Dass man sich bei Kunden verschätzen kann, ist klar. Ich denke, das haben auch Kunden schon mit Fahrern erlebt. Recht selten ist es dann allerdings, dass man Leute ins Auto gesetzt bekommt, die man nie und nimmer für Kunden gehalten hätte.
Während ich so am Lesen am Bahnhof war, schlichen ein paar Jugendliche um die Taxen und fragten hier und da die Fahrer nach irgendwelchen Preisen, die offenbar keinen Gefallen finden wollten. Daneben auf der Bank saßen zwei alte Penner und haben Bier getrunken, während gegenüber die Polizei sowas ähnliches wie einen Großeinsatz plante. Der Ostbahnhof wie er leibt und lebt an einem Wochenende.
Als ich nach einiger Zeit – die Jugendlichen waren schon weg – eine Zigarette rauchen wollte, standen plötzlich die beiden Suffköppe vor mir. Beide schwankend, irgendwo in den letzten 10 Jahren vor dem Rentenalter angekommen und offenbar ernstlich an einer Taxifahrt interessiert.
Gleich vorweg: Ich hab die herabwürdigenden Begriffe nur der „Dramatik“ wegen verwendet. Damit auch jeder weiss, wie man sich die beiden vorzustellen hat. Als sie dann bei mir waren, waren sie die Vorzeigekunden schlechthin. Wenn man über 2 Promille hinwegsehen kann. Der eine sprach mich an und fragte ganz nett, ob ich seinen Kumpel denn nach Neukölln bringen würde. Die Straße hat mir erstmal nichts gesagt, aber er hat dann das Krankenhaus Neukölln als Tipp gegeben, und damit war eigentlich so ziemlich alles klar.
Hinter mir versuchte indes der andere einzusteigen, was seiner Angeschlagenheit wegen eher schwierig war. Also hat sein Kumpel ihm geholfen (lag übrigens nicht daran, dass der kurz vor Koma war, sondern eher an Rheuma oder sowas).
Der Kumpel drückte mir auch gleich einen Zehner in die Hand,
„damit de weisst, wir woll’n dir nich verarschen!“
und selbst mein eigentlicher Kunde machte glaubhaft, dass er noch Geld dabei hat. Als ich gerade was zur Bierflasche sagen wollte, reichte er sie seinem fürsorglichen Freund und meinte
„Nimm du mal det Bier, ick hab jenuch!“
Also ging es irgendwann los, und ich hab einfach gleich mal gefragt:
„Also soll ich einfach über Kotti und Hermannplatz…“
„Nee, nee! Fährste mal… Elsenbrücke kennste?“
„Klar.“
„Ja, dann fährste am Besten da Dammweg oder so. Is schneller.“
Am Dammweg selbst kam er dann noch auf die hervorragende Idee, kurz über die Autobahn zu fahren, und insgesamt hat die Tour sicher 2 € mehr gebracht als auf dem schnellsten Weg. Unter diesen Umständen war der eine Euro Trinkgeld schon wieder recht viel.
Dazwischen lagen einige Minuten nette Unterhaltung und so kann man das Ganze als nicht schlechte, sehr angenehme Tour abtun. Trotzdem würde ich wahrscheinlich auch heute noch skeptisch gucken, wenn die Typen wieder mal anfragen…
@ Sash: solche Begegnungen kenn ich auch. Erst kotzt man auf deutsch gesagt richtig ab, wenn solche aufs Taxi zustolpern und dann sind es die besten und spendabelsten Gäste. Andersrum genauso. Voriger Sommer-Große Vorstandssitzung einer Großen Versicherungsgesellschaft.Den Namen lass ich hier mal weg.2 aus der Chefetage zum Flughafen. „mach mal das Radio aus, die Musik is Scheiße- sag mal deinem Chef, die Sitze sind zu hart-die Kiste hat ja hinten nicht mal Fensterheber-will meine frau nun doch nicht den X5 sondern den Porsche Chayenne…..bla bla bla.“ „54,80 bitte“ „Mach 55 und ne Quittung“. Zum Glück bin ich von diesem opulenten Trinkgeld kein Alkoholiker geworden und hab in Zeiten der Wirtschaftskrise zum Erhalt der Versicherungsgesellschaft beigetragen.
@sachsentaxi:
Ja, die Beispiele in die andere Richtung sind wesentlich schlimmer. Aber diese Arschgranaten haben mich bisher auch verschont. Glücklicherweise…
[…] der Typ nicht unbedingt ein Fahrgast war, war mir schnell klar. Man kann sich mal irren, aber mit der Zeit hat man doch ein Gespür dafür, ob einen die Leute vor dem Auto nach einer […]