Reden ist Gold!

Ich werde inzwischen ja doch in ziemlicher Regelmäßigkeit auf den Blog hier angesprochen. Ist ja klar, einige von Euch kommen ja auch extra am Ostbahnhof vorbei, um mich zu besuchen. 🙂

Wirklich lustig fand ich jedoch derletzt einen Kollegen, der sich zaghaft näherte und fragte, ob ich denn „der mit dem Blog“ sei. Nachdem ich das in Ermangelung wirklicher Begabung beim Lügen zugegeben hatte, meinte er:

„Meine Frau liest immer bei Dir. Seitdem will sie meine Geschichten gar nicht mehr hören. Find ich gemein!“

Ich möchte mich hiermit zum einen entschuldigen, zum anderen aber auch mal was loswerden:

Man erlebt als Taxifahrer viel. Sehr viel! Das sind nicht immer nur spannende Geschichten, da ist auch viel von dem dabei, was man als „Alltagsschrott“ klassifizieren könnte. Menschen erzählen uns von ihrem Alltag, von ihren Freuden, Sorgen und Nöten. Das ist vielfach belanglos. Selbst für Blogs wie GNIT (bei dem ich ja an Belanglosigkeiten nicht spare). Mafiabosse, Ehebetrüger, Prominente – kommt alles vor, ist aber doch im Vergleich zu Mensch XY auf der Straße selten. Und ich glaube, die meisten von uns sind froh, wenn sie zumindest einen Teil davon irgendwie loswerden können. Nicht unbedingt in Details – ich denke, da muss man sich als Fahrgast nicht viele Sorgen machen! – aber raus muss es manchmal.

Ihr kennt das sicher von Euren eigenen Problemen.

An dieser Stelle möchte ich mich deswegen bedanken. Bei unseren Partnern, unseren Freunden und ggf. auch unseren anderen Ansprechpartnern. Barkeepern zum Beispiel. 🙂
Und in meinem Fall natürlich Euch Lesern.

Und natürlich besagter Leserin, die zeitgleich Partnerin eines meiner Kollegen ist!

Ohne Euch würde uns Kutschern etwas ganz wichtiges fehlen. Nicht jeder von uns sagt das so, nicht jeder kann das. Nicht jeder will das sagen und manche brauchen es vielleicht wirklich nicht. Aber ich bin sicher, dass Ihr – wer immer Ihr seid! – sicher hier und da die ein oder andere Depression, den ein oder anderen Amoklauf o.ä. verhindert habt.

Das ist sicher nicht übertrieben.

PS: Liebe Leserin, ich weiß es zu schätzen, dass Du meine Geschichten magst. Aber dein Mann hat sicher mindest genauso viel zu berichten. Hör ihm zu, er hat es nicht leichter als ich – und sicher nicht weniger zu berichten! 🙂

Wenn schon klugscheißen …

dann richtig!

Mitten in Gesundbrunnen hatte ich eine ziemlich lustige Truppe eingesammelt. Hauptsächlich aufgefallen sind sie dadurch, dass sie versuchten, mich zu einem Rennen gegen einen Kollegen anzustacheln. In dessen Taxi fuhr ein anderer Teil ihrer feuchtfröhlichen Runde. Nun, so viel Spaß wir auch hatten, das Spiel habe ich dann nicht grenzenlos mitgespielt. Zumal die einzige Begründung blieb, dass die anderen Fans eines anderen Fußballclubs seien …

Auch ansonsten hatten sie es sowas von raus. Zum Beispiel haben sie mich (und der andere Teil der Truppe den Kollegen) so praktisch an einer Stelle der Bornholmer Straße rausgewunken, dass wir noch ein ganzes Stückchen gegen die eigentliche Fahrtrichtug fahren mussten, bevor wir durch Wenden ihrem Ziel – dem Wedding – entgegenschießen konnten. Die Kommunikation an sich gerissen hat eine junge Frau der Marke „So bin ich gar nicht“:

