Arbeitseinstellungen

Nachdem ich es heute morgen bereits darüber hatte – eines muss ich doch wirklich mal mit einem fetten „WTF?“ kommentieren:

Während ich heute Nacht mit Kundschaft durch die City cruiste, fiel mir ein Aufkleber auf der Heckklappe eines anderen Taxis auf. Ich hab da „fährt mit Erdgas“ stehen, viele Kollegen haben dort Hinweise angebracht, dass nur der Fahrer die Klappe öffnen darf. Aber auf diesem Taxi stand in epischer Breite:

„Taxifahrer werden bezahlt, um Ihren A… sicher zu befördern, nicht um ihn zu küssen!“

Nur echt mit dem Auslassungszeichen! Wer wird denn hier „Arsch“ sagen!?

Mal im Ernst: Geht’s noch?

Es ist nicht so, dass ich der Aussage des Aufklebers nicht zustimmen könnte. Natürlich bieten wir eine Dienstleistung an, die – inklusive einiger Nebenleistungen – doch recht scharf umgrenzt ist, und dass wir uns von Kunden selbstverständlich nicht alles gefallen lassen müssen, bloß weil sie uns fürs Fahren bezahlen.

Aber wie frustriert bitte muss man von seinem Job sein, um ausgerechnet diesen Spruch für alle sichtbar spazieren zu fahren? Ist „Ick hab keen Bock, mir rumkommandier’n zu lass’n!“ wirklich das, was man potenziellen Kunden als erstes auf die Nase binden muss – auch wenn die gar keine Anstalten machen, sich daneben zu benehmen? Wie ungefähr 90 oder 95% der Leute. Nee, das kann’s doch echt nicht sein!

Und liebe Kollegen, die ihr das „doch nicht schlimm“ findet: Wie sehr mögt Ihr die Kunden, die einsteigen mit den Worten: „Nee, mach mal Zehner Festpreis, Ihr Taxifahrer zockt uns doch eh alle ab!“?

26 Kommentare bis “Arbeitseinstellungen”

  1. Alwin sagt:

    Da du offensichtlich kein Kollegenschwein sein willst, sag ich’s eben mal: Als Kunde hat man die freie Taxiwahl. Kann man gar nicht oft genug wiederholen. Und ob ich bei so einem Aufkleber einsteigen würde?

  2. Sash sagt:

    @Alwin:
    Ich würd’s mir auch überlegen.

  3. Buscher Christel sagt:

    Also ich finde das auch nicht lustig. Er muß ganz schön frust schieben….bin bis jetzt immer mit Höflichkeit weiter gekommen …lg

  4. Marcel L. sagt:

    Ein Anzeichen dafür, dass wohl nicht alle ihren Job gerne tun. Lustig finde ich es jedenfalls nicht. Als Kunde würde ich nicht gerne einsteigen, weil die Kommunikation auch wahrscheinlich nicht so prickelnd wäre.

  5. Frank 72 sagt:

    Getreu Hanlons Razor habe ich den Spruch spontan als Aufforderung gesehen, nicht so dicht aufzufahren. Hat halt jeder so seine Weltsicht.
    Frank 72

  6. Sash sagt:

    @Frank 72:
    Weltsicht hin oder her: diese Interpretation ist schon grammatikalisch ausgeschlossen.

  7. Jens sagt:

    Auf die letzte Frage (bezüglich des Abzockens)…gibt es nur eine Antwort. Ich hatte diesen Fall schon, nicht genau der gleiche Wortlaut, aber inhaltlich gleich. Mir wurde mit dem ersten Satz unterstellt ich betrüge. In dieser Situation bin ich KEIN DIENSTLEISTER. Ich habe rechts angehalten, den Fahrgast gefragt, ober irgendwelche Anhaltspunkte hätte das ich ihn übers Ohr haue, und wie er es finden würde wenn er an seinem Arbeitsplatz sofort des Betruges bezichtigt wird. Ich habe ihm, bzw ihr, dann freundlich angeboten die Summe auf dem Taxameter zu bezahlen und SOFORT auszusteigen, oder sich zu entschuldigen und wir fahren weiter………..rate mal. Die Dame hat sich entschuldigt, mehrfach und wiederholte immer wieder sie hätte es nicht so gemeint. Ich habe ein dickes Fell, aber nicht immer , das habe ich deutlich zu erkennen gegeben. Ansonsten können die Fahrgäste im allgemeinen alles machen, auch wenn es nicht den „guten Sitten“ entspricht 🙂
    Ich mache meine Job wirklich gern, ich bin zu den allermeisten Fahrgästen freundlich, aber-wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus. Der Fahrgast ist König, aber darf nicht alles was ein König darf 🙂 da stehe ich zu.
    Dienstleistung heißt nicht unterwürfig, egal gegenüber wem, allerdings sollte man professionell freundlich sein.

