Die Größe Berlins

In meinen kleinen Texten klingt oft nebenbei mit, wie groß Berlin ist. Die Berliner wissen das natürlich und sie lernen, damit umzugehen. Ich bin jetzt selbst seit ziemlich genau 5 Jahren (nämlich seit 5 Jahren und 2 Tagen) in Berlin und was sich mehr als alles andere gewandelt hat, ist das Bild der Stadt, der Umgang mit ihrer Größe.

Irgendwo in diesem ebenso nicht sonderlich überschaubaren Internet steht bereits, dass Berlin mich erschlagen hat zu Beginn. Mein erster Besuch in der Hauptstadt Ende 2005 führte mir die Ausmaße dieser Stadt nämlich recht gut vor Augen. Da ich die Reise zu Ozie damals im Auto angetreten habe und noch kein Navi hatte, versprach sie mich zu leiten. Ich solle am besten gleich in Wannsee von der Autobahn, dort am Bahnhof könnten wir uns treffen. Und dann fuhren wir zu zweit los. Nach Neu-Hohenschönhausen. Das ist einmal fast komplett durch die Stadt durch und hat damals tagsüber rund anderthalb Stunden gedauert.

Mein sehr geschätzter Leser, Kommentator und Literaturzusteller elder taxidriver hatte mir vor einiger Zeit schon eine sehr schöne Grafik zugeschickt, die die Größe Berlins eindrucksvoll mit drei weiteren deutschen Großstädten, unter anderem meiner Heimatstadt Stuttgart, vergleicht. Doch nicht nur das: da ich wegen Urheberrechtsbedenken von einer Veröffentlichung Abstand genommen habe, hat er selbst den Verlag kontaktiert und mir die Erlaubnis beschafft, weswegen ich die sehr alte* aber sehenswerte Grafik hier zeigen kann:

Berlin: Groß. Mit freundlichem Dank an den Verlag Karl Baedeker, Ostfildern, Quelle des Bildes

Beeindruckend daran ist allerdings nicht nur, wie groß Berlin ist. Sondern, dass die anderen Städte deswegen ja nicht klein sind. Und mich als Taxifahrer beruhigt es ein wenig, wenn ich darüber nachdenke, wie viel ich nicht weiß. Da wundert es plötzlich kaum noch, dass die Kollegen aus Stuttgart immer alles zu wissen schienen. Ich denke dann gerne mal:

„Und ich Idiot bin nach Berlin gezogen und hab da die Ortskundeprüfung gemacht.“

Die Tatsache, dass ich diese dann (beim fünften Anlauf) bestanden habe, ist ja aber so schlecht auch nicht.

*Die Zeichnung ist wohl aus den 60er-Jahren, selbst der Verlag konnte offenbar nicht mal eben so rausfinden, von wo das Bild ist 😉

Sucherei

Ich musste unwillkürlich an das Sprichwort mit dem Hund und der Pfanne denken, als ich die beiden Winker sah. Schon wieder welche! Die Nacht lief super und jeder weitere Winker sollte daran natürlich einen Anteil haben.

Die beiden Jungs, vielleicht 20 Jahre alt und mit einer Hautfarbe gesegnet, die man als latent rassistischer Spitzenpolitiker in einem EU-Land als „gut gebräunt“ bezeichnen könnte, blickten mich etwas ratlos an, waren dann aber zumindest froh, dass wir uns gut auf Englisch unterhalten konnten. Sie wollten in einen „It-Club“ – der natürlich keine Adresse hatte. Kaum drei Minuten später haben wir uns immerhin auf eine Schreibweise einigen können: AET-Club, oder nur AET. Aber ganz sicher AET. Kommunikationsfail ausgeschlossen dank Buchstabeneingabe im Navi.

Der sagte mir gar nichts.
Der sagte dem Robertha gar nichts.
Und, das vielleicht bedenklichste – er sagte auch Google nach einer kurzen und dank Smartphone eingeschränkten Suche gar nichts.

Ob diese Fahrt zustande kommen würde, war also höchst unklar. Denn ich will das einfach nicht mehr machen: dieses suchende Herumkurven mit ungewisser Ankunft. Am Ende besteht immer die Gefahr, dass man als Taxifahrer natürlich schuld ist. Ob am nicht gefundenen Club oder einfach nur am hohen Preis bis dorthin. Und wenn Ortskunde, Robertha und Google nicht helfen können, dann muss man auch mal zugeben, dass es eine reichlich schwierige Adresse ist.

