Laune von null auf hundert auf null

Eine 10€-Tour nach Friedrichshain rein. Nun ja, so mittel halt. Aber dann erwies sich die Kundin als äußerst nett, gesprächig, es war einfach schön. Einfach eine nette Unterhaltung, das kann nach einer Stunde Wartezeit selbst bei einer durchschnittlichen Fahrt schnell mal die Laune heben.

Dann, wir waren noch 300 Meter vom Ziel entfernt, winkte es. Deutlich, penetrant, ich hab in Gedanken die Augen verdreht und mir gedacht:

„Hallo, so langsam müsste doch auch der letzte begriffen haben, dass eine ausgeschaltete Fackel bedeutet, dass das Taxi besetzt ist!“

Andererseits hoffte ich doch auch irgendwie, die beiden noch einsacken zu können. Die Aussicht war gering, wir waren auf einer Hauptstraße, durch die gerade an jenem Abend mehr als genug Taxis fuhren. Aber während ich meine Kundin und ihr Gepäck auslud, passierte nichts. Kein Taxi, Totenstille. Also hab ich sofort Vollgas gegeben und bin zurückgeschossen. Und sie standen noch da, puh!

Mit Höflichkeiten haben wir uns dann nicht lange aufgehalten.

„Alt-Biesdorf, zur Tierklinik. Kennste?“

„Ja, schon mal gesehen.“

„Schön.“

„Und, ist das dann jetzt ein Notfall?“

„Ja.“

Und da war die gute Laune wieder hin. Sicher, die Fahrt war gut für mich, aber die Fahrgäste waren deprimiert, telefonierten die ganze Zeit, so eine Tour halt.

Was passiert ist, weiß ich nicht. Das Tier war wohl schon in der Klinik. Aber der Laune nach wurde der altehrwürdige Familienhund eingeschläfert. 🙁

Schön, dass ich helfen konnte. Aber irgendwie ging’s mir 15 € vorher noch deutlich besser.

Drei Fahrgäste auf einem Sitz

Die erste Frage, die er mir stellen würde, hatte ich bereits erraten, als er noch 30 Meter von meinem Auto entfernt war:

„Sach ma‘, würdste mir auch mit die beeden Hunde …?“

„Wenn sie das Autofahren gewöhnt sind, sicher.“

Obwohl ich ganz ganz sicher eher Katzen- als Hundemensch bin: Ich mag Hunde. Sie haben mir im Taxi auch noch nie wirklich Ärger gemacht und wie bei fast allem fahre ich seit 6 Jahren auch bei Hunden folgende Strategie:

So lange ich niemals unaushaltbaren Stress mit XY hatte, fahre ich XY!

Das ist, möchte ich mal anmerken, ein vollkommen geiles Konzept. Man kann es auf Hunde anwenden, auf Besoffene, auf mitgeführte Bierflaschen, Schalke-Fans oder Kinder. Und man muss so ehrlich sein und eine einzelne Entgleisung unter 50 Fahrten auch mal als Zufall ansehen.
Deswegen nehme ich immer noch supergerne Biertrinker und Hunde mit, Schalke-Fans bis auf weiteres, Kinder immer und verhänge andererseits bald mal eine Sperre für Soldaten. Insgesamt aber klappt das sehr gut, meist entpuppen sich die Problemkandidaten dann halt doch als zumindest brauchbare Kundschaft.

Und die beiden Hunde waren super. Knuffige und ruhige Viecher, bei denen das einzige Problem war, dass der eigentlich im Fußraum platzierten Dame irgendwann danach war, Herrchen auch noch auf jenen Schoß zu springen, auf dem bereits der andere Hund saß. Aber, obgleich etwas seltsam gestapelt: Die beiden (und auch Herrchen) waren super unkomplizierte Fahrgäste.

Und abgerundet wurde das Ganze dann noch durch mehr als 4 € Trinkgeld für meine Nettigkeit den Tieren gegenüber. Die Hunde haben ihr Abo auf problemlosen Zustieg soeben bis 2016 verlängert, jetzt ist die Bundeswehr am Zug.