  8. Taxi 123 sagt:

    Recht hat er – auf die Scheibe würde ich es trotzdem nicht kleben!

  9. Sven-Erik sagt:

    Hier fahren auch Umwelttaxis rum, nur legen hier in Hamburg auch immer mehr Kreuzfahrtschiffe an. Diese verpesten die Luft mehr pro Tag, als 1 Million Autos. Auch mal gelesen, als ich neben einem “ Kollegen “ eine Zigarette geraucht habe: Wir leben vom Trinkgeld. Als Mercedes Kombi Fahrer, hätte ich aber auch gern das Heckklappenschild. Bei einem “ Kollegen „, hat der Fahrgast die elektrische Klappe aufgerissen und diese ging dann auf und zu im wechsel. Alle Versuche blieben ohne Erfolg, dies abzustellen. Bei einem weiteren Kombi, ging die Heckklappe dann nicht mehr auf. Kostenpunkt 300 Euro. Meine Meinung: Weder Fahrgäste, noch Hotelpersonal, haben etwas an meinem Kofferraum zu tun. Ich will auch keine Beschädigungen an der Ladekante haben. Nur ich lade Gepäck ein und aus und das Taxi habe ich auf automatische Verriegelung gestellt.

  10. Sash sagt:

    @Jens:
    Was ich auf Betrugs-„Vorwürfe“ antworte, hängt wirklich sehr von der Situation und den Leuten ab. Die einen wollen ernsthaft stänkern, andere haben Angst, manche halten das für einen gelungenen Witz …
    Toll find ich’s natürlich auch nie, aber ein einheitliches Vorgehen hab ich da nicht. Hatte das jetzt geschätzt dreimal in verschiedener Ausführung, hab aber am Ende alle Kunden zufrieden und mich ohne zu hohen Blutdruck hinterlassen. 🙂

    @Taxi 123:
    Wie gesagt: ich will auch nicht der Aussage widersprechen. Aber so als Blickfänger ist das schon ziemlich abweisend. Und ich weiß jetzt nicht, wie’s bei Dir aussieht – aber bei mir ist der Teil der Kundschaft, die mich wie einen Fußabtreter behandelt oder kuriose Extrawünsche hat, verschwindend gering. Gerade in Anbetracht dessen hab ich die Befürchtung, dass das schon einer der Kollegen ist, die sich über jeden Scheiß ärgern müssen/wollen und entsprechend wirklich nicht sehr kundenfreundlich sind.

    @Sven-Erik:
    Grundsätzlich hast Du Recht mit dem Kofferraum. Auf der anderen Seite ist es schon fraglich, wieso ein Taxi eine Heckklappe hat, die mit einem manuellen Öffnen beschädigt werden kann? o.0
    Ich meine, ein Taxi wird in der Regel schon mal von verschiedenen Fahrern gefahren und sollte an Türen und dergleichen eher robuster gebaut sein, bzw. gegen Fehlbenutzung gesichert.
    Ich kann meinen Kofferraum nicht gezielt verriegeln, allerdings hab ich nach anfänglichem Stress (ein Diebstahl, einmal wohl eher aus Versehen eine Tasche zu viel rausgenommen) inzwischen einfach nix mehr hinten drin außer Kindersitzen und Putzzeug. Damit lebt es sich auch erstaunlich entspannt. Und im Optimalfall kommt es wirklich mal vor, dass die Kunden alleine ausladen, bevor man mit der Quittung fertig ist. Ich bin gerne behilflich und springe so bald als möglich auf – aber sowas kann schon auch mal nett sein. 🙂

  11. Der Banker sagt:

    Als Dienstleister kann ich den Spruch auf der Heckklappe sofort nachvollziehen und finde ihn sogar lustig.

