Kollegengespräche

Ich muss an dieser Stelle mal aufgreifen, was Aro gestern in seinem Blog thematisiert hat: die Gespräche am Taxistand, die Unterhaltungen mit den Kollegen. Mit Yok hatte ich das Thema auch schon mal, er war da „dank“ ein paar Jahren Erfahrung mehr gleich noch mal ernüchterter.

Ich leide da nämlich durchaus mit den beiden. Zugegeben, unter den Kollegen, mit denen ich mich zu unterhalten pflege, ist Fußball nicht das große Thema. Aber ermüdend ist es dennoch oft. Ich halte gerne die Fahne hoch für uns Kutscher, aber es ist nunmal auch traurige Realität, dass sich am Taxistand nicht unbedingt die geistige Elite trifft. Bei vielen geht das Interesse gar nicht über den Schichtumsatz raus und bei denen, die sich wirklich mal um aktuelle Themen scheren, merkt man viel zu oft schnell, dass sie ihre Bildung aus der Kommentarspalte von bild.de haben. Also ungefähr Grundschulabschluss mit Hauptschulempfehlung.

Natürlich sind da draußen auch andere unterwegs. Fast die gesamte Riege der Taxiblogger fällt aus diesem Raster – und natürlich auch noch einige mehr. Aber ja, man hat mitunter seine Schwierigkeiten, Kollegen zu finden, die nicht völlig offensichtlich rassistisch sind, BZ-Schlagzeilen nacherzählen oder eben Umsätze erfinden, weil sie glauben, mehr Geld würde sie zu was besserem machen. In diesem Gewerbe arbeiten eindeutig weniger clevere Menschen als eigentlich nötig.

Aber das ist, das muss man ehrlich sagen, auch der Tatsache geschuldet, dass wir so schlecht verdienen. Ebenso wie beispielsweise im telefonischen Support sind die Rahmenbedingungen so, dass mitunter Idioten die besten Chancen haben. Folglich kann man leider nicht auf schnelle Besserung hoffen. Und wenn wir ehrlich sind: Selbst die Kundschaft hilft da nur bedingt mit: Auf der einen Seite wird einem Trinkgeld gegeben, obwohl man angeblich betrogen hat (ich find den verdammten Text dazu zum Verlinken nicht mehr!), auf der anderen werden gute Fahrer gemieden, bloß weil sie „ausländisch“ aussehen.

Wie Aro auch bin ich jedenfalls froh, dass ich über andere Kanäle kommunizieren kann, das hilft wirklich! 🙂

Na dann halt nicht …

Über die Gründe, weswegen Kollegen Fahrten ablehnen, lässt sich ja manchmal nur spekulieren. Meistens ist Geld im Spiel, das heißt: Ihnen ist die Tour zu kurz. Manchmal ist sie auch zu lang – im Falle von Touren ins Umland ist das Ablehnen dann ja auch rechtlich in Ordnung. Selten ist hingegen, dass extrem lukrative kurze Touren weitergereicht werden. Was natürlich noch wesentlich seltener ist als diese Touren ohnehin.

Meine Fahrgäste jedenfalls näherten sich nur mit Bedacht, sie wurden vom Fahrer vor mir offenbar wenig freundlich abgewiesen. Vielleicht konnte er kein Englisch, vielleicht hatte er auch moralische Bedenken, ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass die vier Jungs aus Dänemark trotz leichtem Schwips recht gut artikulieren konnten, dass sie Interesse daran hätten, viel Geld zu investieren, um sich mit unbekleideten Damen zu verlustieren. Und das kann für uns Taxifahrer ja bisweilen recht, ähm … einträglich, sein.

Es gibt einige Nachtclubs und Stripbars, die sich unsere Gunst sichern, indem sie die Eintrittsgelder unter der Hand und nicht wirklich legal an uns weiterleiten – was insbesondere bei gleich vier Kunden schnell mal unsere Schichteinnahmen verdoppeln kann.

Meines – sicher nicht umfassenden – Wissens nach liegen die wirklich üppig zahlenden Etablissements allesamt im Westen, weswegen ich nur recht selten in den Genuss dieser Zahlungen komme. In erster Linie bin ich nämlich Taxifahrer und hab trotz des ganzen zwielichtigen Gemauschels durchaus noch einen Rest Anstand, der es mir verbietet, Leute durch die ganze Stadt zu karren, bloß um mir ein paar Euro extra zu sichern. Ich fahre schließlich auch keine Umwege, bloß damit es bei mir auf dem Taxameter besser aussieht.

