Udo Vetter hat im Lawblog mal wieder ein Urteil zu einem Taxi-Fall ausgegraben: Ein Fahrgast wurde zu 500 € Schmerzensgeld verurteilt, weil er zunächst angepisst über die (zu langsame) Fahrweise des Taxifahrers, später dann über den Umstand, dass er auch bei einem (gewünschten) Abbrechen der Fahrt zu zahlen hatte, war. Und das dann nicht etwa verbal äußerte, sondern einen Hunderter nahm und ihn dem Fahrer gewaltsam in den Mund stopfte.
OK, vorweg muss natürlich eines stehen: WHAT THE FUCK!?
Zunächst mal beglückwünsche ich den Kollegen natürlich zum gewonnenen Prozess. Vollsuff der Kundschaft hin oder her: Alles muss man sich nicht gefallen lassen!
Aber ich nutze das hier auch mal, um das grundsätzliche Thema – uns Taxifahrer zum Rasen überreden – erneut anzuschneiden. Denn auch da bleibt eigentlich nur ein generelles WTF!?
Natürlich: Fragen darf man alles. Ich wurde alleine heute nacht schon gefragt, ob ich eine Tour schwarz fahre, Gras verticke oder einen Champagner trinken will. Alles nicht rechtens, aber drüber reden ist natürlich kein Verbrechen. Und ich bin ja sogar offen für Kritik an meinem Fahrstil und sehe zu, dass ich die Wünsche der Kunden – auch wenn sie es eilig haben – irgendwie umsetzen kann.
Aber bei dieser Fahrgäste-versuchen-uns-zum-Übertreten-der-Gesetze-zu-überreden-Geschichte muss ich als Taxifahrer doch auch mal folgendes klarstellen:
- Ich bin nicht schuld!
Wenn jemand es eilig hat, dann ist das nicht meine Schuld. Ob es nun schlechte Planung des Fahrgastes oder das böse Leben an sich war … egal: Ich bin es nicht! - Mir ist es scheißegal, ob jemand zu spät kommt!
Auch wenn das jetzt bewusst hart ausgedrückt ist, sollte man das ruhig auch mal so sagen. Natürlich freue ich mich, wenn ich meiner Kundschaft helfen kann, aber bei dieser asymmetrischen Fahrgast-Fahrer-Beziehung hab ich komplett andere Wünsche, Sorgen, Nöte, Bedürfnisse und Gedanken als mein Gegenüber. Natürlich ist mir mein Führerschein wichtiger als irgendein Meeting – und wenn’s eines von Bill Gates ist und es um eine Milliarde Euro geht. - Es lohnt sich für mich nie!
Es fängt schon damit an, dass die meisten Taxifahrten mir selbst weniger bringen als auch nur das geringste Bußgeld (ein Zehner) mich kosten würde. Und während ich im Zweifelsfall schlecht die Gesetze beugen kann, hätte ja selbst ein Vertrag mit einem Fahrgast, dass er eventuelle Bußgelder bezahlt, nur wenig Aussicht darauf, vor Gericht standzuhalten. Abgesehen davon hat so ein Monat Fahrverbot für einen Taxifahrer (ggf. inkl. Chef) schnell einen Gegenwert von 2.000 bis 5.000 € – mehr als es die meisten kosten würde, einen kompletten Monat lang mit dem Taxi zur Arbeit zu fahren, bei vermutlich geringerem Verdienst noch dazu. - Ich bin der Fahrer. Ende!
Das klingt lächerlich, ist aber ein wichtiger Punkt. Ich als Fahrer habe die Verantwortung während der Fahrt. Wenn ich mir diese Kurve nur bei Tempo 30 zutraue und der Fahrgast sie mit 50 nehmen würde, dann ist das egal. Selbst wenn ich ein untauglicher Fahrer sein sollte, dann ist das ggf. eine Frage, die die Führerscheinstelle zu entscheiden hätte oder ein Amtsarzt – aber sicher nicht irgendein Fahrgast. Egal, ob ich irgendwo langsamer fahre, weil mich höhere Geschwindigkeiten überfordern, weil sie illegal wären und da vorher noch ein Blitzer stand – oder weil ich glaube, eine Gefährdung erkannt zu haben: Das ist MEINE Entscheidung! Wer so viel schneller und besser fährt als ein Taxifahrer, der sollte vielleicht kein Taxi nehmen, sondern selbst fahren.
Ich hab’s jetzt mal bewusst so drastisch ausgedrückt, damit da keine Zweifel aufkommen. Wie weiter oben schon geschrieben: Das heißt nicht, dass man nicht mal in netter Übereinkunft ein bisschen die Grenzen des Möglichen ausreizen kann. Aber auch wenn die Verkehrsregeln in Deutschland irgendwie gefühlt Auslegungssache sind und auch wenn viele Taxifahrer immer wieder gegen dieses oder jenes Gesetz verstoßen: Diese Anspruchshaltung, die offenbar viele da draußen haben, kann und will ich nicht nachvollziehen. Vor Jahren hat mir in den Kommentaren mal eine Leserin gesagt, sie fühle sich verarscht, wenn ein Taxifahrer in einer 30er-Zone 30 fährt. Da fragt man sich dann schon, ob solche Leute sich auch verarscht fühlen, wenn in einem 4kg-Kartoffelsack 4kg Kartoffeln sind – und nicht 5kg. Oder dass die Bank nur 1,5% Zinsen auszahlt und nicht doch gelegentlich mal 2%.
Ich will nicht abstreiten, dass auch ich hier und da mal schneller als erlaubt fahre. Ich bin sogar schon illegal abgebogen, entgegen einer Einbahnstraße gefahren oder hab mich bei kirschgrün noch über eine Kreuzung gedrückt. Bin ja kein Engel. Aber das einzupreisen und am Ende ausrasten, wenn ein Fahrer sowas nicht einfach von sich aus macht für die 6,50 €, die er an der Tour gerade verdient, das geht wirklich gar nicht, da hab ich null Verständnis für!