    Aber ihn als Begrüßer 100% der Kunden entgegenzuschleudern, finde ich ihn absolut daneben, da sich nie und nimmer 100% so benehmen, dass sie ihn verdienen.
    Gemeinerweise wird auch ein Gutteil der Kunden nicht in der Lage sein, den Spruch richtig zu verstehen und ggf. anzunehmen – ich habe sogar oft genug Leute aus dem Dienstleistungssektor bedient, die sich aufführen wie das Letzte und den Schritt nicht schaffen, sich in einen anderern DL hineinzuversetzen, obwohl sie selbst einer sind (sprich: sie sind genau der Ar***, den sie selber nicht als Kunden haben wollen).

    Noch blöder ist jetzt, wenn der Fahrer, der den Spruch angebracht hat, selber sich nicht hineinversetzen kann in die ahnungslosen Leute und nicht erfassen kann, wieso er die verprellt, die er doch gar nicht gemeint hatte… o.O

  12. Faxin sagt:

    Ich bin Taxikunde… zwar selten, aber damit deutlich öfter, als ich Taxifahrer bin (nie).

    Und ich finde es gut, wenn Menschen eine klare Ansage machen. Mir Kölsche sin ja och watt direkter. Das ist eine klare Ansage und sie stimmt ja auch – sagst Du ja selbst. Ich, als Kunde, wünsche mir genau das. Ich würde es freundlich empfinden, wenn man mir mit dem Gepäck hilft und mich ansonsten auch als Mensch wahrnimmt, aber das verstehe ich auch nicht darunter, dass man mir den Arsch küsst. Gleichzeitig mag ich es auch nicht, wenn jemand eine Schleimspur zieht von Wegen „Wir existieren nur, um Dich glücklich zu machen.“… das hat den Klang von „tausende zufriedener Kunden“ (wobei ich nie erwähnt werden, wenn ich unzufrieden bin) oder „Wir danken für Ihr Verständnis.“ (ohne zu fragen, ob ich Verständnis dafür habe).
    Wenn mein Gegenüber klarstellt, dass wir einen Deal eingehen und der Deal ist mich sicher zu fahren, aber obwohl ich sage wo es lang geht und der Geldtransfer von mir zum Taxifahrer geht und ich vielleicht sogar noch Trinkgeld/Almosen verschenke, also in der „Kunde ist König“-Position bin, ich mir meinen Thron sonstwohin stecken kann, weil wir eben nur den einen Deal haben, wie ich auch einen Deal mit meinem Chef habe und wir daher auf Augenhöhe sind, auch wenn ich einen Anzug trage, dann finde ich das sehr sympathisch.

    Ich würde mit diesem Fahrer fahren – gerade weil er den Aufkleber drauf hat und ich die Chance habe, einem Menschen zu begegnen, der mir nicht nach dem Mund redet, sondern eben Klartext spricht. Und gerade in Berlin, erwarte ich doch eigentlich Klartext. Berliner Schnauze gehört doch zum Geschäft!?

    Ein Berliner Taxifahrer, der seine Kunden hoffiert, wäre wie in Köln ein Köbes (Kellner in einer kölschen Kneipe/Brauhaus), der kommentarlos die Bestellungen seiner Gäste aufnimmt, „Sehr gerne“ sagt und dann bringt, was bestellt wurde. Das ergibt doch keinen Sinn!?

    Von einem Köbes erwarte ich, dass eine Begrüßung in der Form „Wo seid ihr denn entlaufen?“ gefolgt von „Hier habt ihr erstmal ’n Kölsch“ – und das ungefragt vor einen setzt – „Wenn ihr was essen wollt: Speisekarten liegen da drüben, ich hab ja nicht den ganzen Tag Zeit.“ und dann ist der wieder weg. Und wehe jemand will was anderes trinken… Alt-Bier könnte dazu führen, dass man des Ladens verwiesen wird – man sollte jedenfalls nicht darauf hoffen, eins zu bekommen… – Softdrinks wie Cola oder Wasser sind aber heutzutage gut verhandelbar – es könnte aber sein, dass man trotzdem ein Kölsch vorgesetzt bekommt und der Köbes dazu „Einmal Cola“ sagt. Hier muss man als Kunde auch mal Kompromisse eingehen können.
    …aber deswegen geht man doch da hin!?

