Uber, Taxi-Demos und all das

So wie es aussieht, wird es am 11.6.2014 eine Taxi-Demonstration gegen Uber in Berlin und anderswo geben. Ein gemeinschaftliches Aufbegehren der Taxifahrer in verschiedenen Ländern. Die Infos dazu sind noch dünn, aber das ist im Grunde auch egal. Ich weise auf die Demo zwar gerne hin, aber ich schreibe das hier nicht deswegen, sondern weil ich in letzter Zeit öfter mal kritische Kommentare über die Gegenwehr der Taxler gelesen habe.

Da ist von Taxi-Kartellen die Rede, davon, dass wir ein Monopol schützen wollen und altbacken und technophob wären und einer revolutionären App wie UberPOP den Zugang zum Markt verweigern wollten. Nun ja.

Hey, ich bin ein kritischer Mensch und setze mich selbst als Taxifahrer mit dem Gewerbe entsprechend auseinander. Was also ist dran?

Eine gewisse Technophobie würde ich dem Gewerbe gerne unterstellen, schließlich ist es mit dem Internet und den Apps noch nicht richtig warm geworden. ABER: Wie überall betrifft das nur einen Teil, das Taxigewerbe ist wahnsinnig differenziert. Ich schätze z.B., unter den MyTaxi-App-Usern über 40 Jahren ist der Anteil der Taxifahrer überproportional hoch. Wenn es Geld bringt, machen Taxifahrer vieles. Schon alleine, weil wir bisher nur wenig Geld haben. Wie weit es solche Einstellungen in die höheren Strukturen des Gewerbes schaffen, ist aber wieder eine ganz andere Frage.

Ob Taxifahrer gegen revolutionäre Änderungen sind? Nun ja, da sind wir wohl ähnlich gespalten wie der Rest der Republik.

Mein wichtigster Einwand richtet sich gegen die Monopol- und Kartell-Vorwürfe. Denn das sind schwierige Fragen, die viele Menschen in ihrer Gesamtheit nicht wirklich nachvollziehen können und vielleicht deswegen falsch einschätzen. Ja, wir Taxifahrer wehren uns gegen die Angriffe von Uber und ja, wir verlangen in diesem Rahmen, dass man Sondergesetze beibehält, die es unseretwegen gibt. Und selbst ich, der ich wirklich kein Freund von übereifrigem Protektionismus bin, kann da mitgehen.

Warum?

Mir geht es weniger um meinen Geldbeutel als um Fairness. Und einen entscheidenden Part, den Uber und sicher viele andere vergessen: Wir Taxifahrer sind Teil des öffentlichen Nahverkehrs. Ich weiß, für manchen da draußen ist Taxifahren eine Luxusdienstleistung. Für mich gewissermaßen auch. Ich fahre normalerweise mit der Bahn zur Arbeit. Aber wir schließen tatsächlich die letzte Mobilitätslücke in diesem Land. Wir sind auch da, wenn keine Bahnen fahren. Wir sind die letzte Rettung, wenn nichts mehr geht. Taxifahren ist nicht nur die bequemere und luxuriösere Variante, in Berlin von einem Club besoffen nach Hause zu fahren, weil man keinen Bock auf Warten hat. Taxifahren ist auch, gehbehinderten Rentnern auf dem Land eine Möglichkeit zu geben, vom Arzt nach Hause zu kommen, wenn die nächste Haltestelle mehrere Kilometer entfernt liegt.
Um das zu gewährleisten, werden uns Pflichten auferlegt. Jede Menge. Unsere Autos müssen Spezifikationen erfüllen, die Fahrer müssen Prüfungen bestehen, wir müssen eine gewisse Dienstzeit einhalten, wir dürfen unsere Preise nicht frei bestimmen. Im Gegenzug erhalten wir staatliche Unterstützung: es gibt Taxihalteplätze auf der Straße, wir müssen nur 7% Mehrwertsteuer erheben, sowas eben. Damit sich das Ganze rechnet, sind wir nebenbei auch Anlaufstelle für Touristen, Betrunkene, Verirrte und Besserverdienende.

Dass Limousinen uns letztgenannte Kundschaft abspenstig machen wollen, ist prinzipiell ok. Wenn sie ein Angebot haben, das die Kunden schätzen, dann gönne ich ihnen das. Ich bedauere ja selbst, dass im Taxigewerbe viel zu wenig auf die Qualität geachtet wird. Wenn sich enttäuschte Kunden andere Dienste suchen, ist das ihr gutes Recht.

Das Problem an Angeboten wie UberPOP ist also wirklich nicht, dass sie uns Kundschaft abspenstig machen. Damit müssen auch wir leben und gegebenenfalls einfach besser werden als die Konkurrenz. Das Problem ist, dass sie – gegen geltendes Recht – Fahrer ohne P-Schein einsetzen. Während wir Taxifahrer uns einer harten Prüfung bezüglich der Ortskunde stellen müssen, können sich das die Uber-Fahrer sparen. Und sparen ist das richtige Wort, denn: Ausbildungen kosten Geld. Und während Uber im Falle eines Engpasses die Preise erhöhen kann, können wir Taxifahrer das nicht. UberPOP-Fahrer dürfen Kunden ablehnen, wir nicht.

Ich weiß, in Berlin klingt das lächerlich, hier sind so viele Taxen unterwegs, man kann sich Engpässe kaum vorstellen. Aber wo bleibt die Mobilität, wenn wir einem Rentner mitteilen würden, dass seine Fahrt heute statt 10,20 € eher 56,40 € kosten würde? Einfach, weil am anderen Ende der Stadt eine Messe ist.
Taxifahren ist nicht billig. Kann es leider nicht sein, denn auch wir Fahrer müssen von irgendwas leben und es ist teuer, sich einen eigenen Angestellten mit einem teuren Gerät zu mieten, sorry. Aber wir halten die Preise dadurch halbwegs im Zaum, dass wir gute Standplätze haben, wenig Steuern zahlen und hier und da auch mal eine lukrative Touristenfahrt haben. Deswegen wird das Taxigewerbe geschützt: damit es für die dort arbeitenden Menschen drin ist, zu festen und fast schon vorhersagbaren Preisen Menschen befördern zu können, auch wenn es sich im Einzelfall mal nicht wirklich lohnt.

(Es ist wirklich ein schwieriger Balanceakt, die Zahl der Taxen hoch genug zu halten, um auch in Sondersituationen den Ansturm zu meistern und andererseits in schwachen Zeiten trotzdem genug Geld für die Fahrer einnehmen zu können.)

Es gibt Platz für Mitbewerber. Der ist durch diese Einschränkungen natürlich begrenzt, aber mit begrenzten Ressourcen haben wir alle zu kämpfen. In vielen Städten gibt es z.B. Mietwagen (meist bekannt als „Minicars“), die diese Lücke besetzen. Und eben Limousinenservices wie Uber ja eigentlich auch einer ist. Die Frechheit der Macher von UberPOP ist nicht, dass sie (teilweise – also wenn es passt) bessere Preise anbieten. Sondern dass sie sich gerne die zahlungskräftigen Kunden rauspicken, sich illegal über Beschränkungen hinwegsetzen und damit das bislang halbwegs funktionierende Modell zerschießen.

Um ehrlich zu sein: Ja, vielleicht ist UberPOP in diesem oder jenem Moment für die Kunden interessanter, da billiger. Und wir müssen alle auf unser Geld achten, nicht wahr? Aber denkt daran, womit es erkauft ist. Ich könnte als Taxifahrer auch mal hier und da einwilligen, einen Festpreis von 12 € vom Ostbahnhof zum Flughafen Tegel zu machen – aber halt nur, wenn ich von Tegel aus dann die Touristen um einen Zehner prelle. Legal kann ich das nicht machen, da die Berlin-Heimkehrer zum gewohnten Preis gefahren werden müssen – und so sehr ich stellenweise über die beschränkte Flexibilität fluche, so ist es doch auch gut, dass man als Kunde vorher einschätzen kann, was es kostet.

Mal ganz davon abgesehen, dass man sich mal überlegen sollte, wie die Uber-Fahrer bezahlt werden. Im Gegensatz zum Taxi werden 19 statt 7% Mehrwertsteuer fällig. Im Gegensatz zu z.B. MyTaxi fallen 20% Provision an statt maximal 15. Rentabel wird das erst dadurch, dass eben allerlei Auflagen, mit denen wir Taxifahrer zu kämpfen haben, nicht erfüllt werden. Und das, man kann es nicht oft genug wiederholen, illegal. Von den UberPOP-Fahrern wird noch nicht einmal eine Gewerbeanmeldung verlangt.

Natürlich sind wir Taxifahrer nicht der Nabel der Welt, nicht unfehlbar und unersetzlich. Aber ich versuche das jetzt mal mit wenigen Worten zusammenzufassen:

Ein internationales Multimillionen-Dollar-Unternehmen steigt in die deutsche Personenbeförderung ein. In ein Gewerbe, in dem tausende Einzel- und Kleinunternehmen mit Mühe und Not Geld unter dem angedachten Mindestlohn einfahren. Um das lukrativ überhaupt leisten zu können, verzichtet es auf sage und schreibe alles, was machbar ist. Da die Fahrer keinen P-Schein brauchen und kein Gewerbe, fördern sie gleichermaßen Schwarzarbeit wie mangelnden Versicherungsschutz von Fahrern und Fahrgästen. Die umfangreichen Ausbildungen oder die pingeligen Anforderungen an die Fahrzeuge ignoriert man gleich mit. Kostet ja alles Geld. Am Ende bieten sie eine 20€-Taxifahrt für 3 € weniger an. Wenn ihnen das passt. Können auch mal 50 € mehr sein, ist aber ganz selten, versprochen!

Und dann stellen die sich in den Medien als arme von Taxi-Kartellen bedrohte schützenswerte Innovationsbude hin?

Einmal jährlich TÜV, einmal jährlich Taxameter eichen lassen – überhaupt ein Taxameter kaufen!, Geld für Alarmanlagen, Dachschilder etc. pp. Ein halbes Jahr lernen auf die Ortskundeprüfung, ggf. die Schulung bei der IHK, mancherorts Geld für eine Konzession, das Einhalten von Arbeitszeiten, das Bezahlen von Steuern etc. pp …
Sicher, das alles wegzulassen, um am Ende 3 € billiger zu sein: das ist wirklich innovativ. Schätze aber, das wird bei den Richtern nicht das Wort der Wahl sein …

Das Personenbeförderungsgesetz, gegen das das Unternehmen jetzt wettert, ist in erster Linie ein Verbraucherschutz. Damit nicht jeder Depp mit jedem Auto gewerblich Personen befördern darf. Gleichermaßen sind die Hürden dort zumindest mal so niedrig, dass immer noch über Taxifahrer geschimpft wird und es unzählige Mitbewerber in Deutschland gibt, die – ob mit Minicars oder Limousinen – auch ihre Nische gefunden haben. Und wir Taxifahrer im Speziellen haben gegen ein paar zusätzliche Pflichten auch ein paar Sonderrechte, damit wir eine Versorgung garantieren können.
Die Regelungen mögen nicht perfekt sein, nicht ohne Grund wird auch bei uns im Gewerbe viel gemeckert. Aber es ist doch wohl nachzuvollziehen, dass wir uns nicht gefallen lassen, wenn die von Uber mit Dollarscheinen wedeln und behaupten, für sie würden die Regeln nicht gelten.

An dieser Stelle verlinke ich gerne den offenen Brief von Richard Leipold – jenem Unternehmer, der gegen Uber – allerdings den Limousinendienst, nicht UberPOP – eine einstweilige Verfügung (in dem Fall wegen dem illegalen Bereithalten der Autos) erwirkt hat. Ein – Respekt dafür! – wirklich sinnvoller und unpolemischer, fast schon sachlicher und konstruktiver Beitrag zur Debatte: Offener Brief von Richard Leipold

Ja, sicher: dem Taxigewerbe an sich geht es natürlich durchaus auch ums Geld. Es ist schwierig genug, in dem Gewerbe sein Auskommen zu haben und selbstverständlich ist auch das ein Grund, sich zu wehren, wenn andere mit unfairen Methoden den Markt kaputt noch kaputter machen. Schlimm genug, dass man die schwarzen Schafe in den eigenen Reihen nicht in den Griff bekommt – aber da verhallt unser Rufen nach dem Eingreifen der Politik ja auch seit Jahren. Wer glaubt, hier sei irgendein Kartell an der Macht, der sollte sich mal den Kampf der Gewerbevertretungen untereinander und den ständigen Clinch mit dem LABO reinziehen …

Zu guter Letzt:

Liebe Leute von Uber,

Taxen im Preis unter-, in der Qualität aber überbieten. Und dabei noch mehr Geld rausholen. Das ist ein echt hehres Ziel, Respekt! Aber seid Ihr wirklich so bescheuert, dass Ihr glaubt, wir hätten noch nie in den letzten 100 Jahren versucht, besser, billiger und lukrativer zu werden? Was glaubt Ihr wohl, warum wir’s nicht geschafft haben?
Das ist kein Vertrauen in die eigene Innovation mehr, das ist dumm und naiv.

Warum ich lieber Busfahrer wäre

Die wirklich eingefleischten Leser – insbesondere die, die auch mein eBook gelesen haben – wissen es ja: Dass ich im Taxi gelandet bin, war eher Zufall. Bereits ein paar Jahre, bevor ich das erste Mal auf dem Fahrersitz in einem hellelfenbeinfarbenen Auto Platz genommen habe, habe ich einen Bus gelenkt. Nur für rund eine Stunde, als Teil meiner Bewerbung bei der SSB in Stuttgart. Damals bin ich leider nicht unter die Top 5 der zighundert Bewerber gekommen, es ist also nix draus geworden.

Ich hab der Geschichte durchaus ein wenig nachgeweint, denn zumindest die großen Kisten zu fahren ist ja schon eine geile Sache. Und bepöbelt und ausgeraubt wird man zumindest in Berlin ebenso wie als Taxifahrer.

Und nun musste ich gestern in Deutschlands ehrlichstem Nachrichtenmagazin „Der Postillon“ lesen, dass Busfahrern genau das geboten wird, was uns Taxifahrern so bitter fehlt: Nachschulungen zum Unfreundlichsein.

Schließlich ist das eine Schlüsselqualifikation, die auch uns Taxifahrern viel zu oft abgeht. Ja, ganz ehrlich: ICH BIN JA SELBST ZU NETT! Aber während ich es einfach nicht übers Herz bringe, Leuten ein verächtliches „Die paar Meter kannste loofn, Opi!“ zu entgegnen, werde ich nicht etwa von irgendwem im Gewerbe unterstützt. Im Gegenteil: Hier werden noch „VIP-Taxifahrer“ geschult, am Ende haben die Touristen nicht mal mehr Angst, in ein Taxi zu steigen. Wo soll das nur hinführen? Da haben es die Busfahrer offensichtlich besser. Ich als Taxifahrer lerne das Motzen und Meckern wohl nicht mehr.

Vielleicht wäre der Job im Taxi ja was für den im verlinkten Artikel erwähnten Max Wanneke, der sich nicht mal das Lächeln für die Kamera abgewöhnen konnte …

PS: Einen schönen Gruß an all die mitlesenden Busfahrer hier! Wir sitzen zwar nicht wortwörtlich im selben Boot, aber wir haben letzten Endes doch immer eines gemeinsam: wir sind besser als unser Ruf. 🙂

Illegale Taxen – uberhaupt kein Problem!

Ich kann kaum noch zählen, wie viele Hinweise bei mir inzwischen eingegangen sind bezüglich der neuen App „Uber Pop“.

Ich bin immer kritisch gewesen, was die Angebote von Limousinendiensten betroffen hat. Meist aus dem für Kunden nachvollziehbaren Grund, dass die Fahrten mit diesen Anbietern in der Regel teurer waren und damit nur auf dem Papier eine ernste Konkurrenz für uns Taxifahrer.

Damit ist nun Schluss, denn seit kurzem bietet der Anbieter Uber eine App an, die etwas wirklich neues versucht. Mit ihrer Hilfe sollen „private“ Fahrer Fahrten anbieten können, und das natürlich – weil sie nicht wie wir Taxifahrer zum öffentlichen Nahverkehr gehören – zu anderen Preisen, die niedriger sein sollen als unsere Tarife. Das klingt erstmal nach einer super Sache für alle Kunden. Taxifahren ist teuer, insofern ist ein niederpreisigeres Angebot doch gut. Oder?

So einfach ist das leider nicht. So wie ich das sehe, ist es vor allem auch illegal. In Brüssel ist das Angebot bereits verboten worden und auch hier laufen die Taxiverbände Sturm. Das zwar vor allem aus eigenen Interessen, aber das Modell von Uber hat wirklich ein gesetzliches Problem:

§1 des PbefG definiert den Personenbeförderungsgesetz-Geltungsbereich für Fahrten wie folgt:

„Den Vorschriften dieses Gesetzes unterliegt die entgeltliche oder geschäftsmäßige Beförderung von Personen mit Straßenbahnen, mit Oberleitungsomnibussen (Obussen) und mit Kraftfahrzeugen. Als Entgelt sind auch wirtschaftliche Vorteile anzusehen, die mittelbar für die Wirtschaftlichkeit einer auf diese Weise geförderten Erwerbstätigkeit erstrebt werden.“

Und wer Zweifel hat, darf in §46 über Formen des Gelegenheitsverkehrs lesen:

„Als Formen des Gelegenheitsverkehrs sind nur zulässig

1. Verkehr mit Taxen (§ 47)
2. Ausfugsfahrten und Fernziel-Reisen (§ 48)
3. Verkehr mit Mietomnibussen und Mietwagen (§ 49)“

Alles andere erlaubte ist Linienverkehr und damit definitiv nicht das, was Uber macht. Und das Gesetz stellt Ansprüche an Taxen und Mietwagen, sowie deren Fahrer. Die von mir gerne erwähnten zwei Türen auf der rechten Seite mögen die meisten Autos vielleicht noch erfüllen, aber die von der BOKraft verlangte Alarmanlage wird sich wohl keiner der neuen Chauffeure einbauen lassen, wenn sie nicht einmal eine Konzession beantragen. Außerdem müssen Fahrer von Taxen und Mietwagen selbstverständlich einen P-Schein machen. Und wer eine Konzession hat und/oder einen P-Schein, der kann auch gleich regulär Taxi oder Mietwagen fahren.

Versteht mich nicht falsch: Mir liegt nichts an einer rein ehrenhalber vorgenommenen Verteidigung des Taxigewerbes. Ich mag das Gewerbe als beteiligter Arbeitnehmer natürlich, aber Kundenfreundlichkeit ist mir mindestens genauso wichtig. Uber macht das schon clever und setzt noch stärker wie z.B. MyTaxi auf Bewertungen von Kunden und Fahrern. Allerdings frage ich mich:

Wenn es im Taxigewerbe trotz Regulierungen und Beschränkungen angeblich nicht so super läuft: Wie wahrscheinlich ist es wohl, dass das mit wesentlich weniger Einschränkungen für noch weniger Geld funktioniert? Und auf wessen Kosten? Ich hab’s schon oft geschrieben: Taxifahren ist nicht so lukrativ, wie viele sich das vorstellen. Wenn das nicht schnell gerichtlich gekippt wird, werden sich einige mit der Uber-App auf die Straße schmeißen, vermeintlich lukrativ schwarz „dick“ Kohle machen und spätestens wenn das Auto hinüber ist merken, dass sie sich irgendwie verrechnet haben. Uber nimmt wohl 20% Vermittlungsgebühr und die Preise sollen trotzdem 20% unter denen von Taxen liegen. Das ist auf Dauer für niemanden rentabel, außer für Uber.

Ich finde die Vorstellung ja noch nett, dass sich jemand im Ruhestand durch 2 Fahrten täglich ein bisschen Kohle dazu verdient. Aber um erfolgreich zu sein, bräuchte die App viele Fahrer, die das regelmäßig machen. Und da finde ich es keine sehr erbauliche Vorstellung, dass das alles Leute ohne nachgewiesene Ortskunde, ohne nachgewiesene gesundheitliche Eignung, ohne geklärte gesetzliche Rahmenbedingungen zu einem Hungerlohn sein werden.

Uber stellt das Ganze zwar mehr oder weniger wie die knuffige Form einer Mitfahrzentrale dar, aber im Gegensatz zu den Fahrten bei einer solchen (Ich weiß, auch da gibt es dunkelgraue Bereiche) zielt der US-Anbieter nicht darauf ab, überschüssigen Platz unter Freunden oder Bedürftigen zu teilen, sondern professionelle Personenbeförderung anzubieten. Nur versuchen sie dabei, auf professionelle Kräfte zu verzichten. Und das meine ich nicht der Ausbildung wegen. Uber stellt die Fahrer nicht an, ein Gewerbe müssen sie aber auch nicht anmelden. So schön das Angebot für Kunden klingen mag: Das ist nichts weiter als organisierte Schwarzarbeit.