Mein neugewonnener Möchtegern-Kunde vertröstete mich kurz und begann damit, gefühlt das komplette Adressbuch durchzutelefonieren. Und nach meiner Schätzung hatte sein Handy 64 GB Speicherplatz. Nur fürs Adressbuch.

Die meisten Telefonate freilich kamen gar nicht zustande, da es fast vier Uhr morgens war und er offenbar einige Kumpels mit vernünftigen Schlafenszeiten hatte. Ein paar Wortfetzen wechselten allerdings dann doch den Besitzer und so bekam ich als Ansage den Alexanderplatz. Zum einen nicht gerade eine bombige Tour von der Friedrichstraße aus, zum anderen für meinen Geschmack immer noch ein bisschen grob. Der Alexanderplatz ist schon in der Ortskundeprüfung ein Ungetüm, aber im Wissen, dass manche Berliner den Alex gedanklich vom Schloßplatz bis zum Volkspark Friedrichshain und vom Straußberger Platz bis zur Jannowitzbrücke verorten, war meine Sorge übers Auffinden eines Clubs immer noch präsent. Gut, im eben genannten Gebiet wäre mir zwar eine Handvoll eingefallen, aber eben keiner mit dem gewünschten Namen.

Aber mir wurde versichert, dass man den Platz erkennen würde, wenn wir am Alex wären. Also Uhr an und los. Jetzt hatte ich so viel Zeit mit den beiden Jungs rumdiskutiert, jetzt wollte ich die Tour auch machen!

Kaum dass wir auf Unter den Linden angekommen waren, eröffnete ein weiteres Telefonat als Adresse dann die Rosmarinstraße (die mir dank einer anderen Fahrt dauerhaft im Gedächtnis geblieben ist). OK? Das war nun wirklich irrwitzig, da das – noch dazu Ecke Friedrichstraße – kaum 300 Meter Luftlinie vom Startpunkt entfernt gewesen wäre. Und wir inzwischen gut 12 Minuten miteinander zugebracht hatten …

Aber – ein bisschen hab ich mich ja sogar darüber gefreut – dank der perversen Sperrungen dort sind wir auf einem mehr als nur abenteuerlichen Weg letztlich am Club gelandet:


Größere Kartenansicht

(Am Ende stimmt die Route übrigens nicht ganz, denn ich habe durchaus an der Ecke Friedrichstraße/Behrenstraße das Angebot gemacht, sie sollten die paar Meter laufen. Aber den Weg über die Behren- in die Charlottenstraße wollte Google Maps mir gerade nicht erlauben.)

Was kaum zu glauben, dafür umso schöner war: Die beiden zeigten mir sichtbar stolz den Clubeingang und bezahlten die inzwischen aufgelaufenen 8,40 € trotz des Trubels und des Irrsinns der Fahrt mit glatten 10 €. Ich war trotzdem froh, dass die nächsten Winker mich für sogar etwas mehr Geld nicht einmal die Hälfte der Zeit gekostet haben. Aber wie sagt man so schön: Ende gut, alles gut! 🙂

Pflichtfahrgebiete und Huren

Die Beförderungspflicht ist ja eine recht lustige Geschichte. Wir Taxifahrer sind mit unseren Taxis Teil des öffentlichen Nahverkehrs und wir haben damit einhergehend diverse Rechte und Pflichten, die uns von rein privaten Fahrbetrieben unterscheiden. Alles kann ich da beim besten Willen auch nicht aufzählen, will ich jetzt auch nicht. Aber das Recht, uns an Taxiständen und vor Veranstaltungen bereitzuhalten und die ermäßigte Mehrwertsteuer für die meisten Fahrten seien hier mal als Beispiele für Rechte genannt, die nicht jeder bekommt. Im Gegenzug dürfen wir unsere Preise nicht frei bestimmen und haben auch eine gesetzliche Vorgabe, wie lange wir das Taxi mindestens einsetzen müssen, um eine gewisse Verfügbarkeit zu garantieren. Und eben die Beförderungspflicht.

