Vielen Dank …

Was ich am Taxifahren nach wie vor mag, ist die Kundennähe. Natürlich ist das nicht ausnahmslos schön und ich hab mich sehr amüsiert über Eure Kommentare zum gestern geposteten Artikel. Aber es gibt so lustige Dinge, die halt einfach im Taxi zumindest mal wesentlich öfter passieren als bei anderen Dienstleistungsjobs.

So hatte ich dieses Wochenende Holländer im Auto. Inklusive der fußballerisch begründeten guten Laune. Leicht angetrunken, vier Jungs – und sie wollten ins Matrix. Hätte vom Klientel her auch eine Horrorfahrt werden können. Stattdessen lief es so:

Ich fragte, wie ich ranfahren soll. Natürlich fahre ich die Fahrgäste grundsätzlich bis ans Ziel, aber wenn man von der Warschauer Straße aus in Richtung Matrix zielt, muss man (so man sich an die Verkehrsregeln hält) einen ziemlichen Umweg machen, der sich durch knapp 100 Meter Fußweg vermeiden lässt. Als ich das erklärt hatte, wollten sie auch wirklich bereits am Durchgang von der Warschauer aus rausgelassen werden. Nun denn. Bringt mir 1,20 € weniger, freute diese Kunden aber wirklich enorm.

„Darfen wir Dich ein Lied singen? Den kennst du sicher: Vielen Dank …“

Und die ganze Rückbank stimmte mit ein:

„… FÜR DIE BLUMEN! VIELEN DANK, WIE LIEB VON DIR!“

Und dann haben wir uns die letzten 3 Minuten darüber unterhalten, wie alt wir waren, als wir regelmäßig „Tom & Jerry“ im Fernsehen angeschaut haben.

Für mich als Nachtfahrer fast noch halbwegs normal. Fast noch. Halbwegs. Mein größter Spaß in dem Moment bestand darin, mir zu überlegen, wie das bei anderen Berufen aussehen mag: Der Chor für den Anwalt im Gerichtssaal, weil er eine geringere Bestrafung erstritten hat; das Gesinge in der Pizzaservice-Hotline, weil es heute zwei Extra-Zutaten zum Preis von einer gibt; und die Blicke des Bankberaters, wenn man so auf die Genehmigung eines Dispositionskredites reagiert.

Ja, manchmal bin selbst ich froh über den dreizeiligen Smalltalk, der distanzierend beim „Sie“ bleibt und einfach nur eine professionelle Dienstleistung abrundet. Dass das aber nicht der Grund ist, warum ich den Job mag und warum ich hier blogge, das ist vermutlich trotzdem recht einleuchtend …

5 Kommentare bis “Vielen Dank …”

  1. magHeim sagt:

    Sasch, ich muß dir mal sagen, dass ich richtig froh bin, vor ca. 2 Wochen über deinen Blog gestolpert zu sein, da du anscheinend die gleiche entspannte Haltung, das gleiche gute Gemüt und die gleiche Lust am Job verspürst wie ich.
    Ich fahre bereits seit 1985, Nebenjobtechnisch in Aschaffenburg (im Vergleich zu Berlin, ein Weiler in Bayerns Nordwesten und das Tor zum Rhein-Maingebiet) und fühle mich bei jeder deiner Geschichten an irgendeine ähnliche Begebenheit in „meinem“ Taxi erinnert.
    Dein Schreibstil ist hervorragend und du machst genau das Richtige! Du hälst all die abstrusen „Filmsequenzen“, die man in unserem Milieu nun mal so erlebt, du hälst sie fest und kommentierst sie.
    In den ersten 10 Jahren als Taxifahrer erlebst du dermaßen viele „skurrile Filmchen“, sprich Situationen, die du bislang für unmöglich gehalten hättest, sie jemals zu erleben (…und – oft zu allem Überfluß – auch noch persönlich involviert zu sein), dass sich der Wunsch, es anderen mitzuteilen oder zumindest sich hinzusetzen und anzufangen , eines der vielen, berühmten „Bücher“ zu schreiben, förmlich aufdrängt!
    DU machst es; das finde ich prima! ICH machte es nicht, was ich heute ein wenig bereue. Nicht, dass ich die spektakulärsten Geschichtchen nicht noch alle irgendwo in meinem Hirn „abgespeichert“ hätte, aber …
    Jedenfalls bin ich in kürzester Zeit, Fan deines Blogs geworden und überlege mir nun zum ersten Mal ernsthaft, ob ich mich nicht – nach fast 30 Jahren Taxi-Job – auch einfach mal hinsetzen sollte und anfangen sollte …. zu schreiben! Denn ich denke, dass in vielen, unserer Kollegen, beim Lesen der Geschichten anderer Taxifahrer, ein befreiendes Gefühl ausgelöst wird, ähnlich dem, welches ich verspürte, als ich zum ersten Mal den Jim Jarmusch Klassiker „Night on Earth“ im Kino sah. Du kennst jede einzelne der beschriebenen Situationen ganz genau, du hast jede einzelne der beschriebenen Szenen so, oder zumindest in ähnlicher Form selber auch schon mal erlebt; aber nun sitzt du davor, liest sie und schaust sie dir von „aussen“ an und kannst dich drüber amüsieren! Denn endlich bist du mal nicht involviert; endlich mußt DU nicht handeln und endlich bist nicht DU es, „der die Sitze sauber machen musst“! Endlich mal keine Verantwortung haben! Glaub’s mir…das ist der heimliche Wunsch eines jeden Taxifahrers! Und nur Leute wie wir, denen der Job – trotz aller Widrigkeiten (schlechte Bezahlung, Kollegenschweine, Zeitfresser, u.ä.) – unglaublichen Spass macht (vielleicht weil sie einfach nur gerne in skurrilen Filmchen mitspielen) …nur solche Taxifahrer schaffen es, ihre Erlebnisse zu spannenden Drehbüchern werden zu lassen!
    Weiter so, Kollege!
    …bin gespannt! 😉

