Etwas arg unvorsichtig

Ich hab ein recht gewagtes Manöver vollführt, um noch anhalten zu können, aber genau deswegen hab ich den rückwärtigen Verkehr ja meist im Blick. Ging also ohne Probleme, sonst wären die Winker halt nicht meine Kunden, sondern noch ein paar Minuten länger Winker gewesen.

Ein junges Pärchen, vermutlich Vietnamesen. Ich hoffte schon ein wenig auf eine Fahrt Richtung Heimat. Aber nein: Während sie ins Auto kletterte, nannte er mir in gebrochenem Deutsch eine Adresse im Süden, eine nette 13€-Tour für zwischendurch, noch dazu in eine Party-Area. Bestens. Und dann will er die Tür schließen, offenbar, damit ich seine Freundin heimbringe. Alleine heim war ihr Wunsch aber offenbar nicht, denn sie fuhr hoch, stieg sofort wieder aus und fauchte ihn an, bis er reumütig hinter mich ins Auto kletterte.

Nach dreihundert Metern Fauchen bat er mich, hier doch bitte langsam zu fahren. Offenbar hielten sie nach jemandem Ausschau. Oder auch nicht, denn dann sollte ich weiter und an der nächsten Straße – ab von der Route – links fahren. OK.

Als ich an der Abbiegerampel wartete, kam ein „Dokadeaus.“ von hinten.

„Doch geradeaus? Nicht mehr links?“

Keine Antwort. Also bin ich bei grün nach links.

„Nein! Gadeaus!“

Er nannte die Ursprungsadresse nochmal. Also hab ich kurz eingeworfen:

„Kein Problem, ich fahr über die X und die Y, dann ist das kein Umweg.“

Also 20 Cent vielleicht, aber egal.

Ein Kilometer weiter sollte ich dann nochmal langsam fahren. Während er mich dirigierte, hatte sie jemanden am Telefon, das wirkte wie eine klassische schlecht geplante Verabredung irgendwo unterwegs. Ich tat also wie geheißen. Dann doch ein ok, dann der Hinweis, ich solle am Ziel langsam fahren, dann noch 100 Meter weiter, dann zum Bahnhof, aber nicht zum richtigen Bahnhof, nein, noch weiter, jetzt doch bis zum Club am Ende der Straße. Aber rechtzeitig, bevor wir dort ankamen, musste ich doch noch wenden, und einen Eiertanz sondergleichen hinlegen, um die richtige Hausnummer auch ja metergenau zu treffen. Stopp, nein weiter, langsamer, langsamer, nein weiter, hier, nein noch ein Stück.

Am Ziel beglich sie die Rechnung mit einem kleinen Trinkgeld und stieg aus, ohne ihn eines Blickes zu würdigen. Er kraxelte hastig hervor, stolperte aus dem Auto und rief dann besorgt:

„Noma Lit!“

Ich hab unser Aushilfs-Flutlicht nochmal kurz angeschmissen und was lag da auf der Rückbank? Ein kleines Röhrchen und großflächig verteilt eine, sagen wir mal „kleine Menge“ von vermutlich „Mehl“, die der unbeholfene Fahrgast nun hastig aber fast schon sorgfältig auf seine Hand kehrte.

Ich lobe ja immer die Pingeligkeit von Druffis, aber dem hab ich hinterhergerufen, dass er in Zukunft doch bitte noch ein ganzes Bisschen vorsichtiger sein sollte.

Nach der Tour hab ich erst einmal die Fackel ausgemacht und den Sitz nochmal nass abgewischt. Muss ja nicht sein, dass die künftige Kundschaft die örtliche Hundestaffel in den Wahnsinn treibt … 😉

Der Erste. \o/

„Hier, stimmt so. Und was ich noch sagen wollte: Sie sind der erste Taxifahrer, der genau so gefahren ist, wie ich auch gefahren wäre.“

„Naja, ist ja aber kein Geheimnis, dass ich hier die Karte offen hab und nachschauen konnte, welche Straße das genau ist.“

„Ja, aber genau der Weg! Danke dafür!“

Ein eigentlich schwieriges Lob, denn aus Taxifahrersicht muss ich sagen, dass man sich als Kunde die Strecke aussuchen darf und wenn es wichtig ist, dann sollte man was erwähnen. Außerdem waren noch die meisten „guten Strecken“ von Kunden schlicht länger als der kürzeste Weg, da sind Abweichungen also nicht zwingend schlimm.

