Der Frosch

Der gleichzeitig glücklichste und erfolgloseste Zechpreller aller Zeiten

Bahnhof Marzahn, zwei Taxen, zwei volltrunkene Russen. Ich war erster, sie kamen zu mir. Der Hinüberste sollte mitkommen, sein etwas wenig praller Kumpel half ihm ins Auto. Nur wollte er da nicht hin. Vielleicht war ich ihm unsympathisch, man hat ja besoffen die seltsamsten Macken. Der Kollege hinter mir hat gleich das Auto verriegelt und dankbar den nächsten Funkauftrag angenommen. Deswegen hat sich der Fahrgast auf den Gehsteig gelegt und eine Runde schlafen wollen. Die Logik gibt’s mit der zweiten Flasche Wodka gratis dazu.

Aber sein Freund hat ihn überredet und ich bekam keinen Funkauftrag. Natürlich war meine Freude nur so mittel, aber ich hatte auch schon so gute Fahrten mit fast schon verflüssigten Russen, da war alles drin. Der Freund versicherte mir, dass der Fahrgast Geld hätte und bat mich, ihn in die Möllendorffstraße, Ecke Herzbergstraße zu bringen. 15 Euro, nur Hauptstraßen, das schaffe ich selbst mit dem noch.

Das war auch eine richtige Einschätzung, denn der Typ war selbst zum Kotzen schon zu blau. Der war kurz vor Koma, das sollte die gute Tat des Abends werden, passt schon.

Am Ziel angekommen hat er natürlich längst gepennt, also hab ich das Auto schon mal artig eingeparkt, denn dass das nun dauern könnte, war mir klar. Ich hab den bis dahin vorbildlichen Fahrgast also wachgerüttelt, ihm mitgeteilt, wo wir sind und ihm das Taxameter mit dem Betrag gezeigt. Er kündigte an, erst einmal auszuschlafen. Da das streng genommen nicht ganz mit meinem Beförderungsauftrag übereinstimmte, habe ich ihn abermals aufgeweckt, woraufhin er sich ans Aussteigen machte. Ich hab ihn sachte zurückgehalten und auf mein Geld bestanden, woraufhin er mich sehr langsam und gewissenhaft versuchte zu beschimpfen.

Da er in seinem Zustand ungefährlicher war als ein Rudel durchgeimpfter Stubenfliegen, hab ich ihm in aller Deutlichkeit, aber scheißfreundlich zu verstehen gegeben, dass es jetzt wirklich sehr sehr unnötiger Stress sei, den er sich da einhandeln würde. Aber – und da sprach der Übermut der dritten Flasche aus ihm – er lallte mir zu, ich solle doch die Polizei rufen, das sei jetzt mein Problem.

Ich hab ihn an dieser Stelle erst einmal aussteigen lassen und es geschah mit nahezu perfekter Übereinstimmung, das was ich erwartet hatte: Er verlor nach einem kurzen Ausfallschritt das Gleichgewicht, fiel neben dem Auto um, landete am Ende zwischen Fahrzeug und Bordstein mit dem Gesicht unter der Beifahrertüre und blieb liegen. Er schaffte es noch, diese zu schließen und dann hatte ich wieder Ruhe im Auto und konnte die Kavallerie anrufen.

„Nur damit ich Sie richtig verstehe: Rufen Sie uns jetzt an, weil er sie nicht bezahlt hat, oder weil er da liegt?“

„Eigentlich wegen beidem.“

Nachdem das erledigt war, hab ich die Uhr wieder angestellt, denn wie der Fahrgast richtig bemerkt hat, bin ich ein Arschloch und als solches bestehe ich aber sowas von zu 100% auf den korrekten Wartezeittarif.

Kurz darauf wollte der Typ nochmal aufstehen, was ich verhindert hab, indem ich ihm die Hand auf die Schulter gelegt hab und meinte, er solle doch einfach noch kurz warten. Er hat kurz überlegt, die Idee für gut befunden und es sich auf dem Gehsteig so richtig bequem gemacht. Ich hatte fortan ein paar nette Passantengespräche und dabei festgestellt, dass ein komatöser Russe auf dem Gehweg so eine Art bester Wingman zu sein scheint: Wenn Du mit sowas umgehen kannst, finden das alle super cool!