Innerhalb des Pflichtfahrgebietes (das in aller Regel zumindest weitgehend mit den Stadt- oder Landkreisgrenzen identisch sein wird) müssen wir Fahrgäste befördern. Im Alltag gibt es dazu fast ausschließlich Ärger um die berühmten kurzen Fahrten, die manche Kollegen gerne ablehnen, weil sie es nicht schaffen, mal kurz eine bittere Pille zu schlucken und über den eigenen Tellerrand zu schauen. Das Pflichtfahrgebiet ist hier genauestens definiert und so lange der Startpunkt in Berlin liegt, ist die Stadtgrenze auch die Grenze des Pflichtfahrgebietes – mit Ausnahme des Flughafens, da dürfen wir auch nicht ablehnen. Vom Flughafen aus existiert ein anderes Pflichtfahrgebiet, das noch einige umliegende Gemeinden und Landkreise mit einschließt, aber da ich dort bislang nicht lade und sowieso kein Problem mit Touren nach außerhalb habe, ist das in meinem Interesse ziemlich weit hinten. Ich würde überhaupt nur Touren ablehnen, bei denen ich in Konflikt mit meinem Tankinhalt oder der Arbeitszeitbegrenzung kommen würde. Und beides ist so extrem selten, dass ich das aus meinen Gedanken völlig ausklammern kann.

Was ich mich allerdings oft schon gefragt habe – und ich habe bisher wirklich keine Antwort darauf – WO und WANN unsere Pflichten eigentlich gelten. Das lässt mich in der Praxis meist kalt, weil ich ehrlich froh um jeden einzelnen Kunden bin und sich die Frage, ob ich eine Fahrt annehmen muss, damit erübrigt. Die Ablehnungen aufgrund Gefährdung der Sicherheit halten sich auch in sehr engen Grenzen bei mir, da lässt man das auch gerne mal gedanklich wegfallen.

Deswegen, vor der kurzen Anekdote, eine Frage an die mitlesenden Kollegen:

Wie ist das eigentlich: Gilt die Beförderungspflicht nur für bestellte Fahrten und Fahrten am Stand, oder ebenso wenn ich mit angeschalteter Fackel an der Ampel stehe? Dass man in der Praxis auch Leute mal „übersieht“ und das damit umgehen kann, ist mir schon klar. Ich mach das ja auch nicht erst ein paar Wochen 😉

Aber rein rechtlich so?

Bevor ich (hoffentlich) eine Antwort darauf kriege, wechseln wir mal wieder rüber in die kleine 1925 und versetzen uns in eine wirklich wunderschöne Situation: Ich hatte meine Schicht am Wochenende nach langem mal wieder vollkommen durchgerockt. Die Arbeitszeit war zwar noch verhältnismäßig human, aber von Abends bis morgens hatte ich viel Kundschaft, meist sogar nette. Die Uhr stand nahe der Sechs, das Taxameter weit jenseits der 200 €. Meine – wie ich hoffte – letzte Tour führte etwas unpraktisch in den Westen, was einen längeren Rückweg zum Abstellplatz in Lichtenberg bedeutete. In solchen Momenten muss man sich immer entscheiden, ob man satt ist oder doch Hure und in 90% aller Fälle entscheide ich mich für zweiteres. Ich lasse die Fackel noch an, entwickle aber Tendenzen dazu, ans Schicksal zu glauben und daran, dass jetzt nur noch Fahrgäste winken, die in die richtige Richtung wollen. Zumindest so halbwegs.

Während ich also extrem gechillt und mit ausreichend lauter Musik am Start die Leipziger Straße in Richtung Alexanderplatz langgegurkt bin, überholt mich ein Kollege. War aber ok, er war besetzt. Nicht wirklich ok war das Tempo, aber obwohl ich anfänglich schon einen fragenden Blick aufsetzte, hab ich mal die Welt Welt sein lassen. Ja, wahrscheinlich hatte er die Punktegrenze hinter sich gelassen, aber dann riskiert er halt Ärger. Die Leipziger Sonntags um 6 Uhr lädt zum Heizen ein, deswegen alleine musste er noch nicht wirklich ein Vollpfosten sein. An die 30 km/h auf Höhe der Baustelle achtete auch ich nicht im Entferntesten.

Wie aber so oft brachte das schnelle Fahren nicht viel, wir landeten an der Ampel an der Fischerinsel auf gleicher Höhe nebeneinander. Während ich die Lichtzeichenanlage mit mäßiger Begabung versuchte telepathisch auf grün zu schalten, nahm ich eine Bewegung im Auto neben mir war. Der Kollege bedeutete mir, die Scheibe runterzulassen.