Niklasgeschenke für Taxifahrer

Mich hat’s ja beim Sturm neulich nicht aus dem Haus getrieben. Ich hatte ganz regulär frei, das Auto wurde von anderen Kollegen genutzt. Ich hätte vielleicht eines bekommen können, vielleicht auch nicht. Ich hab das Ganze nicht für so wichtig genommen, dass ich mich groß bemüht hätte. Damit lag ich ganz offensichtlich falsch. Gefühlt hat jeder der Kollegen, die gelegentlich oder immer am Ostbahnhof stehen, eine oder mehrere weite Fahrten ins Umland gekriegt, weil massig Züge ausgefallen sind oder enorme Verspätungen hatten. Einer hat an dem Tag über 800 € Umsatz gemacht (dank einer gut bezahlten Fahrt nach Hamburg) – und dem glaube ich das sogar, was bei Rekordumsätzen nicht bei allen der Fall ist.

Hat einer der mitlesenden Kollegen am letzten Märztag mehr gemacht?

Da ärgert man sich als Daheimgebliebener dann schon. Auf der anderen Seite ist das gerade auch recht angenehm, dass ich das Auto nicht mehr die ganze Woche zur Verfügung hab. Da hab ich mir viel öfter gedacht, dass ich doch eigentlich noch könnte, sollte, müsste. Was ich aber eigentlich schon zur Genüge bei der Schreiberei habe, eigentlich brauche ich das nicht zweimal gleichzeitig.

Antworten, die man Kunden gerne geben würde

Gleich vorweg: Dieser Eintrag ist nicht sonderlich ernst zu nehmen! Andererseits lohnt ein Nachdenken darüber vielleicht schon, denn so ganz unehrlich sind meine „Antworten“ auch nicht wirklich. Ich würde sie nie Fahrgästen geben, aber darüber nachgedacht habe ich schon. 😉

(Hinweis: GGA = Gerne gegebene Antwort)

Man steht am Taxistand in erster Position, die Lampe ist an.
Frage: „Sind Sie frei?“
GGA: „Nein, Lohnsklave in einem kapitalistischen System. Und Sie so?“

Kunden treten heran, eine Person setzt sich rein. Die andere öffnet die Tür.
Frage: „Könnten Sie meine Freundin sicher heimbringen?“
GGA: „Ich bin nur ein besoffener Zombie auf Durchreise, natürlich nicht!“

Man bekommt nachts einen Auftrag, fährt binnen 5 Minuten hin und klingelt.
Frage: „Wer ist da?“
GGA: „Ihr Zahnarzt. Tür und Mund auf, bitte!“

Kunden sitzen im Auto, kurz vor dem Ziel tuscheln sie.
Frage: „Was würdste machen, wenn wir Dich jetzt ausrauben?“
GGA: „Euch neben den letzten Fahrgästen begraben. Und zum Davor fragt besser nicht!“

Ein Kunde steigt ein, hat keinen Plan wo er ist und was er will.
Frage: „Kannste noch irgendwas empfehlen jetzt?“
GGA: „Ich hätte da einen Puff, wo ich 50 € für die Ablieferung eines Kunden kriege.“
Alternative Frage: „Wo is’n noch was los?“
Alternative GGA: „Bei deiner Mudder is‘ noch was los!“

Ein Kunde steigt ein.
Frage: „Hat Dir schon mal wer ins Auto gekotzt?“
GGA: „Ja, ich wollte eben zur Reinigung fahren. Aber deine Hose tut’s offenbar auch.“

Kunde steigt ein und will unerlaubterweise handeln.
Frage: „Machst‘ einen guten Preis?“
GGA: „Gerne. Gut für mich allerdings.“

Und weil’s sowieso irgendwer erwähnen wird, der sich angegriffen fühlt: Natürlich sagen auch Taxifahrer doofe und vorhersehbare Dinge. Aber ich hab halt den Blick auf die Kundschaft.

Wie Hassan und ich uns kennenlernten

… weiß ich schon gar nicht mehr. Wir stehen beide gelegentlich am Ostbahnhof und am Berghain, da werden wir uns irgendwann mal angequatscht haben. Ob einfach reflexhaft mit einem „Guten Abend!“ oder mit der Bitte ums Kleinwechseln eines Fuffis, irgendsowas wird’s gewesen sein. Er ist ein netter Kerl, so ganz grob in meinem Alter. Vielleicht isser auch älter und hat sich nur gut gehalten, keine Ahnung. Wir quatschen am Stand eigentlich fast nur übers Geschäft. Seit vielleicht zwei oder drei Jahren jetzt. Sowas ergibt sich nicht mit allen.

