Zugegeben, für Leute außerhalb einer Party-Metropole wie Berlin mag schon die Hälfte der normal anfallenden Besucher eines Clubs wie dem Berghain oder dem Sysiphos seltsam anmuten, aber ich will ehrlich sein: Auch wenn ich im Alltag jenseits meiner Größe eher unauffällig unterwegs bin: Genau das mag ich an Berlin und vergleichbaren Großstädten – dass man nicht auffällt, nur weil man mal einen Bad-Hair-Day hat oder auf dem Weg zur Arbeit gerne eine Taucherbrille trägt.
Und ich spreche da aus Erfahrung, denn auch ohne meine Heimatstadt schlechtreden zu wollen, ich habe solche Erlebnisse selbst schon gehabt. Jenseits all der Polizeikontrollen in meinem Leben erwischte mein Vater in Stuttgart auch mal unseren zukünftigen Vermieter, der trotz bereits unterzeichnetem Vertrag einfach mal unauffällig an unserer bisherigen Wohnadresse rumspioniert hat, um zu gucken, ob jener ominöse Sohn, der ihm da vom künftigen Mieter ins Haus geschleppt werden sollte „ned am Ende so oiner mit blaue Haar‘ isch“.
Ironie der Geschichte: Meine Interesse an Punkrock wurde erst in seinem Haus geweckt.
Und falls Sie hier mitlesen, Herr Müller: Das Kiffen und Saufen hab ich (unter anderen) auch von ihren Söhnen gelernt!
(Tekken 2 gegeneinander auf der PS1, Einsatz ein paar Kippen oder ein Elephant-Beer, geile Zeit! 🙂 )
Genug von mir, aber ich wollte kurz klarstellen, dass ich mit jedweder Paradiesvogel-Attitüde immer noch mehr anfangen kann als mit Nachbarschaftsgestalke wegen Stylingfragen. Vieles fällt mir schlicht nicht einmal mehr auf.
Und dann stand sie gestern abend an einer Bushaltestelle im Osten Berlins: Eine junge Frau, vielleicht Mitte zwanzig, vertieft in ihr Smartphone und gekleidet in, nun ja: einen weißen Bademantel mit Herzchen drauf. Ich weiß, niemand sollte was auf die Meinung eines zugewanderten Berliner Taxifahrers geben, aber ich für meinen Teil gebe locker ein Sternchen und Daumen nach oben.
Und wie man ja weiß, wurden die Sternchen bei Twitter in Herzchen umgewandelt.
Kennst du dieses Geräusch, Sash, das eine Wohungstür macht, wenn sie hinter dir zufällt? Dieses kleine, leise „schnapp“ und dir fällt ein, dass du gerade in Unterhose und mit auch sonst sehr wenig an im Hausflur stehst?
Glücklicherweise musste ich nicht im Herzchen-Bademantel rumlaufen, denn meine Nachbarin von der Wohnung unten drunter war so freundlich, mir eine Damenjeans und ein T-Shirt zu leihen, leider eine Größe kleiner als meine, und sie ließ mich meinen Kollegen anrufen, bei dem ich einen Ersatzschlüssel deponiert hatte.
Ich ging trotzdem in die Eckkneipe bis der kam. Transgender war damals in Berlin zwar noch kein offiziell anerkanntes Wort, aber irgendwie fühlte sich das gut an, und hat auch keinen gestört. Lediglich für viel Gelächter gesorgt, als ich die Geschichte aufklärte.
Also, bitte merken, weil doch jetzt der Frühling wieder ausgebrochen ist: Schlüsselbund auf Küchentisch, offenes Fenster und offene Tür = Zugluft. So ’ne Tür ist schneller zu als man denkt.
Immerhin, bis mein Kollege ankam hatte ich drei Bier intus und musste keins davon bezahlen, weil die sich über meinen Transgender-Auftritt scheckig gelacht haben. Na ja, und die Sprüche in den Wochen danach, darüber decke ich den (Bade-)Mantel des Schweigens. Du kennst sie ja, die Berliner. Manchmal weiß man echt nicht, was bei denen größer ist, das Herz oder die Schnauze.
Aber ich tippe aufs Herz. Ja. Auf jeden Fall.
@Cliff McLane:
Bei aller Verpeilung passiert mir das wirklich nie. Mein Schlüssel ist in der Hosentasche und der Hosenwechsel erfolgt mehr oder minder ritualisiert mit Umzug von Gürtel, Portemonnaie und Schlüssel.
Abgesehen davon überprüfe ich jedes Mal nach dem Zufallen der Wohnungstür, ob ich den Schlüssel dabei habe. 😉
Nach dem zufallen ist es aber zu spät, ausser deine holde ist noch drin ?
Whiskey:
So ne DDR Tür kannste einfach einlatschen, alles nur Pappe.
@Sash: Abgesehen davon überprüfe ich jedes Mal nach dem Zufallen der Wohnungstür, ob ich den Schlüssel dabei habe.
Schwerer Fehler, den ich auch einmal Freitags nachmittags um 14.00Uhr gemacht habe. Danach habe ich immer VOR dem Zufallen der Wohnungstür überprüft, ob ich den Schlüssel dabei hatte – indem ich ihn VOR dem Zuziehen VON DER AUSSENSEITE ins Schloss steckte um NACH dem Zuziehen abzuschließen. Denn ich habe mehrere Sachen aus dem Vorfall gelernt:
1) Ein Schlüsseldienst, der (angeblich) exakt 1km weit weg sitzt, kommt aus (angeblich) 15km Entfernung angefahren…
2) Selbiger Schüsseldienst braucht dazu exakt 4 Stunden, und erreicht Dich um Punkt 18:01Uhr, und damit in der Notdienstzeit!
3) Das Öffnen der nur zugezogenen Tür braucht ca. 5 Sekunden. (Bei abgeschlossener Tür wäre es doch 1min länger geworden.)
4) Das Ausstellen der Rechnung für 5 Sekunden Arbeit und 4 Stunden Anfahrt braucht ca. 50 Minuten.
5) Da nach 18Uhr eingetroffen, kostet die Rechnungssumme „x2“ – damals lockere 300DM…
Auf dass niemand einen Schlüsseldienst auf solche Weise kennenlernen muss…
@Whiskey:
Ach, sag bloß! 😉
@der aus der platte kommt:
Bei uns ist bereits seit 10 Jahren saniert, sorry.
@gedankenknick:
Siehe, was ich an Whiskey geschrieben habe. Darüber hinaus ist das natürlich ärgerlich und tut mir leid für Dich.
@Sash:
Ich habe es mit Humor genommen und meine Lehre draus gezogen. In diesem Fall, immer den Schlüssel außen ins Schloss zu stecken BEVOR ich die Tür zuziehe. 😉 Man lernt halt aus Fehlern…
@gedankenknick:
Gute Methode!
Während des Studiums hat mein Mitbewohner mal zu Ostern seinen Schlüssel in der Wohnung vergessen. Daraus hat er auch gelernt, beim nächsten mal lieber für ein bis zwei Nächte ins Hotel nebenan umzuziehen und mich anzurufen, auch wenn ich nicht am gleichen Tag zurückkommen würde. Ist billiger.
Ist doch alles ganz einfach: Zweitschlüssel unter die Fußmatte und gut! 🙂