur durch die traurige Realität ist – etwas geschult im Umgang mit Kunden und Adressen. Und wenn ich besoffenen Australiern die korrekte Hoteladresse abringen kann, dann finde ich bei Omi vom Lande auch noch raus, in welchen Stadtteil sie muss. Ich denke, dass die Bewohner der Straßen mehr Probleme mit falsch adressierter Post haben und Besucher der Stadt sich dank Navi auch bisweilen aufs falsche Stadtende einschiessen.

Und genau so etwas hatte ich derletzt. Ich hab am Schlesischen Tor einen Fahrgast abgesetzt. Daraufhin sprach mich ein Mensch mit ähnlich geringen Englisch-Kenntnissen wie meine Wenigkeit an und fragte mich nach der Köpenicker Str. 1. Unaufgefordert zeigte er mir auch den Namen eines Hotels, das mir zunächst nichts sagte. Eine Postleitzahl stand nicht dabei. Also habe ich gefragt: Welche denn? Also welche Köpenicker. Die Frage hat noch jeden Touristen aus dem Konzept gebracht, und so war er auch erst einmal verwundert. Sein Sohn kam dann aber mit der vollständigen Adresse, und das gab im Zusammenhang mit dem Hotelnamen schlagartig Sinn. Das Hotel Berlin-Hoppegarten. Also noch nicht mal eine Köpenicker Str. im Stadtgebiet…

Liebe Touristen, seid achtsam, wenn ihr eine Berliner Adresse sucht! Oder vertraut uns Taxifahrern 🙂

Ach ja, gefahren sind sie selbst, mit Navi. Nochmal 15 Kilometer weiter. Wäre eine nette Tour gewesen…

*Quelle für die Zahlen: Berlin Autofahrer-Atlas, 2009, StadtINFO Verlag

15 Kommentare bis “Welche denn?”

  1. Nobody sagt:

    Na dann will ich dich auch mal etwas fordern. Ich würde gerne vom Ostbahnhof in die Koppenstraße fahren.

  2. Sash sagt:

    @Nobody:
    Und wieso fahren?
    Oder geht es nicht um Berlin? Die Koppenstr. gibt es meines Wissens nach nur einmal. Und naja, ich denke, du hast schon nachgesehen, wo sie liegt 😉

  3. Ana sagt:

    Und wenn man die mit der Kuppenheimer verwechselt?

  4. Sash sagt:

    @Ana:
    Hat die überhaupt eine Hausnummer, so kurz wie die ist? Kann man da hinwollen? Fragen über Fragen… 😉

  5. Aro sagt:

    Oder zum Koppenplatz? Da ist der Christian K. Sogar begraben. Als einziger. Und die ist schon etwas weiter weg.

  6. Aro sagt:

    dann finde ich bei Omi vom Lande auch noch raus, in welchen Stadtteil sie muss…
    Das habe ich auch immer geglaubt. Bis zu diesem Abend:
    http://www.berlinstreet.de/10

  7. Klaus sagt:

    Oder gar hier hin? Letzter Absatz.

  8. Klaus sagt:

    Mal völlig off topic.
    Das müsste Dein geliebtes Biotob sein, oder?
    http://www.berlinonline.de/aktuelles/berlin/detail_ddp_2777238180.php

  9. Sash sagt:

    @Aro:
    Ich verwende die Geschichte mit „Omi“ und der Berliner Str. gerne als Klischee. Und jetzt gibt es sie wirklich? Das tut mir schon fast irgendwie leid. Ich hoffe nur, dass sie am nächsten Tag mehr Glück hatte.

    @Klaus:
    OK, das ist also ein verbreitetes Problem. Da bin ich mal gespannt auf meine erste Fahrt zu dem Hotel 😉
    Und was den Artikel angeht: Mir ist schon klar, dass sich einige Idioten da rumtreiben oder da arbeiten. Aber einzelne Idioten ändern nichts daran, dass ich da schon viele interessante und teilweise sehr schöne Fahrten hatte. Wenn es DIE Halte gäbe, dann würden wir da schliesslich alle stehen 😉

  10. Marcus sagt:

    Hattest du eigentlich schonmal so ne Tour ( also wo dir der Fahrgast mit seinem eigenen Pkw gefolgt ist )?

  11. Sash sagt:

    @Marcus:
    Ja, hab ich einmal gemacht. Da hat ein Flohmarkthändler den Weg zum Mauerpark nicht gefunden. Da hab ich der Einfachheit halber sogar einen Festpreis gemacht, damit das Bezahlen gleich vorweg geregelt ist und wir nicht nochmal aussteigen mussten. War eigentlich eine légère Sache – läuft aber nur mit Vorkasse!

  12. Marcus sagt:

    Also ich hab das auch schonmal gemacht….da wollte der Taxler die hälfte ( waren insgesamt 20€ Vorkasse ). Trotzdem war der ziemlich arschig, trotz meiner bitte vernünftig zufahren, musste ich paar mal bei halb Rot rüber nur um folgen zukönnen.

  13. Sash sagt:

    @Marcus:
    Ich muss auch zugeben, dass ich Konvoi fahren ziemlich nervig finde. Aber auf die Ampeln achten ist dabei essentiell. Kundenservice sollte auch angesagt sein, wenn der Kunde außerhalb des Autos ist…

  14. Matthias sagt:

    Weserstr/Weichselstr gibts in der Nähe der beiden Weser/Finow auch noch.

  15. Cloggerin sagt:

    Und noch ein Kommentar meinerseits: Dass es in Berlin mehrere Namensdopplungen gibt, fand ich schon spannend, als ich das erste Mal (Mitte der Neunziger) davon erfuhr. Hier gibt es sowas nämlich nicht. Dafür kann es dann zu ähnlichen Straßennamen kommen, die sich nur durch die Endung unterscheiden (z.B. Eschenholt, Eschenstieg, Eschenweg). Oder durch einen Vorsatz. Ganz klassisches Beispiel, über dass sich schon mehrere Auswärtige amüsiert haben: ABC-Straße und Neue ABC-Straße.

    Angeblich darf es keine Namensdopplungen geben bei Straßennahmen in HH. Bei der letzten Eingemeindung der Randgebiete (1937!) wurden in den neuen Gebieten Straßen umbenannt, weil es sie schon im alten Stadtgebiet gab. Meine Großmutter hat Zeit ihres Lebens einige der „neuen“ Straßennahmen durch die alten aus ihrer Jugend ersetzt.

    Aber was quatsche ich euch in einem Berliner Taxiblog über Hamburger Straßennamen zu? Es ist echt zu spät. Oder zu früh. Je nachdem, wie man es sieht.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

%d Bloggern gefällt das: