Ende gut, alles gut.

Offenbar ist gerade sowas wie Idioten-Hochsaison. Zumindest hatte ich heute wieder so eine Fahrt, bei der ich rückblickend vielleicht lieber einen Horrorclown gehabt hätte, der mir nach 20 Minuten erklärt, dass das, was er trage, eigentlich gar kein Kostüm sei.

Es hat schon etwas gruselig angefangen, denn in Friedrichsfelde-Ost standen plötzlich drei Männer mittleren Alters in Anzügen um mein Auto und stritten sich. Allerdings auf Vietnamesisch, so dass ich nicht wusste, worum es ging. Einer wollte dann einsteigen und er wollte offenbar nicht, dass einer der anderen mitfährt. Aber sie haben das dann außerhalb des Autos geklärt. Mit ein bisschen mehr Rumschubsen als ich es von Anzugträgern erwartet hätte, aber wirklich was passiert ist auch nicht. Die zwei anderen sind dann gegangen und der kleine Mann im khakifarbenen Anzug entschuldigte sich mit einem tiefen „Sorry“ und bat mich, ihn nach Schönefeld zu fahren.

Gruselig wurde es, als er nach der Hälfte der Strecke schwitzend vornüber kippte. Als ich ihm dabei behilflich war, wieder in den Sitz zu sinken, sah ich, dass sein Hemd rot verschmiert war.

Mein erster Gedanke war natürlich naheliegenderweise, dass der Typ offenbar schwer verletzt war und offensichtlich kurz davor, hier mal eben vom Bewusstsein Abschied zu nehmen. Also hab ich gefragt, ob er verletzt sei, ob ich ihn in ein Krankenhaus bringen sollte. Er verstand mich nicht sehr gut, aber er bestand darauf, zum Bahnhof gebracht zu werden. Obwohl er sichtbar Schmerzen hatte. Hmm …

Eine ganze Weile lang hätte ich schnell in Richtung Köpenicker Krankenhaus abbiegen können, also hab ich mal abgewartet und beobachtet. Gut ging es ihm zwar weiterhin nicht, aber ich hab z.B. schnell gesehen, dass die Flecken auf seinem Hemd zum einen eher doch kein Blut waren, zum anderen aber selbst dann wenigstens nicht größer wurden.

Ich lag damit vermutlich sehr richtig, was aber nur so halb gut war, denn irgendwann fing er dann doch an zu würgen. Hat der sich jetzt echt nur mit seinem Drink besudelt und dann das Erbrechen zurückgehalten, bis es wehgetan hat? So absurd es klingt: Im Nachhinein scheint mir das das Wahrscheinlichste zu sein, denn nach einem wenig würdevollen Stopp in der südöstlichen Berliner Prärie hatte er seine Magensäfte bis hin zu den ersten drei Portionen Galle auf der Straße verloren und die paar Spuren auf dem Seitenschweller hab ich sogar noch neben der Patientenbetreuung sauber machen können. Und danach ging’s ihm vergleichsweise gut. Also 3,5-Promille-gut.

Er entschuldigte sich hundertfach und änderte das Fahrtziel auf einen Bahnhof weiter. Meinetwegen. Dort angekommen war ich erfreut, dass er deutlich ausgenüchtert schien und sofort fragte, was ich bekommen würde. Mit Stopp und Umweg wegen der Zieländerung waren das 33,10€ und wir sind erst einmal beide ausgestiegen, weil er nicht mehr in der Lage war, im Sitzen sein Portemonnaie aus der Hose zu ziehen. Leider erwies es sich auch nach dem Rausziehen als eher leer, woraufhin er gut gelaunt „Fun Minut!“ rief und Richtung Bahnsteig spazieren wollte. Ja nee, schon klar!

Mit einem Klick hab ich das Auto hinter uns verriegelt und ihm scheißfreundlich gesagt, dass ich ihn gerne kurz begleite, wenn er Geld holen geht. Er war auch nicht der geborene Abzocker oder so, er hätte nur binnen 12 Sekunden vergessen, dass er mit dem Taxi hergekommen ist, entsprechend hatte er nun auch gar nix dagegen, dass ich mitkomme. Aber er hatte halt keinen Plan, wohin. Ein Geldautomat jedenfalls war nicht in Sicht. Also hat er notgedrungen nochmal das Portemonnaie begutachtet und dabei mindestens 15 bereits benutzte BVG-Karten wild um sich geschmissen, um einen besseren Überblick zu bekommen. Dann kramte er in einem der Seitenfächer und förderte Geld zutage: Vier Dollar und ein Euro. Kannste Dir nicht ausdenken!

Ich hab also weiter drauf bestanden, mein Geld zu bekommen und das Ganze entwickelte sich dann noch zu einer Art Slapstick-Posse, bei der er jedes Mal nach erfolglosem Suchen noch einmal die vier Dollar in meiner Hand sehen wollte, dabei die Zweier für Zwanziger hielt und frohen Mutes wegspazieren wollte. Aber ich blieb auch ohne böse Worte sehr überzeugend und er versuchte es folglich immer wieder.

Ich hatte die Hoffnung lange aufgegeben und war eigentlich nur noch am Überlegen, ob ich den Hirbel an die Cops weiterreichen soll, da fischt der doch tatsächlich aus der drölften Jackettasche noch einen Fuffi. So schnell hab ich noch nie einem Kunden das Geld abgenommen …

Auch wenn er keine Ansage gemacht hat, hab ich dann doch recht selbstverständlich einen Zehner Rückgeld gegeben und meinerseits meinen Geldbeutel weggepackt. Er hat kurz etwas sparsam geguckt, dann aber doch recht schnell verstanden, dass eine Diskussion darüber, ob er jetzt noch 6,90€ bekommt, vielleicht ein kleines bisschen unangemessen wäre. Ich meine: Mal abgesehen davon, dass er mir technisch gesehen aufs Auto gekotzt hat, hätten wir das Geld locker schon als Wartezeit auf der Uhr gehabt, bis er sein Geld gefunden hatte. Ich bin ja für jeden Spaß zu haben, aber in dem Fall hatte selbst meine Hutschnur schon dezente Risse.

Am Ende war’s mit Abstand die lohnendste Fahrt des Abends. Wobei ich fürchte, dass der Typ jetzt noch irgendwo in einer S-Bahn seinen Rausch ausschläft.

„Was erlaube Zentraaal?“

Ein guter Start ins Arbeitswochenende sieht anders aus. Dass das Auto seit meiner letzten Schicht unbenutzt rumstand und ich somit auch beim guten Sturm-Donnerstag hätte mitmischen können, war das eine. Das wirkliche Problem war, dass die Batterie leer war. Einfach so. Und die ist sogar noch relativ neu.

Aber gut, sowas passiert. Was die Sache wirklich ärgerlich gemacht hat, war, dass mich die Aktion am Ende anderthalb Stunden gekostet hat. Mein erster Gedanke war natürlich auch, einen Kollegen zu rufen, das Ganze schnell für einen Zwanni gefixt kriegen und dann nix wie los. Aus irgendeinem Grund hat mein Handy sich aber lange geweigert, die Zentrale anzurufen. Warum auch immer, schließlich sollte es später noch klappen.

Aber gut, da hab ich als zunächstmal in der Firma angerufen. Ob vielleicht einer von uns ein Starterkabel dabei hat. Nein, aber das war wenig überraschend. Also hat Cheffe die Zentrale angerufen und ein Taxi mit Kabeln bestellt. Ich konnte das live mithören.

Und dann verging eine halbe Stunde.

Das hat mich auch nicht überrascht, denn obwohl irgendein Taxi in Berlin meist in wenigen Minuten vor Ort ist: Dass an einem Tag mit recht hoher Auslastung ein Kollege, der Starthilfe geben kann, gerade in Marzahn nicht verfügbar ist, verstehe ich. Dann aber hab ich mal nachgefragt. Erst bei Cheffe und als der nix gehört hatte, hab ich (dieses Mal erfolgreich) selbst beim Taxi-Funk angerufen. Und dann kam was, was ich schon von einigen Kunden gehört hatte, aber immer ein bisschen skeptisch war:

Sie haben mir gesagt, dass kein Taxi verfügbar ist.

Das an sich: Traurig, aber es passiert mal. Nur wieso zur Hölle melden die einem das nicht noch einmal? Ich meine, auch wenn so etwas natürlich eine unschöne Kontaktaufnahme ist – der Frust der Kunden wird nicht gerade kleiner dadurch, dass sie die ganze Zeit glauben, ihre Bestellung hätte geklappt!