Neue Ideen im Beförderungsgewerbe sehe ich mir immer gerne an. Selbst wenn es uns Taxifahrern Kunden abwirbt. Denn dann hat das Angebot offenbar seine Qualitäten. Das kann ich bei Uber nicht erkennen. Sie mögen bessere Preise als Taxen anbieten, ok. Legal kriegen sie das offenbar nicht hin (Ihr Limousinendienst in Berlin ist wohl eher mäßig erfolgreich), also drücken sie sich jetzt ohne Rücksicht auf Verluste in den Markt. Für sie ist das leicht verdientes Geld, sie tragen dabei kaum ein Risiko. Sie stellen keine Leute ein, kaufen keine Autos. Sie müssen die App am Laufen halten, das ist aber auch schon alles. Am Ende wird das auf dem Rücken der Fahrer ausgetragen. Die haben meiner Ansicht nach ebenso wie die Kunden keinerlei Rechtssicherheit bei der Abwicklung ihres Geschäftes. Nebenbei wird der Staat um Steuereinnahmen gebracht und die Taxifahrer um Aufträge.

So einen dreisten Scheiß hab ich schon lange nicht mehr erlebt. Ich hoffe, die deutschen Richter folgen ihren belgischen Kollegen. Da stimme ich ausnahmsweise mal zu 100% mit unseren Gewerbevertretungen überein: Das geht überhaupt nicht, was Uber da abzieht!

Plätze …

Zum Mariannenplatz wollte der Kerl. Ein schon etwas älterer Mann, ein bisschen alternativ angehaucht, ein Künstler vielleicht. Die Route vom Ostbahnhof aus stellte mich vor keine sonderlich große Herausforderung. Sie ist scheiße, weil sie gut dreimal so lang ist wie die Luftlinie, aber man muss eben sowohl die Spree als auch den dem ehemaligen Grenzverlauf folgenden „Mittelstreifen“ (eher ein kleiner Park) zwischen Engel- und Bethaniendamm umfahren. Wie man das macht, ist im Wesentlichen egal, ich bevorzuge die Manteuffelstraße anstelle der Adalbert.

Dort angekommen war er – obwohl zeitweilig in Berlin lebend – etwas irritiert. Diesen Platz meinte er nicht. Er wolle dahin, wo es etwas zu essen gibt, das wäre doch noch ein paar Meter weiter.

Nicht nur, dass dann der andere Weg (geringfügig, sehr geringfügig!) kürzer gewesen wäre: Nein, besagter Platz heißt auch nicht Mariannen-, sondern Heinrichplatz. Obwohl er an der Mariannenstraße liegt. Allerdings ist es auch nicht der Oranienplatz, obwohl er ebenso an der Oranienstraße liegt.

Ein gutes und dennoch triviales Beispiel dafür, wie kniffelig diese ominöse „Ortskunde“ im Detail sein kann und weswegen man sowas tatsächlich monatelang lernen muss, wenn man Taxifahrer werden will …

Hier eine Karte. (Ostbhf. oben, leicht rechts der Mitte / Mariannenplatz zentral (grün) / Heinrichplatz als kleines Straßenquadrat südlich davon)

Ein sehr spätes erstes Mal

Man sagt ja gerne vom Zeichnen, es sei die Kunst des Weglassens. Manche sagen das auch übers Schreiben. Vielleicht trifft es in gewisser Hinsicht auf die meisten Künste zu. Was dann ein Hinweis darauf wäre, dass Taxifahren keine Kunst ist. Viel weglassen kann man da nicht, damit es besser wird – manche Kollegen erproben das seit Jahrzehnten anhand des Beispiels der Manieren recht ausgiebig und die Ergebnisse sind verheerend.

Aber auch und gerade in Sachen Ortskunde trifft das zu. Als Taxifahrer tut man gut daran, einfach alles zu kennen. Wirklich alles. Ob es einem nachher bei der Wegfindung, der Fahrgastunterhaltung oder beim Zwischenstopp für eine Mahlzeit hilft: Mehr Wissen schadet von der Sache her nie*.

Bei der Arbeit wäre es einfach nur cool, sagen zu können:

„Aha, das Dorint-Hotel. Hoffentlich nicht Zimmer 206. Da stört die Wand vor dem Fenster und der Wasserhahn tropft. A prospos Tropfen: Wenn sie den Haupteingang nicht mittig durchqueren, treffen sie die besonders dicken Tropfen vom Fenstersims der 102 nicht, wenn Andrea wieder mit Blumengießen dran ist …“

Die Realität, *hüstel*, ist da manchmal ein bisschen anders. 😉

Die Adresse, die mir der Kunde ansagte, war gar kein Problem. Das Borchardt, ein immerhin im Ortskundekatalog stehendes Restaurant, definitiv eine der Locations, die nicht zu kennen knapp am Kapital-Fail als Taxifahrer vorbeischrammt. Zu den Top-100-Adressen in der Stadt kann man es wahrscheinlich zählen. Das war also nicht das Ding, obgleich sich der Kunde immerhin erfreut zeigte, dass ich keine Nachfrage hatte. Mir ist dann auf dem Weg dorthin aber aufgefallen, dass ich tatsächlich noch nie in den nunmehr 4 Jahren und 11 Monaten dahin gefahren war. Also direkt, um jemanden vor der Türe abzuladen. Und binnen fünf Jahren gegenseitiger Nichtbeachtung hat sich der Schlingel von Restaurant doch in meinem Kopf tatsächlich um fast einen ganzen Block verschoben …