Als die Polizei kam, hab ich das Taxameter gestoppt, nun war es ein Zwanni. Das passte schon.

Die Staatsmacht kam in Form einer Good-Cop-Bad-Cop-Combo und der gute hat meinen süß träumenden Fahrgast auch nur rund viermal wecken müssen, bis der das mit der Polizeisache verstanden hat. Weiter nicht verstanden hat er, dass er das Taxi bezahlen müsste und hat die Cops mehrfach gefragt, weswegen sie Geld von ihm haben wollen.

Dabei war das selbstverständlich bereits Teil des Deals zwischen mir und der Polizei: Wir hatten alle keinen Bock aufs ganz große Tara und die beiden sollten ihn überreden, mir das Geld zu geben und fertig. Keine Nacht auf der Wache, keine Anzeige. Und ohne wirklich Widerstand zu leisten hat mein Kunde wirklich alles getan, um die Geduld der beiden Staatsdiener zu strapazieren. Was „Bad Cop“ dann irgendwann auch mit dem Ausspruch

„Es reicht jetzt langsam, du Frosch!“

quittierte. Der andere hielt sich ans Protokoll und wollte dem Typen den inzwischen gefundenen Fuffi nicht einmal gewaltsam abnehmen, sondern ihn überreden. Aber mein Kunde kam mit so viel Mathe noch nicht klar und hat nicht so wirklich eingesehen, warum er seinen Fuffi gegen lächerliche dreißig Euro tauschen sollte. Am Ende hat’s dann doch der Bad Cop erledigt.

„Hörma! Hier sind drei Leute, die dir eigentlich nur Stress ersparen wollen und Du machst hier rum! Knallt glei!“

Zu guter Letzt waren bis auf den Frosch alle zufrieden. Der hat sich eine teure Nacht erspart, die 120 Euro fürs Revier waren ihm längst mehrfach angedroht worden. Ein bisschen panne für seinen Abendverlauf war vielleicht, dass sich rausgestellt hat, dass er eigentlich in Adlershof wohnt. Ich hab kurz überlegt, ob ich ihm die Fahrt dorthin für 30 Euro anbieten sollte, bin dann aber doch lieber schnell weg.

Die Zentrale nutzt die Technik voll aus

Freitag abend. Ich hatte eben meinen ersten Kunden heimgebracht. So gegen 19:30 Uhr. Schichtbeginn, Wochenbeginn. Ich bin ja noch zur Hälfte in Elternzeit. Dann ein Anruf mit unterdrückter Nummer. Ich hab mir überlegt, ihn wegzudrücken, aber wer weiß, vielleicht wäre es ja einer von Euch gewesen.

„Taxe 2140?“

„Ja?“

„Gut, dass ich Sie erreiche. Ihr Kunde hat vorher sein Handy verloren.“

„Aha.“

„Ja, hat es auf dem Beifahrersitz liegen lassen.“

„Wann war das denn?“

„Na, so gegen 13 Uhr.“

„Da muss ich leider passen, denn das war dann wohl mein Tagfahrer.“

Es ist ehrlich gesagt unglaublich. Ich bin ja trotz meiner Bloggertätigkeit ein Freund des Datenschutzes. Ihr Leser könnt mein Taxi zu meinen Arbeitszeiten tracken, aber mir war es immer ein wenig suspekt, dass das auch andere können. Aber gut, es ist die Zentrale, das kann man akzeptieren, die brauchen das, um unsere Geschäfte abzuwickeln. Aber wieso bitte melde ich mich mit meiner persönlichen PIN am Funk an und werde dann trotzdem anstelle des Kollegen angerufen? Ich verstehe es nicht, denn selbst in meinem Display im Auto wird mein Name angezeigt. Die müssen meine Arbeitszeiten oder die des Kollegen nicht kennen, die kriegen die automatisch mitgeteilt.

Aber hey, sie fanden es gut, das ich geantwortet habe (unterdrückte Nummer, da verstehe ich die Ausfallquote) und haben sich entschuldigt.

Mal ganz ehrlich: So wird das mit der Digitalisierung hier immer ein Märchen bleiben …

 

Der klitzekleine Mehrwert

Ich hacke ja gerne mal auf autonomen Autos rum oder behaupte, dass mir bei aller gegenteiligen Behauptung seitens Uber die Ortskundeprüfung wirklich was gebracht hat. Dabei spitze ich natürlich oft zu und Ihr wisst ja eigentlich alle, dass ich mit meinen Fails bezüglich Ortskunde auch nicht hinterm Berg halte und all das stets mit einem Augenzwinkern tue. Aber selbst der absurd-konstruierte Randfall kommt mal vor, in diesem Fall gestern.

Ein Winker nahe des Ostbahnhofs:

„Sag mal Alter, Du hast Navi, oder?“

„Äh ja, sicher …“

„Dann mach mal U bei Charlottenburg!“

Ich weiß, dass ich derzeit das wirklich mit Abstand dümmste Navi auf diesem Planeten habe, aber es ist nun wirklich nicht das einzige, bei dem man Straßennamen nicht auf einen Stadtteil beschränken kann.

„Ähm, das wird schwierig. Worum geht’s denn?“

„Mann, ich kenn die Straße nicht. Fängt mit U an und ist Richtung Charlottenburg.“

„Also als erstes würde mir die Uhlandstraße einfallen.“

„Uhland? Ja, ja, das ist sie!“

Und nein: Da standen noch eine Menge Möglichkeiten im Raum, aber ich hab ihm vorgeführt, dass eine berlinweite Suche nach „U“ halt zu gar nix führt. Mein Navi fängt erst bei „UHL“ an, die Optionen aufzulisten. Er hatte die Adresse natürlich im Handy, aber das war halt kein normales, sondern so ein teures, dessen fruchtiger Hersteller es für Mehrwert hält, keinen USB-Anschluss zu haben. Natürlich ist es extrem unwahrscheinlich, dass das zusammentrifft: Ein völlig verstrahlter Typ mit leerem Handy und ein Taxifahrer ohne Adapter mit einem Navi, das so bescheuert ist, dass es selbst bei der Uhlandstraße in Berlin zuerst und alleinig (!) an die in Lichtenrade denkt.

Aber hey, ich hatte mit meiner Vermutung recht, wir kamen schnell und sicher an. Und während ich das schreibe, hab ich eben mal versucht, Google zu überreden, mir alle Charlottenburger Straßen mit U zu zeigen. Tja … nee, nicht so wirklich.

Wenigstens der Punkt geht dieses eine Mal also an mich. 🙂

„Was erlaube Zentraaal?“

Ein guter Start ins Arbeitswochenende sieht anders aus. Dass das Auto seit meiner letzten Schicht unbenutzt rumstand und ich somit auch beim guten Sturm-Donnerstag hätte mitmischen können, war das eine. Das wirkliche Problem war, dass die Batterie leer war. Einfach so. Und die ist sogar noch relativ neu.

Aber gut, sowas passiert. Was die Sache wirklich ärgerlich gemacht hat, war, dass mich die Aktion am Ende anderthalb Stunden gekostet hat. Mein erster Gedanke war natürlich auch, einen Kollegen zu rufen, das Ganze schnell für einen Zwanni gefixt kriegen und dann nix wie los. Aus irgendeinem Grund hat mein Handy sich aber lange geweigert, die Zentrale anzurufen. Warum auch immer, schließlich sollte es später noch klappen.

Aber gut, da hab ich als zunächstmal in der Firma angerufen. Ob vielleicht einer von uns ein Starterkabel dabei hat. Nein, aber das war wenig überraschend. Also hat Cheffe die Zentrale angerufen und ein Taxi mit Kabeln bestellt. Ich konnte das live mithören.

Und dann verging eine halbe Stunde.

