Warum nicht 2,50?

„Hallo, ich hätte mal eine Frage. Wieviel würde es denn bis nach Strausberg kosten?“

„Hm, wie weit ist das denn genau? Da müsste ich nachsehen…“

„Ja, die Entfernung ist mir Stulle. Wieviel wäre das denn?“

„Sorry, aber ich muss sehen, wie sich das mit den Kilometern verhält.“

„Ja, aber so ungefähr…“

„Entschuldigung bitte, aber ich kann den Preis erst nennen, wenn ich weiss, wie weit das ist. Ich sehe kurz nach…“

„Also ich hab hier 28 €…“

„Das wird nichts!“

„Ey komm! 28 €!

„Ich weiss, dass das viel Geld ist, aber damit kommen wir bis an die Stadtgrenze in Hellersdorf…“

„Ach komm, wieviel isses denn. Sag mal einen Preis!“

„Das klappt nicht, das sehe ich schon…“

„Jetzt mach doch…“

„Gut, ich kann auf jeden Fall sagen, dass es über 50 werden…“

Und da dreht er sich wortlos um und geht.

Nach Strausberg wären es rund 40 Kilometer gewesen. Das heisst, dass ich mit 60 € so in etwa hingekommen wäre. Mir ist bewusst, dass es mit der Bahn oder dem Fahrrad billiger ist. Und in gewisser Weise bedauere ich auch, dass ich diesen Preis nicht unterbieten kann. Aber verdammt noch mal: Wir sprechen hier von einem Auto, das gekauft werden muss. Dazu kommt, dass ich als vielleicht großer aber immer noch niedlicher Sash davon leben muss. Dann verbraucht das Auto noch Sprit, der die Umwelt verpestet und neben den obligatorischen Forderungen seitens Vater Staat kommen bei Taxen auch noch kuriose Gebühren wie die für die Funkgesellschaft hinzu. Mein Chef möchte auch von was leben und selbst die Utensilien, mit denen ich gelegentlich die Scheiben sauber genug mache, damit Vollhonks wie der hindurchsehen können, kosten Geld.

Und dann soll man einfach weil ein Mensch einen sicher gut begründeten Beförderungswunsch hat, all die Leute stehen lassen, die in der Berliner Innenstadt im gleichen Zeitraum den doppelten bis dreifachen Umsatz garantieren?

Es liegt mir wirklich fern, aus dieser kapitalistischen Logik heraus zu argumentieren, aber an Silvester freuen sie sich dann wieder, dass es eine Tarifbindung gibt…

Verplantheit ist einfach teuer…

Ach, einmal mehr lief die Schicht nicht wirklich wie sie sollte. Nach 8 Stunden noch unter dem obligatorischen Hunni, und eigentlich wollte ich so langsam Feierabend machen.

Dann fand ich nach dem Tanken doch noch einen Winker. Super! Ein angetrunkener Engländer, der meinte, er müsse

to the Best Western Hotel“

Glücklicherweise wusste er noch in welches, und ein paar Minuten später, nach 8,60 € auf der Uhr, waren wir da. Er hat mir schon mitgeteilt, dass er wohl zu wenig Geld dabei hat, und kurz welches holen muss im Hotel. Er ließ mir bereitwillig sein Handy da und schoß hinauf.

Das Taxameter lief ein wenig weiter, und bei 10,20 € stand er wieder vor dem Auto.

„well, uh, I think… that’s not enough…“

Er drehte ein paar Euro-Münzen in seiner Hand um und verschwand wieder im Hotel, um nach einem Geldautomaten zu suchen. Dann rannte er raus und verkündete, gegenüber sei irgendwo einer. Von dort kehrte er nach einiger Zeit wieder zurück und zählte mir sein Geld vor. Ihm war es übel peinlich und er wollte die Sache unbedingt klären, aber er kam beim Durchzählen nur auf 12 €, das Taxameter zeigte aber bereits 13,80 € an.

Merkt ihr was?