[Beginn verstörend stammelnder Einschub]

Und das kann ich – etwas unbeholfen, aber in Ansätzen – sogar erklären: Ich habe geistig verschiedene Kartenausschnitte vor Augen, wenn Kunden eine Zieladresse nennen. Gröbere, genauere, manche mit dem Fokus auf eine bestimmte Ecke, manche aus der Perspektive der Straße, auf der ich meistens dort vorbeikomme. Denken in Karten – eine Geschichte für sich, ganz ehrlich! Da mein Gedächtnis aber eben alles andere als perfekt ist, passen die einzelnen Ausschnitte mitunter nicht zusammen. So habe ich die Friedrichstraße als wichtige Nord-Süd-Strecke fix im Kopf. Und das Borchardt liegt östlich davon in der französischen Straße. Viel öfter in der Ecke fahre ich allerdings über die Charlottenstraße – eine weiter östlich – an den Gendarmenmarkt heran, schon alleine weil die Friedrichstraße immer gesperrt ist. Friedrichstraße und Borchardt sind Ortskundewissen vom Lernen, meine Routen durch die Charlottenstraße Praxiserfahrungen. Und geistig hab ich das Borchardt bei mir jetzt einfach östlich der Charlottenstraße platziert, weil diese gerade „meine wichtige Nord-Süd-Strecke“** da ist. Dumm nur, dass das Restaurant zwischen Charlotten- und Friedrichstraße liegt …

[Ende verstörend stammelnder Einschub]

Wie dem auch sei: Am Ende hab ich dann doch nach DEM Borchardt Ausschau gehalten, weil ich es zu früh erwartet hatte. Dafür bin ich ja jetzt hingefahren: das schlägt sich alles nieder! 😀

Aber gut, ich hab mir meine Verunsicherung nur unwesentlich anmerken lassen. Und der Kunde war auch cool. Dass ich bei der Ecke unsicher war, keine Ahnung, ob er es bemerkt hat. Dass ich fürchtete, er wolle seine (mit gutem Trinkgeld) auf 16,00 € lautende Rechnung mit einem Fünfziger bezahlen, schien er jedoch zu erahnen. Er kramte ein wenig in den Jackentaschen und verkündete spannungsaufbauend:

„Aber jetzt … jetzt! Warten Sie, gleich. Passen Sie auf! HIER, bitteschön!“

Drei Fünfer und eine Euro-Münze. Hach, so hätte ich Borchardt-Kundschaft gar nicht eingeschätzt. 🙂

*Das Tückische ist, dass sich Wissen irgendwie nicht grenzenlos ansammeln lässt. Zumindest nicht ohne dazugehöriges Krankheitsbild mit nicht gerade weniger Stress …

**Falls Kollegen sich wundern: Die meisten Fahrten in die Ecke hatte ich gefühlt aus Richtung Osten zum Sofitel in der Charlottenstraße. Wahrscheinlich hat jeder von uns dort eine andere Hauptroute, also nicht wundern. 😉

Neues aus der Gerüchteküche

Ich suche schon seit einigen Tagen Bestätigungen für etwas, das ich von nur einer – wenn auch sehr vertrauenswürdigen – Quelle gehört habe. Dabei geht es um die Ortskundeprüfung hier in Berlin. Die meisten meiner Leser wissen es, aber ich erkläre es noch einmal kurz: Die Ortskundeprüfung ist so ziemlich das größte Hindernis in Berlin auf dem Weg zum Taxifahrer. Da wir hier keine Begrenzung der Taxikonzessionen oder vernünftige Kontrollinstanzen haben, ist diese Prüfung die eigentliche Hürde, wenn man hier Taxi fahren will. Entsprechend hoch sind die Hürden, es gibt so viel zu lernen, man glaubt es kaum. Ich hab das während meiner Lernphase (siehe die Kategorie Ausbildung) auch oft genug thematisiert. Auch auf der Seite meiner Chefs hab ich im Blog (beginnend hier) ein paar Worte dazu verloren.

Diese Ortskundeprüfung wurde bislang vom Gewerbe selbst organisiert.

Denn zusätzlich zu tausenden (überwiegend Einzel-)Unternehmen im Berliner Taxigewerbe haben wir natürlich auch Interessenvertretungen. Jawohl, Mehrzahl! Zum einen wären da die beiden „Big Player“ Innung des Berliner Taxigewerbes e.V. und der Taxi Verband Berlin Brandenburg e.V. Die beiden haben das mit der Ortskundeprüfung jahrelang im Alleingang geschmissen. Halbjährlich wechselnd haben sie die Prüfungen in durchgeführt. Das war der Stand, als ich den P-Schein 2008 gemacht habe.

Kurz danach hat TaxiDeutschland, eine weitere Vertretung mit zumindest damals zunehmenden Einfluss, auf eine Mitwirkung geklagt. Seitdem sind auch sie berechtigt, die Ortskundeprüfung abzunehmen. Wie das seitdem organisiert ist, weiß ich allerdings nicht genau, gerade die Seite von TaxiDeutschland ist ein Aktualitätsdesaster.

