„Sie sind ein Hipster!“

„Äh … glaube nicht.“

„Sie fahren doch nicht ernsthaft Taxi, oder?“

„Naja, ich schreibe nebenbei, aber sonst schon.“

„Und wo wohnen Sie?“

„Ganz weit draußen im Osten. Marzahn.“

„Ja, aber aber …“

„Ist so. Da sind die Mieten noch niedrig.“

„Aber Sie würden doch nicht in Marzahn wohnen, wenn Sie nicht Hipster wären. Beweisführung abgeschlossen!“

Tja, sorry liebe Leserschaft, aber ich muss mir jetzt wohl eine hässliche Brille wachsen lassen.

Fundsachen: The next level

Da hab ich neulich erst eine Tendenz zu mehr Fundsachen zu erkennen geglaubt. Dann habe ich bei einem iPhone bereits darum gebettelt, dass das wieder vorübergeht. Und jetzt dann eine Strickjacke.

Textilien sind so ein Thema, wenn sie Fundsachen werden. Bei mir waren das bisher immer Schals und Handschuhe – und da hab ich die 10€-Ausnahmeregelung (bis 10 € muss man Fundsachen nicht melden) immer großzügig ausgelegt. Denn selbst wenn irgendwelche H&M-Faustschmeichler einen Zwanni gekostet haben mögen: Wenn ich den Aufwand von mir, dem Fundamt und am Ende dem erfreuten Zurückbekommer addiere, ergibt das nie einen Sinn. Zumal ich bezweifle, dass irgendwer sich wegen eines abgewetzten Schals ernsthaft ans Fundamt wendet. Man möge mich deswegen verurteilen, aber ich hab schon zwei oder drei Dinge einfach in die Tonne gekloppt.

Und jetzt kam diese fucking Strickjacke.

Lag nach der Schicht einfach auf der Rückbank. Ein schwarzes und offenbar mit Parfum imprägniertes Etwas mit erkennbar null Funktion. So ein Bauchfrei-Modell, im Wesentlichen also ein BH mit Ärmeln. Keine Taschen, erkennbar abgenutzt und in meinen Augen ein 1a-Kandidat für Germany’s next Top-Mülltonne. Aber ich bin da nicht vorschnell und hab einfach mal den Hersteller gegoogelt. Nicht, dass das am Ende … HOLY FUCKING SHIT!

Ja, da war ich dann. Auf der Website von Sonia Rykiel. Und hab festgestellt, dass die Oberbekleidung zu Preisen verticken, bei denen meine Peergroup an motorisierte Fahrzeuge denkt.

Ja ja, ok, sie haben auch Klamotten für dreistellige Beträge. Aber trotzdem!

Nun ist es halt so: Ich mag’s noch so obszön finden, dass jemand einen Monatslohn von mir für ein unförmiges Stofftaschentuch ausgibt – ich kann aber nicht in der einen Woche ein zerkratztes iPhone artig melden und in der nächsten ein Kleidungsstück mit demselben „Wert“ in die Tonne hauen. Der Gedanke, dass das jemandem fehlt, drängt sich halt doch auf.

Also hab ich das Ding heute Nacht abgegeben und einen Cop fünf Minuten lang davon abgehalten, sich vor dem PC zu langweilen.

Und Karma, falls Du hier mitliest: Dafür erwarte ich mindestens drei Zehner im Fußraum! 😉

Man kann immer noch was lernen …

Ich werde ja gerne mal für mein Englisch gelobt. Und natürlich gefällt mir das. Ich halte mich deswegen nicht für ein Englisch-Ass, aber besser als ständig korrigiert oder gefragt zu werden, was man überhaupt meint, ist es natürlich. 😉

Heute war dann eine auch etwas multinationale Truppe Teil meiner Arbeit und ein Fahrgast, auch er Deutscher, wurde von einer finnischen Bekannten gefragt:

„By the way: You speak such a good english! How do you do that?“

Und der Kerl hat eine Antwort gegeben, die ich jetzt auch mal ausprobieren muss:

