Über den Stellenwert von Gesprächen im Taxi kursieren ja stets unterschiedliche Meinungen. Ich persönlich unterhalte mich gerne, aber hier lesen so viele Leute, dass ich jedes Mal, wenn ich das einfach so als Aussage stehen lasse, von irgendwem die Antwort kriege, dass geschwätzige Taxifahrer voll doof wären. Dabei hab ich selbstverständlich auch mit Ruhe im Auto kein Problem. Schwierig daran ist höchstens, dass ja kaum jemand das Wort ergreift und um Ruhe bittet. Aber die meisten signalisieren ihre Haltung mittels Körpersprache oder indem sie Handy und Zeitung rausholen. Klappt alles. In den übrigen Fällen muss ich dann mit ein wenig Fingerspitzengefühl in den ersten Sekunden oder Minuten der Fahrt herausfinden, wie der Hase läuft.
Und ich würde sagen, dass das Teil dessen ist, was gute Taxifahrer ausmacht.
Meine Fahrgäste, zwei Stück an der Zahl, gemischtgeschlechtlich und wahrscheinlich in einer intimen Beziehung zueinander, passten irgendwie in kein Raster. Auf die ein, zwei einleitenden Gesprächsfetzen antwortete vor allem sie sehr nett und offen, mit einer Begeisterung, die keinesfalls mehr unterschwellig zu nennen war. Gesprächsführung hingegen war eher nicht so ihr Ding, sie sagte stets ein bis maximal zwei Sätze – und zwar dergestalt, dass ein ums andere Mal unklar war, ob ich das Thema jetzt vertiefen sollte oder könnte oder eben nicht.
„Oh, dem Gepäck nach hatten Sie wohl eine lange Reise!?“
„Ja, wir waren in der Schweiz, zwei Wochen Winterurlaub, Schifahren. War eine lange Zugfahrt, glücklicherweise ohne Bahnverspätung und jetzt sind wir ja gleich da.“
Kaum, dass ich ein Thema ansprach, wurde es schnell mit zwei Sätzen beendet – dennoch schwang dazwischen aber Lust an der Unterhaltung durch.
„Ach, Sie haben Kinder?“
„Ja, zwei Mädchen, acht und fünf. Ist schön mit den beiden. Manchmal halt auch stressig.“
Es war komisch. Auch dass ich am Anfang mit ihrer Straße nichts anzufangen wusste … das wurde nett aufgenommen – und unterschwellig enttäuscht. Zuletzt hab ich mich auf’s Fahren konzentriert und mich darüber gefreut, dass die Tour allenfalls eine Viertelstunde dauern würde. Ich war mir bewusst, dass ich gerade einer von „diesen Taxifahrern“ war. Ich wusste nur nicht so recht, welcher:
Der nervig geschwätzige Laberheini oder
der stumme, grummlige, unnahbare Sack?
Ich wollte keiner der beiden sein und ich hatte nicht den Hauch einer Ahnung, was in meinen Kunden, insbesondere in ihr, vorging. Ich hab in Gedanken das Trinkgeld gestrichen und mich damit abgefunden, dass am nächsten Abend in einer Wohnung in Pankow über den schrägen Vogel im Taxi gequatscht werden würde, der zu viel/zu wenig geredet hat. Bin ich halt auch einmal Negativbeispiel, sowas soll vorkommen.
Am Ende hielt ich vor ihrer Türe und der Ausladevorgang bezüglich ihrer Reiseutensilien lief genauso ab wie die Fahrt. Freude und Empathielosigkeit, Nettigkeiten und eiserne Mienen.
„Dann wären wir genau bei 14 €.“
„Hier, zwanzig. Stimmt so.“
Ich raff’s bis jetzt nicht. Für ein obligatorisches Na-er-war-ja-wenigstens-kein-Vollidiot-Trinkgeld war es definitiv einige Klassen zu hoch.
0.o
Schreibt man Schifffahren nicht mit 3 f? 😉
Vielleicht wars ja ein „wir haben genug und habens grad nicht kleiner“ trinkgeld?
