Pfandrekorde

Das mit dem Pfand im Taxi kann schwierig sein. Dabei ist es schon eine gute Sache, wenn Leute mal eben irgendwohin verschwinden, um Geld zu holen. Aber oft haben sie nicht gerade viel dabei.

Ausweise darf ich nicht nehmen. Und obwohl es zumindest lange Zeit trotzdem recht gängig war, versuche ich es inzwischen tatsächlich zu vermeiden. Nicht wirklich der Gesetzeslage wegen, sondern weil mir im Laufe der Jahre nahezu alle Kollegen das Gleiche gesagt haben: Der Personalausweis ist den meisten Menschen so egal, dass sie keine Versicherung dafür sind, dass die Leute nicht trotzdem verduften. Klar, man hat die Daten der Leute – aber die durchschnittliche Taxifahrt ist ja meist den Aufwand eines Verfahrens nicht wert.
Gut, inzwischen ist die Wiederbeschaffung etwas teurer geworden, aber im Grunde geht mich ja auch gar nicht an, wer da mit mir fährt. Und ebenso wie bei den meisten anderen Karten, die wir von den Fahrgästen tatsächlich annehmen dürften, muss man fairerweise auch einräumen, dass da wiederum die Kunden einen großen Vertrauensvorschuss geben würden.

Klamotten sind selten zu viele am Start, aber selbst wenn das im Einzelfall mal ein gutes Pfand ist – die Vorstellung, irgendwann mal wirklich eine Jacke bei ebay zu verticken, um an das Geld für eine Fahrt zu kommen, scheint mir absurd.

Taschen find‘ ich ok. Die meisten haben irgendwas persönliches drin oder hängen an dem Gepäckstück selbst – und trotzdem ist (gerade wenn klar ist, dass kein Geld drin ist) hinreichend unwahrscheinlich, dass sich ein Taxifahrer binnen einer Minute Wartezeit bei erfolgreicher Geschäftsabwicklung ans große Suchen macht.
(Für mich ist das zwar ohnehin undenkbar, aber in solchen Situationen bitte ich die Fahrgäste gerne, ihr Pfand einfach auf der Rückbank oder dem Armaturenbrett abzulegen und verlasse das Auto, um eine zu rauchen. Damit niemand das ungute Gefühl haben muss, ich hätte irgendein Interesse an den persönlichen Gegenständen. Ich weiß nicht, wie die Kollegen das machen, aber ich hab das Gefühl, es kommt ganz gut an.)
Aber auch bei Taschen kann man als Fahrer reinfallen. Ein Kollege hat mal die Kohle einer lukrativen Flughafentour verloren, bei der der Fahrgast den Koffer im Auto gelassen hat – der sich nach einer halben Stunde warten als leer erwies.

Der Klassiker inzwischen sind aber natürlich Handys. Für mich als Fahrer wirklich super, aber bezüglich persönlicher Daten und dem hohen Gegenwert schon beachtlich. Ich bin wirklich verdammt erstaunt, wie sorglos mir die Leute teilweise Modelle der obersten Preisklasse in die Hand drücken. In einem Fall sogar mit angeschaltetem Bildschirm und geöffneter Facebook-App. WTF?
Für mich ein Lob, ja, aber wenn Leute dann sogar noch abwinken, wenn ich ihnen als Gegenleistung anbiete, sich noch eben kurz meine Konzessionsnummer anzuschauen … mutig, mutig! Und leider gab es wohl schon mindestens einen Fall, in dem das nicht gut ausging.

Gut, die Möglichkeiten klingen so aufgezählt erst einmal vielfältig, aber wie man sieht, haben auch alle ihre Nachteile. Und kaum jemand hat – zumindest bei mir nachts – alles oben genannte dabei. Manche gehen offenbar nur mit Haustürschlüssel und Bargeld feiern. Kaum bekleidet noch dazu.

Da war der Winker jetzt am Wochenende doch erfreulich. Er hat mich nicht nur für meine sehr nette Art gelobt, sondern war ernstlich bestürzt, als er am Ziel feststellte, dass er nicht genügend Geld dabei hatte. Er war einer derer, bei denen ich sogar hätte schwach werden können, aber er war engagierter als alle, die ich bisher kurz in ihre Wohnung hab sprinten lassen, und hat mich mit Pfand fast schon überhäuft:

„Hier haste erst mal mein iPhone!“

„Alles klar.“

„Warte, ich lass‘ meine Tasche einfach auch noch hier …“

„Ist schon ok …“

„Warte! Hier! Einen Fünfer hab ich auch noch!“

„Steck den wieder ein!“

„Warum?“

„Mal im Ernst, Junge: Wenn Du mir deine Tasche und dein iPhone dalässt – als Sicherheit für eine 14€-Tour – wie groß schätze ich wohl die Wahrscheinlichkeit ein, dass Du nur wiederkommst, weil Du auch noch einen Fünfer hiergelassen hast?“

Hat er verstanden. Hab den Fünfer aber hinterher als Extra-Trinkgeld doch noch bekommen. 🙂

7 Kommentare bis “Pfandrekorde”

  1. hrururur sagt:

    Was man nicht mit hat, wird nicht geklaut/im Suff verloren, sehr vernünftig wie ich finde

  2. Beate sagt:

    Mit einer Tasche als Pfand bin ich auch schon mal reingefallen.

    Der Typ suchte mich am Halteplatz Zoo aus und lies sich für knappe 21,- € zur Freundin chauffieren. Dort angekommen wollte er kurz nach oben Geld holen und lies seine Tasche bei mir in der Taxe. Ich habe derweilen draußen eine geraucht. Dann kam er tatsächlich wieder, aber leider ohne Geld. Er gab mir seinen Namen (der sogar stimmt) und schlug vor die Fahrt nächsten Tag zu bezahlen. Da ich jedoch 4 Tage frei hatte, gab ich ihm die Adresse meiner Firma und dort könne er dann auch seine Tasche abholen. Als er jedoch nächsten Tag nicht auftauchte schaute ich doch mal in die Tasche … es war nur Müll drin.

    Und nun der Hammer: der Typ [Name gelöscht, da keine Lust auf Abmahnungen. Sorry, Sash] war Bewohner im Big Brother Haus 2010. Es gibt eine ganze Reihe Videos von und mit ihm auf You Tube. Nur nutzt mir das leider nichts, da er nicht polizeilich gemeldet ist, wie ich bei Erstattung der Anzeige erfuhr.

    Was mich jedoch fast noch mehr ärgert, als der Verlust des Geldes, ist seitdem das ungute Gefühl, wenn mir jemand seine Tasche als Pfand anbietet. Ich hasse Leute die die Gutmütigkeit anderer Menschen schamlos ausnutzen.

  3. Sash sagt:

    @hrhrurur:
    Da kann ich nur zustimmen. 🙂

    @Beate:
    Ja, das kann ich gut verstehen. Mich kotzt sowas auch an. Auf der anderen Seite muss man aber auch ehrlich sagen, dass es schon verdammt oft gut geht. Und das, obwohl die meisten Leute, die kein Geld dabei haben, betrunken sind. Ich hab schon so viele ehrliche „Danke!“ und „Sorry für die Umstände!“ gehört, da fallen die wenigen Ausnahmen kaum ins Gewicht.
    Aber dass das bei deiner Fahrt blöd war und nachwirkt, glaube ich.
    Und nochmal dazu, dass ich den Namen gelöscht habe. Ich bin hier für die Seite verantwortlich und befürchte, dass man das als Verleumdung sehen könnte, den Namen zuzüglich der anderen identifizierenden Merkmale zu nennen. Ich kann’s verstehen, dass Du ihn geschrieben hast, aber den Rechtsstreit will ich mir nicht ans Bein binden, ich hab da nämlich gar nix von.

  4. Beate sagt:

    @Sash
    Da gebe ich dir recht. Es gibt genügend Fälle bei denen es gut ging. Und wegen des Namens entschuldige ich mich, da hätte ich auch selber dran denken können. *andenKopfschlag*

  5. Aro sagt:

    Da stand doch gerade was zu in der Zeitung: http://is.gd/kGjYl9

    @Beate
    Heißt es nicht, man muss jemanden nicht mitnehmen, wenn er sich oder andere gefährdet bzw. im Big-Brother-Container gewohnt hat…?

  6. Sash sagt:

    @Beate:
    Ist schon ok. Ich hätte es vermutlich auch gemacht, zumindest im Affekt. Als Mensch würde ich es ja sogar gerne stehen lassen, als Blogbetreiber muss ich halt vorsichtig sein. Und ich freue mich, dass ich normalerweise die Kommentare nicht moderieren muss hier.
    Ich danke für die Einsicht, ganz ehrlich. Also mach Dir keinen Kopf. 🙂

    @Aro:
    WTF?

  7. […] würde und die Tasche nicht einmal ansehen, alles kein Thema. Und sie hat mir geglaubt. “Das mit dem Pfand” ist eben schwierig. Aber auch dieses Mal hatte ich das wichtigste vergessen zu sagen. Ich […]

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