„I fake it. I have no idea what I’m sayin‘. I just take it from the movies.“

Auf dem Level macht das doch erst richtig Spaß! 😀

„Zur Warschauer“

Mit den Worten fängt vom Ostbahnhof selten eine gute Tour an. Es ist halt eine Straße in ca. einem Kilometer Entfernung. Gut, Luftlinie klappt nicht, aber über zweie kriegt man auch nur sehr knapp zusammen. Im gestrigen Fall war das die lukrativste Tour des Abends. Denn es ging erst mal zum inzwischen wahrscheinlich deutschlandweit bekannten 24h-Kaiser’s – und dort kaufte meine Kundin erst einmal ein. Danach ging es noch an den Boxhagener Platz, einer Freundin was vorbeibringen.

Zu guter Letzt ging es wieder zurück zur Warschauer. Und da standen dann 18,90 € auf der Uhr. Bei vielleicht drei gefahrenen Kilometern. Und dass die gute Frau auf 22 € aufgerundet hat, hat die Sache dann endgültig zum lohnenden Stich gemacht und den Anfang der Schicht richtig gut gemacht.

Schade nur, dass es dabei nicht blieb. Im Verlauf des Abends hatte ich nicht nur eine gesalzene Wartezeit für eine Kurztour ohne Trinkgeld – nein, danach hatte ich mehrere Stunden das Vergnügen, stets hinter angeschalteten Taxifackeln herzutuckern. Es war nicht einmal so, dass es keine Winker gab – aber die haben fast alle die Kollegen vor mir gekriegt. Ihr dürft mir für heute Nacht die Daumen drücken, ich hab da was aufzuholen … 🙂

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So, nun ist mir heute zum Feierabend tatsächlich ein Glückstreffer bezüglich des Tachostandes gelungen:

"Chef, das Display ist verkratzt, das Auto kann weg!" Quelle: Sash

„Chef, das Display ist verkratzt, das Auto kann weg!“ Quelle: Sash

Mal abgesehen davon, dass es eine nett anzuschauende Zahlenreihe ist: Es ist witzigerweise rückwärts gelesen auch die Nummer der Taxizentrale. 😀

Überqualifizierte Taxifahrer

Es ist nicht nur ein gängiges Klischee, sondern tatsächlich ein weit verbreitetes Phänomen, dass Taxifahrer nicht einfach nur Taxifahrer und schon immer Taxifahrer sind. Ich bin so gesehen fast schon eine Ausnahme, denn obwohl ich nebenher schreibe, hab ich ja tatsächlich nicht einmal eine reguläre Ausbildung, ein Studium oder dergleichen absolviert.

Die Kollegen, mit denen ich gelegentlich quatsche, waren beim Bau, haben Küchen montiert, einer repariert noch heute nebenher Computer, einer arbeitet in der Erwachsenenbildung. Abgesehen vom nötigen umfangreichen Stadtplanwissen ist das Chauffieren von Fahrgästen in aller Regel selbst unter den etwas einfacheren Gemütern ja meist nicht die Quintessenz aus mehreren Jahrzehnten Geistesleistung. Entsprechend verbreitet sind auch viele Hobbies, die sich entweder nebenher im Taxi (am Stand) verwirklichen lassen – ich denke da an den Kollegen mit der Gitarre oder die vielen, die mehr als nur die Bild lesen oder den Kollegen, der am Stand eigentlich immer nur vom Kochen erzählt. Von den inzwischen zahlreichen Bloggern ganz zu schweigen.

Und ja, auch die Mythen über iranische Doktoren oder wenigstens hängengebliebene Studenten (siehe meine Chefs z.B.) sind nicht aus der Luft gegriffen, sondern existieren. Und – das möchte ich auch anmerken – vermutlich wirklich öfter als in anderen Berufszweigen. Weil wir auch während der Arbeit Zeit haben, weil wir durch laufend neue Menschen auch stets Input haben, weil wir vergleichsweise flexibel sind. Das begünstigt trotz teils immenser Arbeitszeit enorm die Verfolgung anderer Interessen.