Ich weiß, dass das gar nicht so leicht ist. Denn die eigentliche Vermittlung findet erst nach dem Telefonat statt. Und wenn sich kein Kollege findet, kann die Zentrale daran nichts ändern. Und vielfach haben sie vielleicht gar keine Telefonnummer vorliegen, könnte ich mir vorstellen. Aber dann muss man doch die Abläufe ändern! Das ist ja kein Randproblem wie vielleicht eine ungenaue Angabe, wann das Taxi genau kommt. Gerade wenn man ein Taxi ruft, sind die paar Minuten, die man gewinnt, wenn man schnell weiß, dass es nicht klappt, doch wertvoll, weil man dann schneller umplanen kann. Und Hell yeah, auch wenn das heißt, dass der Auftrag an die Konkurrenz verloren geht, ist das doch wohl essentieller Bestandteil so einer Dienstleistung, ein Nichtzustandekommen auch zu kommunizieren!

Ich stell mir gerade vor, irgendwo Schuhe zu bestellen, nach zwei Wochen mal nachzufragen und die sagen mir unironisch und ohne Entschuldigung: „Ja nee, hatten wir nicht da.“ Das geht doch nicht!

Für mich war’s nur ein bisschen Zeitverlust. Am Ende hat sich doch unser Hausschrauber Jürgen auf den Weg gemacht und mir mit seinem Privatwagen Starthilfe gegeben. Hat halt nochmal eine Dreiviertelstunde gedauert.

Fans …

Ich will nicht lügen: Natürlich kommen immer wieder mal Kunden und beschweren sich, dass mein Auto zu hoch, zu unbequem oder zu billig sei. Von den seltenen Erwähnungen abgesehen: Natürlich tue ich das gerne als dekadenten Scheißdreck ab. Ich würde ja nie behaupten, dass ich eine schwarze Luxus-Limousine fahre. Ich fahre Taxi im Rahmen des öffentlichen Nahverkehrs und ich finde es voll ok, dass ich in meinen Opel reinpasse und keine E-Klasse von Mercedes fahren muss. Und andererseits kann ich gut damit leben, dass mich ein paar Kunden zugunsten besagter Mercedes stehen lassen, weil diese wiederum für sie perfekt sind. Wie ich gerne anmerke: DAS perfekte Auto für alle gibt es (leider) nicht. Und ich bin deswegen ehrlich gesagt sogar froh drum, dass wir nicht einheitliche Autos wie in manchen US-Städten haben.

Aber  dennoch erfreut hat mich dann der Winker, der gleich rief:

„Schwer genug, hier ein Taxi zu finden. Aber dass ich dann auch noch einen Opel kriege! Geil!“

Und ja, ich bin abgehärtet! Ich hab das auch zunächst für Ironie gehalten. Aber nein:

„Ich fahr selbst Opel, bin’n Riesen-Fan! Preis-Leistung ist super, finde ich prima!“

Ehrlich gesagt: Ich bin nicht mehr up-to-date bei Autos. Aber ich hab ihm zumindest grundsätzlich geglaubt, dass er für das Geld, das er für seinen Insignia mit massenhaft Sonderausstattung gezahlt hat, von BMW oder Mercedes nur ein Standard-Modell bekommen hätte. Und ja, ich weiß: Manch Extra wäre bei denen schon Standard gewesen, ich bin nicht bescheuert. Aber der Typ war mit seinem Auto zufrieden und mit meinem auch. Mal ganz ehrlich: Wer will da schon eine Detail-Schlacht eröffnen? 😉

PS: Mich würde mal interessieren, was die Mercedes-Fahrer unter den Kollegen über die anderen Autos erzählt bekommen. Und einmal mehr: Das ist nicht polemisch gemeint, ich finde es wirklich ok, dass Kunden, denen das wichtig ist, ein bequemeres Auto nehmen. Schon alleine, weil ich das Gemecker nicht brauche.
Ich als Opel-Fahrer kenne im Grunde nur entweder die Cool-mal-keine-Luxus-Karre-Typen oder die Solltest-mal-ein-echtes-Auto-kaufen-Kunden. Lästern die Kunden im Daimler auch über die Opel oder gibt es sogar solche, die lieber einen Maybach hätten? Im Ernst, Kollegen: Ich finde die Frage spannend!

31,5

Bei aller Freude über meinen Job und das gerade sehr ordentliche Auto: Mein innerer Monk ist dabei, mich jede Arbeitsnacht zu killen!

OK, ich weiß: Nicht alle hier sind bei Twitter und „der innere Monk“ muss erklärt werden. Der Begriff geht zurück auf die TV-Serie „Monk“, deren Hauptptotagonist neben seinen sonstigen kriminologischen Fähigkeiten psychisch nicht so recht mit verschiedenen Formen von Unordnung umgehen kann.