Das hat mich auch nicht überrascht, denn obwohl irgendein Taxi in Berlin meist in wenigen Minuten vor Ort ist: Dass an einem Tag mit recht hoher Auslastung ein Kollege, der Starthilfe geben kann, gerade in Marzahn nicht verfügbar ist, verstehe ich. Dann aber hab ich mal nachgefragt. Erst bei Cheffe und als der nix gehört hatte, hab ich (dieses Mal erfolgreich) selbst beim Taxi-Funk angerufen. Und dann kam was, was ich schon von einigen Kunden gehört hatte, aber immer ein bisschen skeptisch war:

Sie haben mir gesagt, dass kein Taxi verfügbar ist.

Das an sich: Traurig, aber es passiert mal. Nur wieso zur Hölle melden die einem das nicht noch einmal? Ich meine, auch wenn so etwas natürlich eine unschöne Kontaktaufnahme ist – der Frust der Kunden wird nicht gerade kleiner dadurch, dass sie die ganze Zeit glauben, ihre Bestellung hätte geklappt!

Ich weiß, dass das gar nicht so leicht ist. Denn die eigentliche Vermittlung findet erst nach dem Telefonat statt. Und wenn sich kein Kollege findet, kann die Zentrale daran nichts ändern. Und vielfach haben sie vielleicht gar keine Telefonnummer vorliegen, könnte ich mir vorstellen. Aber dann muss man doch die Abläufe ändern! Das ist ja kein Randproblem wie vielleicht eine ungenaue Angabe, wann das Taxi genau kommt. Gerade wenn man ein Taxi ruft, sind die paar Minuten, die man gewinnt, wenn man schnell weiß, dass es nicht klappt, doch wertvoll, weil man dann schneller umplanen kann. Und Hell yeah, auch wenn das heißt, dass der Auftrag an die Konkurrenz verloren geht, ist das doch wohl essentieller Bestandteil so einer Dienstleistung, ein Nichtzustandekommen auch zu kommunizieren!

Ich stell mir gerade vor, irgendwo Schuhe zu bestellen, nach zwei Wochen mal nachzufragen und die sagen mir unironisch und ohne Entschuldigung: „Ja nee, hatten wir nicht da.“ Das geht doch nicht!

Für mich war’s nur ein bisschen Zeitverlust. Am Ende hat sich doch unser Hausschrauber Jürgen auf den Weg gemacht und mir mit seinem Privatwagen Starthilfe gegeben. Hat halt nochmal eine Dreiviertelstunde gedauert.

Nicht als einziger mitgedacht

Manchmal gerät man als Taxifahrer mitten ins sehr aufregende Leben seiner Kundschaft und ist darauf nur wenig vorbereitet. In diesem Fall war ich zum Beispiel von einer netten Tour zum Potsdamer Platz zurück zum Ostbahnhof unterwegs, als ich rangewunken wurde. Wohin es gehen sollte?

„Kinderklinik, kennen Sie? Westend?“

Jein. Tatsächlich müsste das Klinikum Westend in meinem Ortskundekatalog vor bald 10 Jahren aufgetaucht sein, seitdem ist es in meinem Gehirn allenfalls würdevoll verblasst. Fluch und Segen einer 900km²-Stadt: Wir haben hier zwar alles, aber es gibt halt auch niemanden, der über alles einen Überblick hat. Außer Google natürlich.

Allein der Stadtteil war entfernt genug, um einfach blitzschnell losfahren zu können und unterwegs die wichtigsten Infos (wie z.B. von welcher Seite aus man reinfahren kann/soll/muss) unterwegs an Ampeln ausfindig zu machen.