Genau: Der Töffel hätte von Anfang an genug Geld gehabt, um die Fahrt zu zahlen. Ich bin jetzt wirklich kein Unmensch, aber ein bisschen auf die Nerven gegangen ist er mir inzwischen durchaus, und ich muss ja nicht wegen jedem Betrunkenen meinen Chef bitten, irgendwelche Fehlfahrten abzurechnen. Also habe ich ihn in seinem Bestreben unterstützt, weiterhin einen Geldautomaten aufzutreiben. Er rannte nochmal nach Gegenüber, beichtete mir dann, dass keine seiner Kreditkarten funktioniere, und er jetzt einen Mitreisenden anschnorren müsse.

Das tat er auch, und so kam er – die 12 € hatte er mir schon dagelassen – mit einem Zehner zurück, mit dem er nun problemlos in der Lage war, die inzwischen aufgelaufenen 16,20 € zu bezahlen. 1,80 € Trinkgeld hat er mir noch überlassen, und schon des Kilometerschnitts wegen habe ich im Nachhinein keinen Grund, diese Fahrt zu bedauern…

Dicke Hupen!

Ich bin kein Autofahrer, der sonderlich impulsiv reagiert. OK, als Ausnahme sei genannt, dass ich zu Metal sicher 5% schneller unterwegs bin als zu HipHop-Musik. Aber das war es schon!

Ich vermeide es, in psychischen Extremsituationen zu fahren, und so albern das klingt, so gut finde ich das auch prinzipiell. Aber nun das…

Die Schicht hat bescheiden angefangen, nach der zweiten 5€-Tour zuckelte ich durch den Boxhagener Kiez und kam an eine Ampel. Sie zeigte Grün, und bei dieser Ampel habe ich das Gefühl, sie zeigt immer Grün, wenn ich komme – obwohl es eine Nebenstraße ist. Nun stand an der – grünen – Ampel ein BMW. Und er blieb stehen. Die Insassen starrten soweit ich sehen konnte nach vorne, und so standen sie da. Friedlich, unspektakulär und dem Sash im Weg.

Ich näherte mich langsam – so wie es sich für eine 30er-Zone gehört und wartete auf ein Losfahren des Autos. Nix. In aller Regel hab ich höchstes Verständnis dafür, wenn Leute gerade dringend was suchen oder nach hastigen Annäherungen noch Körperteile sortieren müssen. Diese Gelassenheit ist wohl Nachtfahrern zu Eigen, da eine Ampelphase hier in der Regel auch nur für ein Auto reichen muss. Nachdem ich aber inzwischen hinter dem Wagen zum Stehen gekommen bin, und die Insassen allen Anscheins nach immer noch das übersichtlichste Nichts aller Zeiten zelebrierten, wollte ich nur noch eins:

Sie daran erinnern, dass das ein Fahrt- und kein Standweg ist: Dicke Hupen!

Und jetzt tut das Ding nicht! Ich will einmal im Jahr hupen, und dann tut die Hupe nicht! Wie beschissen kann eine Schicht denn bitte anfangen? 😉

Ich meine, ich kann offensichtlich mit dem Verlust der Hupe besser leben als mit dem der Bremsen – aber mir war nicht einmal bewusst, dass sowas wie eine Hupe tatsächlich kaputtgehen kann…

Ich hab dann – was irgendwie peinlich wirkt, aber sehr sozial ist – die Lichthupe genommen. So hat er es noch bei Gelb rübergeschafft, und ich… naja, immerhin hatte ich freie Sicht auf die Kreuzung.