Obwohl ich immer noch der Meinung bin, man sollte den Job Taxifahrer nicht runterspielen (anfangs hab ich das „Studieren Sie?“ ja wirklich gehasst.), kann ich inzwischen verstehen, warum so viele Kunden auf die Idee kommen, dass man ja noch was anderes macht.

Schräg wird’s immer dann, wenn sie spezielle Vorstellungen haben. Ich wurde schon gefragt, ob ich Psychologe sei, Wirtschaftswissenschaftler, Philosophie-Student, Musiker oder Türsteher.

Und dann kam letzte Woche ein Österreicher an, brabbelt ein bisschen vor sich hin und meint dann:

„Na, Sie können mir bestimmt schnell mal sagen, warum mein Handy kein Netz hat, oder? Sie sehen so aus.“

Ähm.

Ehrlich gesagt bin ich selbst überfragt, wenn mein Handy derartiges meldet und meine kleine Nerd-Phase um die Jahrtausendwende hat allenfalls dazu geführt, dass ich Win98-Systeme so tweaken kann, dass auch Ego-Shooter drauf laufen oder wie man in einer 5-Leute-WG eMule zu halbwegs paritätischer Downloadverwaltung überreden kann – etwas, das sich erstaunlich schlecht zu Geld machen lässt heutzutage.

Also hab ich ihm gesagt, er soll’s mal neustarten. Und – die IT-Supporter unter meinen Lesern werden es erahnen – es hat nicht wirklich das Problem gelöst, aber immerhin mal ausgespuckt, dass er das Limit seines Auslandsvolumens aufgebraucht hat. Warum das so kurz nach seiner Ankunft der Fall war … das wird er wohl mit dem Kundensupport seines Anbieters zu klären haben, aber ich denke, für 12,90€ (15,00€ inkl. Trinkgeld) binnen weniger Minuten inklusive Transport zum Hotel hab ich dann als Taxifahrer doch mein Soll übererfüllt. 😉

Ansonsten muss er halt demnächst mal einen Kollegen fragen, der sich WIRKLICH mit sowas auskennt. Schätze, davon gibt es auch genug. 😀

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

Immer dranbleiben!

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Noch ein Blog?

Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.

Ein kurzes „Haha!“ an die XYZ

Unweit des Ostkreuzes bin ich rangewunken worden. Drei Kerle, nüchtern, lustig, beste Kundschaft an diesem Abend.

„Hi, äh, bringste uns auch nur bis vor zur Niederbarnimstraße? Für so ’ne Kurzstrecke?“

„Sicher.“

„Ja, super Mann, echt jetzt! Kollege von Dir hat uns gerade wieder rausgeschmissen.“

Am Ende der Fahrt dann:

„Weißte, mach einfach mal 10, echt jetzt!“

„Oh, danke vielmals!“

„Nee, echt jetzt. Hast uns ja gefahren. Und dein Kollege hatte hinten XYZ draufstehen. Wenn Du über Funk kannst oder wenn Du ihn siehst: Sag ihm einfach mal „Haha!“.“

Hiermit geschehen. 🙂

PS: Ja, sie haben die Konzessionsnummer genannt und ich hab sie jetzt nicht öffentlich gemacht. Und zwar deswegen: Erstens weiß ich nicht, ob sie ihn bestellt haben. Da wäre ein Rausschmiss zwar unfein, die Ablehnung einer Kurzstrecke aber ok. Zudem: Weiß ich, wie sehr ihre Geschichte der Wahrheit entsprach oder ob die Nummer vollständig war? Nein. Dementsprechend möchte ich keinen Kollegen (bzw. auch die, die das Auto außer ihm vielleicht nutzen) grundlos anschwärzen. Ich bin ja nicht die BILD. Aber vielleicht kommt die Botschaft ja auch anonymisiert an. 🙂