Aber wenn es die Kundeninteressen erlauben, dann würde ich sagen, dass ich ja blöd wäre, wenn ich die Kohle nicht annehmen würde. 🙂

Bis in den tiefsten Westen bin ich nicht gefahren. Es gibt schließlich Mittelwege. Dass ich keine Namen schreibe, sollte verständlich sein. Am Ende hatte ich jedenfalls einen Zehner auf der Uhr und das achtfache an „Trinkgeld“. Und bin weiterhin überzeugt davon, dass man sich keinen Gefallen damit tut, Fahrten abzulehnen …

Wozu frage ich eigentlich?

Ich hab ja neulich mal geschrieben, dass man als Taxifahrer am Besten immer alles mögliche fragt. Auf die Zieladressen trifft das sehr sehr oft zu, auf die Strecken ein bisschen weniger. Klar, es gibt auch eine Menge gleichwertige Strecken zwischen zwei Punkten. Und so manche Strecken, bei denen fragen eigentlich … nun ja.

Eine von mir vergleichsweise oft gefahrene und doch immer wieder gerne gesehene Fahrt ist die vom Ostbahnhof zum Flughafen Schönefeld. Eine erstklassige 30€-Tour, die mir schon das ein oder andere Mal ganz zuletzt noch teilweise die Schicht gerettet hat – oder für einen guten Start gesorgt, je nach Uhrzeit. Für diese Strecke gibt es so viele halbwegs vernünftige Routen, das ist nicht mehr normal:

1. Die Touristen-Route

Das ist eine schöne Route, die von vielen Touristen – allerdings auch Berlinern – geliebt wird. Sie ist einfach, weil es fast immer nur geradeaus geht und es zudem die ausgeschilderte Strecke ist. Auf allen anderen Pfaden biegt man irgendwann mal „falsch“ ab. Dabei ist die Route definitiv die längste von allen.

2. Die schnellste Route

Ohne großes Bohei immer auf den Hauptstraßen bis zur Autobahn – und dann ab dafür! So fahre ich in 90% aller Fälle, natürlich nach Absprache mit den Kunden. Denn auch wenn sie kürzer als die Touristen-Route ist, ist sie immer noch lang. Die Argumente „Autobahn“ und „schnell“ werden aber gemeinhin bei Flughafenfahrten immer gerne gehört. Auch von Menschen, deren Flieger erst in 7 (!) Stunden geht …

3. Die vorbildliche Route

Nochmal ein paar Meter kürzer ist dieser Weg, den viele Kollegen offenbar gerne fahren. Der Preisunterschied zu meiner ist marginal und ich mag sie deswegen nicht, weil die Ecke über die man abkürzt, so düster ist, dass man regelmäßig ängstliche Kunden im Auto hat, die einen fragen, wo man jetzt bitte sei und ob man nicht anders fahren könnte. Dabei ist sie wirklich eine Top-Strecke!

4. Die kürzeste Route

Das ist die definitiv kürzeste Strecke, das ist die, die wir bei der Ortskundeprüfung wissen müssen. Der Fahrpreisunterschied zur Touristen-Route liegt bei fast 4 €. Das Problem ist, dass sie einmal quer durch die Herzen von Kreuzberg und Neukölln führt, ein einziges Stop-and-Go vor den zahlreichen Ampeln. Sie dauert mindestens so viel länger, wie sie weniger kostet. Ich hatte in 4 Jahren noch keinen Fahrgast, der das ernsthaft bis zum Schluss durchziehen wollte …

(alle Beispiele unter Einbeziehung der derzeitigen Sperrung der Oberbaumbrücke)

Ich muss zugeben, dass ich die Frage nach der Route oft wertend stelle. Ich frage selten einfach sachlich „Günstig oder schnell?“. Meist sage ich: „Ich würde die Strecke über die Autobahn bevorzugen, die ist sowohl schnell als auch nicht die teuerste.“ Wenn ich das gesagt habe, gab es noch nie einen Widerspruch, außerdem kommt man hier bei der Ansage „30 €“ tatsächlich auf 29,80 bis eben 30,00 €. Aber wirklich immer mache ich das dann halt auch nicht. So auch neulich.