Nachtrag:
Als ich diesen Eintrag geschrieben habe, ist mir aufgefallen, dass ich meinem Tagfahrer gar nicht Bescheid gesagt habe deswegen und hab ihn angerufen. Und das Fazit: Irgendwie ist unser Auto wie Windows…

„Det hat der öfter. Det is nach’n Neustart, da jeht det wieder!“

Schlimmer geht immer…

Falls einige Kollegen hier ähnlich wie ich der Meinung waren, die Schicht heute Nacht hätte besser laufen können, dann bitte kurz beachten:

Schlimmer geht immer! Quelle: Sash

Schlimmer geht immer! Quelle: Sash

Ich nehme an, dass für diese beiden die Schicht heute um 0.00 Uhr am Alex endgültig vorbei war. Und wahrscheinlich auch für deren Tagfahrer, so sie welche haben…

Nicht wirklich, oder?

Der ganz klassische Fall eines Schichtbeginn-Fails: Über eine Stunde Ostbahnhof. Schlange stehen, und keine Kunden in Sicht. Man liest, man raucht, man isst was. Irgendwann ist man erster, und dann steht man auf der Position noch ewig. Dann endlich! Kundschaft!

„Hallo, einmal Blumenstr. Ecke Andreasstr. bitte!“

„So, hier wären wir. Das macht dann 4,80 €.“

„Hier. Machen sie fünf!“

Und der Dialog ist nicht sonderlich verkürzt 🙁

Die Preisgeschichte

Hier mal ein harmloses Beispiel dafür, wie sehr gewürdigt wird, dass die Taxitarife fest sind, und – um es böse auszudrücken – wir Fahrer ja auch gezwungen sind, sie einzuhalten. Und insbesondere ist es ein Beispiel dafür, wie hart die Wirtschaftskrise zugeschlagen hat. Denn selbst Jugendliche, die vor 20 Minuten noch 50 € versaufen konnten, finden sich nun in der bitteren Realität wieder, die ihnen in Form des Taxipreises einiges abverlangt. Der Dialog ist nicht zu 100% korrekt, aber beinahe – nach bestem Wissen und Gewissen eben. Die (nicht wirklich vielen) Sätze, die das Thema nicht gestreift haben, lasse ich mal weg. Die Fahrgäste sind der Einfachheit halber nur mit F1 bis F6 nummeriert. S ist irgendwer anders 😉

Ein paar Leute sammeln sich vor dem Matrix vor Sashs Taxi.

F1: „Hallo, wieviel kostet es denn bis zum Jüdischen Museum, Franz-Künstler-Str. oder so?“

S: „Franz-Klühs-Str.? Tippe mal so auf etwas über 10 Euro.“

F1: „Und wieviele können rein? Vier, oder?“

S: „Naja, ich kann bis zu sechs Leute mitnehmen. Das kostet dann allerdings zweimal 1,50 € Zuschlag.“

F1: „Und da lässt sich nichts machen?“

S: „Nein, da lässt sich nichts machen. Aber es ist günstiger, als ein zweites Taxi zu nehmen. Oder… wieviele seid ihr denn?

F1: „Wir sind zu sechst.“

S: „Ja dann ist es wohl die beste Möglichkeit.“

Ich klappe kurz darauf die Sitze aus, und die Fahrgäste krabbeln rein. Entgegen meinen Vorschlägen natürlich die größten nach hinten, die sich dann prompt wundern, dass der Platz so eng ist. Wir fahren los.

F1: „Also 11 Euro?“

S: „Mehr oder weniger. Plus die Zuschläge.“

F1: „Gebt mir mal alle 3 €!“

F2: „Wieso drei?“

F1: „Ja kostet doch 14 €.“

F3: „14? Gerade warens noch 11!“

S: „Ja, aber zuzüglich der Zuschläge.“

F3: „Mach doch mal ne Ausnahme.“

S: „Jetzt wäre es sowieso zu spät.

F4: „Ich hab aber nur noch einen Euro.“

F1: „Gebt ihr mir mal das Geld?“

F5: „Ich krieg noch einen Euro zurück.“

F1: „F3, du hast noch nix gegeben.“

F3: „Ich zahl beim Aussteigen.“

F1: „Oh Mann, gebt mir doch einfach das Geld.“

F5: „Wo ist eigentlich mein Euro?“

F1: „Wieviel haben wir denn schon?“

F3: „8 €!“

F1: „Boah, ich fahr nie wieder mit euch Taxi.“

F5: „Da krieg ich aber noch ein‘ Euro von.“

F1: „Kannst du mal die Klappe halten da hinten.“

Das Taxameter steht bei 8.60 € + 3.00 € Zuschläge.