Wir fahren für unterschiedliche Firmen und auch sonst bilden sich unter den Fahrern gerne Grüppchen, die nicht immer durchlässig sind. Traurigerweise oft genug aufgrund blödsinnigstem Rassismus. Als Taxifahrer sind wir zwar alle auf Du und fragen uns gegenseitig nach Wechselgeld, aber wehe da hat einer dunkle Haut, der ist beim nächsten Gespräch ganz schnell wieder einer von „den Kanaken“. Kann man sich nicht ausdenken im Jahr 2015, ich hab schon einige Kontakte wegen so einem Mist einschlafen lassen …

Aber darauf wollte ich gar nicht raus, obwohl man’s schon mal erwähnen sollte.

Woher Hassan kommt, weiß ich gar nicht. Ist mir auch ziemlich egal, er ist einfach ein netter Kollege. Und – das wollte ich eigentlich sagen – er hat verdammt nochmal den Mut, der mir oft abgeht. Er hat mich nämlich am Wochenende während eines Gesprächs einfach mal gefragt, wie ich eigentlich heißen würde.

Und seinen Namen kenne ich auch erst seit diesem Gespräch.

🙂

Das kommt halt auch dabei raus, wenn man sich unter Kollegen trotz fremder Firmenzugehörigkeit immer kollegial behandelt und sogar duzt: Man quatscht ewig miteinander und so ab dem zehnten Mal isses eigentlich zu peinlich, doch noch nach dem Namen des anderen zu fragen. Und das ist kein Einzelfall, so geht es mir mit vielen Kollegen, die ich an der Halte kennengelernt habe. Allen voran der, von dem ich hier zu Hause schon ironisch als „Herr Ostbahnof“ spreche und von dem ich von Wohnungswechseln über Bastelprojekte bis hin zur Krankheitsgeschichte etliches weiß – nur nicht seinen Namen. Ebenso mein russischer Freund, der mich an Silvester gerettet hat und dessen Stories schon mal für einen Blogeintrag gut sind. Oder der, der mir Starthilfe gegeben hat. Oder oder oder …

Seltsames Gewerbe. Muss man einfach mal sagen. 🙂

Langes Warten, heute mal die schöne Form

Langes Warten ist immer doof. Allem voran wegen des Umsatzes, aber nach einer gewissen Zeit nervt’s auch einfach. Und so stand ich am Freitagabend schon ziemlich mismutig am Ostbahnhof, als nach einer Stunde ein Paar an mich herantrat und mich fragte, was es nach Nauen kosten würde. Sie konnten die Entfernung mit rund 50 Kilometern sehr akkurat angeben, während ich mich noch fragte, wo zur Hölle dieses Nest liegen soll. Umland – und dann auch noch das westliche – ist jetzt ja nicht so meine Stärke.

Als ich ihnen mal 80 € als Preis genannt hatte, zögerten sie zwar, winkten dann aber ab und sagten, dass sie den Zug nehmen würden. Na klar, wenn’s scheiße läuft, läuft’s auch gleich richtig scheiße. Und so stand ich dann weiter da, jetzt auch noch frustriert. Davor hätte ich eine kurze Tour ok gefunden, jetzt, nachdem ich Blut geleckt hatte, wusste ich, dass ich mich über alles was nicht mindestens so weit wie Nauen wäre, ärgern würde.

Und dann kamen sie nach 10 Minuten einfach zurück, sagten, sie wollen doch mit mir fahren und baten sich nur noch kurz eine Kippenpause aus. 0.0

Und dann sind wir nach Nauen gefahren. Flott, ruhig, super Tour. Noch schöner wäre allerdings, wenn ich irgendeine Ahnung hätte, wieso ich am Ende der Fahrt nur noch 70 € als Fahrtpreis angesagt habe. Aber was soll’s, es hat schon gepasst so. 🙂

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

Immer dranbleiben!

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Noch ein Blog?

Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.

Die Verlockungen beim Bezahlvorgang

„Mach einfach 35.“

„Danke.“

„Hier.“

*räusper*

„Was ist?“

„Ähm …“ *räusper* *Blick aufs Geld*

„OOOHHHH!“

Da hat er den zweiten Fuffi dann doch bei sich behalten. Man ist ja kein Arsch – und auch besoffene Kunden sollen morgen noch Kunden sein.