Der Kunde hatte Zeit, obwohl er der Kleidung nach geschäftsmäßig unterwegs war. Das roséfarbene Hemd spannte ziemlich über der Wohlstandsplauze, die Krawatte in dunkelblauem Satin schlackerte unwirsch nach links und rechts. Der hellgraue Anzug darüber hinterließ mich einmal mehr mit der Frage, warum Business-Outfits offenbar von farbenblinden Ottifanten designt, bzw. zusammengestellt werden. Sein auch nicht gerade schmales Gesicht wurde von einer viel zu kleinen Brille betont, etwas lässig wirkte da schon der sauber rasierte schmale Bart über die gesamte Kopfbreite. Hübsch war vielleicht was anderes, aber zum einen hätte ich in dem Outfit noch schlimmer ausgesehen, zum anderen war er ja nicht da um mich zu heiraten. Ich hab’s ihm also durchgehen lassen. 😉

Er wollte, mit lässiger Distanz betont, „keine Umwege“ fahren, ansonsten solle ich tun, was ich für richtig hielt. In Anbetracht der obigen Auswahl dann halt doch eher eine verwirrende als klärende Aussage. Also hab ich ihm die Wahrheit gesagt: dass ich meine Lieblingsstrecke hätte, es allerdings auch wesentlich kürzer gehen würde:

„Es sind locker drei Kilometer weniger, wenn ich über Neukölln fahre, aber dann …“

wollte ich schon zum Verteidigungsmonolog ansetzen.

„NEUKÖLLN? Also so mitten durch, das, also, das ist ja ein UNFUG sondersgleichen! Nein nein, fahren Sie mal über Treptow!“

Ich sag’s ja. KEIN EINZIGER Kunde in vier Jahren. Und was haben wir in der Taxischule diese blöde Strecke gelernt …

Große Scheiße!

Mein treuer Kommentator Wahlberliner hat mich darauf aufmerksam gemacht:

Süddeutsche Zeitung – Grapscher stehen gelassen, Job verloren

Laut dieser Pressemeldung wurde eine Kollegin im bayrischen Deggendorf sexuell belästigt, hat dennoch die Fahrt bis zum Ende durchgezogen (!) und dann Anzeige erstattet. An dieser Stelle gehen schon einmal Props an die Kollegin raus. Sie hätte das nicht tun sollen oder müssen, aber alleine ihr Pragmatismus und ihre Rationalität nötigen mir Respekt ab. Die Contenance haben wenige und ich gehöre definitiv zu den Leuten, die ihr einen beherzten Tritt in die Weichteile des Fahrgastes gegönnt hätten. Danach ist sie zur Polizei und hat den Typen angezeigt.

Nun wurde ihr scheinbar gekündigt, weil sie zufällig abermals auf jenen Kunden traf und ihn dann stehen ließ.

WTF?

Noch besser: selbst die Polizei sieht das offenbar nicht als Verletzung der Beförderungspflicht.

Was für eine Arschgranate ist bitte eine Chefin, die diese Umstände nicht anerkennt und der noch in der Probezeit fahrenden Kollegin kündigt, anstatt ihr Unterstützung zukommen zu lassen?
Im Ernst: Wer glaubt, irgendwer müsse bei einem beschissenen einstelligen Stundenlohn auch noch immun gegen sexuelle Belästigung sein, hat doch wohl nicht alle Tassen im Schrank und sollte besser überhaupt keine Menschen beschäftigen.

Natürlich braucht man zum Taxifahren – wie in jedem anderen Job auch – gewisse Qualifikationen und/oder Fähigkeiten. Die so gerne geforderte „Härte“, die „Coolness“ und das „Taffsein“, was man jetzt von o.g. Chefin hört, sind indes meist nichts als billige Ausreden dafür, dass irgendwelche Zustände untragbar und widerlich sind. Hier, in Form eines strafbaren Übergriffs glücklicherweise wenigstens nachvollziehbar nicht rechtens.

Meiner Meinung nach hat besagter Chefin zwar schon wer ins Hirn geschissen, einen weiteren Shitstorm muss sie jetzt trotzdem aushalten. Soll ja aber auch ’ne ganz Harte sein …

Übertriebene Konkurrenz

Man könnte gerade meinen, es breche die Welt zusammen fürs Berliner Taxigewerbe. Das zumindest ist der oberflächliche Eindruck, der sich wirklich geradezu aufdrängt, wenn man sich News- und Maileingänge der letzten 24 Stunden bei mir anschaut. Da waren auch nette Meldungen von interessierten Lesern dabei, denen will ich da nichts unterstellen und mich durchaus bedanken für die Hinweise – in Anbetracht der Menge und der Uniformität der Meldungen gehe ich aber von einem ziemlich clever inszenierten Schachzug in Sachen virales Marketing aus und verzichte deswegen explizit auf eine Verlinkung.

