Ihr kennt mich ja ganz gut. Ihr wisst, dass ich mich nicht immer und überall beschwere und gerade in Puncto Job und den damit einhergehenden Finanzen durchaus mit meiner Entscheidung, Taxi zu fahren, leben kann. Über den Januar beschwere ich mich trotzdem ständig. Und das auch noch ausführlich.
Ich wollte euch nur mal kurz erklären, wie krass das wirklich ist. Den Schnitt von Silvester zum Vergleich ranzuziehen, wäre nicht hilfreich – dass das ein Extrem ist, weiß man ja. Schlimm genug, dass der Dezember mir wegen weniger Arbeitstage (inkl. Silvester) als Alltime-Rekord 10,05 € Bruttostundenlohn ausspuckt. Da würden mir die meisten Kollegen aber schon an die Gurgel springen, wenn ich das als Normalfall beschreiben würde. Selbst die 9,01 € im November sind relativ gut, denn da waren ein paar wirklich fette und kaum schlechte Tage dabei. Nein, als Taxifahrer muss man sich in der Regel mit einem Verdienst zwischen vielleicht 6 und 8 € begnügen. Dass uns das nicht in Scharen aus dem Job treibt, liegt am Trinkgeld und vor allem daran, dass es bis zum Tagesende immer irgendwie nach oben offen erscheint und dass wir während der Zeit viel Lesen oder fernsehen können, reden oder im Netz umhergeistern.
Und jetzt ist Januar. Ich habe eine halbe Donnerstags- und eine fast vollständige Freitagsschicht (Freitag = Wochenende = gut!) hinter mir. Auf der Uhr stehen 133,80 €. Ja, insgesamt. Und das ist der Umsatz! Davon krieg ich 45% – 60,21 €. Und dafür hab ich 13,75 Stunden gearbeitet. Das sind brutto 4,38 € die Stunde. Und die Kundschaft ist nicht nur rar, sondern auch wenig spendabel. Ganze 8,89% Trinkgeld gab es dazu, also 11,90 €. Die sind wenigstens abgabenfrei …
Denkt daran, wenn euer Taxifahrer in nächster Zeit mal genervt erscheint. Ich halte nicht viel davon, das an Kunden auszulassen, aber vielleicht ist das ja ein Erklärungsansatz. Und wer denkt, das sei schon ganz unten: Kollege Yusuf hat es gestern dank mehrmaliger Fehlfahrten auf ganze 40 € in 10 Stunden gebracht. Umsatz! Ich weiß nicht, wie viel er in seinem Unternehmen kriegt, aber Pi mal Daumen war der für einen Zwanni eine ganze Nacht weg – und der Kerl hat 5 Kinder und eine arbeitslose Frau zuhause sitzen.
Kommen wir zu den versöhnlichen Punkten.
1. Hier in Berlin wird es bald wieder besser! Die zweite Monatshälfte ist komplett mit Fashion Week und Grüner Woche belegt, da kommen ein paar Extra-Touren zustande. Bei so einem niedrigem Niveau geht es ja auch rasant wieder aufwärts …
2. Ich hab viel über Space-Shuttles gelernt. 🙂
Wenn ich mal lange am Stand stehe, lese ich gerne und ich hab mir in nur einer Schicht inzwischen fast komplett Richard Feynmans „Kümmert Sie, was andere Leute denken?“ einverleibt. Was ich nur empfehlen kann – auch wenn die erschreckende Erkenntnis dabei irgendwie ist, dass auch sehr sympathische Leute an der Atombombe der USA gearbeitet haben. Aber die Stories zu diesem Lebensabschnitt des Nobelpreisträgers findet man eher in seinem anderen Buch
.
Und jetzt hoffen wir einfach, dass der Januar schnell vorbeigeht!