Der Theorie von Morphium kann ich mich mit einem weiteren erhärtenden Indiz anschließen: Vielleicht waren die Leutchens so viel (oder überhaupt) Empathie gar nicht gewohnt, haben sich insgeheim zwar vielleicht drüber gefreut, dass da jemand ist, der mit ihnen redet, und wenn’s auch nur smalltalk ist, aber zugleich verboten ihnen ihre anerzogenen Konditionen, dieses „socializing“ tatsächlich mitzumachen. Was eben wiederum in den besser betuchten Gesellschaftsschichten wahrscheinlicher ist, dass jemand derart sozialisiert wurde…
Könnte auch Unsicherheit gewesen sein. Kann ja vorkommen, dass man jemanden, hier etwa den Taxifahrer, ganz nett findet, sich vielleicht auch ganz gern unterhalten würde, aber nicht so recht den Absprung in ein weiterführendes Gespräch findet. Vielleicht liegts an den Themen, besondere Vorstellungen davon, worüber man mit Fremden sprechen will, was weiß ich. Vielleicht Müdigkeit, wenn die Reise anstrengend war. Aber komisch sind solche Situationen natürlich schon.
Wenn es um meine Position geht haben meine Vorredner Teils recht aber auch Teils unrecht. Wenn ich mit einem Taxi fahre, was selten genug vorkommt da ich es einfach oft nicht brauche (Rückfahrt organisiert, ÖPNV fährt recht ordentlich), dann freue ich mich wenn der Taxifahrer sich so verhält wie ich es erwarte. Klar darf er mich gerne ansprechen und klar antworte ich dann auch ausführlich aber auf ein richtiges Gespräch habe ich dann meist doch eher keine Lust, da Situationen in denen ich ein Taxi gebrauche meist dann passieren wenn ich einfach nur ins Bett möchte. Ich kann das verhalten des Pärchens also sehr gut nachvollziehen und dich sollte es auch nicht zu sehr verwundern, ich würde vermuten sie haben sich tatsächlich über dein verhalten gefreut und dementsprechend viel Trinkgeld gegeben. Es ist jedoch genauso gut möglich das sie sich darüber freuen das du sie heile nachhause gebracht hast, was auch durchaus Trinkgeld würdig ist. Denn die fahrt muss bezahlt werden das versteht jeder aber eben genauso viele wissen das Taxifahrer nicht übermäßig viel verdienen und auf das Trinkgeld „angewiesen“ sind, da gibt man dann auch gerne mal mehr. Weil man ja doch irgendwie die Dienstleistung sicher nochmal in anspruch nehmen will und die einzige Möglichkeit, für uns Kunden, dafür zu sorgen das die Dienstleistung in Zukunft noch besteht ist eben das Trinkgeld. Also mach dir da mal keinen Kopf, ich (bzw. wir (ich und meine Frau)) hätte mich exakt so verhalten.
2 wochen winterurlaub in der schweiz / rueckfahrt mit der bahn: die waren einfach zu erschoepft um sich zu unterhalten 😛
ausserdem kann man durchaus merken dass jemand nur hoeflich eine unterhaltung anfangen will und dann genauso hoeflich aufhoert zu reden wenn die antwort dementsprechend ist.
Klingt nach mir… Nur dass ich mir weder ein Taxi leisten kann, noch die 6€ Trinkgeld 😀
Nach den ersten höflichkeiten schweige ich immer. Wenn die kunden dann reden wollen ( ca. 90% wollen das ) gibts eben ein gespräch. Ich bin ein ruhiger typ und mag fahrten ohne gespräche, aber der kunde ist könig. Mein bester stammkunde gibt 1000 eur im monat fürs taxi aus. Nicht weil er unbedingt wohin muss, sondern weil er schwierig ist. Mir egal ich passe mich an…solange umsatz und tg passt. Ich dachte immer, ein taxifahrer muss nur von hier nach dort fahren..aber es gehört viel mehr dazu. Lg martin
Da ich sehr selten Taxi fahre (viel Gepäck zum/vom Bahnhof oder nach den paar Partys im Jahr), tut es mir selbst nicht sehr weh, wenn ich bei einer Fahrt von 12 € auf 20€ aufrunde oder bei 8€ auf 15€. Solche Menschen gibt es halt. 😉 Gesprächig bin ich aber meistens nicht (vllt. nach hohem Alkoholkonsum, aber daran kann ich mich nicht erinnern). 🙂
ICh runde die 19,50 – 20,20 zu uns nach Hause auch immer auf 25,- auf. Weil ichs mir leisten kann, ein bis zweimal in 2 Monaten Taxi zu fahren und dann halt nen bisschen was dazu geben.