„Herr Taxifahrer, ich weiß, des sieht jetzt voll komisch aus so, weil ich hier jetzt einfach drauf losrede, als hätte ich irgendwie voll den Laberflash und Sie denken jetzt sicher, was ist denn mit der los, die ist doch nicht mehr ganz richtig in der Birne, die hat doch ’nen Schatten, wie kann man um die Uhrzeit bloß so viel reden? Ich weiß ja auch nicht, vielleicht haben Sie ja gerade erst angefangen zu arbeiten und dann stress‘ ich Sie von der Rückbank bestimmt voll, so wie ich sie jetzt zutexte und des tut mir auch voll leid, aber ich kann mir des – also dass ich so viel rede jetzt, nicht dass ich auf der Rückbank sitze, das liegt ja daran, dass die Jungs hier mich mitgenommen haben, die wundern sich bestimmt auch. Wo war ich? Genau: ich kann mir des auch nicht erklären, weil eigentlich hab ich gar nicht so viel getrunken und ich bin nicht so! Ehrlich! Ich rede gar nicht viel, ich bin eher so ein – wie sagt man – schüchterner Mensch. Ich kann des gar nicht ab, wenn mich irgendjemand fremdes einfach so am frühen Morgen zuschwallt. Sie denken ja bestimmt: Alter, was ist die dicht? Haha, bin ich gar nicht! Wir haben ja nur da hier die zwei Cocktails und ich würde da auch nie so viel reden, des ist gar nicht meine Art. Ich mein – hallo!  – wer bin ich denn? Ich kenn Sie ja gar nicht und dann laber und laber und laber ich, also so einen Job könnte ich ja nicht machen. Soll jetzt nicht heißen, dass ich Taxifahrer blöd find, Sie haben ja sicher ihre Gründe und des ist ja sicher auch ganz toll, aber – alter Schwede, was red‘ ich denn für einen Quatsch!? So bin ich nicht. Ehrlich. […]“

Na, äh … klar. 🙂

Das Taxameter zählte lustig vor sich hin und irgendwas gefiel ihr daran nicht. So wie ich das mitbekommen hatte, wurde sie zwar zu der Fahrt eingeladen, aber das macht ja nix. Wird der ein oder andere Kollege sicher bestätigen können: Manche sagen halt gerne „aus Prinzip“ was. Aber das war ok, einen kleinen Einblick in ihren Zustand hatte sie mir ja bereits gegeben. Da war der Hebel im Hirn bei schnell auf „altersmilde*“ gekippt. Einfach reden lassen und nicken …

Dann hat sie jedoch bei den Vergleichen einen klitzekleinen Fehler gemacht – und ich liebe es ja, wenn ich so die Stimmung im Auto drehen kann. Das kann Euch der Typ mit dem Godzilla-Penis sicher bestätigen. Naja, sie griff zum naheliegendsten Vergleich und meinte:

„Weil wenn ich die Bahn nehmen würde, dann könnt‘ ich mit 2,60 € bis Flughafen Schönefeld fahren …“

Ich hab mein ernstes Gesicht aufgesetzt und gemeint:

„Aber nicht legal.“

„Doch!“

„Nein, das ist absolut unmöglich, was Sie da sagen.“

Mir ist ja klar, worauf sie hinaus wollte: Natürlich kann man in ganz Berlin für 2,60 € mit der Bahn umherfahren. Und natürlich ist das damit viel günstiger als ein Taxi. Dafür muss man sich halt die Bahn mit quasselnden Betrunkenen teilen. Oh, wait …
Sie hätte mit ihrer Aussage auch vor wenigen Jahren noch komplett richtig gelegen. Aber nun tauschte ich verschwörerische Blicke mit ihrem Freund auf dem Beifahrersitz aus, der mitbekommen hatte, was ich meinte. Und er hat es dann auch laut ausgesprochen:

„Äh, Schatzi … der Flughafen Schönefeld liegt inzwischen in Tarifgebiet C …“

Womit es dann 3,20 € wären. Haha!**

Klugscheißen ist schon in Ordnung, aber man muss halt damit leben, dass ich das Spiel dann mitspiele. 🙂

* Hey, im Gegensatz zu ihr war ich wirklich alt!
** Von unserem Standpunkt aus hätte sie genaugenommen Tarifgebiet A mit der Ringbahn umfahren können. Dann wären aber immer noch 2,90 € für eine BC-Karte angefallen.

Seltene Anfragen

Was wollen die Leute nicht alles von einem wissen! Wo es in der Nähe ein gutes Restaurant gibt, ob man nun in Ost- oder Westberlin ist, wo der nächste Puff ist, wo man sich selbst gerade befindet – alles schon gehört.

Als die zwei Jungs an mich und meinen Kollegen herantraten, vermutete ich die Frage nach einem guten Club. Stattdessen erwiesen sie ihren Wanderrucksäcken alle Ehre und fragten, wohin sie gehen sollten, wenn sie per Anhalter zu einer bestimmten Stadt in Polen fahren wollen.

0.o

Glücklicherweise wusste der Kollege besser Bescheid als ich. 🙂

Immer daran denken: Es gibt nichts, was es nicht gibt!

Mit den Fingern

Wenn es darum geht, ein Fahrtziel zu bestimmen, greifen die Fahrgäste meist auf ihre Stimme zurück. Das ist nicht immer ganz einfach, schließlich kann es sein, dass sich die Sprachkenntnisse nicht mit meinen decken oder die Stimme insgesamt nicht will. Dafür gibt es dann Hände und insbesondere Finger. Gott sei Dank!