F4: „Komm, mach mal’n Zehner!“

S: „Das geht jetzt sowieso nicht mehr.“

F4: „Wir sind doch erst bei 8!“

S: „Nein…“

F4: „Aber da steht 8 Euro. Lass uns für’n Zehner irgendwo raus.“

F6: „Ja, dann kann ich auch noch Trinkgeld geben. Das macht man in der Großstadt so.“

F1: „Wo bleibt denn jetzt das Geld???“

Sind wir mal ehrlich: Das Ganze ging mehr als doppelt so lange (halt etwa 10 Minuten oder so), aber irgendwie wird es ja schon jetzt tierisch langweilig…

F1 hat am Ende die Rechnung über 13,20 € mit einem Zwanziger gezahlt und sich das Wechselgeld centgenau rausgeben lassen. Und das Ganze hat die Truppe exakt 60 Cent (also 10 Cent pro Person) mehr gekostet als die Fahrt mit der BVG. Ich hätte das mit dem Zehner ja wohl mindestens machen müssen, denke ich mal. Aber irgendwie hab ich echt nicht daran gedacht. So geistesgegenwärtig, den armen jungen Menschen die Schmach eines Lebens ohne Geld zu ersparen. Was bin ich doch für ein fieser fieser Mensch…

Und an den Cop, der mich mürrisch-tükisch angeschaut hat, als ich direkt vor dem Museum entladen habe: Ich kann nichts dafür! Die wollten es so!

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

Immer dranbleiben!

Abonniert doch den RSS-Feed von GNIT. Mehr von Sash gibt es außerdem bei Facebook und bei Twitter.

Noch ein Blog?

Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.

Jetzt hast du Defizit! (nicht jugendfrei!)

Der Fahrgast war Amerikaner. Dennoch sprach er recht gut deutsch. Also in etwa so gut wie ich englisch. Das führte dazu, dass wir uns mal so und mal so unterhielten. Interessante Geschichte eigentlich. Er wollte um 21 Uhr Abends eine „Techno-Party“ finden, und das gestaltet sich mit meiner Hilfe aus mehrerlei Gründen schwierig:

  1. Ich kenne noch nicht alles
  2. Ich bin kein Clubgänger
  3. Ich höre noch nicht einmal Techno
  4. Es ist 21 Uhr Abends

Schön war folgender Monolog:

„Ich weiss, es zu fruh. Egal, ich bin jetzt betrunken!“

Aber sichtlich unverzagt beschloss er, jetzt eine Freundin im Wedding zu besuchen, und mir war das Recht, denn so eine lange Tour hätte ich zu kaum einem Club hinbekommen. Ich erfuhr noch, dass er wegen einer durchzechten Nacht erst am Morgen seinen Flug in die USA verpasst hat, und ihm das irgendwie nichts wirklich ausmacht, er aber morgen keinesfalls nochmal den Flug verpennen wolle. Während der Fahrt telefonierte er auch immer mal wieder – mal auf Englisch, mal auf Deutsch. Und so kam es, dass ich einer Perle des einseitigen Dialoges lauschen durfte – die immerhin eine soziale Grundhaltung vermuten lässt. (Den letzten Satz bitte nur bedingt ernst nehmen!)

„Und? Hast du sie gefickt. Welche? Die Dunkelhaarige? Du Arschloch! Was? Ja, hast du sie? Welche jetzt? Ach die? Wie? Die hat dir eine geblasen? Arschloch! Und was hast du gemacht? Wie? Nix? Ey, was ist das fur ein Ekonomie? Nein nein! Was ist das fur ein Ekonomie? Die hat dir ein geblasen und du? Jetzt hast du Defizit!