Und mir war sehr  unwohl bei der Sache, denn die „kleine“ Patientin (vielleicht 11 Jahre) zeigte zunächst genau die Symptome, die in meiner Familie beinahe mal für ein spontanes Ableben gesorgt haben: Schlimme Bauchschmerzen, nicht nur einfach „ein Aua“, irgendwas außerhalb der Komfort-Zone. Und  ja, auch beim mir bekannten Fall wurde das als „Hysterie“ und „Übertreibung“ abgetan, am Ende war’s halt ein akuter Blinddarmdurchbruch und der Grat zwischen Leben und Tod war eine Frage von Stunden. Ich weiß, dass Ärzte zu oft mit unbegründeter Panik* zu tun haben, aber seit dieser Erfahrung bin ich auch der Meinung, dass eine schnelle Meldung nur halb so viel Schaden anrichtet, wie eine unterlassene. Dass Defizite bei der ärztlichen Versorgung existieren, ist halt eben nur eine Seite der Medaille und weder den Patienten noch den Ärzten anzulasten.

Ich war also bei der Sache auch auf 180 und am Ende sehr froh, dass das Klinikum Westend mit seinen beachtlichen Ausmaßen dennoch mal jemanden zu Gast hatte, der über die Welt nachgedacht hat und die nicht eben leichte Zufahrt zur Notaufnahme mit einer Markierung auf der Straße markiert hat. Eine durchgängige rote Linie nebst Wegweisern, ein Garant für die schnelle Ankunft. I like.

Ich würde nach wie vor gerne sagen, dass wir Taxifahrer das auch wissen können sollten, aber wir reden hier halt nicht von der einen Kurklinik im Landkreis, sondern von einem Krankenhaus in einer Metropole. Und wie es schon allgemein bei Stadtteilen der Fall ist: Die einen kennt man besser, die anderen eher weniger.

Am Ende der roten Linie war alles gut. Mutter und Tochter  haben sich bedankt und ich hatte eine weitere sehr erfolgreiche Fahrt abgeschlossen. Und mal nebenbei: Ich bin auch immer ein Freund von weniger „Schilderwald“, von weniger Regulierung. Aber manchmal merkt man dann doch, wie einem sowas den Arsch retten kann …

*Hier eine sehr interessante Erkenntnis der Mutter: Ein Arzt soll auf ihre Bedenken hin, hysterisch zu erscheinen, gesagt haben:
„Ich liebe hysterische Mütter! Ganz ehrlich! Das ist super! Die kommen nie zu spät!“

Irgendwas mit Kirschen …

Winkerin in Friedrichshain. Super!

„In die Egon-Erwin-Kirsch-Zeile.“

„Zeile?“

„Ja, das ist in Schöneweide.“

„Oh, ok. Ich gebe zu, die kenne ich nicht. Egon-Erwin-Kisch-Straße ja, aber die wäre in Hohenschönhausen.“

„Nee nee, aber ich kann ihnen den Weg zeigen …“

Prima!

Aber ich habe trotzdem das Navi angeschaltet. E-G-O-N …  nix passendes! Aber die Kundin wusste ja den Weg.

Nicht nur das: Sie wusste ihn sogar so genau, dass ich noch eine Abkürzung im 2€-Bereich kannte. Aber der Egon-Erwin da unten? Und mein Navi wusste auch nix, sehr seltsam. Und darüber unterhielten wir uns dann.

„Oder nur Erwin-Kirsch? Beim Egon bin ich mir nicht sicher …“

Hab ich also ‚Erwin‘ eingegeben. Wieder nix hilfreiches. War ja nicht schlimm, die Kundin kannte ja den Weg und all das mit dem kürzesten Weg lasse ich jetzt sowieso mal weg. Ich zoomte mir also einen Wolf im angesagten Viertel und kam etwa 500 Meter vor dem Ziel auch auf die richtige Straße: Die Fritz-Kirsch-Zeile …

Mal abgesehen davon, dass die Kundin das Ziel kannte und es somit egal war: Der Worst-Case! 90% der Leute hängen dem alten Egon-Erwin statt „Kisch“ den Nachnamen „Kirsch“ an. Das kenne ich inzwischen. Dass aber ausgerechnet das „Kirsch“ richtig ist und stattdessen beide (!) Vornamen falsch … mal ganz ehrlich: Hätte die Kundin keinen Stadtteil genannt und wir wären in Hohenschönhausen gelandet, hätte ich auf den vollen Preis bestanden!