  13. elder taxidriver sagt:

    Also, sehr nett, Faxin was Du so schreibst, aber das Leben ist keine Ulk-Veranstaltung. Hier werden Fahrgäste aus 150 Ländern gefahren, da muss erstmal klar sein was anliegt, nämlich das Fahrtziel. Das ist schwer genug, das kannste mir glauben. Und der Ulk der Jux, die Schnauze, das kann ganz schnell in die Hose gehen, wie ich es an einem Beispiel beim letzten Eintrag auf ‚SASHS BLOG‘ berichtet habe. Einmal , als es dann doch funktioniert hat, da habe ich einen Treuhand -Manager gefahren aus dem Gebäude wo jetzt das Finanzministerium drin ist, älterer Herr, ganz feines Tuch, die Upper-Oberklasse, das hatte ich gleich im Animus und habe den begrüßt mit
    ‚ Na, wieviel Firmen haben sie heute verscheuert?‘.
    Da hat er mir sehr freundlich kurz geschildert, was er an dem Tage gemacht hatte. Diese Anmache hatte den aufgeschlossen, es ist aber immer ein gewagtes Spiel und ich empfehle es eher nicht. Taxefahren ist nicht :
    POMP DUCK AND CIRCUMSTANCE

  14. elder taxidriver sagt:

    Mit Kölnern bin ich aber immer gut klar gekommen, ich erinnere Szenen die so lustig waren, dass
    ‚die Pupille am Brennen fing‘.

  15. Faxin sagt:

    @elder taxidriver: 150 Länder? So viele? Ehrlich? Warum die Zahl, soll das beeindrucken?
    Schlussendlich unterteilt es sich in zwei Gruppen – eine große, die ihr Ziel einfach mitteilen kann und eine kleine, die das nicht kann und eventuell irgendwo herkommt, wo nicht deutsch gesprochen wird – oder sich im Vollrausch befindet…

    Jetzt mal im Ernst… den Aufkleber verstehen dann Leute aus etwa 147,5 Ländern gar nicht erst. Wenn ich Probleme habe, dem Kunden das Fahrtziel zu entlocken, spielt die Berliner Schnauze auch keine Rolle – der Kunder versteht es sowieso nicht, wenn man schon Schwierigkeiten mit dem Ziel hat. Der will dann auch nicht unterhalten werden, der braucht höchstens etwas Betreuung, um sein Ziel zu erreichen.

    Ein bisschen Gefühl braucht man im Umgang mit allen Leuten. Und ich finde es weiterhin gut, wenn wir uns eher als Menschen mit Ecken und Kanten begegnen, denn als glattgeschliffene Dienstleister, die hoffen, dass man eine angenehme Flug/Fahrt/Einkauf hatte und bald wieder mit ihnen fährt, obwohl es nur ein Spruch ist, der im Arbeitsvertrag steht und die Antwort wirklich niemanden interessiert.
    Genau damit züchtet man sich auch Kunden heran, die für 150 Euro eine Woche Urlaub machen wollen und dann das Zimmermädchen anblaffen, wo die Inklusivgetränke denn bleiben und die dann schreiben, der Urlaub war scheiße, weil die Stewardess fünf Minuten brauchte, bis sie auf das Klingeln reagierte und für den Sekt auch noch Geld haben wollte.

  16. whiskey sagt:

    „Der Fahrgast ist König, aber darf nicht alles was ein König darf “

    ich sag da immer: „Fühl dich wie zuhause, aber benimm dich nicht so.“ *g*

  17. Sash sagt:

    @Faxin:
    Glaubst Du, Du entsprichst dem durchschnittlichen Kunden? Das würde ich anzweifeln. Ich denke auch, dass elder taxidriver das mit den 150 Ländern ansprechen wollte.
    Und so ein bisschen Spaß, ganz gezielt mit lockeren Fahrgästen, das ist ja was feines und gefällt mir auch. Aber zum einen ist der Aufkleber was, was man sieht, bevor man einen Eindruck vom Fahrer hat; zum anderen ist er wirklich eine direkte Absage an jeglichen Service. Zumindest ohne nähere Erklärung. Denn wenn das auf dem Kofferraum steht – lädt der Fahrer den Leuten Koffer ein oder nicht?
    (Und das ist noch nicht einmal verhandelbar, das steht in der Taxiordnung.)
    „Watt direkter“ sein, „Berliner Schnauze“, schön und gut. Ist aber nicht immer zu unterscheiden von Idioten, die nicht mit Menschen arbeiten sollten. Den Kunden abholen wo er ist, zu merken, wie man wessen Geschmack und Interesse weckt, ist fein. Einfach jeden anzupampen ist dumm.
    Außerdem geht es ums Taxigewerbe. Zum einen sind wir ÖPNV und es kann schon mal passieren, dass unsichere Kunden ausgerechnet diesen Fahrer als einzigen am Stand stehen und nicht so wirklich die Wahl hben – zum anderen haben wir so oder so schon einen ausreichend schlechten Ruf, was Freundlichkeit und Service angeht. Da sind die 10% Kunden, die das lustig und originell finden in meinen Augen kein sinnvoller Grund, sich so einen Aufkleber zuzulegen.