Aber in dem Fall war’s einfach ein Kompliment dafür, dass ich nicht den naheliegenden Umweg über eine Hauptstraße gefahren bin, wie offenbar die anderen Kollegen. Und so mag ich das dann doch ganz gerne. 🙂

Günni, Wulle und ihr Schatzilein

Mal flott eine Winkerin in Lichtenberg aufsammeln. Fahrtziel Prenzl’berg, so weit, so gut. Die Straße kannte ich und bezüglich der Hausnummer wollte sie helfen. Und es wäre ja so super, dass ich gerade vorbeigekommen bin! In Anbetracht der später eingeworfenen Tatsache, dass es danach noch fast bis nach Pankow ging, war das eine lohnende Tour. Aber mehr Gespräch, als mir lieb war. Und das will was heißen!

„Weißte, ich bin auch ’n bisschen verrückt. Nix gegen die Mucke. AC/DC haben gut Songs, aber die Lautstärke da? BUMM BUMM BUMM! Ich halt‘ das nicht aus!“

„Ja, wenn’s zu viel ist …“

„BUMM BUMM BUMM!!!“

Ich dachte bis dato, ich hätte das mit der Lautstärke verstanden, aber ehrlich gesagt, war ich auf Metal-Konzerten, die nicht halb so unangenehm waren, wie diese 50-jährige, die mir nun „BUMM BUMM!“ ins Ohr schrie.

Und das war’s nicht. Da war einmal Günni, der sie verachtenswerterweise auf diese Party geschleppt hätte – und dann natürlich Wulle! Wulle, der immer „so derbe hässliche Weiber“ abschleppt. Sie mag ihn ja, aber als sie ihm dieses Mal dieses „Vieh“ vorstellen wollte, hat sie ihm auch ganz ehrlich gesagt, dass sie das nicht haben wolle. Und Ehrlichkeit ist eine Tugend, nur um das mal klarzustellen!

Holy Fuck!

Aber gut, die Sache mit Günni und Wulle war jetzt durch. BUMM BUMM BUMM, nur fall’s ich’s vergessen haben sollte.

Der Zwischenstopp erfolgte dann bei Schatzilein, der jetzt wegen der Schichtarbeit natürlich schläft. Dem hat sie nur kurz ein paar Scheine aus der Tasche gezogen, um bei Uschi („Kennste sicher, die Kneipe da am Eck!“) noch ein paar Bier zu Beruhigung zu trinken.

„Das BUMM BUMM BUMM geht mir nicht aus dem Kopp!“

Ich hab während des Stopps kurz überlegt, unbezahlt stiften zu gehen. Hab ich dann natürlich trotzdem nicht gemacht. Offenbar zu recht, denn sonst hätte ich nie erfahren, dass sie im Gegensatz zu den „Viechern“ von Wulle wenigstens erst saufen geht, wenn sie Schatzilein ein Brot für die Arbeit geschmiert hat.

Seems … legit?

Ich hake das mal unter „Milieu-Studie“ ab, ok?

Der Berlin-Marathon

Ob der offenbar sehr beliebte Marathon in Berlin (Ich hatte über die Jahre zig Läufer im Auto, die mir davon vorgeschwärmt haben!) für Berliner Taxifahrer nun gut oder schlecht ist, hat wohl noch niemand erforscht. Ich vermute positive Effekte wegen vieler Besucher und den Umwegen dank der Straßensperrungen, andererseits reden wir hier natürlich auch von viel Stau, der uns Fahrern in Berlin dank Wartezeitunterdrückung nicht bezahlt wird.

Wenn ich fahre, hat das alles noch nicht angefangen oder ist schon vorbei, einer der vielen Nachtschicht-Vorteile.

Dieses Jahr hab ich den Marathon erstmals als Witzequelle nutzen können, denn ich hatte nach dem Lauf am Sonntagabend noch ziemlich zu Schichtbeginn binnen kürzester Zeit zwei Läufer im Auto. Und beiden hab ich (natürlich wahrheitsgemäß nach einem Blick auf den Zähler) zugestanden, dass sie heute bereits mehr Kilometer runter hätten als mein Auto.

Kam auch gut an, aber ich muss zugeben: Trinkgeldmäßig hätte ich mir mehr erhofft. 😉

Nerd-Alert in Marzahn!