Aber gut. Als wären drei Gewerbevertretungen noch nicht genug, um niemals zu einer Meinung zu kommen, gibt es auch noch die BTV (Berliner Taxi Vereinigung e.V.), den BTB (Berliner Taxibund e.V.) und die IITB (Interessengemeinschaft iranischer Taxiunternehmer Berlin e.V.). Das ist verwirrend und bekloppt, aber so ist es. Wir haben in Berlin 6 Gewerbevertretungen, die im Einzelfall natürlich alle was anderes wollen. -.-

Nun hat der BTB offenbar erwägt, Klage einzureichen, um ebenfalls die Ortskundeprüfung durchführen zu dürfen; was für das LABO (Landesamt für Bürger- und Ordnungs-Angelegenheiten, die verwalten unseren Taxi-Saustall hier) zu viel war. Mal abgesehen davon, dass das ohnehin ein einziges Kuddelmuddel ist, muss man auch anmerken, dass der BTB in der Vergangenheit durch unschöne Äußerungen aufgefallen ist. Im Gegensatz zu den anderen Gewerbevertretungen haben sie offenbar – ich behaupte das nicht, ich hab das nur gehört – verlauten lassen, dass man ja „ohne Schwarzarbeit in dem Gewerbe eh kein Geld verdienen“ könne. Ein Schlag ins Gesicht aller Beteiligten, drückt die Schwarzarbeit hier doch fleißig mit die Verdienstmöglichkeiten …
Das LABO jedenfalls hat nun offenbar von seiner Weisungsbefugnis in dieser Angelegenheit Gebrauch gemacht, und allen Verbänden die Berechtigung entzogen, die Ortskundeprüfung durchzuführen.

Ohne weiteres Bohei wie zum Beispiel eine Ausschreibung wurde diese jetzt offenbar an TÜV und Dekra abgegeben, was die nächsten Jahre spannend machen dürfte. Denn wer weiß schon, was die sich unter einer Ortskundeprüfung vorstellen und wie das in Zukunft laufen wird? Als Außenstehende könnten sie die Prüfung wesentlich schwerer oder leichter machen, und keiner weiß, was kommen wird. Ich möchte nicht mit jemandem tauschen, der jetzt darüber nachdenkt, in Berlin Taxifahrer zu werden …

Wie gesagt: Das ist noch nicht bestätigt, leider. Soweit ICH weiß, ist es so. Aber Vorsicht bitte mit Zitaten dieses Beitrages!

Was folgt?

Ich halte die Abgabe an eine unabhängige Einrichtung teilweise für sinnvoll. Gerade wegen des Vertretergerangels in Berlin. Um das Gewerbe steht es schlimm genug, da brauchen wir wahrlich nicht auch noch am bislang entscheidenden Punkt eine „undichte Stelle“. Langfristig ist das natürlich trotzdem bescheuert. Schließlich wissen die Verbände ja dann doch am besten Bescheid über das, was in einer Ortskundeprüfung abgefragt werden sollte. Die sind auf Augenhöhe mit den Unternehmen – und auch den anderen Vertretungen. Anstatt dieser Weitergabe der Befugnisse wäre es nach wie vor sinnvoller, das Grundproblem hier in Berlin anzugehen:
Taxifahrer werden kaum kontrolliert, die Unternehmen ebensowenig. Dadurch, dass illegales Arbeiten so lukrativ wird und nebenbei Betrug leicht möglich ist, leidet das Gewerbe insgesamt. Dadurch, dass wir nach Umsatz bezahlt werden, sind schwarz arbeitende Kollegen mehr als in anderen Branchen direkt an der Lohndrückerei beteiligt. Ich will jetzt keine Fantasie-Zahlen durch die Gegend werfen, aber wenn ich mir ansehe, wie viele Kunden von mir erwarten, dass ich die Uhr ausmache, „weil das eh jeder macht„, dann sehe ich da Potenzial.

Und dazu: Ich als Linker tue mich schwer damit, nach Kontrollen zu schreien. Als ob ich den armen Kollegen, die hier illegal ihr Geld verdienen, grundsätzlich mies gesonnen wäre. Die meisten versuchen bloß irgendwie zu überleben. Tatsächlich bescheißen sich in unserem Job die meisten selbst damit. Sicher, da bleibt am Ende ein Zehner mehr, wenn es schwarz läuft. Aber was ist mit Krankengeld? Mit Urlaub? Mit Rente? Mit einer Absicherung, falls mal irgendwann was schief läuft? Es ist ja nicht so, dass die armen Schweine, die sich in den illegal operierenden Unternehmen als Fahrer verdingen, am Ende wirklich die Nutznießer wären. Auch wenn sie das teilweise selbst glauben mögen: Am Ende sind es ja doch die Unternehmer, die da mehr Geld rausziehen.