  18. ichso sagt:

    Och, wenn die Tour kurz ist könnte ich mir schon vorstellen, in ein Taxi mit so einem Aufkleber einzusteigen. Am Ende gäbs dann genau *null* Cent Trinkgeld mit dem Hinweis „Du hast nur die Pflicht, meinen Arsch zu befördern und ich hab nur die Pflicht, den Preis auf dem Taxameter zu zahlen“

  19. Faxin sagt:

    @Sash: Keine Ahnung, ob ich Durchschnitt bin. Ich halte mich für normal, aber was ist schon ’normal‘?
    Ich gehe aber nicht davon aus, dass ein Aufkleber nennenswert Information über die Freundlichkeit des Fahres gibt. Weiterhin denke ich, dass es kaum etwas Unhöflicheres gibt als aufgesetzte Höflichkeit.

    Wenn Berliner Taxifahrer unhöflich sind (sich also einen entsprechenden Ruf erarbeitet haben), so liegt das nicht an Aufklebern, sondern an unhöflichen Fahrern. Das sind die Fahrer teilweise sicher auch selbst schuld, wenn sie schlecht gelaunt in ihren Autos warten und die Schicht nicht viel Motivierendes bietet.

    In der Regel gilt aber auch Wald und Echo: Viele Kunden sind nunmal auch Ärsche. Und einem Arsch muss man das manchmal auch klarmachen. Unsere ‚Service-Kultur‘ läuft aber darauf hinaus, dass der Kunde König ist und man ihm den Arsch küssen soll, denn schließlich will man nur sein Bestes: sein Geld – um jeden Preis. Ich finde es unhöflich, einem Arsch zu freundlich zu behandeln, denn es bestätigt ihn in seiner Art ja – es hilft ihm ja nicht. Das Feedback ist eine Lüge. Und Lügen halte ich für sehr unhöflich.
    Ich bin sicher, der beschriebene Fahrer ist auch absolut in Ordnung, wenn man bei ihm einsteigt und erstmal freundlich „Juten Tach“ sagt. Und das kann man in meinen Augen auch von einem Kunden erwarten.
    Vielleicht haben die Taxifahrer aber auch den Ruf unhöflich zu sein, weil sie unhöfliche Kunden haben, denen das Echo nicht gefällt, das sie provozieren.

    Ich bin gelegentlich ein Arsch… aber hatte noch nie Probleme mit Taxifahrern. Vielleicht, weil kein Taxifahrer mich provoziert hat, ein Arsch sein zu wollen und ich auch nicht mit dem Wunsch als Arsch aufzutreten auf einen mir fremden Menschen zugehe. Entsprechend ist das Echo in der Regel erstmal freundlich.

  20. Faxin sagt:

    @ichso: und wenn der Fahrer wider Deiner Erwartung freundlich und hilfsbereit ist?
    Wer ist dann der Arsch?