Normalerweise fühle ich da eine eher geringe persönliche Identifikationsmöglichkeit, aber die ein oder andere Ungereimtheit triggert dann halt doch erstaunlich zuverlässig dieses Gefühl, dass da gerade etwas unnötig inkorrekt ist. Und das ist in meinem derzeitigen Taxi definitiv der Fall und der betrifft die Lautstärkeanzeige im Radio.

Die ist schön digital und hat einen Balken mit mehreren Markierungsstrichen. Je lauter man dreht, desto voller der Balken, nix besonderes. Lustigerweise mag ich im Ohne-Kunden-Modus meine Musik gerne sehr laut und drehe dazu ungefähr bis zur Mitte des Balkens auf. Dezibelmäßig mag die Skala noch weit verwirrender sein, aber hier geht es nicht um Wissenschaft. Es geht darum, dass man den Balken nicht „bis zur Mitte“ hochdrehen kann, sondern dass die optische Anzeige entweder etwas weniger oder etwas mehr anzeigt, also nicht stufenlos ist und zudem keine der Stufen 50% repräsentiert, sondern nur ca. wahlweise 49 und 51%.

Und als ob das nicht absurd genug wäre, sind die Lautstärkestufen auch noch nummeriert. Und ja, 50% liegen zwischen Stufe 31 und 32. Bitte sagt mir, dass Ihr meinen inneren Monk versteht!

 

Vorhersagen

„Oh, ich geb die Adresse besser mal ins Navi ein, bin mir gerade nicht sicher beim kürzesten Weg.“

„Sicher, gerne. Ach, was würde das denn etwa kosten? Kann man das irgendwie abschätzen?“

„Klar.“

Ich schiele auf’s Navi, vertue mich dreimal beim Kopfrechnen und sage dann:

„Also wenn Taxameter und Navi so genau funktionieren, wie sie sollen, werden das etwa 38€.“

Eine halbe Stunde später:

„Wow, das war ja, also das war ja SEHR GENAU!“

37,90€. So gut bin ich dann auch bei weitem nicht immer. 🙂

Warum, Opel?

Manchmal wundert man sich ja über Kleinigkeiten. Bei mir war das der Fall, als ich neulich mal wieder einen B-Zafira als Ersatzauto hatte. Grund: Das Radio. Gut, ich bin das alte immer noch mehr gewöhnt als das neue, aber bei der Bedienung am Lenkrad bin ich stutzig geworden und hab die Ursache mal festgehalten:

Radiobedienung am Zafira B, Quelle: Sash

Radiobedienung am Zafira Tourer, Quelle: Sash

Deswegen verwechsel ich Lautstärke und Quellenauswahl also immer. Im einen Auto war das Rädchen für das eine, im anderen für das andere zuständig. Ich will ehrlich sein: Hätte ich nicht die Fotos gemacht, wäre ich sogar felsenfest überzeugt, dass sie auch die Position getauscht hätten, so sehr gewöhnt sich das Gehirn daran. Ich weiß nicht einmal, welche Variante ich grundsätzlich besser finde, aber es ausgerechnet Stammkunden schwerzumachen, die ins neue Modell wechseln … ich weiß ja nicht.

PS: Ich weiß, das ist nun wirklich nicht wichtig, aber was wäre das Leben ohne die kleinen Dinge?

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

Immer dranbleiben!

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Noch ein Blog?

Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.

Das war’s nicht wert!

Ich bin ja nach wie vor kein Kurzstreckenmuffel. Alles gut. Auch die Fahrt für atemberaubende 4,50€ letzte Nacht, die mich im Grunde nur einmal um den Bahnhof Friedrichsfelde-Ost geführt hat.

Das Ärgerliche daran war, dass ich dort nur zufällig gelandet war und einen unerwartet langen Aufenthalt hatte. Da es trotz gegenteiliger Vorhersagen an dem Abend nicht geregnet hatte, war ich zu Schichtbeginn nicht in der Waschanlage und habe vor meinem Stopp einen Abstecher zum nächsten Tankstellen-Kärcher gemacht und dann am Ende am Bahnhof die Scheiben einer beidseitigen Grundreinigung unterzogen.

Und ausgerechnet der Typ mit seinen 4,50€ musste sich vor der Fahrt dreimal an der Seitenscheibe anlehnen und hat es sich auf den 600 Metern auch nicht nehmen lassen, sie innen einmal volle Breitseite mit seinen fettigen Haaren abzusschrammeln, so dass es aussah, als wäre die letzte Reinigung im viktorianischen Zeitalter erfolgt.

Keine Frage: Es ist eine Zwei-Minuten-Aktion, das wieder zu beheben. Aber es fühlt sich dermaßen unnötig an …