Und einfach nur mal so als Gedanke: Wie wäre diese Fahrt wohl ausgegangen, wäre das ein selbstfahrendes Taxi gewesen. Und mir geht’s nicht darum, die Technik schlechtzureden, die mich dereinst in diesem Job ersetzen wird, die Frage ist ernst gemeint: Was hätte die Kundin wohl als Ziel angegeben, wenn z.B. nur die Postleitzahl als Orientierungshilfe angegeben worden wäre? Die Egon-Erwin-Kisch-Straße oder die Fritz-Kirsch-Zeile?

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

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Noch ein Blog?

Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.

Bescheuertster Ortskundefail ever!

„Hallo, wo darf’s hingehen?“

„Knorrpromenade.“

„Oh, welcher Stadtteil war das noch gleich?“

Und hier der nötige Einschub: Ja, es gibt in Berlin ausnahmsweise nur eine Knorrpromenade und die liegt sogar ziemlich unweit meiner Lieblingshalte am Ostbahnhof. Im Grunde kenne ich die, sogar inklusive Einbahnstraßenregelung. Da ich aber, wie ich immer gerne betone, auch als Taxifahrer nur mit Wasser koche, hab ich beim Stichwort „Promenade“ ein paar Kandidaten im Kopf, die nicht wirklich was miteinander zu tun haben. Und bevor man wegen eines kleinen Verhörers in einen komplett falschen Stadtteil startet, fragt man halt nochmal nach. Und die Antwort kam schnell:

„Torstraße, Schwedter Straße.“

OK, in der Ecke war mir das völlig fremd, also hatte ich da was verwechselt. Passiert. Irgendeine kleine Straße, die so ähnlich heißt, das ist wirklich Alltag. Immerhin wusste ich nun schon einmal, in welche Ecke es gehen sollte und bin losgefahren. Ich hab mir auf der Karte meines Trackers einen Wolf gezoomt, die Straße dort nicht gefunden und am Ende dann doch das Navi angeschmissen. Das aber leitete mich, obwohl inzwischen in die andere Richtung unterwegs, wie ich zunächst vermutet hatte, weiter nach Friedrichshain in den Boxhagener Kiez.

Obwohl ich bis dato dachte, der Kunde kenne sich aus, fragte ich mal eben schnell nach. Und ein Abgleich unseres Wissens ergab, dass natürlich das Navi und meine Intuition recht hatten. Der Fahrgast hatte noch vor dem Einstieg wohl etwas zu hektisch gegoogelt und war dank persönlichen Algorithmen für mich nicht mehr nachvollziehbar sehr schnell bei einer Firma gelandet, die zwar die Knorrpromenade im Namen führt, aber eben in der Schwedter Straße angesiedelt ist.

Das Ende vom Lied war fast schon langweilig und ist hier trotzdem erwähnenswert: Er hat das auf seine Kappe genommen und sich für die Weitergabe der falschen Infos entschuldigt. Und am Ende mittels Trinkgeld sogar den eigentlich höheren Betrag bis zu seiner Fantasieadresse gezahlt, den ich zunächst in den Raum geworfen hatte.

Natürlich war ich nicht gänzlich unschuldig, ich hätte meinem Wissen auch einfach vertrauen können. Aber ich glaube, dass es in einer großen Stadt mit etlichen doppelten Straßennamen auch nicht dumm ist, bei einer schnellen und deutlichen Ortsangabe erst einmal den Kunden zu vertrauen. Wie ich gerne sage: Vor der eigenen Haustüre kennen sich die Fahrgäste natürlich besser aus als ich. Dass ihr Ziel erst kürzlich falsch ergoogelt wurde, kann ich nicht immer erahnen.

In dem Fall war das Ergebnis wie gesagt super. Denn mal abgesehen vom Trinkgeld hatte ich am Ende einen Kunden, der trotz Umweg und damit höheren Kosten einfach nur nett und verständnisvoll war. Es ist ja nicht einmal so, dass ich in dem Fall nicht ein Auge zugedrückt hätte bezüglich des Preises, aber diese Variante ist einfach nur nice!