Nun, was ist so schlimmes passiert? Nix. Ein Limousinen-Service aus den USA startet nun auch in Berlin. Er ist nicht der erste, vermutlich auch weder der beste, schnellste, noch sonstwas. Es ist ein Limousinenservice, der offenbar das Marketing im Web entdeckt hat. Warum ich jetzt darüber schreibe und mich das irgendwas angeht? Weil überall in den Meldungen die Rede davon ist, dass jetzt DIE große Taxi-Konkurrenz kommt, buhu, Schock, Schauder, Horror!

Ähm, geht’s noch?

Ich will den Laden nicht kleinreden, ganz sicher nicht. Und so ein Service hat wie bisher auch natürlich eine Daseinsberechtigung im vielfältigen Mobilitätsangebot einer Stadt wie Berlin. Sie sind wahrscheinlich erfolgreich, werden ihre Kunden finden und da sind sicher auch mal ein paar potenzielle Taxi-Fahrgäste dabei. Aber schließlich gibt es uns auch trotz BVG noch.

Ein Limousinenservice ist eine tolle Sache. Gerade für geschäftliche Anlässe. Wenn sich Leute treffen, bei denen es auf die Farbe des Autos ankommt, in dem sie vorfahren, da können wir mit hellelfenbein nicht unbedingt punkten (außer bei schwer vermittelbaren Fetischen vielleicht) und es gibt die Leute, die gerne mehr bezahlen dafür, dass der Fahrer sich als Pinguin verkleidet und für zwei Euro mehr die Stunde nur nickt, statt zu antworten. Und, bevor das zu einseitig klingt: es gibt natürlich auch Fahrer, denen so ein Verhältnis lieber ist und die sich ungern mit pöbelndem Proletariervolk abgeben.

Ich persönlich bin Taxifahrer, was auch heißt: Fahrer eines öffentlichen Verkehrsmittels. Dazu gehören gewisse Standards, andere wiederum nicht. Und bei den ganzen Feilschereien ums Geld, die ich jede Nacht mitbekomme, mache ich mir keine Sorge darum, an einen Dienstleister viel von meiner Kundschaft zu verlieren, wenn dieser fast das doppelte an Geld verlangt.

Ehrlich, die „Konkurrenz“ startet nicht nur mit 1,80 € mehr auf der Uhr, sondern hat als Minimum gleich 9,00 € gesetzt. Die Kilometerpreise sind zwar ganz ok, durch die Kopplung an die Geschwindigkeit aber fast noch komplizierter als unsere. Und bei den Festpreisen (die sie ja im Gegensatz zu uns machen dürfen) sind sie dann richtig geil und verlangen mehr als ihr eigener Tarif bringen würde – wahrscheinlich, um wieder beim Doppelten des Taxitarifs zu landen.

Das kann man machen und wie eingangs erwähnt, werden sie ihre Kundschaft haben. Ich glaube, diese Kundschaft fehlt mir am Ende nicht besonders und die Konkurrenz dürfte überschaubar bleiben.

Aber Respekt an die Kollegen im weitesten Sinne: eure Werbung funktioniert!

BER, LDS, WTF und LMAA

Die Wellen schlagen ja seit dem 1. Januar wieder mal höher, was das Taxigewerbe in Berlin angeht. Der Grund ist wie bei sämtlichen Kindergärtnereien das nicht enden wollende Gerangel um den Flughafen Schönefeld (SXF), bzw. die Dauerbaustelle des BER. Es ist in allen Medien nur noch vom „Taxi-Krieg“ die Rede, wenngleich es allenfalls ein paar Handgreiflichkeiten in den letzten Jahren gab – was im Grunde für eine recht niedrige Idiotenquote im Gewerbe spricht, wenn man mal betrachtet, wie viele wir sind.