„Naja, eine Frage nach einem Zielpunkt, einem Club vielleicht.“

dachte ich mir. Nicht jeder Taxifahrer kommt in Berlin jede Nacht überall vorbei, da tauscht man sich auch mal kurz auf der Straße aus. Man sitzt ja im selben Boot und wenigstens in solchen Momenten ist noch was da von der Solidarität unter Kollegen. Also hab ich die Musik ausgemacht und gelauscht. Und der Kollege fragte allen Ernstes:

„Sag mal, willste nach Spandau fahren? Der eine hier müsste nach Spandau, wär aber für den anderen ein Umweg.“

Das betrifft die obige Frage natürlich nicht. Die Gedanken hab ich mir erst später gemacht. Natürlich kann ein Kollege einmal erworbene Fahrgäste nicht einfach so zu mir abschieben. Aber in der Form hatte ich das noch nicht in all der Zeit bisher. In dem Fall war der Kollegen aber definitiv an einen etwas zu müden Sash geraten, denn bei allem Leuchten in meinen Augen ob der hochwahrscheinlichen 300 auf der Uhr nach dieser Fahrt, graute es mir davor, jetzt kehrt zu machen, und schnell mal 10 bis 15 Kilometer Richtung Westen zu gurken. Dass er noch einen gefunden hat, hoffe ich ja. Ansonsten hat es sich ja wenigstens finanziell gelohnt. Und wenn es im Einzelfall das Pflichtfahrgebiet ist, das uns dazu zwingt: am Ende machen wir für unser Geld ja dann doch alles.

Ortskunde und so

Ich bin ja echt froh, dass ich das mit der Ortskundeprüfung hinter mir hab. Ich denke nicht oft daran zurück, aber dieses Dreivierteljahr irgendwelche Straßennamen und Objekte aneinanderdengeln, um in Gedanken Routen zu fahren, die ich in Realität nicht kannte … ich hab schon schöneres gemacht.

Und ich habe eine Menge relativ unnützes Wissen mitgenommen. Denn das vertrackte an der Ortskundeprüfung ist nicht nur (wenn auch hauptsächlich) der pure Umfang der geforderten Kenntnisse, sondern oftmals sind es die kleinen Details, die man nicht mal eben so im Stadtplan findet. Vielleicht erinnert sich ja der ein oder andere: Ich bin einmal durch die Prüfung gefallen, weil ich kurz vergessen hatte, dass ich in der Friedrichstraße vor dem Friedrichstadtpalast nicht wenden darf. Eine Amtshandlung, die ich eines Nachts um 5 Uhr aus purem Trotz übrigens dennoch getätigt habe.

Eine der größeren Kleinigkeiten ist mir die Tage in einer Polizeipressemeldung über den Weg gelaufen. Die Polizei schreibt dort, ein Bus sei „in der Prinzenstraße in Kreuzberg in Fahrtrichtung Moritzplatz“ angegriffen worden. Und da hab ich spontan gedacht:

„Hä? Und von welcher Seite?“

Google ist da inzwischen zwar korrekt, aber die meisten Stadtpläne zeigen eben gerade nicht, dass die Prinzenstraße nicht am Moritzplatz endet, sondern auch auf der nördlichen Seite noch ein wenig weitergeht. Für die meisten Kreuzberger dürfte die Heinrich-Heine-Straße bis direkt zum Platz gehen. Und das in dem kurzen Eck Prinzenstraße befindliche Motel One hatte sicher schon oft verärgerte Kunden, die nach Stadtplan angereist sind und „in der ganzen Prinzenstraße“ kein Hotel gefunden haben. Damit ist das Eck ja auch noch für Normalsterbliche halbwegs interessant, aber für die Prüfung kann es auch an ziemlich widersinnigen Stellen unpraktisch werden.

Eine meiner Lieblingsstrecken beispielsweise führt mich über die Schillingbrücke unweit des Ostbahnhofes in die Köpenicker Straße. Als ich die Prüfung abzulegen hatte, war das eine kniffelige Stelle: Denn man muss ja in der mündlichen alle Straßennamen runterbeten, die man befährt. Das kurze Stück Straße zwischen der Brücke und dem Beginn von Engel- und Bethaniendamm hatte aber keinen. Und hat wohl bis heute keinen. Bei Google Street View sieht man schön, dass die Straßenschilder nur in eine Richtung zeigen. Ob man die paar Meter davor „an der Schillingbrücke“, im Engel- oder Bethaniendamm ist, ist genau genommen ungeklärt und es interessiert auch kein Schwein, weil dort kein einziges Haus steht. Nur als Ortskundeprüfling denkt man über sowas nach. Immerhin: bei dieser Ecke glaube ich, dass das selbst die Prüfer nicht wissen. 😉

