Sooo dankbar!

Ich hab mir kurz nach der Annahme des Auftrags gewünscht, ich hätte es nicht getan. Eine Absturzkneipe in Marzahn-Nord, bei der ich bisher nur einmal war, dann aber gleich die volle Packung Klischee-ich-bin-ja-kein-Nazi-aber-Nazis im Auto hatte. Genau deswegen wird uns beim Funk nur die Straße, nie aber die genaue Adresse im Vorfeld angesagt. Und bei einer Straße mit rund 500 Hausnummern verzockt man sich dann halt auch gerne mal.

Aber ich war eh keine 500 Meter entfernt, denn ich hatte zuvor eine Fehlfahrt, also wie viel schlimmer sollte es schon sein?

An der rückwärtigen Zufahrt angekommen humpelte mir eine Frau entgegen. Mein Alter etwa. Ich freute mich, offenbar an der richtigen Seite gelandet zu sein, sie hätte nicht mehr einfach ums Haus laufen können.

„Schuljung! Mir’s so schlecht!“

OK, keine Behinderung, nur der Alkohol.

Wie immer war mir das eigentlich egal. Was hätte sie jetzt schon noch rausreißen können. Nach 10 Jahren im Taxi allgemein und einer Fehlfahrt jetzt im Speziellen?

Ja, es war nur eine kurze Strecke und das Trinkgeld blieb eher so Mittelmaß. Aber sie war „sooo dankbar“, weil sie sich nicht im Ansatz vorstellen konnte, ihren Kilometer zu Fuß zurückzulegen. Auch in den letzten Tagen bleib ich dabei: Für solche Kundschaft extra gerne!

PS: Ich humpel gerade auch ziemlich. Ich hoffe mal, es ist nix ernstes.

3 Kommentare bis “Sooo dankbar!”

  1. Joe sagt:

    Noch mal kurz was fürs Karmakonto getan. Viel Zeit bleibt ja nicht mehr, dieses weiter beim Taxifahren auffüllen zu können. Alles Gute für dich und deine Familie.

  2. Reinhold sagt:

    Ich habe jetzt erst wieder bei dir im Blog vorbeigeschaut – und dann gleich die Nachricht; du hörst mit dem Taxifahren auf, gelesen. Ich bin wie viele andere über den Taxiblog aus Paderborn auf dich gestoßen und habe deinen Blog als zweifacher Kollege, als Blogger und Taxifahrer, gelesen, beurteilt und verglichen. Seit 27 Jahren bin ich Taxiunternehmer und habe eine Familie mit zwei Kindern. Die jüngste Tochter verlässt unseren Haushalt voraussichtlich in drei Jahren. Ich kann dich gut verstehen. Heute tut es mir leid, daß ich so viel Zeit dem Taxi und so wenig der Familie gewidmet habe.
    Das ganze Thema ist ein Blogbeitrag bei mir wert. Nur jetzt mal so aus der Hüfte geschossen – du hast den richtigen Schritt gemacht.

  3. Sash sagt:

    @Joe:
    Da ist was dran. 😀

    @Reinhold:
    Danke. Ich weiß deine Zustimmung zu schätzen. Sehr. Und Du bist nicht der einzige, der das mehr oder weniger so sagt. Da muss man ja Konsequenzen draus ziehen.

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