Schön zu sehen, dass seitens der Politik wenigstens einmal mit den Augenbrauen gezuckt wird, wenn Leute, die mit Betrug prahlen, auch noch die Zugänge zum Gewerbe kontrollieren wollen. Langfristig würde mich trotzdem interessieren, ob irgendwer sich mal wirklich fürs Taxigewerbe interessiert. Die jetztige Abgabe der Ortskundeprüfung ist allenfalls ein Not-Aus kurz vor dem Zusammenbruch gewesen – der auf der anderen Seite alle Taxischulen Berlins vor das Problem stellt, dass sie jetzt nicht wissen, wie es weitergeht. Wieder mal ganz großes Kino, wenn Ihr mich fragt …


PS: Links, die das o.g. bestätigen oder widerlegen könnt Ihr gerne in den Kommentaren posten. Dasselbe gilt für verbale Entgleisungen von Beteiligten.

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

Immer dranbleiben!

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Noch ein Blog?

Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.

Funkkurs die zweite (2)

Ja nun, da war er also, der zweite Kurs. Dieses Mal für den Würfel-Datenfunk. Meine Kritik am ersten Kurs vor 5 Jahren (als es um den WBT-Sprachfunk ging) kann ich so nicht stehen lassen. Es ist selbstverständlich etwas anderes, Kursteilnehmern eine komplexe Software zu erklären, als immer wieder zu erzählen, dass man das Wort „Taxe“ vor der Konzessionsnummer sagen muss, schon für den Fall, dass die Übertragung am Anfang des Satzes noch nicht steht.

Insgesamt muss ich trotzdem ein lauwarmes „so lala“ als Wertung abgeben.

Axel ist ein guter Lehrer und er hat auch so ziemlich alles erklärt, was es zu erklären gab. Auch wenn ich mit ihm beispielsweise bei MyTaxi nicht einer Meinung bin, richtet sich die Kritik nicht gegen ihn. Er hat das richtige Tempo gefunden und tatsächlich wie versprochen durch wiederholten Humor ein bisschen Spaß ins an sich furchtbar öde Thema gebracht. Aber da sind wir beim Punkt: Es gibt keine Möglichkeit, diesen Kurs wirklich vernünftig zu gestalten.

Trotz nur sieben Funkschein-Aspiranten fanden sich im Raum P-Schein-Anwärter, erfahrene Hasen und Hardcore-Sprachfunker wieder, die alle – inklusive mir – Zeit und Muße hatten, dieses oder jenes blöd zu hinterfragen. Die Neulinge verstanden viele Dinge nicht, weil sie noch nie im Taxi saßen, die Sprachfunker verstehen bis jetzt nicht ganz, dass der Platz an der Halte keine Rolle mehr spielt und ich frage mich, wie irgendwer eine an sich auf wenige Funktionen beschränkte Software so kompliziert aufgebaut werden muss, damit sie ja keiner versteht, der sie nutzen will oder soll.

Ich weiß, das ist ein bisschen überspitzt formuliert, aber die vielen „das gibt es hier eh nicht“, „da müsst ihr nie draufdrücken“ und „das überspringe ich, weil es in der Praxis keine Rolle spielt“ verstehe ich ja bei komplexen Programmen für verschiedene Benutzergruppen – aber bei einem Programm, das einzig dazu dient, Aufträge für Taxifahrer abzuwickeln?

Wie kann es denn bitte passieren, dass bei so einem Anwendungszweck ein Notruf nur abgesetzt werden kann, wenn man sich davor in ein Untermenü begibt?

Ja, eierlegende Wollmilchsäue gibt es nicht. Man muss immer Kompromisse machen. Aber wie kann man an der Usability sparen, wenn es Leute gibt, die es nutzen sollen und noch nicht einmal eine eMail-Adresse haben? Aber schön, dass zwischen Aufträgen und unsicheren Anfragen unterschieden wird; dass man sich in Sektoren bewegen kann, nicht jedoch einloggen muss; dass man auch Zielsektoren angeben kann, in denen man vielleicht einen Folgeauftrag kriegen kann, wenn man als einziger die richtigen Angaben im Fahrerprofil erfüllt. Und ebenso schön, dass sich manche Sachen unterscheiden, je nachdem, ob man einen PDA oder ein DBGtouch benutzt.

Und schön, dass man das alles in zwei Stunden erklärt bekommt, obwohl es für manche Mitstreiter notwendig ist, dass man die Bedeutung von grünen Feldern mit Häkchen und roten Feldern mit einem X nochmal erklärt.

Am Ende bleibt trotzdem offen, was passiert, wenn man „Hund“ im Fahrerprofil angekreuzt hat, es beim Kunden aber plötzlich zwei Hunde sind, die zu groß fürs Auto erscheinen. Ein bisschen weniger all-in-one hätte der Sache gut getan, denn auf alle Eventualitäten des Jobs kann einen sowieso keine Software vorbereiten.

Fazit:

Der Kurs ist lustig, ganz ehrlich. Hat mir Spaß gemacht.
Und trotz meiner bösen Worte: Ja, der Datenfunk funktioniert und ist in vielen Dingen dem Sprachfunk überlegen. Das ist toll und die Entwicklung in die Richtung ist sinnvoll. Ganz allgemein gesprochen. Dinge wie z.B. die Notrufgeschichte sind extrem grenzwertig.
Ich werde meinen Funk wohl auch weiterhin ausgeschaltet lassen. Dann bin ich zwar nicht Teil eines Unternehmens, das mir vorschreibt, „hilfsbereit“ im Profil anzukreuzen, aber ich werd’s einfach weiterhin trotzdem sein. Das passt für mich schon.