Ortskunde ist echt komisch. Meist zeigt sie sich immer noch dadurch, dass einem just das Hotel, das der Kunde sucht, nicht einfallen will. Manchmal hat man aber auch den Kopf voll mit unnötigem Wissen über die Stadt …

Ortskunde für Profis

Ich hab hier ja oft geschrieben, wie schwierig das ist mit der Ortskunde in Berlin. Wie lange ich hab lernen müssen, wie viel ich immer noch nicht weiß… alles alte Hüte. Für die, die noch nicht seit Beginn dabei sind, sei der folgende Link empfohlen. Denn im Blog bei meinen Chefs habe ich mal ein Beispiel geschildert, das klar macht, wie hart es tatsächlich ist, diese blöde Prüfung zu bestehen. Denkt nächstes Mal daran, wenn ihr im Taxi heimfahrt: Die Fahrer haben einiges auf sich genommen, um diesen Job zu machen:

Die Ortskundeprüfung: Ein Praxisbeispiel

PS: Das ist wirklich mein Lieblingsbeispiel. Ich nehme es immer wieder, um Kunden zu erklären, wie die Prüfung funktioniert. Ist so gesehen also tatsächlich ein Beitrag zu GNIT.

Chefsache

Ich hab ja hier und bei Facebook in letzter Zeit öfter mal rumgejammert, dass ich nicht viel Zeit hab. Und die meisten wissen ja auch, weswegen: Nach langem Hin und Her haben meine Chefs sich entschlossen, ihren Internetauftritt der Neuzeit anzupassen und aus Ermangelung noch unqualifizierterer Arbeitskräfte war ich am Ende derjenige, der die Seite erstellt hat.

Abgesehen von der Seite – und für mich selbst wichtiger – ist allerdings die Tatsache, dass ich bei ihnen auf der Seite jetzt auch ein wenig blogge, um die Firma nach außen hin ein bisschen nett zu präsentieren. Es mag vielleicht auf Anhieb etwas komisch wirken, wenn ein einzelner Fahrer gleich zwei Blogs übers Taxigewerbe führt, aber mir war es wichtig, die Dinge getrennt zu halten und GNIT nicht zu einem Firmenblog zu machen, für den ich im übrigen auch bezahlt werde.

Wenn ich euch jetzt also auf die Seite meiner Chefs einlade, damit ihr euch auch mal anschauen könnt, für wen ich arbeite – dann seid euch bewusst, dass da nicht viel Böses steht. Wobei sich das ändern könnte, die einzige Rüge aus der oberen Etage zum neuen Blog lautete, dass ich zu wenig frech bin 😉

Also mal sehen.

Wie dem auch sei, machen wir es kurz und schmerzlos:

Meine Chefs residieren online unter folgender Adresse: taxihaus-berlin.de

Den Blog der Seite findet man unter taxihaus-berlin.de/category/blog

Zu sagen bleibt noch: Ich mach den Quatsch nicht für ein paar Euro im Monat! Ich arbeite seit über drei Jahren in der Bude und ich finde es selbstverständlich, meinen Chefs behilflich zu sein. Ich reisse mich gerade wirklich nicht um noch mehr Arbeit, aber sie haben es verdient. Eine neue Seite zu starten, ist immer schwierig. Also geizt nicht mit Kommentaren oder Likes, wenn ihr drüben vorbeischaut. Wenn ihr den neuen Blog noch abonnieren würdet, wäre ich euch natürlich auch dankbar. Noch wichtiger aber ist: Wenn ihr irgendwen kennt, der vielleicht auf der Suche nach einem Job im Gewerbe ist, dann schickt ihn dorthin!

Also seid nett zu meinen Chefs, sie sind es auch zu mir.

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

Immer dranbleiben!

Abonniert doch den RSS-Feed von GNIT. Mehr von Sash gibt es außerdem bei Facebook und bei Twitter.

Noch ein Blog?

Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.