Das Problem

Das Problem am jetztigen und auch am zukünftigen Flughafen ist, dass er im Landkreis Dahme-Spreewald (LDS) liegt. Dazu kam, dass vor einigen Jahren noch in LDS nur rund 40 Taxen zugelassen waren, die das Fahrgastaufkommen dort gar nicht bewältigen konnten. Das Pflichtfahr- und Tarifgebiet der verschiedenen Taxen endet hier aber wie fast überall deutschlandweit an der Stadt-/Landkreisgrenze und ignoriert den Flughafen. Ergo: obwohl der Flughafen dem Gefühl der meisten Leute nach zu Berlin gehört, ist taximäßig LDS dort zuständig.

Lösungs-, bzw. Problemerschaffungsversuche

Die geringe Taxianzahl in LDS war ausschlaggebend dafür, dass es zwischen Stadt und Landkreis ein Abkommen gab, welches uns Berliner Fahrer berechtigt hat, am Flughafen Kundschaft aufzunehmen. Wie genau und wann das System gewachsen ist, weiß ich auch nicht, aber das Abkommen beinhaltete natürlich auch Einschränkungen und Gegenleistungen. Es wurde eine Vorrückregelung am Flughafen geschaffen, die zunächst die LDS-Fahrer begünstigte, weil sie zahlenmäßig unterlegen waren – und einigen LDS-Fahrern wurde erlaubt, auch am Flughafen Tegel (der auf Berliner Stadtgebiet liegt) zu laden. Als die BER-Planungen langsam Gestalt annahmen und wunderliche Gerüchte um die Verdienstmöglichkeiten am größeren Flughafen herumgingen, meldeten einige Berliner Taxiunternehmer ihr Unternehmen in LDS an, so dass die Zahl der Taxen im Landkreis auf mehrere hundert stieg. Womit, relativ unerwartet, plötzlich die Berliner in der Schlange im Vorteil waren.
Deswegen wurde um die 1:1-Regelung auch wieder gefeilscht, sie wurde geändert und am Ende haben sich die Gewerbevertretungen bei der Lösungsfindung um einen gemeinsamen Tarif am Flughafen zerfleischt.
Bis dato war die (für Fahrgäste auch nicht gerade sinnvolle) Lösung, dass die Taxen halt einfach unterschiedlich kosteten, je nachdem, welches Kennzeichen der Wagen hatte. Die Tariffindung gestaltete sich schwierig, da die bisherigen Tarife extrem unterschiedlich sind:

Berlin hat einen recht einfachen Tarif mit der berühmten Wartezeitunterdrückung und ohne (hier nennenswerte) Zuschläge, die kurzen Fahrten sind teurer als im LDS-Taxi, die übliche Tour vom SXF (oder BER) ins Zentrum Berlins jedoch billiger.

LDS hat einen komplexeren Tarif mit Nachtzuschlag, keine Wartezeitunterdrückung, dafür günstigere erste Kilometer.

Keiner wollte auf die eigenen Vorzüge verzichten, am Ende stand ein ziemlich dürftiger Kompromiss: Bei der Eröffnung des BER sollten alle Fahrten von dort nach LDS-Tarif gefahren werden, egal woher das Taxi kommt. Dass das keine endgültige Lösung sein würde (es hätte hier in Berlin z.B. anscheinend Probleme gegeben, den neuen Tarif im Taxameter einzuspeichern), war klar. Der Senat aber war stolz wie Bolle, die Gewerbevertretungen suchten weiter nach Lösungen und die Fahrer hassten sich nach wie vor und bezichtigten die anderen jeweils der Abzockerei, des Vordrängelns und dergleichen mehr.

Dann wurde die Eröffnung des BER plötzlich um anderthalb Jahre verschoben und der Landkreis kündigte recht überraschend an, dass die bisherige Einigung damit hinfällig sei und hat die Zusammenarbeit zum 31.12.2012 hin gekündigt.

Der jetztige Stand

Seit Jahresbeginn dürfen nun keine Berliner Taxen mehr Fahrgäste am Flughafen Schönefeld aufnehmen. Also ja, dürfen sie natürlich – wenn sie bestellt sind. Das Ganze betrifft nur den Taxistand. Im Gegenzug haben die LDS-Fahrer, die bislang Tegel angesteuert haben, dort auch kein Laderecht mehr. Was nun in Boulevard-Medien als „immer irrer“ bezeichnet wird, soll auf der anderen Seite vollkommen „gelungen“ und „harmonisch“ sein. Im Grunde ist die Regelung damit zwar neu, ansonsten aber einfach nur identisch mit dem, was an den meisten Grenzen zwischen Tarifgebieten in Deutschland üblich ist: es ist eine Grenze, ab dort ist Schluss mit Fahrgastaufnahme. Immerhin eine durchschaubare Regelung.