  21. Sash sagt:

    @Faxin:
    Natürlich sind die Fahrer an ihrem teilweise schlechten Ruf selbst schuld, und nicht irgendwelche Aufkleber. Aber man kann sich als Taxifahrer auch ein wenig Gedanken darüber machen und versuchen, diesen schlechten Ruf nicht ggf. noch zu befeuern.
    Das mit dem Wald und dem Echo ist ja ok. Da hab ich nie was gegen gesagt. Und auch kein Kollege hier. Was ich nur zu erwähnen versuche, ist: ein außen am Auto aufgebrachter Aufkleber ist gewissermaßen die Offensive. Kunden lesen das, bevor sie sich daneben benehmen, bevor sie den Fahrer kennen, bevor sie irgendwas falsch gemacht haben oder auch nur die Ahnung haben, wer irgendwann mal irgendwas falsch gemacht haben könnte.
    Es gibt immer Gruppen von Leuten, die das nicht betrifft. Ob das nun welche wie Du sind, die falsche Freundlichkeit nervig finden; oder Leute, die den Aufkleber nicht lesen, weil sie von vorne ans Taxi herantreten. Schon klar. Das zweifele ich kein Bisschen an.
    Aber muss man als einzige Botschaft nach außen wirklich klarstellen, was der Aufkleber sagt. Und da schwingt nunmal viel im Unterton mit. Von „Ihr Fahrgäste seid alle Scheiße“ bis „Ich hab’s satt, Euch entgegenzukommen!“. Natürlich nebenbei auch viel harmlosere Interpretationen – aber eben nicht nur.
    Dieser Aufkleber ist sowas ähnliches wie die Beweislastumkehr vor Gericht. Anstatt die überwiegende Mehrheit völlig unproblematischer Kunden zu hofieren, greift er die Kunden an, weil sie ja theoretisch auch zu den nervigen Gesellen gehören könnten. Und das finde ich grundsätzlich falsch.
    Nix dagegen, unangenehmen Kunden die Meinung zu geigen. Aber wenn sich wer so von „bösen“ Kunden umzingelt sieht, dass er sie mit Aufklebern fern halten will, dann vermute ich da einen nur bedingt fähigen Dienstleister dahinter.
    Und ganz im Ernst: meine Erfahrungen geben mir Recht. Zwar hab ich sicher auch schon mal „zu nett“ auf nervige Kundschaft reagiert, aber die Einstellung des Dienstleisters macht hier viel aus. Viele Kollegen jammern mich voll, wie schlimm die Leute wieder waren … weil sie Musik hören wollten (laut Taxiordnung ok), die Fenster öffnen (laut Taxiordnung ok), betrunken sind (allgemein akzeptiert) …
    Will heißen: Ja, manche haben 30, 50 oder 70% nervige Kundschaft. Das aber liegt witzigerweise weniger an der Kundschaft als an den Kollegen selber.

  22. Faxin sagt:

    @Sash: Der Dienstleister ist jemand, der eine Dienstleistung erbringt. Heute ist er auch jemand, der zur Imagepflege, als Repräsentant verstanden wird. Natürlich ist es vorrangig davon vom Fahrer abhängig, ob er 30, 50 oder 70% seiner Kunden als nervig empfindet, aber ich denke auch, dass dem Kunden durchaus zuzumuten wäre, einen Fahrer nicht nur als Navigations- und Fahrzeugsteuergerät wahrzunehmen, sondern als Menschen, der auch mal ’nen schlechten Tag hat oder halt einfach grundsätzlich der etwas rustikalere Typ ist.

    Die Weischspülorgie, die wir im Dienstleistungssektor feiern, lässt die Menschen vergessen, dass ein Dienstleister auch ein Mensch ist. Wenn die Kassiererin bei jedem Kunden den Spruch aufsagt „Waren Sie mit Ihrem Einkauf zufrieden? Wir hoffen Sie beehren uns bald wieder und wünschen Ihnen noch einen schönen Tag!“, dann weiß ich, dass mich hier kein Mensch bedient, sondern die Robotik einfach noch nicht weit genug ist. Man hätte bei Ikea auch ein Tonbandgerät neben die Selbstbedienungskasse stellen können.

    Ich will diesen Unterton haben. Ich will echte Menschen, keine Sklaven, die mich aufgrund ihres Arbeitsvertrages hofieren. Die nett zu mir sind, weil sie Angst haben. Aber das erzieht man den Menschen – auch den Dienstleistern – an: im Job ducken und dann als Kunde beschweren.
    Klar bin ich als Verkäufer höflich. Und auch als Mensch kann ich über Dinge hinwegsehen, Unhöflichkeiten überhören. Und Menschen haben komische Eigenarten, die ich erstmal hinnehmen und bedienen muss. Aber ich erkläre niemanden, dass ich morgens aufstehe, um für ihn da zu sein. Und wenn ein Kunde mich fragt, ob er mich mit seiner Unentschlossenheit in den Wahnsinn treibt, dann sage ich durchaus die Wahrheit.

    Ich sehe den Aufkleber nicht als Beweislastumkehr. Ich sehe, dass ich als Kunde nicht im Kleingedruckten nachgucken muss, was für Rechte und Pflichten ich bei dem Deal habe. Ich bekomme eine sichere Beförderung – was ich schonmal gut finde – und ansonsten küsst mir im Alltag auch keiner den Allerwertesten. Da der Taxi-Fahrer das also offensichtlich auch nicht vorhat, entsteht mir also kein Nachteil.
    Und hier kommt der Punkt: Kein Nachteil ist nichts schlimmes. Der Aufkleber verspricht mir sogar den Vorteil einer sicheren Beförderung – sogar halbwegs glaubwürdig, nicht so wie das runtergeleierte „Haben Sie noch einen schönen Tag“ der Kassiererin, denn offensichtlich hat der Fahrer es nicht nötig, mich mit Weichspül-Slogans und angeblichen Vorteilen einzuwickeln, die sich im Kleingedruckten eigentlich zu meinem Nachteil ergeben.

