Unverdient

Das Tolle an Dienstleistungsjobs ist, dass man gelegentlich Lob für Dinge bekommt, für die man absolut nix kann. Zugegeben, es gibt auch das Gegenteil, aber wir wollen ja mal bei einer Geschichte bleiben.

Ich lud die Kunden am Ostbahnhof ein. Als zweiter in der Reihe, weil das Gepäck, das im Wesentlichen aus einem noch zusammengefalteten und offenbar neu gekauften Kinderwagen bestand, beim Kollegen auf der eins nicht in den Kofferraum gepasst hatte. Als ich dann das Fahrtziel „Michaelkirchstraße“ hörte, war  mir klar, dass der Kollege sich zumindest im Nachhinein sicher nicht beschweren würde, dass ich vor ihm weggekommen bin. Einmal kurz ums Eck, acht Euro inklusive Trinkgeld. Nach ewigem Warten.

Aber gut. Beim Ausladen fiel dann aus dem Kinderwagen-Paket ein Handy raus und da niemand es beachtete, griff ich es kurz, hob es in die Runde und fragte, wem es gehöre. Meine drei Fahrgäste standen wie Kaninchen vor der Schlange auf mich starrend da, bis eine Frau das Gerät zögernd in die Hand nahm. Während der Typ, der den Wagen ausgeladen hat, im Kinderwagen nestelte und eine Tasche hervorzog, fragte ich vorsichtshalber nach:

„Äh, gehört das einem von Ihnen?“

Aus ihrer Schockstarre gerissen antwortete die Frau:

„Äh, ja, ja! Es ist nur … wir dachten, Tasche und Telefon wären gestohlen worden. Wir haben eben schon Anzeige erstattet und die Bahn zur Sau gemacht!“

Und dann eben – obwohl sie das zwei Minuten später selbst bemerkt hätten:

„Danke vielmals. Sie haben uns echt den Abend gerettet, Wahnsinn!“

Immer wieder gerne. 😉

5 Kommentare bis “Unverdient”

  1. Der Banker sagt:

    Na, hoffentlich ziehen die die Anzeige dann auch zurück.
    Passiert oft genug, dass Leute es nicht für nötig halten, sich mal zu melden, wenn sie irgendwo erst mal die Pferde scheu gemacht haben und sich da Ganze dann in Wohlgefallen auflöst, ohne dass man dabei ist.

  2. Die Prenzlauer Spitze sagt:

    Junge jung junge, das ist doch der blanke Hass, der aus meinen Dafürhalten aus den Augen der Fahrgäste spricht, zu Mal die Bahn hier schuldlos ist. Ich hoffe, die Sache klärt sich auf. Bitte unterrichten.

  3. Lydia sagt:

    Oh Mann, unverdient jemanden zur Sau gemacht haben – blödes Gefühl… Deshalb mache ich möglichst niemanden mehr zur Sau, sondern versuche, alles vernünftig zu regeln. Klappt aber auch nicht immer. 😉

  4. Sash sagt:

    @Der Banker:
    Da hast Du natürlich recht. Hoffe ich so gesehen auch.

    @Die Prenzlauer Spitze:
    Dann bist Du aber schon ziemlich in einer unsinnigen Spirale drin. Mein Gott, was ist denn hier bitte passiert? Im Grunde nix schlimmes! Tasche ist verschwunden, die potenziell Zuständigen wurden informiert, Tasche wieder aufgetaucht, und nun mal sehen. Sowas passiert, auf sowas sind Leute vorbereitet. Auch bei der Bahn. Die Welt ist nicht schwarz-weiß, das sehe ich hier an meinem Farbmonitor sehr genau!

    @Lydia:
    Habe ich auch ungern. Andererseits bin ich mir ziemlich sicher, dass das einer der Durchschnittsfälle bei der Bahn gewesen sein dürften. Jetzt auch mal mit einbezogen, wie praxisorientiert die Leute waren. Die standen ja eben genau nicht auf grundlosen Stress, sondern es ging ihnen nur um die Sache an sich.

  5. @Sash:
    Die Welt ist nicht schwarz-weiß, das sehe ich hier an meinem Farbmonitor sehr genau!
    Könnte ein Trugschluss sein. Habe ich damals auf dem C64 mit der Erweiterung „Simons-Basic“ erlebt, mit welcher man sehr leicht mathematisch leidlich komplexe schwarz-weiß-Grafiken erstellen konnte. War der C64 dabei an einen Farbfernseher angeschlossen, erzeugte selbiger augrund des Moiré-Effekts, durch die Überlagerung der schwarzen und weißen Linien, farbige Bereiche auf dem Bildschirm. War witzig anzusehen, sozusagen Technicolor 2.0… 😉

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