Vorteile:
Kein Tarif-Roulette am Flughafen mehr, die Preise sind einheitlich.
Die Grenzen sind einheitlich und nachvollziehbar.
Alle Taxen können ihre Tarife behalten.
Weniger Stress zwischen den Lagern.

Nachteile:
LDS hat derzeit eher Probleme, weil Tegel noch besser läuft als Schönefeld.
Berlin wird Probleme haben, weil Tegel irgendwann in den nächsten, sagen wir mal 10 Jahren, schließt.
Die Fahrgäste zahlen für eine Fahrt von Schönefeld in die City ein paar Euro mehr.

In der Presse wird gelegentlich prominent erwähnt, wie schlimm das sei, dass die LDS-Taxen jetzt leer durch die ganze Stadt zurückfahren müssten – oder die Berliner, wenn sie Kunden in SXF anliefern. Dabei wird meiner Meinung nach übersehen, dass das bisher nicht groß anders lief. Viele Fahrer fahren ausschließlich vom Flughafen, es wird nur recht wenige Berliner Kollegen betreffen, die z.B. immer am SXF gestartet sind und dann in der City ihre Schicht fortgesetzt haben.

Aber wir würden hier keinen Kindergartenkrieg führen, wenn wir nicht jetzt schon wieder Gespräche vereinbart hätten und eine neue „Lösung“ anstreben würden …

Meine persönliche Meinung als Berliner Taxifahrer

Lassen wir’s doch so!

Nicht, dass wir uns falsch verstehen: Ich würde mich über einen gemeinsamen Tarif mit LDS freuen. Aber mir ist auch klar, wie schwierig das ist. Ich bin ja selbst ausgesprochener Befürworter unseres recht simplen Tarifs, weil ich Transparenz wichtiger finde als die Möglichkeit, irgendwo noch ein paar Cent mehr abzugreifen.

Ich finde es als Taxifahrer zwar auch bekloppt, dass der Senat mal eben zwei innerstädtische Flughäfen schließt, um einen auf dem Land nie fertigzubauen. Andererseits ist es derselbe Senat, der an den Flughäfen mal eben Privatfirmen in den Taxitarif eingreifen lässt (zu diesem Thema hab ich hier noch ein paar Worte verloren). Es gibt offenbar ohnehin keinen, der sich wirklich für die Belange der Taxifahrer interessiert, da kann man doch froh sein, wenn uns der ganze Flughafenstress künftig nicht mehr betrifft.

Das Problem, dass inzwischen zu viele Taxen auf der Straße unterwegs sind, wird zwar dadurch verschärft, rein mengenmäßig ist aber weder der eine, noch der andere Flughafen sonderlich relevant fürs Gewerbe. Dem Problem mit den vielen Taxen sollte ohnehin mal durch einen Konzessionsstopp oder durch eine vernünftigen Kontrolle begegnet werden.

Außerdem bin ich mir auch nicht sicher, ob der BER irgendwann mal ein wirklich gutes Geschäft abgeben wird. Die Preise für die Taxifahrt von dort in die City werden dank größerer Entfernung und den Zuschlägen deutlich höher sein als bisher, im Gegenzug bekommt der Flughafen eine schnelle Bahnanbindung. Ob da nur wegen steigender Passagierzahlen wirklich ein Plus für uns herausspringt, darauf würde ich nicht wetten. Vorschnelles Ärgern halte ich da für nicht angebracht. Und wer als Taxifahrer unbedingt zum Flughafen will, kann ja sein Gewerbe in LDS melden – er wäre damit ja in guter Gesellschaft.

Und die Preise für die Kunden? Ich würde mal sagen, dass die Kunden, die sich für die 5 bis 10 € interessieren, mit der Zeit wissen werden, dass sie dafür ein Berliner Taxi bestellen müssen. Vielleicht ist der Status Quo also doch nicht ganz so schlimm, wie es allenthalben berichtet wurde.

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

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Noch ein Blog?

Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.

Kollege …

Also manche Kollegen haben echt Glück, dass sie an gut gelaunte Kundschaft und nicht an missmutige Ordnungshüter geraten. Kleiner Link zu „SMS von gestern Nacht“:

SMSee?