    Ich würde einen solchem Taxifahrer gerne bevorzugt eine Chance geben. Ich finde den Aufkleber gut.

    Apropos Weichspüldienstleistungen: Sammeln Sie Punkte?

  23. ichso sagt:

    @Faxin: Immer noch der Kerl mit dem Aufkleber, denn an der Aussage hat sich ja nichts geändert.

    Wenn der Kerl erst solche Ansagen öffentlich macht und sich dann nicht einmal daran hält: Der wird mir ja nicht dadurch sympathisch, dass er sich nicht einmal an seine eigenen Grundsätze halten kann.

    Vielleicht denkt er dann ja doch mal darüber nach, entweder sein Verhalten seinem Spruch anzupassen – oder vielleicht sogar auf den unpassenden Spruch zu verzichten.

  24. daju77 sagt:

    Ich habe das Auto auch schon des Öfteren an Taxihalten gesehen. Ganz ehrlich: es ist provozierend. Ich würde niemals als Fahrgast bei diesem Auto einsteigen. Beim Anblick dieses Aufklebers fängt das Auto schon an nach Stress und üble Laune zu stinken. Wenn ich den Kollegen das nächste Mal sehe, mache ich ein Foto. Nur so für mich oder für euch. Irgendwie so. 😉

  25. Sash sagt:

    @Faxin:
    Dann sind wir uns also einig, dass wir uns uneinig sind. Nicht schön, aber immerhin etwas. Und von irgendwelchen Kunden muss der Kollege ja leben. 😀

  26. Faxin sagt:

    @daju: Die Interpretation, dass der Kerl grundsätzlich schlecht gelaunt und unhöflich ist, halte ich für zu weit hergeholt. Ich würde sogar vom Gegenteil ausgehen, schließlich hat er ein Ventil für schlechte Laune. Ein Taxifahrer fährt den Frust mit sich herum und beschwert sich dann bei den Kollegen über 30, 50 oder sogar 70% schlechte Kundschaft und fühlt sich wehrlos – dieser Taxifahrer hat sich gewehrt. Bei jedem unhöflichen Gast kann er an seinen Aufkleber denken und sich sagen „Hey, genau für Dich Arschloch, habe ich mir den Aufkleber auf’s Auto gemacht“ und den Kunden wenn er es arg zu doll treibt sogar drauf hinweisen. Das ist gut für’s Herz, gut für die Seele, gibt ein langes Leben.

    @sash: Du fährst ja noch ein paar Jahre. Ich gehe langsam auf die 40 zu und wenn ich etwas gelernt habe, dann dass je älter man wird, man deutlich mehr auswählt, was wichtig ist und was eigentlich egal ist. Und meine gute Laune wäre mir wichtiger als ein Kunde, der Aufgrund des Aufklebers ein anderes Taxi nimmt. Sorry, da wäre der Kunde mir egal: Ich – als Taxifahrer – soll ein Problem für ihn lösen, nämlich ihn von A nach B transportieren. Dafür muss er nicht betteln, aber ich muss ihm auch keinen roten Teppich ausrollen.
    Gleichzeitig weiß ich aber auch, dass ich in jüngeren Jahren auch noch braver Verkäufer war, der sein Selbst hinter einer Fassade versteckt hat, damit der Kunde die Probleme im Hintergrund nicht mitbekommt. Wenn’s hinten brennt, wird der Kunde mit einem Lächeln bedient und gehofft, dass anschließend kein Kunde beim Löschen und Wiederaufbau stört.
    Heute muss der Kunde ggfs. warten oder helfen.

    Und schlussendlich ist es ja auch egal: Bei Dir steigen die Kunden ein, die den Aufkleber schrecklich finden, bei dem anderen diejenigen, die der Aufkleber neugierig macht und die meisten Kunden interessiert nicht, ob sie hier oder da einsteigen, weil sie weder den Aufkleber, noch den das Fehlen wahrnehmen.

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