Auf Karten sind Finger besonders hilfreich, denn auf Karten kenne ich mich recht gut aus. In diesem Fall zeigten die Touris allerdings mitten in die Landschaft. Ohne das hätte ich ihre Anfrage allerdings auch wirklich nicht verstehen können:

„We wanna go to the needle place.“

…und der Finger zeigte zum Fernsehturm.

Aber gut, ist abgespeichert. Der „Nadelplatz“, sowas muss man als Taxifahrer halt wissen, nicht wahr? 😉

Nur kurz ums Eck (2)

Kurz und jut

Krankenhaus war doof. Kann man sich ja denken. Übermüdung, stundenlanges Warten – und das alles garniert mit einem wunderbaren Potpourri unterschiedlichster Schmerzen. Entsprechend verstört stand ich dann mit Ozie in der Mittagssonne vor dem UKB. Heimfahrt war angesagt, aber so wirklich irgendwas auf den Plan kriegen war an dem Tag nicht mehr mein Metier.

Während des völlig sinnlosen Rumüberlegens, ob wir nochmal ein Taxi nehmen sollten, kam ein Bus vorbei, der wenigstens so ungefähr in unsere Richtung fuhr. Wohin genau, wussten wir beide nicht. Es gab nämlich noch irgendeine Umleitung, die war auf dem Plan kryptisch formuliert, der Fahrer sagte gar nix dazu und wen interessiert sowas auch Samstag Mittags? 15 Minuten später briet unser immer höher am Firnament stehendes Zentralgestirn mir auch noch die letzten Nerven, während wir ungefähr dreieinhalb Blocks von zu Hause entfernt an der Straße standen. Kurz bevor sie gar waren, nahte das vertraute Hellelfenbein in der Ferne.

Ozie und ich hatten davor über eine Kurzstrecke sinniert, geistig reichte unser Zustand allerdings allenfalls so weit wie der mancher meiner Fahrgäste: Wer hat schon Bock, wegen Zwofuffzich den Mund aufzumachen. Ozie meinte noch, wir hätten nur eine kurze Strecke, ich dachte „Och nöö, hätteste ja gleich Kurzstrecke sagen können“ und der Fahrer drückte wie selbstverständlich den ermäßigten Tarif rein. Es gibt diese Kollegen also auch außerhalb der 1925. Hach! 🙂

Mit leichtem Akzent (keine Ahnung, woher. Sachsen? Ungarn?) verriet der Kollege, dass er gar nicht in der City fährt, sondern nur hier draußen im Osten – dann war die Tour auch schon vorbei. Das Taxameter stand nach wie vor auf 4 €, er hat letztlich mehr als den Normalpreis erhalten. Und sich etwas überrascht gefreut. Reicht ja, wenn einer einen beschissenen Tag hat!

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

Immer dranbleiben!

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Noch ein Blog?

Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.

„Ha’ick jeseh’n …“

Das war’s dann für die ersten Minuten an Konversation.

Ich fahre ja immer nur zu recht ausgewählten Terminen als Fahrgast Taxi – und außerdem kenne ich inzwischen ein paar Kollegen. Da erlebe ich so unübliche Überraschungen wie einen der eingeborenen Fahrer mit Schweigegelübde extrem selten. Nun war es aber mal so weit.

Ich hab mich am Freitag nach der Schicht mit mehr als nur beschissener Laune zum Unfallkrankenhaus bringen lassen. Ich konnte nicht mehr vernünftig laufen, das war das optimale Einsatzgebiet für ein Taxi. Der Kollege kam drei Minuten vor der angesagten Zeit, und auf meine Frage, ob ihm schon mitgeteilt wurde, wo es hingehen soll, antwortete er mit o.g.:

„Ha’ick jeseh’n …“

Danach war Ruhe im Karton. War nicht so schlecht, aber selbst als ich mich nach 10 Minuten als Kollege geoutet hab, hat er dreimal einsilbig geantwortet – ohne erkennbare Gemütsregung. Ich persönlich würde ihm ja einen Paketlieferdienst als Arbeitgeber nahelegen …

Warum ich ins Krankenhaus musste, könnt ihr bei Sashs Blog nachlesen. Aber nur, wenn ihr es wirklich wissen wollt! Ich bin die ganze Woche außer Gefecht, bin dabei auch viel weg vom PC. Ich kann nicht für viele Geschichten garantieren, aber ihr könnt gerne immer mal wieder nachsehen. Und über ein paar mehr Zusendungen zum Gewinnspiel würde ich mich freuen, und wenn’s bloß ist, damit ich was zu lesen hab, während ich im Bett rumsiffe … 😉
(Und wenn ihr selbst keine neue Handyhalterung oder eine Gruselspinne braucht, dann teilt es doch unter euren Freunden, vielleicht hat von denen wer Interesse.)