Da bin ich extra einen Umweg durch eine unbedeutende Nebenstraße gefahren, um mal kurz am Bahnhof zu gucken. Nicht dass ich da wirklich jemanden erwartet hätte um die Zeit, aber ob der Weg in die City nun 10 oder 11 Kilometer lang ist …

Dann allerdings winkte es nicht etwa am Bahnhof, sondern noch vorher in der kleinen Nebenstraße. Zwei Typen, die sich verabschiedeten, einer stieg dann ein. Vielleicht etwas älter als ich, ein beachtlicher Vollbart und eher so mittelmäßig gepflegt. Wäre es etwas später gewesen, hätte er aufgrund schlechterer Lichtverhältnisse auch als Obdachloser durchgehen können. Er wollte zum NH-Hotel in der Landsberger. Gute Tour, insbesondere für den Kilometerschnitt.

Er sprach offenbar kein Deutsch und begann das Gespräch wie folgt:

„I want to show you what I am into!“

Und dann stellte er sein Handy auf laut und es erklang Klaviermusik.

„That is my music!“

„Oh, so you’re a musician?“

„No, no, no, not really! I am a programmer!“

Ich bin immer noch nicht so ganz sicher, ob er nicht vielleicht nur ein Spinner war, aber wenn ich unser halbenglisches Kauderwelsch richtig interpretiert habe, soll die Musik eine Vertonung von Quadratwurzeln von Primzahlen gewesen sein. Meine Skepsis rührt daher, dass ich die Methodik nicht wirklich verstanden hab und mir das Ganze dann doch ein wenig zu harmonisch für eine rein mathematisch basierte Tonfolge erschien. Aber hey, ich bin nicht vom Fach und manchmal ist Mathematik dann ja doch erstaunlich musikalisch. Falls das alles gestimmt hat, war es auf jeden Fall geil! 🙂

Er war laut eigener Aussage eigentlich weniger Künstler oder Mathematiker, sondern wirklich mehr Programmierer. Aus Argentinien. Eigentlich spezialisiert auf die Visualisierung von Musik. Das mit den Primzahlen wäre nur ein Nebenprojekt gewesen.

Wie dem auch sei: Es war mal eine herzerfrischend andere Unterhaltung. Über sowas ist man ja insbesondere an Wahlabenden recht froh.

„Hodaintel Bens“

Das war gestern gleich ein Wachmacher-Rätsel zu Schichtbeginn. Asiatische Touristen, keinerlei Sprachübereinstimmung, das Telefon ohne Batterie und das Ziel war „Hodaintel Bens“. Ich will ehrlich sein: Ich hab’s nicht einfach so erraten, sie haben noch mehrmals langsamer erklären müssen, was sie wollen. Dass es zu einem Holiday-Inn gehen soll, war schnell klar. Da bieten sich vom Frankfurter Tor aus allerdings so ziemlich alle Fahrtrichtungen an, je nachdem, welches gemeint ist.

Aber ja, mit „Bens“ war der gute alte „Mezdes Bens“ gemeint, also das Hotel direkt neben der Arena, das „Holiday-Inn Berlin City East Side“.

Darf man übrigens ja nicht verwechseln mit dem „Holiday-Inn Berlin City East“ oder dem „Holiday-Inn Berlin City Centre East“. Letztere geben online inzwischen wenigstens die Straßennamen mit an, ansonsten bin ich trotzdem dafür, dass die für die Benennung zuständigen Leute auf Lebenszeit für unnötige Taxikosten haften sollten …

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

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Nicht ganz bei der Sache

Ob es daran lag, dass ich die letzten Tage krank und mit deutlich erhöhtem Schlafbedürfnis zu Hause war und der Umschwung ins Taxi etwas plötzlich (nach nur 9 Stunden Schlaf) kam? Ich weiß es nicht. Jedenfalls hab ich heute nacht gleich zwei Touren so sehr versemmelt, dass ich am Ende die Uhr eine Weile ausgemacht habe, um meinen Umweg auszugleichen. Und beide Male hatte ich einfach nicht richtig zugehört. Dass ich kurz vor Feierabend statt Richtung Bahnhof Wuhlheide in Richtung Wuhletal gefahren bin, das lag vielleicht noch an sowas wie Erwartungshaltung in Friedrichsfelde. Aber gleich zu Beginn die Fahrt in die Gensinger, bei der ich zielsicher die Genslerstraße angesteuert habe … als ob ich die nicht eigentlich sehr gut auseinanderhalten könnte!

Die Krönung da war aber die Kundin, die mir völlig selbstverständlich zustimmte, dass wir auch über die Landsberger fahren könnten:

„Naja, auf der Frankfurter wird ja auch gebaut, nich?“

Ich hab’s wie gesagt nicht ausgenutzt und am Ende lieber das Trinkgeld für meine Ehrlichkeit kassiert als die paar Euro mehr auf der Uhr. Ich hoffe mal, heute Abend bin ich dann etwas mehr bei der Sache!