    Gruß,
    Marc

  2. Carom sagt:

    Verdammter Ohrwurm, verdammt…

  3. […] Nachdem ich es heute morgen bereits darüber hatte – eines muss ich doch wirklich mal mit einem fetten “WTF?” kommentieren: […]

  4. Sash sagt:

    @Marc:
    Vielen Dank für das Lob und ebefalls danke für die sehr gelungene Beschreibung. Ich denke, das kann ich ohne Abstriche unterschreiben. Und wenn ich mir deinen wortgewaltigen Kommentar so ansehe, hab ich kaum Bedenken, dass Du das mit dem Schreiben hinkriegen würdest. 🙂

    @Carom:
    Nix zu danken. 😉

  5. magHeim sagt:

    Thx, Sasch!

    …und als kleines Goodie, mein letztes erwähnenswerte „Filmchen“, welches so dermaßen gut war, dass ich’s keine halbe Stunde später au meiner fb-Seite breittrat! Hier die Kopie:

    Marc Heim (Belgier)
    21. Juni

    Ne nette kleine Geschichte am Rande…

    „WIE ICH ZU ‚NER BELGISCHEN FAHNE KAM“

    Vor ’ner halben Stunde sollte ich mi‘ m Taxi ’ne Fan-Clique in Goldbach abholen um sie zum Public-Viewing auf’m Volksfestplatz zu fahren.
    Jung’s & Mädels, geschmückt mit dem üblichen Fangedöns, kamen aus dem Haus und stiegen ins Taxi. Einer trug allerdings ’ne belgische Flagge wie’n Umhang drappiert.
    ICH so: “ Cool, Alter! …gehst einfach mit der Belgien-Fahne zum Deutschland-Spiel! du gefällst mir!“
    ER …zeigte keine weitere Reaktion.
    Ungefähr 1 Minute später, ER so zu seiner Clique gewandt: “ He Leute; der Taxifahrer hat fei recht! Das ist gar nicht die deutsche Flagge! Aber die ist doch SCHWARZ ROT GOLD, verdammt nochmal! Nee, Moment! …irgendwas stimmt da nicht! He Taxifahrer …was sagtest du? Ist das echt die belgische?
    ICH: “ Jo! …und ich bin Belgier; und deshalb warst du mir auf Anhieb sympathisch! (grins)
    ER: „Oh Scheiße, Alter!…da ham’n die mir vorhin im LIDL voll die falsche Flagge verkauft und ich hab’s noch nichtmal gemerkt!“
    Kurze Pause…
    „Wenn du Belgier bist…willst’e se haben!? Hier, ich schenk se dir!“
    ICH: “ Jepp! THX ! …jetzt hab‘ ich auch „meine“ Fahne! Na ja…immerhin hab‘ ich dich vor ’nem mega peinlichen Auftritt im Festzelt bewahrt!“

    Die Stimmung für den Rest der Taxifahrt … ihr könnt’s euch denken … ging auf Kosten unseres „Landesverräters“

    …04.00 Uhr in der Früh (8 St. später) die Geschichte geht weiter!
    …Anruf eines der Mädels…
    „Kannst du uns im „NightLive“ abholen kommen und wieder heimfahr’n?“
    ICH: „Jo! Klappt!…in ’ner halben Stunde, sprich um 4!“
    Dort angekommen, steigen alle ein und „Mr. SCHWARZROTGOLD“ schon von Weitem: “ He!!! …der Belgier wieder! Na das is‘ doch jetzt ’n Zufall, oder Leute! Dass mer jetzt zufällig exakt den gleichen Taxifahrer erwischen wie vorhin!“
    Und die andern alle: “ Mann, du Hirni! Is ja wohl klar, wenn mer’n angerufen haben“
    Einer aus der Clique hat mir dann noch gesteckt, dass der Abend relativ anstrengend war, und mein Job dagegen ’n Kindergeburtstag wär. Ich hab‘ ihm mal nicht widersprochen sondern nur noch gemeint: „Na hoffentlich bereut der andere es nicht doch noch, dass er die belgische Fahne verschenkt hat!“
    (…und hab‘ dabei ganz still u. heimlich -nur so für mich- an’s Finale denken müssen)
    Aber …PSSSST !

    Das war’s! Letzteres hat sich ja mittlerweile erledigt! …aber den dt. Spielern drück ich für heut‘ abend beide Daumen! 😉

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