Unterhalten würde ich mich eigentlich auch immer gerne, aber irgendwie kommt nie ein Gespräch zu stande. Ich weiß nie so richrig wie ich sowas anfangen soll und … keine Ahnung ^^
@Wahlberliner:
Naja, soo abgehoben haben sie nun wirklich nicht gewirkt …
@gnaddrig:
Klar, alles möglich. War halt wirklich seltsam.
@Adam Pavluvkov:
Es ist halt ein ausgesprochen seltenes Trinkgeld von der Höhe her, dann aber auch noch ohne das eigentlich alltägliche „gute Unterhalten“ verwundert eben.
@martin:
Ja, ein bisschen mehr ist es schon. Ich denke immer an die Worte meines Chefs: „Fahren setzen wir voraus, wirklich wichtig ist aber der Umgang mit den Kunden.“
@nova:
Ach, keine Lust auf Kommunikation und viel Trinkgeld ist schon auch mal möglich. 🙂
@Krüml:
Ja, die schweigsamen Kollegen gibt es halt auch …
Das Trinkgeld kam eben weil es keine ‚gute‘ Unterhaltung gab. Als goodwill-Zeichen. Die waren müüüüde von der Reise, wollten aber nicht unhöflich sein. Wenn ich nicht irre wurde das früher schon mal besprochen hier, incl. 1 Portion Mostrich von mir.
Irgendwann tauche im mal am Ostbahnhof auf und steige in die 1925. Die sieht so hoch aus, brauch man da eine Fußbank dafür ?
Und dann sage ich ein schweres Fahrtziel im Westen an. Und auf die Frage von Sash: ‚Wie soll ich fahren?‘ Da antworte ich:’Schweigend‘. Voll die Härte.
(Voll die Härte auch für mich..)
@elder taxidriver:
Na, dann bin ich mal gespannt … 🙂
Urlaub zu Ende, dann mit der Bahn aus der Schweiz nach Berlin, müde, da würde ich auch nur noch schweigen. Und weil mein Unterhaltungswert dann so gering wäre, würde ich als Entschädigung dann auch ein etwas besseres Trinkgeld geben.
@Saskia:
Sympathische Einstellung. 🙂
Na ja, wenn man in der Schweiz schifahren war, dann ist man das wohl einfach gewohnt, großzügig aufzurunden, erstens weil das dort so der Brauch ist, und zweitens, weil einem da deutsche Preise vergleichsweise niedrig vorkommen. Und ans Kommunizieren in verständlichem Hochdeutsch muss man sich auch erst einmal wieder gewöhnen. Insofern halte ich das Erlebnis für nicht besonders bemerkenswert. Hättest mich mal erleben sollen, als ich aus Indien zurückkehrte, und der Taxifahrer „achtzehnfuffzsch“ in seinen nicht vorhandenen Bart nuschelte: Beinahe hätte ich aus Gewohnheit gesagt „make it two hundred“, bevor ich daran dachte, dass das hier keine Rupien, sondern Deutschmaahk sind. Aber zwanzig und „stimmt so“ wird wohl okay gewesen sein, oder?
@Cliff McLane:
Naja, aus Fahrersicht wäre „make it two hundred“ sicher die bessere Story geworden. Aber ja, ich würde schon sagen, dass 20 ok war 😀