Ermittlungen zur Verantwortung

So, die Bestätigung vom LABO zur Verlängerung meines P-Scheins ist nun da. Das ist ein Grund zur Freude, wenngleich meine Ausnahmegenehmigung ja durchaus noch bis Mitte Januar gilt. Denn auch wenn ich bisher noch nicht einmal von irgendwem nach meinem P-Schein gefragt wurde (außer von meinem Chef), vermute ich, dass so ein schnöder Computerausdruck mit der Fälschungssicherheit eines handgeschriebenen Post-it’s bei jeder erdenklichen Kontrolle für unnötigen Spaß sorgen würde.

Nun gehöre ich ja zu den wenigen Menschen, die hier und da die Amtspost sogar gründlich lesen. Das tue ich durchaus aus Interesse. Die Ämter dieses Landes repräsentieren den Staat, und da dieser mir Rechte und Pflichten auferlegt, interessiert es mich per se, was er tut. Wie jeder andere Bürger da draussen bin ja auch ich der Meinung, dass er hier zu wenig und da zu viel tut.
Amtliche Schreiben stellen nun eine (meist tatsächlich nur einseitige) Kommunikation dar, die durchaus einen Blick wert sind. Schließlich kommen hier mal regelrecht freundlich formulierte Anfragen und anderswo total kryptische Befehle.

Nun also das LABO.

Der Schrieb ist zunächst völlig normal, mit leicht übersachlichem Amtston, ansonsten aber verständlich formuliert.

„Ihrem Antrag auf Verlängerung […] wird stattgegeben.“

liest man da, und zusammen mit der Erklärung, wohin man beim LABO genau latschen muss, ist das ja der wichtigste Part. Beim letzten Satz allerdings musste sogar ich zweimal lesen, um ihn zu verstehen.

„Mit Ablauf des 27.09.2012 wird der Antrag gegenstandslos, weil dann die Ermittlungen zur besonderen Verantwortung als Personenbeförderer nicht mehr gültig sind.“

Jaja, man liest dreimal drüber, fragt sich im Kontext, was es bedeuten könnte und sieht dann: Oh, alles klar! Ging mir auch so. Aber ohne behaupten zu wollen, dass mein Bildungsstand mit dem Erwerb des Abiturs sonderlich außergewöhnlich wäre: Ich bin gebürtiger Deutscher im heiratsfähigen Alter mit Abitur und habe diesen Text zweimal lesen müssen! Natürlich geht es bloß darum, dass meine ärztlichen Gutachten nach einem Jahr ungültig werden, kein großes Ding. Aber wie bitte kann man erwarten, dass mitunter fremdsprachliche Leute einen unnötig absurden Terminus wie „Ermittlungen zur besonderen Verantwortung“ verstehen? Man muss ja nicht gleich „dein Papierkram“ schreiben, aber was spricht gegen „die eingereichten Unterlagen“, „ihre ärztlichen Zeugnisse“ etc.?

Ich bin – wie einige bereits gemerkt haben – ein Freund der deutschen Sprache. Ich mag sie und ich nutze sie (bisweilen auch eher unbeholfen) in der ganzen Mannigfaltigkeit ihrer Komplexität. Aber von meinen Formulierungen hängt kein lebenswichtiges Geld ab, das Lesen meiner Texte ist freiwillig. Ich würde mich freuen, wenn hierzulande mehr Sprachkompetenz vorherrschen würde, aber in einem Land, in dem die Bild die meistverkaufte Zeitung ist, kann man doch Amtsanschriften nicht derart verklausuliert formulieren. Zumal das ja ein wirklich harmloses Beispiel ist, es können sich gerne mal ein paar ALG2-Bezieher mit ein paar Zitaten aus ihren Anträgen in den Kommentaren zu Wort melden…

Mir persönlich ist das egal. Ich hab noch aus jedem Schreiben rauslesen können, was ich darf, muss oder lassen kann. Aber das können nicht alle. Selbst das Schreiben vom Fundbüro bezüglich der von mir gefundenen Kamera damals war (in dem Fall sicher sogar bewusst) so formuliert, dass es einen falschen Eindruck vermittelt. Wen nimmt es da Wunder, dass ich es auch bevorzuge, möglichst absurd mit den entsprechenden Stellen zu kommunizieren und mich auch noch öffentlich darüber aufrege?

Und irgendwann in den nächsten Monaten hole ich dann meinen P-Schein. Dieses Mal werde ich nicht vergessen, dort am Infoschalter zu sagen, dass ich aufgefordert wurde, hier vorzusprechen. Würde mich ja nicht mal wundern, wenn die dann selbst nicht wissen, was ich damit meine…