Das, was die Fahrt mit mir für viele meiner Fahrgäste ist, ist für mich ja der Besuch im normalen Mittagsleben. Zwölf Uhr ist in meiner Welt jetzt seit vier Jahren keine sonderlich normale Zeit mehr – so wie vermutlich fünf Uhr in der Frühe für viele meiner Leser. Klar, man wacht um die Uhrzeit mal zu früh auf, man bleibt beim Weggehen am Wochenende mal so lange wach – aber eigentlich …
Ich hab erst einmal mein Handydisplay auf 100% gestellt. Normalerweise switche ich zwischen 17% (fast immer) und 56% (tagsüber in der Wohnung), aber 100?
Doch es war eben 10.30 Uhr, als ich mich auf den Weg zum Haus des Rundfunks gemacht hab, das in Kombination mit Frühlingsanfang und noch nicht getautem Schnee blendet doch ziemlich. Auf meinem weiten Weg vom tiefsten Osten in den mittleren Westen Berlins hab ich zwar alle Bahnen bekommen und sie fuhren in ungewohnter Regelmäßigkeit – dafür hab ich es zu meiner Arbeitszeit aber auch noch nie mit Menschen zu tun gehabt, die ihre Kinder ablecken. Zumindest nicht in meiner Gegenwart.
Wenn ihr jetzt „OMFG!“ ruft, dann behaltet das im Hinterkopf, wenn ich mal wieder von Menschen schreibe, die ihren Penis mit Godzilla vergleichen. Denn es ist nunmal nicht so, dass so etwas die ganze Zeit passiert. Der Eigenbrutpfleger war aber bald wieder ausgestiegen und ich hab mein Ziel eigentlich störungsfrei erreicht. Und kaum, dass ich ausgestiegen war, ist mir einmal mehr bewusst geworden, was ich an meinem bescheidenen Stadtteil so mag: dass es dort nicht so aussieht wie an dieser apokalyptisch grauen Vorzeige-Ecke Berlins, zwischen ICC, Messe, Autobahn und Haus des Rundfunks. Dann echt lieber realsozialistische Stapelwohnungen …
Ein paar Kollegen standen etwas unmotiviert* am ZOB rum, ich hatte aber keinen von denen je gesehen. Was ja kein Wunder ist. Anderes Ende der Stadt, anderes Ende des Tages, anderer Job eben.
An der Pforte vermeldete man mir mit einem sonst nur Postbeamten eigenen Pflichterfüllungsstolz, dass ich namentlich bereits aktenkundig bin und gleich abgeholt werden würde. Prima! Im Foyer hab ich noch obenstehendes Foto aufgenommen, das hat mir designmäßig ja wenigstens ein bisschen zugesagt. In der Folge hatte ich das Gefühl, irgendwie wenigstens halbwegs souverän rüberzukommen, aufgeregt war ich dank meines letzten Radiobesuchs beim Deutschlandradio echt gar nicht mehr.
Die ganzen Mitarbeiter waren nett, alles lief professionell und der Moderator ist sogar echt ein sympathischer Mensch. Schade war nur, dass die Sendung sehr kurz war und die Anrufer fast durch die Bank Senioren waren, die als spannendste Geschichte ein verlorenes und zurückgebrachtes Portemonnaie zu bieten hatten. Da urteile ich aber vielleicht ein wenig zu sehr mit der Abenteuerarroganz eines Nachtschichtlers.
Was jedenfalls wirklich unglaublich war, waren all diese „der war Ausländer, aber sooo nett“-Kommentare. Ich hab mit Freude zur Kenntnis genommen, dass der Moderator jedes Mal seine Augen so weit verdreht hat, dass ich einmal fast erwartete, er würde die 360° schaffen und die Pupillen würden unten wieder auftauchen. Auf der anderen Seite war’s vielleicht für die Hörerschaft auch echt ein nötiger Hinweis, dass die nichtdeutschen Kollegen hier alles in allem natürlich auch eine prima Arbeit machen. Hätte zwar gehofft, darüber wären wir langsam hinaus, aber gut. -.-
Alles in allem war’s kurzweilig, hat auch durchaus Spaß gemacht. Aber wahrscheinlich werde ich dergleichen nicht mehr machen. Insgesamt war ich dreieinhalb Stunden unterwegs und das Ergebnis könnt ihr Euch hier in 25 Minuten anhören. Da bleib ich im Großen und Ganzen doch lieber beim Bloggen. 🙂
Aber das kommt auf die Sendung an. Beim Deutschlandradio war’s den Aufwand z.B. wesentlich mehr wert. Doch deswegen gucke ich ja auch mal rum – man kann ja ruhig alles mal ausprobieren.
*so unmotiviert, wie ich sicher am Ostbahnhof nachts um drei Uhr auch aussehe 😉
[…] beim Radio. War leider nicht ganz so eindrucksvoll und toll wie das erste Mal, aber es war ok. Nachlesen kann man das drüben bei GNIT, der Link zum Anhören findet sich dort natürlich […]
Vielleicht ein bisschen oft Null 3 Null Dreißig Zwanzig Null Null Vierzig in den ersten 4 Sendeminuten, den Rest hab ich mir nicht mehr angehört.
Das klang so in etwa wie bei uns in Bayern die Antenne, die auch alle 20 Sekunden ihre Telefonnummern von irgendwelchen Anrufspielchen raushaut.
Ansonsten kann ich nur sagen: Prima Blog und weiter so:-)
Oh man, es stimmt, dass es fast nur alte Leute sind (oder nur?) und die meisten dann sogar noch darauf hinweisen, dass man ja mit „den Ausländern“ auch gut fahren kann. Ich weiß gar nicht, ob ich das zum Lachen oder zum Weinen finden soll.
Vorsicht!
Das gelbe Teil da am Himmel kann Hautkrebs machen!
@Zero the Hero:
Ja, und wenn man der passenden Spezies angehört, zerfällt man bei Sichtkontakt zu Staub… Dass Sash nicht dazugehören sollte, wurde doch schon öfter diskutiert… 😉
[…] auszuarbeiten und in sendefähiges Format zu bringen. Dass ein Wort das andere ergab, wo ich ja erst vor kurzem in seiner Sendeanstalt zu Gast war, versteht sich von selbst. Was mir aber – wie immer – besonders das Herz erwärmte, war, einmal […]